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Alt 02.08.2005, 02:23
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Standard kleinzelliges karzinom - verbringt viel Zeit .....

2005 - Eigendlich sollte es das schoenste Jahr unseres Lebens werden...

Im September 2004 machte mir mein Freund einen Heiratsantrag in Verona, es war sehr romantisch....
Wir machten uns voller Freude an die Vorbereitungen der Hochzeit, die im grossen Rahmen am 06.07.2005 in Sizilien statt finden sollte. Mein Freund ist wie mein Vater auch aus Sizilien ( sie kommen aus dem gleichen Ort und verstehen sich wirklich gut), wir haben sehr viel Familie dort und meinem Vater gefiel der Gedanke dort zu feiern. Ja - er liebt Feiern jeglicher Art, das gute Essen, den Tanz, das Ausgelassene und unbeschwerte....ja, dachte ich mir, das wird auch sein Tag sein!!!
Noch waehrend die Hochzeitsvorbereitungen liefen, unterschrieben wir einen Kaufvertrag fuer eine Wohnung in der Naehe von Mailand (wo ich seit 2 Jahren wohne und arbeite ).
Im Februar sagte ich zu meinem Verlobten: „Alles laeuft gut bei uns – zu gut. Wir heiraten, haben eine Wohnung gekauft und beide eine Arbeit. Irgendetwas wird passieren. Wir sind zu gluecklich! Ich glaube es wird etwas passieren... (Wie recht sollte ich damit behalten) Mein Freund nahm mich damals in den Arm und wollte mich beruhigen, schaffte es aber nicht.
Nur ein Monat spaeter, wir waren gerade dabei Hochzeitsringe auszusuchen, kam ein Anruf aus Sizilien – der Opa von meinem Freund hatte einen Schlaganfall und lag in einer Art Koma im Krankenhaus! Dieser Opa war wie ein Vater fuer meinen Freund, denn er hatte ihn grossgezogen!
Im Maerz 2005 starb der Opa, er war 76 Jahre alt geworden, hat 4 Kinder, 6 Enkel hinterlassen und bestimmt ein erfuelltes Leben gehabt. Die Beerdigung in Sizilien war sehr schlimm, es war zwar nicht meine erste Erfahrung mit dem Tod, aber es tat so weh meinen Freund und seine Familie leiden zu sehen. Zudem beschlich mich ein seltsames Gefuehl, welches ich nicht deuten konnte, heute weiss ich genau was fuer ein Gefuehl es war...
Trotz aller Trauer beschlossen wir die Hochzeit dennoch statt finden zu lassen. Das er nicht dabei sein konnte war sehr schlimm fuer uns- aber es sollte noch schlimmer kommen. Als wir von seiner Beerdigung kamen erhielten wir einen Anruf von meinem Vater (der seit Oktober eine Erkaeltung und starken Husten hatte). Er rief an um mir zu sagen das er ins Krankenhaus musste um einige Untersuchungen zu machen. Einige Tage spaeter kam ein weiterer Anruf von meiner Mutter die mir erzaehlte das sie einen "Schatten" im Hals von meinem Vater entdeckt hatten. Er muesste noch einige Tage im Krankenhaus bleiben um in weiteren Untersuchungen abzuklaeren was dieser Schatten genau ist. Bei dem Wort „Schatten“ war mir sofort klar ( ich weiss nicht warum ) das es ein boesartiger Tumor sein musste! Ich unterdrueckte dieses Gefuehl aber es kehrte immer wieder...
Nach mir unendlich erscheinenden Tagen der Ungewissheit und des Hoffens das ich mich irre, stellte sich heraus das mein Vater ein Tumor in der Lunge hat. Es war wie ein Schlag ins Gesicht - man sieht ihn kommen, weiss das er weh tun wird und dann trifft er dich mit voller Wucht und es schmerzt noch mehr als man sich vorgestellt hat.
Ich war am Boden zerstoert und dachte immer nur das diese Geschichte nicht gut ausging. Ich fuhr sofort nach Deutschland. Mein Vater war sehr nachdenklich, sprach von seinen Plaenen die er gemacht hatte, in Rente gehen (er arbeitet schon seit dem er 6 Jahre alt war) usw.
Aber er versprach zu kaempfen. Es war sehr schlimm fuer mich als ich wieder nach Mailand musste, ich hatte das Gefuehl nicht fuer meine Eltern da zu sein. Wir hoerten und fast taeglich. Es gab Tage an denen hatte er Schmerzen und es gab Tage da ging es ihm besser. Meine Gedanken waren immer bei ihm und seiner Krankheit. Ich kam mir sehr hilflos vor.
Im April hatte ich dann endlich Ferien und konnte 2 Wochen bei ihm und bei meiner Mama sein. Wir hatten die standesamtliche Hochzeit fuer Deutschland geplant. Es war eine seltsame Feier, Freude und Trauer waren so dicht zusammen. Zudem hatte mein Vater schon Schmerzen und war recht schlapp. Heute bin ich froh das wir gefeiert haben...
Mein Vater sprach eines abends ueber mein Hochzeitsgeschenk, da habe ich ihn unterbrochen und habe ihm gesagt das ich nur ein Geschenk moechte: Das er kaempft und das er mich in Sizilien vor den Traualtar fuehrt! Er hat mir geantwortet:“Du bekommst dein Geschenk, ich werde kaempfen!“
Wenn ich in Mailand war, auf der Arbeit war ich wie in Trance, Nachts weinte ich mich in den Schlaf mit seinem Foto in der Hand.
Von April bis Juni fuhr ich jedes 2. – 3. Wochenende nach Hause um da zu sein. Jedesmal war anders. Einmal war er aggresiv und launisch ( aufgrund des Morphiums ), ein naechstes Mal war er sehr sensibel und weinte bei jeder Kleingkeit. Er bekam auch Chemo und lies sich von mir die Haare abrasieren bevor sie ausfallen konnten. Aber sie wuchsen nach und fielen nicht aus...
Die Chemo vertug er relativ gut, sein Geschmack hatte sich total veraendert, alles schmeckte bitter „wie Gift“, fuer ihn war das schlimm, denn er liebte gutes Essen! Ein paar mal uebergab er sich auch, aber im Grossen und Ganzen ging es und wir dachten es haette schlimmer sein koennen...
Wir sprachen mit den Aerzten und fragten ob er nach Sizilien auf die Hochzeit fahren koenne. Sie sagten es wuerde nichts dagegen sprechen wenn es ihm gut ginge!
Die Hochzeit und die Tatsache das er nach Sizilien wollte hielten ihn aufrecht. Er sagte zu den Aerzten „Ich muss im Juli nach Sizilien, meine Tochter heiratet, wie ihr das hinbekommt ist mir egal!Hauptsache ich kann am 2.Juli fahren“
Anfang Juni fuhr ich nochmal nach Deutschland, alles war vorbereitet fuer die Hochzeit. Meinem Vater ging es erstaunlich gut, er hatte gerade den 2. Zyklus Chemo hinter sich und sein Apetitt war auch wieder da. Er scherzte und war gut gelaunt. So fuhr ich etwas beruhigt nach Mailand und von dort aus (am 20. Juni) nach Sizilien um die letzten Vorbereitungen vor der Hochzeit zu erledigen.
24. Juni, Freitag: Ich kam gerade von der Anprobe fuer mein Hochzeitskleid, da rief meine Mama an und sagte das mein Vater mit Schmerzen ins Krankenhaus gekommen ist, sie haben ihn geroengt - die Aerzte – die haben gesagt das der Papa nicht reisen kann. Der Tumor den er auf der Lunge hat, hatte auf die Knochen gestreut und sie so poroes gemacht, das sogar seine Rippen gebrochen sind – einfach so! Nun, mein Vater musste im Bett liegen bleiben, da sonst auch die Wirbelsaeule oder die Beine brechen konnten...
Ich weinte wie eine Irre den ganzen Abend lang. Ich wollte nur noch zu ihm und bei ihm sein, er hatte starke Schmerzen trotz Schmerzmittel!! Am naechsten Morgen 25.Juni rief mich meine Mutter nocheinmal an und sagte mir das mein Papa veraendert aussehen wuerde, er wuerde „komisch“ atmen. Sie hat eine Krankenschwester gefragt, ob es besser waere wenn ich kommen wuerde, da ich in Sizilien war. Die Schwester riet ihr das ich lieber einmal zuviel, als einmal zu spaet kommen sollte.....
Also nahm ich mir das naechste Flugzeug und kam nach Deutschland. Ich werde nie den Moment vergessen als ich ihn sah...in seinem Bett im Krankenhaus. Es tat so weh. Er war so froh mich zu sehen, seine Augen waren voller Stolz und mir brach es das Herz als er mir sagte er haette mir alles verdorben!!!!Das war aber nicht wichtig, nichts war mehr wichtig. Mein Mann hatte die Hochzeit abgesagt und war ebenfalls auf dem Weg nach Deutschland.
Mein Vater war so tapfer, er hatte so starke Schmerzen das er sich hin und her warf. Trotzdem verlor er nie seinen Sinn fuer Humor, wir haben viel gelacht mit ihm. Er bekam hohe Dosen Schmerzmittel die ihn manchmal wegtreten liesen. Dann phantasierte er oder hatte leichte Halluzinationen, wobei das Schlimmste war das er oft merkte das er wirres Zeug sprach, dann schaute er ganz verwirrt und sagt das er wider Mist erzaehlte.
Mein Vater war sehr beliebt in der Stadt wo er wohnte, es kamen sehr viele Leute ihn besuchen. Ich war jeden Tag von 19.00 Uhr bis 09.00 Uhr da. Tagsueber war meine Mutter und mein Bruder da. Seine besten Freunde kamen ebenfalls jeden Tag. Wie viele andere auch.
Die Aerzte sagten uns das sie nichts mehr fuer meinen Vater tun koennten. Sie wuessten nicht wie lange er noch durchhalten wuerde, Wochen, Tage oder Stunden....
Irgendwann hat mein Vater auch verstanden was los war, die Aerzte sagten ihm lediglich das sie in dem Zustand in dem er sich befand keine Chemo machen koennten, er sei zu schwach. Eines Nachts verabschiedete er sich von mir, sagt „Ciao piccolina“ und viele andere Dinge. Ich dachte er wuerde sterben, aber es war wohl noch nicht so weit....
Meine Mutter und er hatte am 05.07. Hochzeitstag. Ich kaufte in seinem Auftrag ein Strohherz mit kuenstlichen Blumen (damit es meiner Mama erhalten blieb). Auch meine Mutter hatte Gelegenheit sich von ihm zu Verabschieden, sie redeten ueber eine Std. alleine.
Wir wollten das mein Vater nach Hause kam – nach Hause zum Sterben. Also mussten seine Schmerzmittel umgestellt werden (von Infusion auf Pflaster). Das hat er ueberhaupt nicht vertragen. Er wollte aufstehen (was sehr gefaehrlich fuer ihn gewesen waere), schlug und trat um sich und hatte Wahnvorstellungen. Nachts musste er am Bett fixiert werden, weil er sich die Infusion aus dem Arm riss. Also machten sie das Pflaster wieder ab und er beruhigte sich wieder, ja er wurde sogar sehr ruhig. Nachdem er nun 2 Wochen Nachts kaum oder garnicht geschlafen hatte schlief er und schlief.
Nach Hause konnte er nicht, weil das mit dem Schmerzmittel nicht geklappt hatte. Also stand das Krankenbett leer zu Hause im Wohnzimmer, leer und unbenutzt...
Es war mittlerweile Montag, ich war schon ueber 2 Wochen jede Nacht im Krankenhaus und recht fertig, aber ich wollte es so, fuer meinen Vater und auch fuer mich...
Mein Papa schlief immernoch, wachte nur auf wenn er trinken musste oder fragte nach dem Tag oder nach der Uhrzeit. Dann war er immer schockiert weil die Zeit so vergangen war. Von der Nacht als sie die Medizin umgestellt hatten wusste er gluecklicherweise nichts mehr. In der Nacht von Montag auf Dienstag schlief er fast und ich konnte so auch etwas schlafen. Am Morgen, den 12.07., kaufte ich ihm ein Croisant – er hat nur 2 Bissen gegessen. Und war erschrocken das er seit 2 Tagen nichts gegessen hatte weil er staendig schlief...
Ich ging nach Hause, legte mich schlafen, schaute etwas fern, duschte, telefonierte mit meiner Mutter und wollte mich auf den Weg machen. Da kam mir die Idee ihm einen Saft zu kaufen, das trank er zur Zeit am liebsten. Ich ging zum Supermarkt (da war es kurz vor sieben), ich fuhr nochmal kurz zuhause vorbei ,weil ich was vergessen hatte. Ich kam um 19.45 Uhr im Krankenhaus an. Im Flur stand Franco, ein Pfleger den mein Vater und wir ins Herz geschlossen hatte (es beruhte auf Gegenseitigkeit), er schaute mich an und ich wusste sofort was geschehen war und sagte nur –nein Franco, warum-
Mein Vater war um 19.30 Uhr gestorben und ich war zu spaet gekommen. Er waere sehr friedlich eingeschlafen. Ich war fassungslos, ich weinte los als ich ihn dann sah, ganz friedlich. Und ich war nicht da gewesen. Ich bin mir sicher er hatte auf mich gewartet und es nicht mehr geschafft. Um die Zeit war immer meine Mutter, mein Bruder und ich da nur an diesem Tag nicht.....da habe ich gefehlt, weil ich zu spaet kam. Das macht mich so fertig, ich wollte da sein. Dieser Teil wird mir immer und immer fehlen. Viele Leute sagen mir das es vielleicht so sein sollte, ich kann das nicht glauben, weil ich wie gesagt immer da war um diese Uhrzeit....
So seltsam es sich anhoert, aber trotz der schlimmen Zeit im Krankenhaus war das die intensivste Zeit mit meinem Vater, ich konnte ihm etwas geben, meine Liebe, meine Zuneigung, meine Zeit. Ich glaube er hat das verstanden und genossen....
Er hat ein grosses Loch in mein Herz gerissen, der Tod, keiner kann das fuellen keiner es zumachen.Nur die Zeit kann es zudecken, aber nicht verschliessen....
Er wird mir immer fehlen, ich werde immer die Wut spueren, das er noch nichtmal seinen letzten Wunsch bekommen hat, mich zum Altar zur fuehren. All seine Plaene sind geplatzt, zerstoert bevor sie verwirklicht werden konnten. Er wird nie der Opa meiner Kinder sein koennen, nie seinen Ruhestand mit meiner Mama geniessen koennen.
Dieser Bericht ist so lang geworden das ich meine Gefuehle und all die Traenen garnicht reinpacken konnte. Ueber die Zeit nach seinem Tod werde ich ein anderes mal berichten. Angi
PAPA TI AMERO PER SEMPRE

[b] Hallo Angi, ich lösche diesen Thread wieder, da Du denselben Beitrag in einem anderen Thread auch nochmal ausführlich reingesetzt hast ( ist auch prima, danke schön dass Du die vorhandenen Threads nutzt).
Nun wäre es noch nett, wenn du auch als nicht angemeldete Userin noch ein anderes Unterscheidungsmerkmal wählen könntest, da ich manchmal auch nicht angemldet posten kann und es zu Verwechsulungen kommen kann.Danke Dir und lass Dich ganz dolle drücken,
Angi ( LK-mod)
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