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Alt 17.05.2012, 20:03
Arsinoe Arsinoe ist offline
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Registriert seit: 09.05.2012
Ort: Süddeutschland (ursprünglich Schweiz)
Beiträge: 535
Standard AW: wieviel ehrlichkeit ist richtig?

Hallo
Im Moment habe ich offenbar Verbaldiarrhö!

Und weil mir diese Frage sehr am Herzen liegt, gebe ich dazu auch noch meinen Senf ...

Ich habe gemerkt, dass ich sehr, sehr grossen Wert darauf lege wirklich ehrlich und umfassend über meinen Zustand informiert zu werden.

Das begann schon, als nach der Darmspiegelung eine der Ärztinnen an meinem Bett stand und sagte: "Leider haben wir nicht so gute Nachrichten für Sie ..." Leider sagte sie dann nicht so viel, guckte aber mit einem seltsam mitleidsvollen Blick. Ich war einfach zu baff, um gross Fragen zu stellen Und dann war sie ganz schnell weg ... Als dann auch noch die Pflegenden zum Teil Bemerkungen machten im Sinne von "Sie Arme!", begann es in meinem Kopf zu rattern ...

Als dann endlich der nächste Arzt zu mir ans Bett kam und auch nicht so wahnsinnig viel sagte, begann ich ihn richtig gehend zu löchern ... Auch bei ihm hatte ich das Gefühl, dass er ganz gern schnell wieder verschwunden möchte. (Ich denke, er war im Stress. Im Krankenhaus haben alle viel zu tun, ich nehme es auch nicht übel.)

Es gab dann noch ein paar solcher Gespräche, bei denen ich immer forscher nachfragte und die Ärzte bat, wirklich Klartext zu reden. Ich hatte aber oft das Gefühl, dass sie das nicht wirklich taten. Insbesondere, was die "Ernsthaftigkeit" der Erkrankung und Heilungschancen angeht.

In der Zeit nach dem Krankenhaus recherchierte ich im Internet und fand auch einige Infos. Vieles war aber auch verwirrend. Fragen über Fragen stauten sich in mir an ...

Das beste Gespräch hatte ich vorgestern mit dem Onkologen, bei dem ich die Chemo machen werde. Er nahm sich sehr viel Zeit und beantwortete alle Fragen offen und ehrlich, so weit ich das beurteilen kann. Er nannte auch ein paar Zahlen (Überlebensraten, etc), die schon nicht grad ermutigend klangen.

Ich muss dazu sagen, dass ich Statistiken gegenüber skeptisch bin. Solche Zahlen sagen, meiner Meinung nach, wenig aus. Trotzdem können sie helfen, die Lage ein wenig besser einzuschätzen, habe ich das Gefühl.

Mir ist es sehr wichtig, meine Lage einigermassen realistisch einschätzen zu können. Insbesondere, um Entscheidungen fällen zu können. (Ich bin die "Ernährerin" in unserer Ehe und trage einige Verantwortung.)

Ich merke natürlich auch, dass mich das, was ich erfahren habe, einiges an Lebensmut hat einbüssen lassen. Das ist vermutlich der Preis, den ich für meinen Informationshunger zahlen muss. Ich werde das Ganze verarbeite und neuen Lebensmut schöpfen müssen ...

Aber mir persönlich ist es lieber so.

Ich kann gut verstehen, wenn es anderen Menschen anders geht und sie lieber nicht allzu viel wissen wollen.

Ich denke, Ärztinnen und Ärzte sollten die Patientinnen und Patienten in dem Masse informieren, wie diese es sich wünschen. Das ist sicher auch nicht einfach, zumal es vermutlich nicht immer einfach ist, herauszufinden, was jemand wirklich will.

Ausserdem ist es schwierig unangenehme, ja vielleicht schockierende, Nachrichten zu überbringen. Ich merke das selber. Ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich versuche meinen Schatz zu schonen und ihm nicht allzu viel zu erzählen ... Wie ich die positiven Aspekte hervorhebe und die negativen herunterspiele ...

Ich denke, Moonchild hatte eine sehr schwierige Aufgabe und hat sie gut gelöst. Dass sie dafür offenbar von der Stiefmutter angegriffen wurde, finde ich absolut daneben!

Just my 2 cents!

Arsinoe

PS: Ich möchte noch anmerken, dass ich - nachdem ich hier einige Beiträge gelesen habe - denke, eigentlich habe ich es noch ganz gut getroffen - oder "es" mich. Ich habe den Eindruck, hier gibt es Viele, denen es wirklich sehr schlecht geht im Vergleich zu meiner Diagnose. Mut macht mir das natürlich nicht, aber es relativiert das Ganze ...

Geändert von Arsinoe (17.05.2012 um 20:12 Uhr)
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