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  #18  
Alt 20.05.2010, 10:59
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Registriert seit: 18.04.2010
Beiträge: 56
Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Ich bin mit einem Krampf in der Wade aufgewacht. Das passiert mir öfter. Mein Schatz war früher da und rieb Ihre kalten Füßchen an mir und es wurde schnell besser. Gegenschmerztherapie hat Sie von Ihrem Unipsychologen gelernt. Der traktierte Sie öfter liebevoll mit gemeiner Fußbiegemassage. Hilft angeblich gegen alles, Frustration, Wundliegen, Langeweile, etc. und zauberte immer ein Lächeln auf Ihre Lippen, kurz bevor Sie um Gnade winselte. Sie war sehr kitzlig.

Heute Nacht bin ich zur Musik von Klee eingeschlafen. Der Mediaplayer, auf Wiederholung eingestellt, lief die ganze Nacht. Ich war im Dämmerschlaf mit der Musik im Hintergrund. Gegen 6.00, endlich soweit zu schlafen, kurz auf um den Ton wegzudrehen. Wenn ich zu Musik schlafe sind meine Träume intensiver als sonst. Ich träumte von uns, von Katrin und mir. Wir waren draußen auf einer Wiese, saßen auf einer Decke und pflückten Blumen. Ich steckte Ihr ein Gänseblümchen ins Haar und Sie drückte sich zu mir, wir küssten uns und lagen, mit dem Blick zum Himmel, nebeneinander und fühlten unseren Herzschlag.

Sie war oft vor mir wach. Durch ein osteoporoseähnliches Leiden, das eine wenig angenehme Nebenwirkung der Behandlung war, das Sie plagte, konnte Sie meist nur wenige Stunden am Stück schlafen. Mitten in der Nacht lag Sie oft wach, schrieb sms, las oder saß am Laptop und surfte. Mich ließ Sie schlafen und am Morgen, wieder wach, saß Sie am Bettrand mit Ihrem Laptop, einem Cappuccino und mich liebevoll begrüßen. Ich setzte mich hinter Sie und streichelte Ihr Haar, küsste Ihre Schultern und massierte Sie. Bevor Sie im Badezimmer verschwand machte Sie mir auch einen Cappuccino, gab mir noch einen Kuss und ging sich duschen, Haare waschen, Haare färben, Nägel schneiden, traurig sein, weinen, verzweifelt sein. Sie blieb mogens mindestens zwei, drei Stunden im Bad. Nur mal eben ins Badezimmer gehen und einen Duft aus dem Spiegelschrank nehmen konnte genauso lange dauern. Das Bad war Ihr Reich und wollte dort auch nicht gestört werden. Es war Ihre Rüstung, Ihre Trutzburg.

Ich lege mich jetzt wieder ins Bett. Ich will heute nicht am Leben teilnehmen. Ich bin zu nichts imstande außer meinen Gedanken nachhängen auch schreiben ist zuviel. Ich wünschte ich hätte meine eigene kleine Trutzburg.

Hoffentlich träume ich von Dir, wenn ich schlafe. Bis gleich! Und meine lieben Freunde, die mich in meiner Trauer begleiten, ich meine euch, dich auch, ja, mir geht´s beschissen aber ich komme schon klar. Irgendwie geht´s, auch wenn es manchmal unmöglich scheint.

Bis später!

Am 24.08.09 wurde Sie für die Bestrahlung eingezeichnet. Wir kamen zu dem Termin eine halbe Stunde zu spät und sollten erstmal in der Wartezone direkt vor den Umkleidekabinen die auf der anderen Seite weiter zu den Behandlungsräumen führten Platz nehmen. Auf einem Beistelltisch stand eine angebrochene Wasserflasche und Pappbecher. Wir bedienten uns. Katrin saß vor mir. Sie setzte sich neben eine sehr nette ältere Dame, die ich später noch öfter treffen sollte. Die beiden fingen bereits eine Unterhaltung an als ich noch die Zeitschriftenauswahl durchging. Es dauerte nicht lange bis Sie aufgerufen wurde, vielleicht zehn Minuten. Die ältere Frau, die sich eben noch mit meinem Schatz unterhalten hatte, rückte zu mir auf und sprach mich an.

Sie sagte, Ihre Frau ist ein Engel, ich werde für Sie beten. Mit all meinen Hoffnungen und Träumen werde ich daran glauben ... Ich bin ja schon alt. Wissen Sie, ich habe zwei wunderbare Enkelkinder ... Sie strickte während Sie erzählte. Ich fand Sie sehr nett. Schließlich hatte Sie gesagt, Ihre Frau ... Katrin aber war von Ihr aufgewühlt und Sie war froh als wir gehen konnten.

Zu Hause wollte Sie duschen, das ging natürlich nicht mit der Zeichnung. Wir überlegten uns wie es doch möglich wäre. Ich bin in die Stadt, erst zu einem Sanitätsbedarf, dann zu noch einem, in die Apotheke und ins Kinderland. Ich war ziemlich lange aber erfolglos unterwegs gewesen. Wieder zu Hause habe ich Katrin in Folie eingewickelt und so war Sie duschen. Sie sah sehr komisch aus und ich witzelte. Das passte Ihr gar nicht und wollte auch keine Fotos. Jedenfalls am Tag danach war Ihr die Zeichnung schon piepegal und duschte ohne Folie. Es stellte sich raus das die Schwestern auch ohne die Zeichnung zurecht kamen.

Katrin wußte was mit Ihr geschieht und hat öfter in Ihrer Verzweiflung gefragt muß ich sterben. Und ich habe Ihr geantwortet, nein, du stirbst nicht, wir schaffen das. Wir haben Ihr das alle gesagt und ich komme mir damit wie der Krebs höchstpersönlich vor. Ich fühle mich wie der größte Lügner, ausgepresst und zur Schau gestellt. Sie ist nicht mehr da obwohl ich Ihr gesagt habe, Schatz, wir werden eine Zukunft haben.

Ein Arzt aus München vom Rinecker schrieb Ihr einen lieben Brief.


Sehr geehrte Frau Brehm,

in der Natur stecken wohl mehr Heilungskräfte, als wir nach der Lehrmeinung erwarten würden. Ich hoffe, dass Ihnen diese Erkenntnis gesundheitlich weiterhilft.

Viele Grüße

Wir haben alle so sehr gehofft.

Einmal kam ein Pfleger an Ihr Bett und betete mit Ihr. Er schrieb mich viele Tage später an und fragte wie es Ihr geht. Ich will ihm nicht antworten und noch mehr Hoffnung zerstören.

Ich komme mir wie die größte Heulsuse vor. Ich habe gerade einen geschlossen Thread gelesen und war beschämt. Ich will den Namen nicht nennen, Sie soll Ihren Frieden haben hier im Forum. Die Beiträge sind schon älter. Was ich dort las hat mich sehr bewegt. Ich wünschte ich hätte Ahnung und könnte einen Beitrag leisten Menschen vor solch einem Schicksal zu bewahren oder zumindest den Weg zu erleichtern und Hoffnung zu geben. Alles andere erscheint mir so sinnlos.

Wir besuchten Ihre Eltern das erstemal und ich war furchtbar nervös. Ich sollte geprüft und gewogen und für nicht gut genug befunden werden, so dachte ich jedenfalls. Wenn ich eine Tochter hätte, wäre auch keiner gut genug für sie.

Als wir im Wohnzimmer bei Ihren Eltern einen kurzen Moment für uns hatten flüsterte Sie in mein Ohr, mein Papa mag dich. Doch, doch, er mag dich wirklich, ich weiß es. Ich hatte Ihr von meinen Ängsten nicht erzählt. Sie kannte meine Bedürfnisse und es tat so gut bei Ihr zu sein. Sie war so gut zu mir.

Geändert von gitti2002 (03.11.2016 um 22:43 Uhr)
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