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  #1  
Alt 08.02.2016, 22:59
TangledPM TangledPM ist offline
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Registriert seit: 27.06.2013
Beiträge: 2
Standard Krebsbewältigung

Hallo,

obwohl ich schon seit längerer Zeit hier angemeldet bin, ist das mein erster Beitrag auf dieser Seite. Ich habe lange einen Beitrag mit einem ähnlichen Thema gesucht, aber keiner passt so wirklich auf meine Situation, deshalb mach ich einfach mal einen eigenen auf.

Kurz zu mir: ich bin als Jugendliche an Leukämie (AML) erkrankt, aber seit bald vier Jahren ohne Rezidiv. Meine Ärzte sind sehr positiv gestimmt und meinen es gibt auf jeden Fall allen Grund zur Hoffnung, aber trotzdem geht es mir zur Zeit nicht so gut und ich weiß nicht so recht, mit wem ich darüber reden kann.

Ich mach mir sehr viele Gedanken über meine Zukunft und wie es so für mich weitergehen wird. Jahrelang musste ich nur für meine Gesundheit kämpfen und es gab nur die Welt im Krankenhaus für mich. Jetzt stehen mir plötzlich alle Türen offen und ich bin komplett überfordert mit allem. Es gibt tausend Fragen, die mich beschäftigen und die auch wesentlich für meinen weiteren Weg sind. Ich frage mich so oft, was ich darf, was ich nicht darf. Ob ich je eine Familie/Kinder haben kann. Ob ich denn überhaupt ein "langes" Leben erwarten darf. Und überhaupt eine Beziehung unter den "magischen fünf Jahren", ist das fair gegenüber meinem Partner?

Mein Hauptproblem ist aber gerade, dass ich seit ein paar Wochen nicht mehr richtig schlafen kann und dauernd schlechte Träume habe. Ich wache oft mitten in der Nacht panisch und schweißgebadet auf und es ist immer der gleiche Traum: meine Ärzte sagen mir, dass ich einen Rückfall habe und ich muss alles von damals noch einmal durchmachen. Vor allem sehe ich in diesen Träumen immer die Gesichter der anderen Kinder, mit denen ich damals auf der Station lag wieder. Darunter meine zwei Freundinnen, die leider beide 2014 gestorben sind. Das macht mich am meisten fertig.
Ich hatte nie wirkliche Probleme mit der Bewältigung meiner Krankheit, das ist so aus heiterem Himmel gekommen. Ich bin eigentlich ein total positiver und lebensfroher Mensch und hab so ein Tief noch nie erlebt. Ich bin wirklich verzweifelt.
Geht es oder ging es jemandem von euch auch so? Kann so ein "Trauma" (wenn man das so bezeichnen kann) auch noch nach einer so langen Zeit plötzlich kommen?

Ich würde mich über eine Antwort wahnsinnig freuen!

Liebe Grüße und noch einen schönen Abend, Pia
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  #2  
Alt 09.02.2016, 23:26
1994 1994 ist offline
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Registriert seit: 10.09.2013
Beiträge: 242
Standard AW: Krebsbewältigung

Hallo Pia,

hab Deinen Beitrag gesehen, ich komme aus dem Hodenkrebs Forum, bin mit 27 erkrankt, OP und 3 Chemo Blöcke und dann war 19 Jahre Ruhe bis ich 2013 ein rezidiv bekommen habe was aber ebenfalls gut behandelt werden konnte (nur OP). Ich habe dann während der Reha festgestellt, dass ich mich über nichts mehr richtig freuen konnte, kaum noch Empathie hatte, obwohl ich mich eigentlich des Lebens hätte freuen können. Ich habe mir dann psychologische Unterstützung geholt, die mir wirklich geholfen hat. Ursache war eigentlich, dass ich alles was mit dem Krebs zu tun hatte ausgeblendet habe und nicht an mich rangelassen habe, mir selber keine Schwäche zugestanden habe. Hat auch während der Erkrankung und danach soweit gut funktioniert und mich die Zeit gut hat ertragen lassen. Aber dann ist alles hochgekommen. Ich hatte die Vorstufe einer Depression. Es gibt auch Entlastungsdepressionen. Ich mache jetzt in Kürze eine psychosomatische Reha, um mich endgültig mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Ich denke für Dich wäre es bestimmt hilfreich Dich in professionelle Hände zu einem Therapeuten begeben, Freunde oder Familie können einem da nur bedingt helfen. Und Du musst das Leben genießen und nicht so viel grübeln, hört sich vielleicht etwas simpel an aber funktioniert. Da musst Du an Dich denken und auch etwas egoistisch sein. Ich habe damals nach der Chemo eine 2monatige Weltreise gemacht, weil ich einen richtigen Kick gebraucht habe um mich wieder ins Leben zurückzuholen und das war Gold wert.

Ich hoffe Du kannst mit meinen Worten etwas anfangen und wünsche Dir alles Gute!

Viele Grüße Hans
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  #3  
Alt 18.02.2016, 01:19
TangledPM TangledPM ist offline
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Registriert seit: 27.06.2013
Beiträge: 2
Standard AW: Krebsbewältigung

Vielen lieben Dank für Deine Antwort!

Ich habe auch schon oft nachgedacht, mir professionelle Hilfe zu holen, aber in der Vergangenheit hab ich mich das irgendwie nie getraut. Vor allem ist es für mich schwer, vor meiner Familie damit zugeben zu müssen, dass es mir noch nicht gut geht und das irgendwie auch noch nicht vorbei ist. Seit meinem letzten Beitrag habe ich jetzt trotzdem pauschal einen Beratungstermin bei einer Psychologin bei mir in der Gegend ausgemacht, aber ich war noch nicht so ganz überzeugt. Es ist wirklich schwer einen geeigneten Therapeut zu finden, wo man auch eine gute Vertrauensbasis herstellen kann.
Das mit der Reise ist auch eine tolle Idee, nur mit dem Nicht-Grübeln ist das immer so eine Sache. Klingt zwar sehr simpel, aber für mich ist es unglaublich schwer, weil ich mir schon immer viel zu viele Gedanken und Sorgen mache.
Auf jeden Fall werde ich nicht aufgeben, das muss einfach besser werden!
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  #4  
Alt 18.02.2016, 16:10
Tonwerk Tonwerk ist offline
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Beiträge: 28
Standard AW: Krebsbewältigung

Liebe Pia,

dein Beitrag hat mich sehr berührt, vielleicht weil es mir so ähnlich ging wie dir. Ich komme allerdings aus dem Brustkrebs-Forum und bin auch ein paar Jährchen älter als du.

Tja, ich würde mich auch als sehr positiven Menschen mit einer guten Portion Kampfgeist bezeichnen und trotzdem hatte ich nach OP, 6 Monaten Chemo und Bestrahlung irgendwie gar keine gute Zeit durchgemacht. Ich war auch in psychotherapeutischer Behandlung während der Chemo etc., das hat etwas geholfen. Richtig viel gebracht haben mir allerdings meine beiden Reha-Aufenthalte! Warst du denn schon bei einer Reha? Ich war anfangs furchtbar skeptisch, denn ich wollte nicht mit lauter "Kranken" zusammen sein. Alleine schon Leute zu treffen, die wieder ein ganz normales Leben führen, war dann aber für mich sehr ermutigend.

Und bei der zweiten Reha habe ich mich auch in der "Tumorgruppe" angemeldet sowie in der Streßbewältigungsgruppe, beides von einer genialen Psychologin geleitet und das hat den Stein dann so richtig ins Rollen gebracht. Sie hat auch gesagt, dass es ganz normal ist, sich während der aktiven Krankheitsbewältigung auf die körperlichen Aspekte zu konzentrieren, denn das steht im Vordergrund. Und dann folgt die Seele und die geht gerne zu Fuß, während die Entwicklung vorher mehr der ICE war. Sie hat uns auch einige Strategien für Angstattacken etc. beigebracht und außerdem bin ich ein großer Fan von Meditation, Qi Gong und Fantasiereisen. Auch das kannst du in den meisten Reha-Kliniken mal ausprobieren und sehen, ob das etwas für dich ist.

Tja, der Rückweg vom Planet Krebs ist noch länger, anstrengender und einsamer als die Hinreise. Ich fand es auch nicht besonders prickelnd zu sagen, dass ich zwar Chemo und alles ziemlich gut hinter mich gebracht habe, mir es aber nicht wirklich gut geht. Das ist für das Umfeld schwierig zu verstehen, denn jetzt hat man es doch "geschafft" und alles ist gut.

Bei mir sind es nun 1,5 Jahre nach der letzten Chemo und jetzt erst habe ich langsam den Eindruck, wieder dazu zu gehören. Irgendwie hatte ich das Vertrauen zum Leben und zu meinem Körper verloren und das hat weh getan. Dass auch noch zwei deiner Freundinnen gestorben sind, tut mir sehr leid. Auch aus meinem Chemogrüppchen haben es nicht alle geschafft und das ist sehr, sehr hart zu akzeptieren. Man fühlt sich verletzlich, wenn das Überleben anscheinend auch eine Glückssache ist.

Ich habe auch viel über das Thema gelesen, unter anderem ein Buch mit dem Titel "Wer vor dem Schmerz flieht, wird von ihm eingeholt", das fand ich sehr hilfreich. Und übrigens habe ich etwas ähnliches wie Hans gemacht: ich war als "Abschluß" meiner Krankheit jetzt für 4 Wochen in Neuseeland und dort konnte ich tatsächlich so einiges aus den letzten 2 Jahren hinter mir lassen.

Liebe Pia, ich bin mir sicher, du schaffst es! Hol dir so viel Hilfe, wie du nur kannst und wenn du noch mehr Anregungen zu Literatur oder Fantasiereisen etc. brauchst, kannst du die gerne von mir bekommen. Ich genieße mein Leben heute viel intensiver als früher, auch wenn manchmal große Wolken vorüberziehen und Platz für Trauer und Traurigkeit fordern.

Alles, alles Gute!

Ingrid
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  #5  
Alt 18.02.2016, 18:30
SweetieST SweetieST ist offline
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Registriert seit: 04.01.2016
Beiträge: 60
Standard AW: Krebsbewältigung

Ich bin aus dem Angehörigen Forum und lese hier auch mit

Ich wünsche dir alles erdenklich Gute, ich denke auch du solltest dich vielleicht in therapeutische Behandlung begeben

Ich aus anderen Gründen auch in Behandlung.

Geändert von gitti2002 (18.02.2016 um 18:31 Uhr) Grund: NB
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  #6  
Alt 21.03.2016, 14:40
1994 1994 ist offline
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Registriert seit: 10.09.2013
Beiträge: 242
Standard AW: Krebsbewältigung

Hallo Pia,

hatte ein Weilchen nicht mehr ins Forum geschaut, daher erst jetzt eine Antwort.

Es geht hier um Dich und Dein Befinden, Du darfst nicht Deiner Familie zuliebe so tun, als wenn es Dir gutgeht, auch wenn das verständlich und nachvollziehbar ist. Wie Ingrid schon schreibt, braucht die Seele sehr lange, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Das können Menschen, die nicht betroffen sind auch schwer nachvollziehen. Es ist ja nicht so, dass wenn die Behandlung erfolgreich beendet wurde, auf einmal alle Sorgen und Ängste gleich mit verschwinden. Das schafft keiner. Daher gibt es Therapeuten, die mit Hilfe von Bewältigungsstrategien diese Ängste überwinden helfen. Abgesehen davon ist man als Krebspatient permanent dem psychischen Stress der Nachsorgetermine ausgesetzt und sollte alleine dafür einen Umgang mit den Ängsten lernen. Das dauert i.d.R. auch ein Weilchen, bis man mit einem Therapeuten warm wird. Bei mir hat es z.B. alleine ein halbes Jahr gedauert, bis ich realisiert habe, was eigentlich mein Problem ist. Ich hab mir die ganze Zeit eingeredet, ich hätte keine Angst vorm Krebs, dabei hatte ich die ganz tief sehr wohl und hab es mir nicht eingestanden.

Ich war bei meiner Weltreise übrigens auch in Neuseeland und das hat mir ebenfalls sehr geholfen. Das entscheidende dabei ist nicht, wo Du bist, sondern dass Du aus Deinem gewohnten Umfeld, Deiner Komfortzone herauskommst und mit anderen Menschen und Situationen in Kontakt kommst, die nicht vom Krebs geprägt sind. Wo Menschen völlig unvoreingenommen auf Dich zukommen und Du dann selber entscheidest, ob Du Deine Geschichte erzählen willst oder nicht. Ich habe das damals so gehandhabt und das hat mir sehr geholfen. Komplett weg vom Alltag und neue Eindrücke sammeln. Dann kommst Du nämlich automatisch auf andere Gedanken und das Grübeln lässt nach. Überlege mal, ob Du nicht ein Austauschjahr, Auslandssemester oder einfach nur eine lange Reise machen kannst, je nachdem wie Deine aktuelle Situation ist (Schule, Studium, Ausbildung).

Ich wünsche Dir alles Gute und berichte mal, wenn Du einen Weg für Dich gefunden hast.

Viele Grüße
Hans
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krebsbewältigung, leukämie als kind


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