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  #46  
Alt 24.08.2014, 14:19
elisa duliddel elisa duliddel ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

hallo Omondi
ich seh bei mir eine ähnlichkeit in der lebensgeschichte. mein mann bekam im januar 1999 die diagnose krebs und verstarb im februar 1999 es ging sehr schnell. seit dem hab ich vor ärzten ein horror ich war in den jahren vielleicht 5 mal beim arzt weil es nicht anders ging. nun ist mein jetziger mann an krebs erkrankt und ich hab seit ende april die diagnose kam viel mitgemacht.
ich frage mich was kann man alles verkraften, hab in momenten wo ich vor angst ganz tief war auch schon gedacht wenn du jetzt dran wärst -na und.
und dann geht's immer irgendwie weiter......
lg.-von elisa
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  #47  
Alt 24.08.2014, 17:21
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo an Alle!
Um nochmal auf Krankheit und Tod zurückzukommen (es beschäftigt mich immer noch sehr stark) ist für mich das Gefühl( wie wohl auch für meinen Mann) nach der Diagnose ohnmächtig den Vermutungen und Entscheidungen der Ärzte ausgeliefert zu sein. Der Kranke ist ihr Eigentum geworden. Das medizinische Räderwerk wird in Gang gesetzt. Ich habe es 2010 bei meinem Vater- der innerhalb von 6 Wochen an kleinzelligen Lungenkrebs starb - und kürzlich bei meinem Mann erfahren müssen.

Beide hatten keinen sanften Tod, mussten in den letzten Lebenswochen ziemliche Qualen erdulden. Es wurde bei meinem Vater noch herumexperimentiert, was die moderne Medizin so hergab, obwohl er schon so gut wie im Sterben lag.
Mein Mann litt an starker Luftnot, die von Beginn an am meisten von ihm gefürchtet wurde. Er hätte schneller auf eine Palliativstation verlegt werden müssen. Dort hätte er die Möglichkeit gehabt einen" guten Tod" zu sterben.
Die Ärztin aus der ambulanten Onkologie sagte zwei Wochen vor seinem Tod zu mir: " Ihr Mann hat sehr viel Angst, als sie meinen verständnislosen Blick sah fügte sie schnell hinzu, "was ja auch normal ist.
Ein annehmbarer Tod ist für mich einer der frei ist von vermeidbarem Stress und Erstickungsgefühlen, oder Schmerzen, aber auch psychische Leiden, Gefühle von Hilflosigkeit ,Enttäuschung und Ängste müssen ernst genommen und aufgefangen werden.
Auch auf normalen Stationen ist dies immer eine Frage der Haltung der Ärzte und des ganzen Teams. In unserem Fall ist es nicht so ganz geglückt. Anderen die den Berg noch vor sich haben wünsche ich da mehr Glück!

Hermann: Der Mensch braucht Ziele. Er braucht Wünsche, Pläne und Hoffnungen-bis zuletzt. Das gibt uns Kraft ,auch die schweren ,unangenehmen Dinge im Leben auszuhalten.

Liebe Grüße

Jutta

Geändert von Yogi 12 (24.08.2014 um 17:27 Uhr)
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  #48  
Alt 24.08.2014, 20:49
Geske Geske ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo an alle,
ich lese hier interessiert mit und möchte noch mal eine Variante der neuen, unfreiwilligen Lebensführung einbringen. Ich gehöre zu den schon länger Verwitweten, lese und schreibe hier aber noch gelegentlich mit, weil auch ich von dem Thema nicht loskomme.

Yogi 12, Jutta, möchte ich mein Beileid aussprechen für den noch frischen Verlust: das ist schwer.

Zu den hier gemachten, nachfolgenden Überlegungen möchte ich gern meine Meinung dazu tun:

„Der Weg ist das Ziel“ Helmut
„Der Weg kann nicht das Ziel sein, denn dann wäre es egal wohin man läuft.“ HermannJohann

Es gibt viele Wege, täglich werden uns Entscheidungen abverlangt: richtig oder falsch? Wer weiß das im Moment des Entscheidens schon genau.

Unbedingt ein Ziel zu haben, bedeutet das nicht, einen Rettungsanker zu brauchen, einen festen Punkt von dem wir annehmen, er gibt unserem Leben Struktur? Struktur braucht man dann, wenn man Angst hat, sich zu verlaufen: habe ich nicht!
Mit 60+ sehe ich auch nicht den Sinn, den ein festes Ziel bringen sollte. Ein Ziel haben wir alle, freiwillig oder unfreiwillig müssen wir es erreichen, aber vorher bietet das Leben hoffentlich noch Gelegenheiten und Überraschungen zur spontanen Rektion.

Ich habe meinen Mann auch bis zum Ende begleitet, zu Hause ( es war sein Wunsch) mit fast dreißigjährigem Vorlauf, ich war 21 als mein Partner das erste Mal an Krebs erkrankte, jetzt bin ich seit 6 Jahren verwitwet, wohne noch in der gemeinsamen Wohnung, werde noch mal umziehen, mich aber nicht räumlich verkleinern, sondern vergrößern, mit eigenem Umbau. Hier liegt wohl schon ein Unterschied zwischen Männer und Frauen: Witwer möchten eine kleinere Wohnung, Witwen, vorausgesetzt es ist finanziell möglich, wollen das meist nicht.

Ehrenamtlich betätige ich mich von Zeit zu Zeit auch: Bildungspatenschaften, dann belege ich als Gasthörer noch ein Studienfach, dass in meiner regulären Studienzeit zwar schon erstrebenswert war, aber zu aufwändig. Mein Beruf hat die ideale Eigenschaft, dass er sich zwischen Arbeit und Freizeit gar nicht trennen lässt, so gibt es auch kein Loch in der Freizeitgestaltung.

Ich behaupte jetzt mal keck, dass ich mich in der neuen Situation als Single nicht wesentlich verändert habe, eigentlich lebe ich so wie ich schon in der geglückten Partnerschaft mit meinem Mann gelebt habe, natürlich fehlt er mir sehr, aber das lässt sich nicht ändern, er hätte auch gern noch weiter mit mir zusammengelebt. Diesen Punkt der Trennung können wir uns nicht aussuchen und müssen nun einen Weg gehen: für mich ist dabei ein festes Ziel nicht notwendig und auch nicht erstrebenswert.

Liebe Grüße
Geske

Geändert von Geske (24.08.2014 um 21:02 Uhr)
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  #49  
Alt 25.08.2014, 13:08
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
der Weg kann nicht das Ziel sein, denn dann wäre es egal, wohin man läuft.
Hallo Hermann,

ich glaube, da haben wir uns missverstanden. Der Weg ist das Ziel bedeutet, den ersten Schritt auf einen Weg zu tun. Das heißt: nicht stehen bleiben. Es kann durchaus nützlich sein, dabei ein konkretes Ziel für die Zukunft vor Augen zu haben, muss jedoch nicht. Es gibt auch kein Muss, dieses konkrete Ziel zu erreichen. Wichtig ist nur, dass man losgeht. Dieses Losgehen ist das allererste Ziel und es spielt zunächst keine Rolle, wohin es letztendlich führt. Das ergibt sich irgendwann von ganz alleine. Wer mit offenen Augen geht, wird das erkennen und hat den Sinn dieses Spruches erfüllt und längst hinter sich gelassen. Du hast bereits etliche Schritte hinter dir.

Vielleicht findet man ja auf diesem Weg ein lohnendes Ziel? Vielleicht stellt man am Ende des Weges fest, dass es doch ein Ziel gab, von dem man gar nichts wusste? Vielleicht war der erste Weg eine Sackgasse?
Mein erstes Ziel war: weiter zu leben, weil meine Frau sich das für mich wünschte. Was mir sehr schwer fiel. Auf den Rat meiner Heilpraktikerin ("Sie brauchen keine Pillen!") setzte ich mir ein zweites Ziel und machte mich auf den Weg. Irgendwann war dieses Ziel nicht mehr relevant. Trotzdem. Nachdem ich es bereits längst aus den Augen verloren und endgültig verworfen hatte, hat es sich erfüllt. Das Leben hat schon seltsame Wege im Angebot. Man muss sie nur gehen. Wohin genau sie führen, weiß man nie.


Liebe Grüße,

Helmut
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Geändert von gitti2002 (19.10.2014 um 00:13 Uhr)
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  #50  
Alt 27.08.2014, 02:00
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo Hermann,

wie andere schon schrieben, jeder muss seinen Weg selber finden und der ist gut so. Es muss ja nicht die große Ziel oder Glück sein. Ich denke, ein Leben in Zufriedenheit und Gleichklang mit sich selbst wäre doch auch nicht schlecht?

Es gibt einen Spruch: "Es ist nicht wichtig, wie viele Tage das Leben hat, sondern wie viel Leben die Tage." Oder so ähnlich, sinngemäß. Ich wünsche mir ein menschenwürdiges Ende. Ob früher oder später, ist nicht so wichtig. Wir können es eh nicht ändern. Bis dahin jedoch möchte ich den Tagen Leben geben. Obwohl, so ein paar gelebte Tage mehr währen schon nicht schlecht, oder?

Hallo Jutta,

es gibt gute Gründe für als auch gegen eine neue Wohnung. Ich denke, es will reiflich überlegt sein. Vielleicht gibt es auch zwingende Gründe. Dagegen kann man kaum was machen.

Auch wenn die alte Wohnung noch so bedrückt, sie vermittelt trotzdem immer noch ein gewisses das Gefühl der Nähe. Es ist ein Stück loslassen. Denkst du, du kannst diese Nähe, die auch gute Seiten hat, mitnehmen? Ich weiß, dass das schwer ist, doch es geht. Die neue Wohnung ist zunächst kalt und leer. Du kannst sie mit neuem Leben und mit Erinnerung füllen, die dir diese Nähe geben. Es sollte keine Flucht sein. Lass dir Zeit, wenn du die Möglichkeit hast. Vor allem: mach es so, wie du es willst.


Liebe Grüße,

Helmut
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Geändert von gitti2002 (18.10.2014 um 23:57 Uhr)
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  #51  
Alt 27.08.2014, 22:13
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo Helmut,
es ist wirklich zu früh für eine neue Wohnung und letztlich nimmt man sich selbst überall mit hin.
Dieser Zustand der Unruhe und der Ziellosigkeit, den ich momentan
spüre treibt mich an etwas verändern zu wollen, obwohl es noch nicht die richtige Zeit dafür ist.
Alles ist noch zu ungewohnt und chaotisch. Wenn hier in der Wohnung etwas nicht gleich funktioniert werde ich schnell hektisch und dann gelingt gar nichts mehr.
Ich wünsche mir mehr Ruhe und Geduld und hoffe das es nicht nur bei dem Wunsch bleibt.
Ich glaube du bist da schon viel gelassener im Umgang mit den Widrigkeiten
des Lebens, die kritische Zeit ist lange her auch wenn sie nie vergessen werden kann.

Gute Nacht

Jutta
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  #52  
Alt 28.08.2014, 00:15
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo Jutta,

ja, du hast recht. Ich sehe heute vieles gelassener für mich. Ich kann mich jedoch noch sehr gut erinnern, wie es damals bei mir war.
Zitat:
Zitat von Yogi 12 Beitrag anzeigen
Dieser Zustand der Unruhe und der Ziellosigkeit, den ich momentan
spüre treibt mich an etwas verändern zu wollen, obwohl es noch nicht die richtige Zeit dafür ist.
Alles ist noch zu ungewohnt und chaotisch.
Genau so war es bei mir auch und geht sicher ganz vielen anderen ebenfalls so. Ich wünsche dir, dass du diesen Knoten irgendwann für dich lösen kannst. Lass dir die Zeit. Du brauchst nichts übers Knie zu brechen.


Auch dir eine gute Nacht,

Helmut
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  #53  
Alt 28.08.2014, 20:45
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo Helmut,

Es ist tröstlich zu wissen dass es vielen anderen hier im Forum auch so ähnlich geht wie mir.
Da ich keinen großen Bekanntenkreis habe, der wahrscheinlich das Thema Krankheit und Tod sowieso schnell wieder ignorieren würde, bin ich dankbar hier unter Gleichgesinnten schreiben zu können.

Liebe Grüße

Juttta
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  #54  
Alt 29.08.2014, 20:50
mausi69 mausi69 ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Lieber Hermann!

Diesen Spruch höre ich auch oft, und es nervt. Vor allem kommt dieser Spruch von Menschen die nicht wissen wie es ist einen geliebten Menschen zu verlieren!

Ich weiß auch das das Leben weiter geht, aber es geht anders weiter und wer damit in meinem Umfeld ein Problem hat soll Abstand von mir halten!

Auch ist mir klar das ich mich verändert habe in meinen Augen auch normal für andere wider nicht!

Erst heute habe ich wieder zu hören bekommen, Mensch du ziehst ein Gesicht lach doch mal wieder!
Ich kann das alles nicht mehr hören!!

LG mausi
__________________
Meine Mama
BSDK ED 05.02.2014

28.07.1949 - 22.06.2014

Du warst es wert so sehr geliebt zu werden!
Du bist es wert, das so viel Traurigkeit an deiner Stelle geblieben ist!



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  #55  
Alt 29.08.2014, 23:16
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Wenn ich 34 € zahle, bleibt meine Familie gesund.
Hallo Hermann, hallo mausi,

jou, das kenne ich. So was schockt natürlich, wenn man das liest, und es schmerzt. Zwei solcher Geschichten habe ich auch erlebt.

Ein halbes Jahr, nachdem Myriam verstorben war, erhielt sie Post vom Gesundheitsamt. Zunächst dachte ich mir nichts dabei, es dauert halt, bis alle Ämter und Institutionen wissen, dass sie verstorben war. Es war der Inhalt, der mich dann schockte: die Einladung zum Brustkrebs-Screening. Ziemlich aufgebracht habe ich das dann telefonisch geklärt. Der Herr an der Strippe war zutiefst betroffen und entschuldigte sich tausendmal.

Wir hatten eine Fernsehzeitung abonniert. Nach ihrem Tod habe ich das Abo gekündigt, denn meinen Fernseher hatte ich verschenkt. Dann kam der Anruf, ob ich denn nichts anderes lesen könnte und habe mir daraufhin eine Wochenmagazin (im Bad überm Waschbecken, da kann ich mich drin sehen ) bestellt. Der Adressaufgleber ist in so weit richtig bis auf die Anrede: Frau Helmut xxx . Ist heute noch so.

Werbung auf ihren Namen habe ich noch lange nach ihrem Tod erhalten. Am Anfang war das schlimm. Irgendwann flog das dann ungeöffnet ohne Umweg in die blaue Tonne. Das hörte erst nach ca. 2 Jahren auf. Meist wird diese Werbung maschinell versandt.
Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Krankheit und Tod gehören zu Leben. Aber in der Moderne wird der Eindruck erzeugt, dass wir unsterblich sind.
Dem kann ich nur zustimmen.

Der Professor meiner Frau sagte mir mal: "Es graut mir vor einer Spezies Mensch: den Angehörigen, die mit bereits fertigen Therapievorschlägen zu mir kommen. Wenn die eine scheitert, dann noch eine und noch eine .... wie es ihren Kranken dabei geht, interessiert die nicht. Der Mensch ist doch keine Maschine, die man einfach reparieren kann."

Wenn es dann doch passiert, möchten die meisten Außenstehenden ganz schnell wieder zur Tagesordnung übergehen. Der Tod wird verdrängt. Auf der anderen Seite ist es so, dass ahnungslose Nichtbetroffene einfach nicht wissen können was es heißt, einen geliebten Menschen zu verlieren. Oft ist es auch Verlegenheit, wenn sie diese Sprüche loslassen, obwohl sie vielleicht doch trösten möchten.

Wie schwer es ist, mit dem Tod eines geliebten Menschen umzugehen, das wissen wir doch selbst am besten. Es hat lange gedauert, bis ich zuerst solche Sprüche ingnorieren und später auch verzeihen konnte.

Mal ehrlich und Hand auf's Herz: waren wir nicht auch mal ahnungslose Außenstehende?


Liebe Grüße,

Helmut

PS: Mein absoluter Favorit unter den schlauen Sprüchen ist übrigens: "Man ist so alt, wie man sich fühlt". Die ganze Werbeindustrie lebt von diesem Spruch und wir glauben ihnen.
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Geändert von HelmutL (29.08.2014 um 23:21 Uhr) Grund: PS
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  #56  
Alt 31.08.2014, 20:26
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo an Alle
wir Trauernden passen nicht in diese Welt der Moderne oder „Postmoderne“. Da wurde die Ehepartnerin durch die „Lebensabschnittsgefährtin“ ersetzt, die eben nur für einen Lebensabschnitt gedacht ist. Man kann sie austauschen. Da ist es unmodern oder „uncool“, wenn ich zu lange um meine Frau trauere. Heute solle alle unter 67 Jahren beruflich aktiv sein. Wenn sie es nicht sind, sollen sie „aktiviert“ werden. Langes Trauern passt dazu nicht. Durch Prävention bleiben wir gesund. Die private Alterssicherung macht es möglich, dass wir auch mit 80 Jahren noch munter sind, reisen und sorgenfrei leben können. Wenn wir doch einmal krank werden, gibt es ja die moderne Medizin, die uns wieder gesund macht. „Lehr uns bedenken, daß wir sterben müssen..“ Aber das passt nicht in dieses Lebensgefühl
Liebe Grüße
Hermann
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  #57  
Alt 31.08.2014, 23:45
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RudiHH RudiHH ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo
Zitat:
Hallo an Alle
wir Trauernden passen nicht in diese Welt der Moderne oder „Postmoderne“. Da wurde die Ehepartnerin durch die „Lebensabschnittsgefährtin“ ersetzt, die eben nur für einen Lebensabschnitt gedacht ist. Man kann sie austauschen. Da ist es unmodern oder „uncool“, wenn ich zu lange um meine Frau trauere. Heute solle alle unter 67 Jahren beruflich aktiv sein. Wenn sie es nicht sind, sollen sie „aktiviert“ werden. Langes Trauern passt dazu nicht. Durch Prävention bleiben wir gesund. Die private Alterssicherung macht es möglich, dass wir auch mit 80 Jahren noch munter sind, reisen und sorgenfrei leben können. Wenn wir doch einmal krank werden, gibt es ja die moderne Medizin, die uns wieder gesund macht. „Lehr uns bedenken, daß wir sterben müssen..“ Aber das passt nicht in dieses Lebensgefühl
Liebe Grüße
Hermann
Ich hätte fast gesagt "Wenn du wüstest wie recht du hast" aber das weist du ja.
Genau das ist es was uns Quält, uns einsam macht, uns zu Ich erzieht.
Lebensabschnittspartner
Was für ein Wort.
Zum Glück benutzen dieses Wort Menschen die irgendwann auch mal Lebensabschnittspartner eines anderen Menschen sind und dann es nicht fassen können.
Eine Ich Gesellschaft ohne Gewissen es passiert immer nur den anderen.
Bloß nicht helfen denn was ich nicht sehe kann mir nicht passieren.

Das ist es was mich an dieser Gesellschaft schon seit Jahrzehnten krank werden lässt.
Es geht um Ich!
Ich will, Ich muss, Ich habe rechte, nur ich bin wichtig, keiner kümmert sich um mich nur ich.

Wenn du denn mit deiner Trauer und deinem anders sein um die Ecke kommst, sind diese Menschen total Hilflos und verwirrt.
Dann kommen diese Sprüche "Das mit der Trauer muss aber mal ein Ende haben usw..
Jeder will Wärme und Geborgenheit haben!

Keiner will sie geben.
__________________
.
Rüdiger
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Gott gebe uns Gelassenheit, hinzunehmen was nicht zu ändern ist, Mut zu ändern was man ändern kann und Weisheit zwischen beiden zu unterscheiden.

Wir werden Kämpfen!
Denn wer nicht mal versucht zu Kämpfen, hat schon verloren. Herr gebe uns Kraft und lasse uns verstehen.
http://krebs-infozentrum.de/index.ph...sch-Nein-BSDK/
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  #58  
Alt 01.09.2014, 13:44
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Moin Rudi, moin Hermann,

wie hieß es so schön bei Radio Erivan? "Im Prinzip ja, aber .... "

Ich sage: ".... aber ganz so schlecht ist die Welt und der Egoismus ansich denn doch nicht."

Wir befinden uns alle in einer extremen Situation. Sonst hätten wir uns nicht in diesem Forum versammelt. Sei es als Betroffene, als Angehörige (wie z.B. du, Rudi) oder als Hinterbliebene (wie z.B. Hermann und ich). Da ist eine gute Portion Egoismus gefragt, um zu überleben. Oft ist es so, dass wir aus diesem Egoismus heraus von anderen Menschen Dinge verlangen, die diese vielleicht gar nicht leisten können. Auch das ist eine gewisse Art von Egoismus: hilfst du mir, so helfe ich dir. Das gibt es auch hier im Forum. Auch das ist eine gewisse Art von Egoismus: es gibt Zeiten in der Trauer, da verlangen wir nach Hilfe, wollen diese Hilfe jedoch gar nicht wirklich haben.

Wie heißt es so schön? Die Welt da draußen ...

Richtig. Draußen. Wir sitzen in unserem Kokon. Auch dieses Forum ist ein Kokon, in dem der eine Kokon dem anderen Hilfestellung bietet. Meistens verstehen wir uns. Doch auch gerade hier nicht immer. Dieser Kokon ist einerseits durchaus notwendig, denn die Situation, in welcher wir uns befinden, macht verletzlich. Er würde uns übergestülpt. Das heißt jedoch nicht, wir könnten ihn nicht wieder ablegen und wieder zu dem werden, was wir vorher auch waren: ein Teil dieser Welt da draußen. Ein Teil, welches Schmerzen erdulden musste und viel Leid erfahren hat. Ein Teil, welches nicht besser ist als andere sondern lediglich (vielleicht) etwas dazu gelernt hat. Ich denke: es ist nicht gut, aus einer persönlich-extremen Situation heraus die Welt zu be-urteilen. Die Welt da draußen war nie entweder gut oder schlecht. Sie war schon immer beides. Was nicht heißt, man dürfte sich nicht mehr ärgern über verschiedene Dinge, doch sie durchschauen und sich wehren.

Ich möchte einen Satz aus meinem letzten Posting hier wiederholen:

"Mal ehrlich und Hand auf's Herz: waren wir nicht auch mal ahnungslose Außenstehende?"


Liebe Grüße,

Helmut
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  #59  
Alt 01.09.2014, 14:23
Cecil Cecil ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Danke, Helmut. Ich hatte die Hoffnung fast schon aufgegeben.
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  #60  
Alt 02.09.2014, 01:31
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo Hermann,

ich kann mich Jutta da nur anschließen. Auch meine verstorbene Frau und ich waren keine Engel. Wir haben Fehler gemacht, auch gestritten. Doch das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist doch, dass die Liebe groß genug war, das alles gemeinsam bestanden zu haben und das genau dadurch die Liebe von jung und stürmisch zu erfahren und bewusst gewachsen ist.

Den Tod der Ehefrau (oder -mannes) kann man nicht mit einer Scheidung zweier lebender Menschen vergleichen. Dieser Tod ist auch kein Freibrief in dem Sinne, ich könnte jetzt tun und lassen, was ich vielleicht bereits vorher schon wollte. Bei der Trauung hieß es: "Was Gott zusammenfügt, soll der Mensch nicht trennen" und dann "Bis der Tod euch scheidet". Das heißt in den Augen der Kirche: man darf sich wieder auf's neue verlieben und binden, denn der Einzige, der zwei Menschen trennen darf, ist der Tod. Da ist kein Muss und keine Zeitangabe, hat auch absolut nichts mit der Trauer, ob ja oder nein, zu tun. Die Witwe oder der Witwer ist wieder frei, nicht mehr verheiratet. Nicht mehr und nicht weniger.

Was das gesellschaftliche betrifft, so gab es früher das sogenannte Trauerjahr. Nach diesem Trauerjahr konnte niemand mehr eine Witwe oder einen Witwer verurteilen, die oder der sich wieder gebunden hat. Auch früher stieß es teilweise auf Unverständnis, wenn sie es nicht taten. Oft war es sogar notwendig, wenn der/die Partner/in mit 6, 7 oder 10 Kindern unversorgt alleine zurück blieb. Es ist Unsinn, möchte man jede alte Traditionen eins zu eins in unser heutiges Leben übernehmen, ohne zu fragen, ob sie heute tatsächlich noch Sinn machen und ohne sie in ihrem Kontext zu hinterfragen.

Wir dürfen heute trauern. So kurz oder so lange, wie es für uns richtig ist. Es ist mir persönlich nicht wichtig, dass die Gesellschaft mich versteht. Es ist mein Leben! Ich muss meine Trauer nicht jedem auf die Nase binden, doch ich verstecke sie nicht.

Eine neue Partnerin oder Partner: das ist doch kein Ersatz?? Wer das sucht, wird garantiert Schiffbruch erleiden. Es wäre zudem eine Beleidigung meiner verstorbenen Frau und meiner Lebensgefährtin, sollte ich Ersatz suchen. Ersatz wofür? Für's Kochen, Strümpfestopfen oder, ganz offen gesagt, für's Bett, also ein (wie man bei uns sagt) Bratkartoffelverhältnis? Oder etwa Ersatz für die Liebe? Ersteres kann man tatsächlich 'ersetzen'. Das kann auch eine Haushaltshilfe leisten oder andere. Doch kann man die Liebe zu unseren Verstorbenen ersetzen? Niemals.

Man kann eine neue Liebe finden. Wenn man möchte. Mit allem, was dazu gehört. Mit Schmetterlingen im Bauch und zitternden Knien. Wenn man möchte. Die Liebe zu unserer verstorbenen Frau/Mann stirbt dadurch nicht auch noch. Sie bleibt. Genau wie die Trauer. Wenn man eine neue Liebe findet, so ist das kein Verrat. Wann oder wie oder überhaupt, das muss und darf jeder für sich selbst entscheiden. Das ist der 'Freibrief' heute.

Über eins sollte man sich allerdings im klaren sein: wenn, dann wird das eine ganz andere Beziehung, als es früher war. Beide Seiten brauchen viel Verständnis für die besondere Situation des jeweils anderen. Damit diese Beziehung sinnvoll Bestand hat, ist Offenheit der Gefühle und Gedanken ein Muss. Ist die neue Liebe nicht zufällig ebenfalls Witwe (oder umgekehrt), so geht sie unter Umständen eine Beziehung zu dritt ein: der Mann, die Trauer und sie. Ist sie ebenfalls Witwe, dann sind es vielleicht sogar vier. Das ist ein Problem, welches man früher gar nicht hatte und das, wenn nicht gelöst, alles andere zerstören kann. Zum einen die neue Liebe, zum anderen vielleicht auch zwei Menschen. Es ist also gar nicht so einfach, denn die Liebe zu unseren Verstorbenen bleibt in unseren Herzen und die Trauer endet niemals ganz.

Ich habe seit 3 Jahren eine neue Liebe. Seit gut 2 Jahren sind wir fest zusammen. Wir leben quasi zu viert. Es geht, sehr gut sogar. Es gibt keine Eifersucht auf die verstorbenen Partner. Wir haben lange darüber gesprochen und tun es heute auch noch und nennen sie beim Namen: sie sind weder verdrängt noch ersetzt noch vergessen.

Es ist schön und es ist richtig. Wenn man möchte.

Nicht alles, was wir nicht verstehen ist deswegen falsch. Man kann jedoch vieles falsch verstehen, wenn man in seinem Kokon sitzen bleibt.

Die Gesellschaft ist ein gesichtsloser Brei, der aus vielen einzelnen Gesichtern besteht. Doch jedes einzelne Gesicht ist das Gewürz in diesem Brei und bestimmt seinen Geschmack.


Liebe Grüße,

Helmut
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