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  #16  
Alt 29.03.2007, 22:25
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Beate'68 Beate'68 ist offline
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Standard AW: Stationen des Lebens

Geliebte Mama,

all die Menschen in meinem Umfeld:
Kann keiner ermessen, was ich hab verlor’n?
Kann keiner seh‘n, welch‘ Schmerz ich erleb‘?

Die Maske des Clowns, noch immer so fein gezeichnet,
will verdecken den Blick auf meine geschundene Seel‘.
Doch die Maske des Clowns liegt aktuell weit neben mir.

Die Seele so schwer attackiert vom Trauertier.
Es tobt, es wütet, es gibt keine Ruh‘.
Und nichts läuft mehr rund, so vieles passiert.

Eine letzte Entscheidung in Deiner Sache noch offen.
Eine Entscheidung zu treffen, ich will sie nicht treffen.
Doch diese Entscheidung, die muß ich treffen.

Der Verstand kennt sicher den einzig richtigen Weg.
Hattest einst selbst gesagt, für Dich wär‘s ok.
Aber war das wirklich Dein Ernst?

Mein Herz will‘s nicht zulassen, kämpft mit allen Mittel,
hat das Trauertier entfesselt, hat‘s angestachelt.
So triumphiert und regiert im Moment das Trauertier in mir.

Es bleibt die Erkenntnis, momentan ist nicht’s ok!
Bin mir sicher, auch diese Phase geht wieder vorbei.
Und so bleibt die Gewissheit, auch unendliche Traurigkeit weiter in mir.

Semper amo te!
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  #17  
Alt 11.04.2007, 23:42
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Beate'68 Beate'68 ist offline
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Standard AW: Stationen des Lebens

Hallo Mama,

bald 7 Monate bist Du tot und da sagt mir jemand u.a. ich solle langsam loslassen. Aus purer Sorge um mich wollte sie mir regelrecht ein Gespräch um meine Trauer aufzwingen – mehrere Anläufe hat sie genommen, obwohl ich wiederholt gesagt habe, daß ich das Gespräch nicht will. Ist es nicht meine Entscheidung, ob, wann und mit wem ich darüber reden will?

Ich hatte erzählt, daß K. mit Deinem Auto einen Unfall hatte und das Auto wohl schrottreif ist und daß ich deshalb halt traurig bin. Klar, in erster Linie bin ich froh, daß K. abgesehen von ein paar Schrammen und blauen Flecken nichts Schlimmes passiert ist. Aber darf ich nach der ersten Freude nicht trotzdem traurig sein, daß wieder etwas verschwindet, was ich mit so vielen Erinnerungen an Dich verbinde. Wie gern würde ich Dein kleines blaues Auto noch mal vor unserer Tür stehen sehen. So wie Du es gewünscht hattest, hatten wir den kleinen Blauen B. und K. gegeben - ganze 6 Monate hat er bei Deinen Enkeln überlebt. Na ja, was soll man sagen, K hat ja schließlich auch die Gene ihrer Ma und Claudia hat schließlich Dein erstes Auto an die Hauswand gefahren. Wie soll es da anders sein, als daß K. dann mit Deinem letzten Auto einen Unfall baut.

Ich weiß, sie hat es nur gut gemeint mit ihrem Versuch, mit mir über meine Trauer zu reden - ich nehme es ihr absolut nicht krumm, niemand sollte das! Aber ich meine, Dich noch auf dem Sterbebett losgelassen zu haben, als ich zu Dir sagte, daß Du von diesem sch.... Leben loslassen sollst und daß ich Dich auch gehen lasse. Deinen Tod habe ich akzeptiert, nie hätte ich Dir auch nur einen Moment länger das durchlebte Leid gewünscht. Und nur weil mir bestimmte Erinnerungsstücke an Dich wichtig sind, heißt das doch nicht, daß ich nicht losgelassen habe. Und ‚Losgelassen zu haben‘ schließt doch auch nicht aus, weiter immer wieder auch mal unendlichen Schmerz zu erleben.

Vor bald 15 Jahren mußte ich lernen, mit Claudia’s Tod zu leben. So wie ich es damals geschafft habe, schaffe ich es auch bei Dir, Mama. Die Kraft dafür hast Du mir geben!

Semper amo te !
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  #18  
Alt 24.04.2007, 20:26
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Beate'68 Beate'68 ist offline
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Standard AW: Stationen des Lebens

Geliebte Mama, danke für den wunderschönen Traum,
den Du mir heute Nacht geschickt hast.
Im Traum nehmen wir einander ganz fest in den Arm
Ein allerletztes Mal auf Deinem Krankenbett, wohl wissend, was kommt.
Und ein letztes Mal sagen wir einander nur das Eine:
Ich liebe Dich!

Auch wenn es nur ein Traum war,
danke, daß ich Dich noch mal so ‚spüren und erleben‘ durfte!

Semper amo te !
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  #19  
Alt 05.05.2007, 00:10
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Beate'68 Beate'68 ist offline
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Standard AW: Stationen des Lebens

Liebe stille Leser,

bitte verzeiht mir, daß ich hier heute mal meiner Schwester, die ja nicht an Krebs starb, einige Zeilen widme. Ich danke Euch für Euer Verständnis wie auch für Euer Interesse an meinen Stationen des Lebens.

Ich hoffe, daß für Euch heute nicht nur meteorologisch die Sonne scheint.

LG
Beate
__________________________________________________ _________________________

Liebe Claudia,
heute vor 15 Jahren, um 15:28 Uhr starbst Du. Und heute ist er wieder da, der unendliche Schmerz über Deinen Tod, zeitweise so stark wie vor 15 Jahren - vielleicht auch noch stärker jetzt, da Mama bei Dir ist!
Noch heute erinnere ich mich an diesen einen Tag fast minutiös – an all das Geschehene, an das Gesagte, an das Gedachte und an den unendlichen Schmerz, nachdem ich den Anruf bekam. An der Unfallstelle legte ich an einem der folgenden Tage Blumen nieder mit einer Schleife, die den Aufdruck trug „For a friend“ – das Lied der Communards, welches für mich zum Sinnbild meines Schmerzes und meiner Trauer wurde:

For A Friend

I never cried the way I cried over you,
As I put down the telephone and the world it carried on.
Somewhere else, someone else is crying too,
Another man has lost a friend, I bet he feels the way I do.
And now I'm left without, but you're here within.
As I watch the sun go down, watching the world fade away,
All the memories of you come rushing back to me.
As I watch the sun go down, watching the world fade away,
All I want to do is kiss you once goodbye.

Summer comes and I'd remember how we'd march,
We'd march for love and pride, together arm in arm.
Tears have turned, turned to anger and contempt,
I'll never let you down, a battle I have found.

And all the dreams we had, I will carry on.
As I watch the sun go down, watching the world fade away,
All the memories of you come rushing back to me.
As I watch the sun go down, watching the world fade away,
All I want to do is kiss you once goodbye, goodbye,
Goodbye, goodbye.

And all the dreams we've had, I will carry on.
As I watch the sun go down, watching the world fade away,
All the memories of you come rushing back to me.
As I watch the sun go down, and darkness comes to me,
All I want to do is kiss you once goodbye, goodbye,
Goodbye, goodbye.

(aus dem Album: Red - Communards 1987 / Jimmy Somerville u. Richard Coles)

Semper amo te, Claudia !

Mama, ich passe weiter auf B. u. K. auf, so wie Du es nach Claudia’s Tod tatest. Heute kommt K. mit Freund und vielleicht auch B. zum Grillen zu uns. Wir vermissen Dich/Euch sehr!

Semper amo te, Mama !

Nachtrag 8.5.2007:
Mama, ich sehe förmlich Deine vor Freude stahlenden Augen, Dein liebevolles Lächeln im Gesicht, weil B. am Samstag tatsächlich mitgekommen ist. Wie schön wäre es gewesen, wenn Du dabei gewesen wärst, zwischen Deinen Liebsten auf unserer Terrasse, wo Du so gerne gesessen hast. In unseren Herzen, Gedanken und Worten warst Du/ward Ihr dabei!

Semper amo te, Mama !

Geändert von Beate'68 (09.05.2007 um 16:27 Uhr)
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  #20  
Alt 10.06.2007, 12:18
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Beate'68 Beate'68 ist offline
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Standard AW: Stationen des Lebens

Geliebte Mama

Haben früher ach so viele Worte gewechselt.
Haben uns alles erzählt, was bewegt.
Wußten stets um die Freuden und Sorgen des anderen.
Ein Satz am Telefon und wir wußten, wie es dem anderen geht.
Einzig ein Thema blieb unausgesprochen,
der Schmerz unserer Trauer um Claudia.

Der Strom der Worte, er ist versiegt.
Ach so viel bleibt heut‘ einfach unausgesprochen.
Mit niemandem kann ich reden wie mit Dir.
Und mit niemandem will ich reden wie mit Dir.
Und wieder passiert’s, der Schmerz bleibt unartikuliert,
der Schmerz meiner Trauer um Dich.

Hab‘ früh erlebt, einen Mensch zu verlieren.
War noch so klein, doch diese Lektion, sie hat mich geprägt.
Hab‘ so viel zu früh gelernt, den Tod als Teil unseres Seins zu akzeptier’n.
Und hab auch gelernt, tiefster Schmerz mitunter Teil unseres Lebens ist.

Vermag den Schmerz nicht zu lindern durch noch so viel‘ Worte, dies ist kein Weg für mich.
Und so bleibt unausgesprochen und verborgen im Herzen, der unendlichen Schmerz in mir.
Ich laß ihn dort zu, mal latent vorhanden, dann wieder ach so präsent.
Denn solang‘ ich ihn spür‘, ich kann sein mir gewiß,
solang‘ auch meine unendliche Liebe zu Euch weiter in meinem Herzen ist.

Semper amo te !


Geliebte Claudia,

sei sicher, der Schmerz um Dich noch immer und auch weiter in meinem Herzen ist.

Semper amo te !
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  #21  
Alt 11.06.2007, 11:17
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teddy 34 teddy 34 ist offline
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Standard AW: Stationen des Lebens

Hallo liebe Beate,
Lese gerne deine Beiträge ide gehen so richtig unter die Haut.
Du hast schon soviele Menschen verloren die dir so nahe standen.
Finde du bist eine starke Frau die soviele schmerzen aushält.
Ich habe (nur)eine Menschen verloren und meine mein Herz bricht in Tausend Stücke.
Gibtst vielen hier Kraft mit deine Sätzen und sprichst mir aus den Herzen.


Drücke dich

Liebe Grüsse Nicole
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  #22  
Alt 11.06.2007, 20:40
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Beate'68 Beate'68 ist offline
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Standard AW: Stationen des Lebens

Liebe Nicole,

vielen Dank für Deine lieben Worte.

Die ‚Stärke‘, all meine Stationen des Lebens zu ‚überstehen‘, habe ich von meiner Mutter, so wie ich glaube auch Du von eben Deiner Mutter. Meine Mutter hat in ihrem Leben soviel durchmachen müssen, und doch war sie für uns Kinder und ihre Enkelkinder immer stark – unglaublich stark und mit dem Herzen am wahrlich rechten Fleck.

In einem Deiner Beiträge hast Du geschrieben, daß Du eine ganz besondere Beziehung zu Deiner Mutter hattest, genauso ist es bei mir. Sicher, dies scheint rein subjektiv den Verlust für uns noch ein Stück schmerzlicher zu ‚machen‘, aber genau das ist es auch, was mich den Verlust akzeptieren läßt.

Daß meine Beiträge Kraft geben, bedeutet mir sehr viel. In so manchem Beitrag spüre ich immer wieder ganz unglaublichen Schmerz, um so mehr freut es mich, wenn ich mit meinen Beiträgen etwas von meiner Kraft abgeben kann. Genauso gibst aber auch Du - ebenso wie so viele andere hier - Kraft durch aufbauende und mitfühlende Beiträge und liebe Worte.

Liebe Grüße, fühl‘ auch Du Dich gedrückt.
Beate

Geändert von Beate'68 (11.06.2007 um 21:24 Uhr)
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  #23  
Alt 13.06.2007, 19:36
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teddy 34 teddy 34 ist offline
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Standard AW: Stationen des Lebens

Hallo Beate,
meine Mama hat ergal was war wie eine Löwin gekämpft.Nur gegen den Sch....
Krebs hat sie verloren.Aber es ging alles so schnell,dass ich froh bin dass sie nicht solange leiden musste.

Liebe Grüsse Nicole
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  #24  
Alt 13.06.2007, 22:46
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Beate'68 Beate'68 ist offline
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Hallo Nicole,

ja, unsere Mütter waren wahre Kämpferinnen und genauso sind wir es, schließlich haben wir ihre Gene.

Ich habe in Deinem Thread gesehen, daß Du krank bist. Ich wünsche Dir gute Besserung und laß Dich mal ein bißchen von Deinen Männern umsorgen und verwöhnen!

LG
Beate
__________________________________________________ ____________________________________

Na Ihr zwei,

morgen bzw. Sonntag werdet Ihr mir und ich denke auch K. und allen anderen ganz besonders fehlen. K. wird 18 - am Sonntag ist Familienfeier, halt das Übliche. In meinem Herzen werdet Ihr auf jeden Fall dabei sein.

Claudia, unglaublich wie die Zeit vergeht. K. war erst 3 als Du starbst und sie ist Dir nicht nur äußerlich so unglaublich ähnlich – in ihr sah ich Dich noch mal aufwachsen – nur blondes Haar hast Du nie gehabt . Sie freut sich immer, wenn ich ihr erzähle, worin Ihr Euch ähnelt.

Ich weiß noch, wie sie am Tag X auf Deine Seife zeigte und meinte, das wäre Deine und die würdest Du später wieder nehmen, wenn Du nach Hause kommst. Gut, daß sie damals noch nicht alles verstehen konnte – nie werde ich B.‘s bitterliches Weinen vergessen. Ich wünsche beiden so sehr, daß sie Dich liebevoll im Herzen bewahren können.

J. meinte schon, K. am Sonntag ein bißchen damit aufziehen zu wollen, wie sie mit 5 Jahren in rosa Strumpfhosen auf ihm herum geklettert ist. Wir werden ganz bestimmt über das eine oder andere aus vergangenen, gemeinsamen Tagen lachen – da bin ich mir sicher!

Semper amo te, Mama!

Semper amo te, Claudia!
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  #25  
Alt 15.06.2007, 14:53
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teddy 34 teddy 34 ist offline
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Standard AW: Stationen des Lebens

Liebe Beate,
mir geht es schon wieder etwas besser,mein Mann konnte mich nicht verwöhnen er musste arbeiten.
Haben aber ein großen Familien zzusammen halt,MeineSchwertser holt den kleinen ab und behält ihn bis Abends bei sich.

War die ersten Tage zwar nicht aber mein Vater und sie meinen er musse an die Luft.Sollen sie machen.


Danke für die Guten Wünsche.

Liebe Grüsse Nicole
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  #26  
Alt 16.06.2007, 20:18
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Beate'68 Beate'68 ist offline
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Hallo Mama,
ich habe für morgen für K. neben dem eigentlichen Geschenk nun noch ein ganz besonderes Geschenk, ich glaube, das würde auch Dir gefallen. Erinnerst Du Dich, wie K. als sie klein war im Wohnzimmer vor dem Bild ‚Waldwiese‘ von Hans Thoma stand und meinte, die Blumen pflückende Frau auf dem Bild sei ihre Mama, unsere Claudia.

Als sie zum Grillen bei uns war, fragte sie mich nach dem Verbleib dieses Bildes. Du hattest ihr wohl davon erzählt, wie sie damals vor dem Bild stand. Ich habe das Bild bei uns aufgehängt, aber ich bot ihr an, es mitzunehmen. Sie lehnte zwar ab, aber ich glaube doch, daß sie morgen ganz schön strahlen wird. Denn beim Grillen sagte sie noch etwas, das mir sagt, was ihr das Bild wirklich bedeutet.

Ich weiß nicht warum, aber aus irgend einem Grunde habe ich heute Deine eingepackte Bildersammlung durchgeschaut und da dann den zweiten Kunstdruck von dem Bild gefunden – klar, ich hatte das Bild ja selbst auch mal. War der Blick in die Sammlung Zufall oder hattest Du Deine ‚Finger im Spiel‘, Mama?

Wie auch immer, nun bekommt sie morgen das Bild, das sie sowohl an Dich als auch an Claudia erinnert. Ich freu‘ mich schon jetzt auf ihre strahlenden Augen bei Anblick des Bildes.

Semper amo te !
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  #27  
Alt 19.06.2007, 20:24
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Beate'68 Beate'68 ist offline
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Geliebte Mama,

heute, heute vor einem Jahr begann die Uhr zunächst noch leise aber doch schon merklich zu ticken. Als Dir das fettreiche Essen 2 Wochen zuvor zu Pfingsten nicht bekam, dachtest Du Dir nichts dabei. Der Routine-Gesundheits-Check 4 Tage später zeigte keine gravierenden Auffälligkeiten, nur etwas Zucker. Bei K.s Geburtstagsfeier am 17. warst Du vorsichtig bei Essen, wolltest Deinen Magen schonen, fühltest Dich etwas schlapp. Dann, heute vor einem Jahr gingst Du zum Arzt, für Deine Ärztin war es bereits ein Fall für‘s Krankenhaus – Ikterus.

Später um diese Zeit telefonierten wir wie gewohnt, Du erzähltest, was Deine Ärztin gesagt hatte. Du beschriebst mir weitere Symptome, wir sagten warten wir erst mal ab, was morgen die Ärzte sagen. Am Telefon beruhigten wir uns gegenseitig, ohne konkrete Informationen wollten wir uns nicht verrückt machen. Doch beide wußten wir was es bedeutet. Die Symptome kannten wir beide nur zu gut von damals, als Dein Bruder vor mehr als 20 Jahren an Krebs starb. An unseren Besuch 2 Tage vor seinem Tod kann ich mich noch immer sehr schmerzlich erinnern.

Nach unserem Telefonat las ich nach, was ich befürchtete. Beginnend bei den harmloseren Möglichkeiten arbeitete ich mich vor zum Krebs. Wochen zuvor hatte ich eine ‘Ahnung‘, wie schon bei Claudia auch. Doch wie auch bei Claudia bezog ich es auf mich, solche Sachen, durften doch nicht Euch passieren. Ich wollte mir ein letztes Fünkchen Hoffnung bewahren, doch meine Gedanken wendeten sich nicht mehr ab vom Krebs.

J. verstand nicht, was ich dachte und was ich spürte. Er meinte, ich solle mich doch nicht verrückt machen und erst mal die Diagnose der Ärzte abwarten – doch warten worauf, auf den Beginn des bestätigten Alptraums am Tag darauf ? Nein für mich begann der Alptraum heute, heute vor einem Jahr um diese Zeit.

Semper amo te !


PS: Wie erwartet hast Du am Sonntag strahlenden Augen und auch weinende Augen verpaßt. , als K. daran dachte, wie Du sonst um 14:50 Uhr kamst und , als ich ihr das Bild schenkte.
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  #28  
Alt 20.06.2007, 09:35
gabriela60 gabriela60 ist offline
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Liebe Beate

Deine Zeilen sind wunderschön, manchmal auch traurig, dann wieder dankbar und stets mit viel Liebe.

Und genau so geht es mir beim Lesen.

Ich spreche auch noch nach über 30 ig Jahren zu meiner Mama, jeden Abend bevor ich einschlafe. Für manche ist das nicht vorstellbar, aber ich werde dies bis zu meinem letzten Atemzug beibehalten, so ist sie doch immer bei mir, bis der Vorhang fällt und mich im Regenbogenland abholt.

Du siehst, ich bin beim Punkt 5 angekommen, diese Reise dauerte aber Jahrzehnte.

Sei lieb gegrüsst
Gabriela
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  #29  
Alt 20.06.2007, 19:59
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Beate'68 Beate'68 ist offline
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Geliebte Mama,

wie ein Film läuft vor meinem inneren Auge der Tag heute vor einem Jahr ab.
Nach der Arbeit fahr ich zu Dir ins Krankenhaus, ich betrete Dein Krankenzimmer.
Du sitzt auf dem Bett, der Tür zugewandt, die Beine über der Bettkante baumelnd.
Du sahst aus, als wärst Du auf dem Sprung, um mit mir nach Hause zu fahren.
Du schaust mich an, als hättest Du nur darauf gewartet, daß ich endlich zur Tür herein komme.
Diesen Blick, den sehe ich noch heute vor meinem geistigen Auge.
In Deinen Augen sah ich grenzenlose Traurigkeit umhüllt von grenzenloser Gefaßtheit.
Und dann sagtest Du den Satz, denn ich noch immer in meinem Kopf höre.

‘Das wird nichts mehr....Es ist KREBS.‘

Ich setzt mich neben Dich, wir nehmen einander fest in den Arm.
Wir versuchen einander noch Hoffnung zu machen, schließlich stirbt die Hoffnung ja zuletzt.
Doch beide wußten wir, daß da keinerlei Hoffnung mehr war.

Semper amo te !


__________________________________________________ ___________________________________

Liebe Gabriela,

vielen, lieben dank für Deine lieben Worte. Ja, Du hast Recht, grenzenlose Liebe und Dankbarkeit begleiten meinen Weg ebenso wie die Traurigkeit. Für mich gehören diese Gefühle zusammen wie die Teile eines Puzzels, die richtig zusammengefügt ein Ganzes ergeben.

Die Traurigkeit und den Schmerz zu spüren beweist mir unsere genzenlose Liebe, denn hätte es diese Liebe nicht gegeben, gäbe es auch nicht den Schmerz und die Traurigkeit.

Traurigkeit, Liebe und Dankbarkeit werden uns den Rest unseres Lebens begleiten. Uns allen hier wünsche ich jedoch, daß die Liebe und Dankbarkeit im Laufe der Zeit die Traurigkeit in den Hintergrund drängen wird.

Liebe Grüße auch an Dich und alle anderen
Beate
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  #30  
Alt 08.07.2007, 00:25
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Beate'68 Beate'68 ist offline
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Geliebte Mama,

weiß noch, wie heut‘ vor einem Jahr, wir nahmen einander fest in den Arm.
Ach Mama, war das ein schrecklich trauriger Geburtstag.
Garniert mit ‘Semper amo te‘ bracht‘ ich Dir eine Deiner liebsten Süßigkeiten.

Und die noch kleine, kugelige Kaktee mit schon so langen, festen Stacheln
ich gab sie Dir heut‘ vor einem Jahr an Deinem 71. Geburtstag.
Die kleine Kaktee sollt‘ Dich stets d‘ran erinnnen, dem Krebs die Stacheln zu zeigen.

Dazu noch eine wunderschöne schwarze Calla in einem hellgrünen Übertopf.
So wunderschön und doch war sie irgendwie auch Symbol meiner tiefen Traurigkeit jener Tage.
Ich weiß noch, wie wir dafür den schönsten Platz auf der Fensterbank suchten.

Wie gern würde ich Dich heut‘ wieder schön beschenken, mit Dir und J. Essen geh’n.
Heut‘ zu Deinem 72. Geburtstag bring‘ ich Dir wieder Blumen.
Du bist nicht mehr da, doch sei sicher, ich bin da – heut‘ an Deinem Grab.

Zünd‘ Kerzen an für Dich und schick‘ Dir meine Liebe gen Himmel. Liebe-0096.gif


Semper amo te !

Geändert von Beate'68 (08.07.2007 um 19:28 Uhr)
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