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Alt 17.03.2012, 17:08
eugene eugene ist offline
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Standard Einzelgänger

Hallo Forengemeinde,
ich bin 25 und an einem inoperablen, niedrigmalignem Hirnstammtumor erkrankt. Genaueres zum Tumor lässt sich schwer sagen, da eine Biopsie bis jetzt wegen des zu hohen Risikos aufgeschoben wurde. Fakt ist, der Tumor wächst wenig bis garnicht. In der Anamnese bei der Diganose vor ca. einem Jahr wurde die Vermutung aufgestellt, dass der Tumor bereits seit meinem 10. Lebensjahr vorhanden ist, da dort rückwirkend betrachtet die ersten Symptome auftraten. Alles jedoch sehr sporadisch und nicht ganz aussagekräftig. Hauptsymptome sind bei mir vor allem periodischer Schwindel (meist im Abstand mehrerer Monate) und Kopfschmerzen. Alles aber sehr sehr erträglich und meine Lebensqualität leidet kaum darunter: grundsätzlich geht es mir also gut!

Was mir das Leben etwas beschwert, ist der Umgang damit. Ich lebe schon seit 6 Jahren allein und bin und war immer eher ein Einzelgänger. Mit meiner Familie verstehe ich mich eigentlich ganz gut, jedoch haben wir kein sehr enges Verhältnis. Ich habe nur eine sehr gute Freundin die ich über alles Liebe und ansonsten eher wenige Sozialkontakte. Hauptsächlich eher oberflächlichliche Bekannschaften. Das ist so gewollt und ich lebe als Einsiedler sehr glücklich.

Die Tumordiagnose habe ich komplett für mich behalten. Keiner aus meinem Umfeld weiß bescheid. Als die Dignose vor einem Jahr gestellt wurde, wurde mein Freundeskreis durch den frühen Tod einer Freundin erschüttert. In der großen Trauer beschloss ich damals, mich vorerst niemandem anzuvertrauen und das aufzuschieben, bis die Leute wieder Kraft hätten. Ich erfand (und erfinde) kleine Notlügen für meine krankheitsbedingten Ausfallzeiten gegenüber meinem Umfeld. Da ich jedoch immer sehr zurückgezogen lebe und es niemanden wirklich irritiert, wenn Sie mal 2 Wochen nichts von mir hören, fällt mir die Geheimhaltung nicht schwer.

Da es meiner besten Freundin jetzt wieder besser geht, stand ich jetzt eigentlich vor der Aufgabe, mich mitzuteilen. Ich habe jedoch beschlossen es aus folgenden Gründen nicht zu tun:

Als ich versucht habe, es ihr zu erzählen, ist sie bereits als ich nur angefangen hatte zu berichten, sofort in Tränen ausgebrochen. Das tat mir wirklich sehr weh sie so zu sehen und ich habe es dann irgendwie geschafft, meine Erzählung mit einer aus den Fingern gesogenen, harmlosen Alternativdiagnose zu Ende zu lügen. Es würde sie psychisch stark belasten, wenn Sie die Wahrheit wüsste.

Die Person die mir danach am nächsten steht, ist meine Mutter. Nun hat meine Mutter eine sehr sehr schwere Ehe (unter der auch wir Kinder sehr gelitten haben) hinter sich und ist nun zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder glücklich verliebt und wieder frisch verheiratet. Ich habe meine Mutter noch nie so glücklich und ausgeglichen erlebt wie in den vergangenen Monaten und es erwärmt mir das Herz, sie so zu sehen. Es ihr zu erzählen würde dieses neue Glück vermutlich ruinieren.

Ich habe das Gefühl, wenn ich mich mitteile, dann schränke ich die Lebensqualität der mir nahestehenden Personen weitaus mehr ein, als meine eigene bereits durch die Krankheit. Ich will die wenigen Personen die ich liebe nicht traurig sehen, in der Zeit die mir noch bleibt.

Nun rät mir die ärztliche, psychologische Betreuung stark an, es natürlich trotzdem zu tun. Und es gibt natürlich offensichtliche Gründe das auch zu tun, aber da ich im Moment sehr zufrieden lebe und es sogar Tage gibt, an denen ich fast vergesse das meine Lebenszeit begrenzt ist, will ich das eigentlich nicht tun. Denn auch die darauf folgende stärkere Zuwendung durch mein Umfeld würde mein eher zurückgezogenes Leben eher beeinträchtigen.

Ich wende mich an euch, um eure Meinungen zu erfahren. Vielleicht könnt ihr mich in meiner Entscheidung bestärken oder mir aber Aspekte und Perspektiven aufzeigen, die gegen mein Schweigen sprechen.

Auf jeden Fall, vielen lieben Dank bereits im Voraus,
Gruß,
Eugene
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