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  #1  
Alt 03.09.2009, 09:57
c-nada c-nada ist offline
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Registriert seit: 03.09.2009
Beiträge: 2
Standard Wie überlebt man diesen Schmerz?

Hallo zusammen,

ich bin neu hier möchte mich kurz vorstellen.
Ich bin 30 Jahre alt und habe am 21.8. mein geliebte Mama verloren.
Die Diagnose bekam sie im Februar diesen Jahres und sie lautete Lungenkrebs mit Metastasen im Gehirn und an der Wirbelsäule. Was für ein Schock das war, können wahrscheinlich alle hier nachvollziehen. Meine Mama war 55 Jahre alt und stand mitten im Leben. Sie hat viel gearbeitet, hatte viele Freunde und war der tollste Mensch, den ich kenne. Ende letzten Jahres hatte sie viele Erkältungen, oft Halsschmerzen und Husten. Außerdem klagte sie vermehrt über Stress auf der Arbeit (nebenbei hat sie auch noch ihre Mutter gepflegt) und wunderte sich, dass sie plötzlich so unkonzentriert war, hin und wieder Worte vergaß und Rechtschreibprobleme bekam. Wir alle schoben diese Symptome darauf, dass sie sich zu wenig ausruhte und sogar mit Fieber noch arbeiten ging, anstatt sich mal ein wenig um sich zu kümmern. Aber so war sie immer, bevor sie an sich dachte, kamen erst die anderen: mein Papa, meine Schwester, mein Sohn, ich, ihre Geschwister, ihre Mama, ihre Freunde. Diese Selbstlosigkeit habe ich immer grenzenlos bewundert.
Und dann kam diese Diagnose und alle außer ihr sind regelrecht zusammengebrochen. Diese Stärke, die sie ihr ganzes Leben lang auszeichnete, fing auch in diesem Moment nicht an zu bröckeln. Ich weiß noch, als wir das erste Arztgespräch nach all den vielen Untersuchungen hatten und uns gesagt wurde, dass die Prognose schlecht sei, da die Krankheit sich bereits im Endstadium befände, da war es mein Papa, der anfing zu weinen und sie tröstete ihn. Die ganzen Chemos, Bestrahlungen, Medikamente und Nebenwirkungen hat sie so tapfer über sich ergehen lassen, ohne auch nur einmal zu jammern. Immer hat sie gelächelt und bis zum Schluss war sie der festen Überzeugung, dass wir bald wieder zusammen auf Flohmärkten stöbern werden, wenn das alles überstanden ist.
Wir haben so sehr gehofft, dass ein Wunder geschieht. Es gab Wochen, wo sie wegen der Gehirnmetastasen sehr durcheinander war und keinen Satz mehr formulieren konnte. Als sich dieser Zustand besserte und sie geistig wieder völlig klar wurde, waren wir sicher, dass es nun bergauf ging. Es ist wirklich unglaublich, wie sehr man hofft.
Zwischenzeitlich ging es ihr auch wirklich wieder relativ gut. Sie konnte zwar nicht mehr alleine laufen, weil sich durch das Cortison die Muskeln zurückbildeten, aber wir schoben sie im Juli noch im Rollstuhl durch Ikea, weil sie das gerne wollte.
Ziemlich genau ein halbes Jahr nach der Diagnose ist sie gestorben.
An meinem 30. Geburtstag, dem 10. August, ging es ihr schon nicht mehr so gut, sie bekam schlecht Luft und jede Bewegung war sehr anstrengend. Einen Tag später brachten wie sie ins Krankenhaus, weil das Wasser, dass sich in der Lunge gesammelt hatte, punktiert werden sollte. Am 11. August wurden 1,5 Liter Wasser abgezapft und am nächsten Tag nochmal die gleiche Menge. Aber trotzdem fiel ihr das Atmen kaum leichter. Plötzlich war sie auch wieder durcheinander, aber wir waren zu dem Zeitpunkt noch der festen Überzeugung, dass nur das Cortison wieder erhöht werden müsse, damit sich dieser Zustand wieder bessere. Aber der Arzt nahm uns die Hoffnung und sagte, dass die Metastasen gewachsen seien und man nichts mehr machen könne. Von da an wurde ihr Zustand immer schlechter, die Tage ab dem 17.8. waren sehr heiß und sie trank zu wenig, Appetit hatte sie auch kaum noch. Am 21.8. rief der behandelnde Arzt morgens meinen Vater an und bat ihn, zu kommen, da sie nicht mehr ansprechbar sei. Er fuhr dann gleich hin und als ich eine Stunde später dazu kam, hatten die Schwester ihr gerade einen Flüssigkeitstropf angehängt. Ihr Zustand schien sich daraufhin zu verbessern, sie öffnete die Augen und lächelte uns an, sie aß sogar noch ein wenig vom Mittagessen. Gegen 14 Uhr wurde sie plötzlich sehr unruhig und ein paar Minuten später begann sie sehr laut zu atmen, bzw. zu röcheln. Der Arzt gab ihr Morphium, woraufhin sie sich wieder beruhigte. Ab 14:30 Uhr wurden die Abstände zwischen den Atemzügen immer länger und um 14:45 Uhr atmete sie dann gar nicht mehr. Mein Vater, meine Schwester und ich saßen an ihrem Bett und sprachen mit ihr, hielten ihre Hände. Dieses Gefühl, als sich ihr Brustkorb nicht mehr hob, lässt sich nicht in Worte fassen.
Danach nahm alles seinen Lauf, alle Bekannte wurden informiert, wir gingen zum Bestatter und suchten den Sarg, die Urne und die Blumen aus, schalteten eine Anzeige, organisierten eine kleine Feier für die Familie und die engsten Freunde im Anschluss an die Trauerfeier.
Ich fühle mich immer noch wie in Trance und kann das Ausmaß dieser Katastrophe nicht begreifen. Sie war die beste Freundin, die ich hatte, wir waren so innig und die großartigste Familie, die ich mir vorstellen kann. Jetzt ist mein Papa alleine in der großen Wohnung, alles riecht nach ihr, alles trägt ihre Handschrift, wie wird man damit fertig?
Was hilft Euch, um die Trauer und den Schmerz zu ertragen? Im Moment verdränge ich, so gut es geht, verplane meine Tage, damit ich möglichst nicht zur Ruhe komme, aber was kommt danach?
Entschuldigt bitte, dass ich einen derartigen Roman geschrieben habe, so lang sollte mein Beitrag eigentlich gar nicht werden, aber irgendwie tut das Schreiben auch gut.
Für Feedback bedanke ich mich schon jetzt, alles Liebe,
*C.
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  #2  
Alt 03.09.2009, 10:48
Moni Hirsch Moni Hirsch ist offline
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Registriert seit: 28.08.2005
Beiträge: 254
Standard AW: Wie überlebt man diesen Schmerz?

Hallo c-nada

Mein Beileid !

Jeder geht mit seiner Trauer anders um. Meine Mutter starb heute vor einem Monat.
Beschäftigung war auch mein erster Gedanke , doch dann brach es aus. Egal wo ich war ........ich heulte mir die Augen aus dem Kopf.Manches mal schrie ich auch. Ich ließ es zu und DAS war es was mir half.
Den Schmerz spüre ich wohl bis ans Ende meiner Tage aber ich spüre auch das ich jeden Tag besser damit umgehen kann.
Suche Dir am besten einen Ort an dem Du Dich fallen lassen kannst , dass kann der eigene Garten sein oder auch in der Kirche aber laß' es raus !


Fühle Dich umarmt

Moni
__________________
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  #3  
Alt 03.09.2009, 11:21
Galadriel Galadriel ist offline
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Registriert seit: 21.01.2009
Beiträge: 5
Standard AW: Wie überlebt man diesen Schmerz?

Hallo liebe C.,

auch von mir mein herzliches Beileid.

Mein Vater starb vor 7 Monaten nach 5 Jahre langem Kampf...

Du schreibst, daß Dir das Schreiben hier hilft - das ist schon mal ein Ansatz - ich habe meinem Vater Briefe in Tagebuchform geschrieben, das hat mir sehr geholfen. Ich hatte den Eindruck, mit ihm sprechen zu können...

Mir hilft es auch sehr, mit meiner Mutter zusammen zu sein, über ihn zu sprechen und ihn irgendwie so am "Leben" zu erhalten. Ich wüßte nicht, was ich tun würde, wenn meine Mutter nicht mehr wäre... Bei ihr habe ich das Gefühl ihm Nahe zu sein.

Im Alltag habe ich gelernt, die Trauer "wegzupacken" wie ein Päckchen. Nur noch selten hole ich das "Päckchen" hervor, um mich darin zu verlieren - ich habe mich irgendwie davon distanziert. Ob das Gesund ist weiß ich nicht - aber ich denke jeder findet einen Weg, mit dem Schmerz umzugehen - und jeder Weg ist richtig, auch wenn ihn andere nicht nachvollziehen können.

Du fragst, wie man den Schmerz überlebt? Man tut es einfach - die Zeit läuft an Dir vorbei und läßt Dir keine Wahl! Und das ist auch gut so! Versuche nicht die Zeit anzuhalten! Auch wenn man sich nichts sehnlicher wünscht!

Alles Gute,
Galadriel
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  #4  
Alt 03.09.2009, 11:45
Benutzerbild von Desi
Desi Desi ist offline
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Registriert seit: 03.12.2007
Ort: NRW
Beiträge: 3.658
Standard AW: Wie überlebt man diesen Schmerz?

Hallo c-nada!
Es tut mir so unendlich leid, das du deine Mum an diese Schei.. Krankheit verlieren musstest.
Wir alle hier wissen wie grausam und unwirklich das alles ist.
Mir hat es letztes Jahr als mein vater starb, sehr geholfen hier zu lesen und auch zu schreiben.
Hier wird man verstanden, wir haben alle das gleiche durchgemacht und machen es immer noch.
Ich wünsche dir und deiner Famile gaz viel Kraft für die kommende Zeit.
__________________
In Liebe Daddy geb. 27.02.54 gest. 08.02.2008
Du wirst für immer in meinem Herzen sein.
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  #5  
Alt 03.09.2009, 11:55
Bremensie Bremensie ist offline
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Registriert seit: 25.11.2007
Beiträge: 758
Standard AW: Wie überlebt man diesen Schmerz?

Hallo, liebe C.,
auch von mir mein Beileid zum Tod deiner Ma. Es heißt nicht umsonst Trauerjahr. Nimm dir Zeit zum Trauern. Wenn du bei deinem Pa bist dann weint ruhig zusammen wenn euch danach ist. Redet zusammen über gemeinsame Erlebnisse. Wenn es lustige sind dürft ihr auch ruhig zusammen lachen. Deine Ma würde es bestimmt nicht gut finden wenn ihr nur trauert.
Ich persönlich glaube auch an ein Leben nach dem Tot. Ich bin sicher deine Ma ist bei euch sie sieht euch und hält wenn es erforderlich ist ihre Hand schützend über euch. Nur ihr könnt sie nicht mehr sehen und anfassen. Für die Zeit die nun kommt wünsche ich dir und deiner Familie ganz viel Kraft. Komm ins Forum wann immer du magst.


Traurige Grüße von Erika
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  #6  
Alt 03.09.2009, 13:13
Leni84 Leni84 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 09.08.2009
Ort: Solingen
Beiträge: 23
Standard AW: Wie überlebt man diesen Schmerz?

Liebe C.

ich bin so völlig sprachlos seitdem ich deine Zeilen las..........
du hast im letzten halben Jahr fast genau das gleiche Schicksal mitgetragen wie ich mit meiner Mama. Bei ihr war es Brustkrebs der ins Gehirn gestreut hatte und auch sie kämpfte einen Kampf, der bereits verloren war.
Meine Mami starb 5 Tage nach deiner Mama.......und so wie du ihre letzten Stunden beschrieben hast, genauso !!!!! war es auch bei uns! Auch wir waren bei ihr und hielten ihre zittrige Hand, hörten sie laut atmen und die Abstände immer länger wurden bis sich ihr brustkorb nicht mehr regte

Und warum ich dir schreibe- ich bin auch vor Schmerz wie gelähmt, weiß nicht mehr weiter, kann nicht aufhören an ihr Leid zu denken und verspüre ein unbeschreiblich starkes Heimweh.
Hast du dir schon Hilfe gesucht? Trauerbewältigungsangebote oder Therapeuten?
Vielleicht können wir uns gegenseitig Tipps geben.

Ich grüße und drücke Dich aus der Ferne

Madeleine
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  #7  
Alt 03.09.2009, 21:59
c-nada c-nada ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 03.09.2009
Beiträge: 2
Standard AW: Wie überlebt man diesen Schmerz?

Hallo Madeleine,

es tut mir sehr leid, dass Du auch so etwas Schlimmes durchmachen musstest und musst. Dass Du ständig an ihr Leid denken musst, kann ich so gut nachvollziehen, das geht mir genauso. Ich kann es einfach nicht fassen, dass so ein großartiger Mensch so leiden muss. Wenn ich daran denke, welche Ängste und Höllenqualen sie ausgestanden haben muss und wie tapfer und optimistisch sie trotzdem war, bringt es mich fast um.
Nein, ich habe mir noch keine Hilfe zur Trauerbewältigung gesucht, ich dachte eigentlich, dass ich es alleine schaffe. Wenn ich aber daran denke, dass ich am Montag, zwei Wochen nach Mamas Tod, wieder arbeiten gehen soll, kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen. Ich glaube, ich kann das noch gar nicht.
Wie ist das bei Dir? Ich wünsche Dir alle Kraft der Welt und denk daran, dass es irgendwo Menschen gibt, denen es genauso geht wie Dir.
Alles Liebe,
*Caro
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