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Alt 19.06.2010, 00:09
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Registriert seit: 18.04.2010
Beiträge: 56
Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Wir wollten ins Schwimmbad aber die Narbe störte Sie. Wir waren in zahllosen Geschäften um für Katrin einen passenden Badeanzug oder Tankini zu kaufen, fanden aber keinen der Ihr gefiel. Im Netz dasselbe. Erst im Dezember hatten wir Glück. Wir waren mit Ihren Eltern in Köln auf dem Weihnachtsmarkt und anschließend shoppen. Die Frauen waren bei Douglas, Ihr Vater und ich auf der anderen Seite der Straße in einem Sportgeschäft. Ich sah mich dort für Katrin um und wurde fündig. Ich versuchte Sie anzurufen aber Ihr Handy hatte kein Signal. Ich lief rüber und suchte Sie. Bei Douglas fand ich Sie nicht. Als ich wieder draußen war standen beide vor dem Sportgeschäft aus dem ich eben erst kam. Ich sagte Katrin das ich einen sehr hübschen Tankini für Sie entdeckt habe und Sie ihn unbedingt anprobieren müsse. Katrin war schon angeschlagen und wollte eigentlich nur nach Hause zurück. Erst wollte Sie nicht mit mir kommen aber dann konnte ich Sie doch überzeugen und ging mit mir in das Geschäft. Ich hatte Ihren Geschmack getroffen und Sie probierte ihn der Größe wegen und als Sie mich fragte wie ich ihn an Ihr finde war Sie schon entschlossen den Tankini zu kaufen. In Mainz war Katrin zweimal mit mir schwimmen. Das erste mal schaffte Sie genau 28 Bahnen im 25 m Becken und beim zweiten mal schon über 40 Bahnen. Tunken durfte ich Sie nicht. Der Tankini ist schwarz und mit einem schmalen Streifen in olivgrün umrandet, und jetzt in einem Karton auf dem Kleiderschrank. Sie sah toll aus in Ihrem neuen Tankini. Sie hätte aber auch problelmlos einen Ihrer Bikinis tragen können. Die Narbe konnte Sie nicht entstellen. Sie war so schön wie immer. Die Ärzte hatten wirklich sehr gute Arbeit geleistet.

Die Geschichte stimmt so nicht ganz. Es war so: Ich fand die beiden kurz nachdem Sie bei Douglas an der Kasse waren. Später suchte ich die beiden nochmal vorm Eingang. Ich war alleine an der Kasse, wollte bezahlen aber stellte fest das mein Geld nicht langt und bin zu den beiden um mir das fehlende Geld von Katrin geben zu lassen. Im Anschluß waren wir Essen. Es fing an zu regnen. Als wir aus dem Restaurant kamen hatte es bereits wieder aufgehört. Später waren wir noch bei den Eltern. Ab hier ist meine Erinnerung verschwommen. Ich weiß noch, das wir mit dem Zug zurück nach Mainz gefahren sind. Ihre Mutter hatte uns Kuchen mitgegeben den wir schnell aufgefuttert hatten. Wir mussten anderthalb Stunden auf den Zug warten und Katrin nutzte die Zeit um mir Ihre alte Schule zu zeigen. Ihre Schule liegt direkt am Rhein. Der Sportunterricht musste öfter wegen Hochwasser ausfallen. Es müsste noch ein Foto von dem Tag geben. Ich werde Ihre Mutter fragen. Kann sein das ich mich irre. Wir waren an einem Glühweinstand als ein Pärchen auf uns zukam und um ein Foto bat. Jemand von uns machte es. Vielleicht sind meine Erinnerungen bereits soweit verwaschen das ich beginne alles durcheinander zu weben und sich Erinnerungen vermischen. Vom Weihnachtsmarkt habe ich nicht viel gesehen. Wir waren bloß an einem Glühweinstand und von dort sind wir gleich in die Fußgängerzone. Ich dachte wir sind extra wegen dem Weihnachtsmarkt nach Köln aber dem war wohl nicht so. Es war auf jeden Fall ein schöner Tag und ich konnte Ihre Eltern etwas besser kennenlernen.

Das Album XX hat Katrin sehr gemocht und zum Schluß viel gehört.

Das Intro wurde auf der Beerdigung gespielt.

Wenn ich mir die Lieder anhöre kommen sofort die Tränen. Bei shelter muß ich Rotz und Wasser heulen.

Kennt ihr "Mein neuer Freund" mit Christian Ulmen. Es gibt mehrere Figuren die Ulmen verkörpert. Zwei davon haben wir uns öfter auf DVD angeschaut weil wir es so witzig fanden. Ich glaube das waren Knut und Marcel. Hier einen Link reinzusetzen empfinde ich als unpassed aber es dürfte kein Problem sein bei youtube fündig zu werden, wenn es sich jemand von euch anschauen will.

Bald ist das Johannisfest in Mainz. Ich war letztes Jahr mit Katrin dort. Es war der schönste Tag in meinem Leben. Ich kann da unmöglich wieder hin. Ich will von dem ganzen Trubel nichts mitbekommen.

Wir sind im Juni letzten Jahres zusammengekommen und jeder der vergangenen Tage ist mit so vielen Erinnerungen verknüpft das die Gegenwart unerträglich wird. Ich habe das Gefühl mich zerreist es jeden Tag ein Stück mehr.

Von Heute in 12 Tagen vor einem Jahr bekam Sie die Diagnose. Ich habe mir alle Berichte kopieren und aushändigen lassen. Ich habe die Berichte chronologisch in einen Ordner geheftet. Kürzlich habe ich die gesammelten Befunde wieder rausgeholt und durchgelesen. Ihr Grading lag lange bei Stufe 2. Die höher Stufung wurde Ihr nie persönlich mitgeteilt. Sie mußte es den Berichten entnehmen. Das hinzunehmen war wirklich schwer für Sie und hat Sie lange beschäftigt. Schon lange vor der Diagnose Rezidiv war Sie auf 3 hochgestuft. Auf Ihr Fragen gab es nur verlegene Ausflüchte, die uns Hoffnung machten. Wenn du selbst betroffen bist wagst du nicht direkt zu fragen. Katrin hat das meiste aus dem Netz entnommen und wußte genau was Ihr geschieht. Was hätten die Ärzte auch sagen sollen? Wer nicht fragt oder die Fragen nicht präzise stellt der will es nicht wissen. Nach einer Op im Januar musste ich Ihr sagen das der Tumor deutlich angewachsen ist. Sie hatte eine Schwester und auch Ärzte gefragt aber bloße Ausflüchte gehört und sich damit zufrieden gegeben. Ich wollte Sie aber nicht im unklaren lassen und musste Sie auch wegen der geplanten Reise nach München über Ihren Zustand informieren. Ich kam mir wie Ihr Henker vor. Von mir hat Sie erfahren das die Therapie wiederum nicht anschlug. Wie sagt man so was richtig. Mein Verstand schlug Purzelbaum und ich war hilflos, der Situation nicht gewachsen. Besser man behält es für sich aber das konnte ich nicht. Es war keine Zeit sich noch länger zu beraten. Kristian, unser Freund versuchte Ihren Chemodoc zu erreichen um alles für München klar zu machen während es meine Aufgabe war Sie zu informieren. Wir waren unter extremer Anspannung und wir brauchten für die geplante Fahrt nach München Ihre Zusage. Katrin wollte nach München und hätten wir gewartet wäre München nicht mehr möglich gewesen. Ihre Eltern hatten den Wunsch Sie zu sich zu nehmen. Ich wollte das Sie in der Lage ist sich zu entscheiden und dazu brauchte Sie alle Fakten und es mußte schnell passieren. Ich wollte Sie nie drängen. Es ging mir immer nur darum Ihr alle Möglichkeiten offen zu halten und Ihr bestmögliche Versorgung zu sichern. Es war schon viel zu viel Zeit vergangen. Sie lag noch auf der Intensivstation. Ihre Werte hatten sich gerade erst stabilisiert. Uns lief die Zeit weg und ich brauchte von Katrin eine Entscheidung was München betraf und Sie sollte alle Fakten kennen. Ich bin an Ihr Bett getreten und fragte Sie was Sie vom Arzt gesagt bekommen hat. Sie lächelte mich an und meinte die Op ist gut verlaufen. Ich fragte nach dem Tumor, und Sie, wenn es was zu berichten gäbe hätten die es mir mitgeteilt. Sie sagte, ich hab die Schwester gefragt und die meinte es sieht gut aus. Sie wollte es eigentlich nicht wissen. Ich erzählte Ihr daraufhin das der Tumor schon kindskopfgroß ist. Sie schrie mich an, sagte das könne nicht sein und wollte das ich das Zimmer verlasse. Es war meine Aufgabe und keiner konnte mir das abnehmen. Ich verfluche mich dafür und wünschte ich hätte Ihr sagen können der Krebs ist fort. Sie wollte nicht eingelullt in falscher Hoffnung Ihre letzten Tage verbringen und irgendwann erfahren das es doch keine Hoffnung gibt und schließlich andere Optionen nicht mehr offen stehen. Das war meine feste Überzeugung. Eine Stunde später hatte Sie sich beruhigt. Ich glaube Ihr Arzt hätte mich gerne in den Boden gestampft und ich hätte ihm gerne dabei geholfen. Ich mochte mich selber nicht leiden, ich war mir in der einen Stunde der größte Feind. Jetzt im Rückblick weiß ich das es falsch war Ihr so unvermittelt zu sagen wie es um Sie steht. Ich konnte einfach nicht besonnen sein und abwarten bis Sie bereit war.

Das Sommerkleid das Sie an dem Tag trug als wir zusammenkamen hängt im Kleiderschrank. Ich kann noch Ihren Duft daran wahrnehmen. Ich lutschte heute Morgen ein Bonbon das ich in einer Ihrer Handtaschen fand. Sie fehlt mir heute sehr. Ich vermisse Sie so sehr. Warum mußte Sie bloß so früh gehen? Ein Nachbar hat mir erzählt das Gott die Besten zuerst zu sich holt. Das ist auch kein Trost. Wir waren oft in Laubenheim spazieren gewesen. Sie hatte eine Wohnung in Laubenheim bevor Sie bei mir einzog. Von dort sind wir über die Felder gelaufen und am Rhein entlang bis zur Stadtmitte. Wir hatten uns so viel zu erzählen und ich hörte Ihr so gerne zu. Sie erzählte mir beim spazieren von Ihrer Familie, von Ihrer Kindheit, wie Sie sich Ihre Zukunft vorstellt. Sie wollte alles über meine vergangenen Beziehungen erfahren, ich wollte aber nicht darüber erzählen, Sie aber hat immer weiter gebohrt. Irgendwann habe ich dann doch erzählt. Das hat Sie noch neugieriger gemacht und fragte mich immer mehr aus. Sie war wirklich hartnäckig und bekam letzlich auch alles aus mir raus.

Wenn wir pausierten, irgendwo am Wegrand saßen, stockte die Unterhaltung. Wir küssten uns und waren einfach nur glücklich zusammen zu sein.

Geändert von gitti2002 (03.11.2016 um 23:04 Uhr)
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