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  #16  
Alt 19.02.2006, 10:47
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Lieber Dieter,

es tut sehr weh und es nichts mehr so, wie es vorher war. Man steht neben sich selbst und beobachtet alles: sich selbst, seine Umgebung, seine Wohnung. Es ist ein Teil herausgerissen worden, der so unendlich wichtig war. Der Lebensmittelpunkt ist weg, der eigene Gleichgewichtspunkt noch nicht gefunden, alles zerrt an einem und vieles schwankt noch.

Zusätzlich zur eigenen Zerrissenheit wird man auch noch aufmerksam beobachtet, mal einfühlsam, mal nur abwartend/abschätzend und neugierig. Die Konzentration auf das Alltägliche, die Arbeit, fällt unendlich schwer. Freunde wollen helfen und manchmal hilft es auch kurzzeitig, dann aber ist man wieder allein in der Wohnung mit all den lieben (auch schmerzlichen) Erinnerungen, der Trauer und dem Trennungsschmerz.

Du kannst Dein Herz öffnen und vieles von dem herauslassen, was Dich bedrückt und das ist gut so. Ich habe in Deinen ersten Beiträgen auch Ansätze von Mut gespürt, Deine Situation zu bewältigen. Laß Dir und Deiner Seele Zeit. Dein Gefühl wird Dir wahrscheinlich Hinweise geben, welchen Weg Du einschlagen wirst. Trauerarbeit kann man dabei nicht beschleunigen, schon gar nicht verdrängen. Den "dunklen Wolken" kann man sich jedoch stellen, sie kommen lassen, sie beobachten, sie wieder ziehen lassen.

Hier im Forum gibt es die unterschiedlichen Formen der Kommunikation: das Zuhören, das Erzählen, das Mitfühlen, das Austauschen von Ereignissen, Gefühlen und Gedanken. Man kann sich offen im Thread, per privater Nachricht (PN) oder per E-Mail austauschen. Wenn Du es willst, kannst Du die unterschiedlichen Möglichkeiten des Forums nutzen um ein paar Wegmarken für Deinen eigenen Weg zu finden.

Es werden Dir dabei Menschen in ganz unterschiedlichen Stadien der Trauer begegnen, viele befinden sich im schmerzlichen (sehr verwundbaren Stadium) der Anfangstrauer, manche sind schon eine geraume Zeit den Weg der Trauer gegangen. Bei mir werden es im Juni schon sechs Jahre her sein, dass ich meine liebe Frau gehen lassen mußte. Ich habe einfach den Mut gefasst aus der zeitlichen Distanz heraus (als eher wohl seltener Fall in diesem Forum) über meine Art der Trauerbewältigung zu berichten.

Jeder muß SEINEN Weg der Trauer finden und SELBST gehen, der für ihn geeignet ist.

Vielleicht ist durch die unterschiedliche Art der Darstellung der Trauerbewältigung der Betroffenen in diesem Forum auch das eine oder andere Wegzeichen für Dich dabei.

LG
Shalom
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Es ist nicht genug zu wissen, man muß es auch anwenden.
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(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel

Geändert von shalom (19.02.2006 um 15:45 Uhr)
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  #17  
Alt 19.02.2006, 10:51
Benutzerbild von Sandi
Sandi Sandi ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Lieber Dieter,

deine Zeilen berühren mich sehr. Es steckt soviel Liebe und tiefe Zuneigung darin. Du bist mit deiner lieben Frau 13 Jahre durch dick und dünn gegangen, ihr habt soviel schönes miteinander erlebt und nun bleiben dir "nur" die Erinnerungen daran. Das ist furchtbar und gemein. Und es ist bestimmt ganz normal dass du so verzweifelt und voller "WARUMs" bist. Ich denke das gehört zur Trauer. Du bist in so einer Ausnahmesituation in der doch irgendwie jede Reaktion und einfach ALLES normal ist.

In deinen Worten steckt aber auch viel Positives, viel Zuversicht, ja, du schreibst sogar von einer Chance. Es wird bestimmt noch dauern bis dein WISSEN in deiner Seele angekommen ist...egal wie lang es dauert, ich wünsche dir alle Kraft der Welt für die Zukunft. Die Erinnerungen an deine Marina kann dir keiner nehmen, sie wird für immer in deinem Herzen sein.

Ein riesen Kraftpaket und liebe Grüße von
Sandi
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Hoffe nicht ohne Zweifel und zweifle nicht ohne Hoffnung
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  #18  
Alt 19.02.2006, 12:24
Dieter1712 Dieter1712 ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo Ihr Lieben,

Richtig, ich weiss, dass es eine Chance ist, die ich habe (n werde)!
Aber, dass wissen wir alle (ich auch), dass es Zeit braucht, diesen Verlust zu verarbeiten.
Nur der Weg dorthin ist so dornenreich und so unendlich schwer und langwierig.
Es geht 3 Schritte vor, 2 zurück, 1 vor, 2 zurück, 2 vor, 1 zurück usw. Ich weiss, dass ich mich insgesamt nach vorne bewege, aber es ist nur schwer auszuhalten.

Es ist "schön" zu hören, dass es Euch ähnlich geht, dass es Menschen gibt, denen es ähnlich geht oder ähnlich ergangen ist. (Versteht mich nicht falsch, dass heisst nicht, dass ich mich freue, dass es anderen so geht). So fühle ich mich nicht ganz so alleine!

Liebe Grüße Dieter
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  #19  
Alt 23.02.2006, 14:22
Dieter1712 Dieter1712 ist offline
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Standard Grosses, tiefes Loch

Hallo,

sitze mal wieder im tiefen, tiefen Loch!

Der Alltag nach meinem Ausflug nach Spanien schlägt total zu.

Sitze hier im Büro, versuche zu arbeiten, kann mich nicht konzentrieren, unten feiern die KollegInnen Weiberfastnacht, kann es nicht ertragen.
Zuhause wartet niemand auf mich, halte es dort nicht aus, flüchte, fühle mich allein unter Menschen, bin unsäglich traurig.
Am Schlimmsten sind die Abende und der Morgen, alleine sein!


Werde heute Nachmittag mit Marinas Mutter und meiner Tochter zum Grab fahren, freue mich darauf, aber mir deshalb nicht besser.

Mir gehts besch.....!

Dieter

Geändert von Dieter1712 (23.02.2006 um 15:27 Uhr)
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  #20  
Alt 24.02.2006, 10:28
SHE SHE ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Lieber Dieter,
ich kann Dir leider auch keinen Ratschlag geben, da ich mich in genau der gleichen Situation befinde. Mein Lebensgefährte ist am 06.01.06 verstorben. Ich fühle mich oftmals genauso wie Du..möchte reden, bin sprachlos, möchte weg und dann doch wieder nach hause, möchte Ruhe finden und bin rastlos..Diese ständigen Gegensätzlichkeiten, diese innere Unruhe und diese unsagbar große Traurigkeit und Einsamkeit sind schwer zu ertragen..Ich frage mich auch oft, wann wird es besser? Wie soll ich das noch aushalten? Natürlich brauch das alles Zeit, weil es noch viel zu frisch ist, aber manchmal habe ich Angst das es nie enden wird, das ich nie mehr Freude und Glück empfinden kann, weil Sascha nicht mehr da ist, weil meine Sehnsucht nach ihm so groß ist...
Es muß weitergehen, aber es ist so schrecklich schwer und unerträglich manchmal...
Lieber Dieter ich wünsche Dir viel Kraft und hoffe wir werden den Weg finden..

LG
Sandra
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  #21  
Alt 24.02.2006, 13:41
Dieter1712 Dieter1712 ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo Sandra,

Du hast die Gefühle und Ängste sehr gut beschrieben!

Ich war ja gestern noch auf dem Friedhof mit Marinas Mutter und wir dann noch zu Marinas Schwstern gefahren und haben noch mal viel über Marina und uns und unsere Gefühle geredet.

Ich glaube, dass die Trauer auf mehreren Ebenen abläuft:

- Trauer, weil ich alleine und "einsam" bin, die egoistische Ebene!

- Trauer über den "verlorenen" Alltag, weil ich zum Beispiel mich jetzt alleine um die alltäglichen Dinge kümmern muss und sie organisieren muss (Stichwort: Arbeitsteilung). Auch eine egoistische Trauer!

- Trauer um die nicht mehr vorhandene Lebensplanung, Wngst vor der Zukunft. Auch eher egostisch!

Und schliesslich:
- Trauer um den verlorenen, nicht mehr vorhandenen, geliebten Menschen, das scheint mir die eigentliche Trauer zu sein!

Wahrscheinlich gibt es noch mehr Ebenen und sie sind nicht so klar zu trennen, ich vermute, dass die "egoistische" Ebene relativ schnell "in den Griff" zu bekommen ist. Die eigentliche Trauer aber uns/mir so sehr zu schaffen macht. Wie man/ich damit um kann weiss ich auch noch nicht. Klar zulassen, weinen, die Erinnerungen kommen lassen, sich an die schönen Zeiten ohne Schmerz erinnern usw., dass ist das Schwierige an unserer Situation!

Ja, ich wünsche uns viel Kraft!

Dieter
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  #22  
Alt 24.02.2006, 14:20
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Lieber Dieter,

Du bist mit der von Dir beschriebenen Zerissenheit ganz und gar nicht allein.

Du schriebst am 19.02.06:

Grauenhaft, nichts ist so, wie es mal war, ich gehe arbeiten, aber es fällt mir schwer, mich auf meine Aufgaben zu konzentrieren, ich möchte nach Hause, aber wenn ich zu Hause bin, will ich wieder weg, weil mir die Decke auf den Kopf fällt, ich besuche meine Freunde und will wieder weg, ich kann nichts geniessen, mir macht nichts mehr Spass!

Vieles ähnelt im Ablauf meinen ersten Tagen der Trauer, 5-6 Wochen hatte ich sehr große Konzentrationsprobleme bei der Arbeit. Meine Kollegen hatten Verständnis dafür, der direkte Vorgesetzte jedoch nicht, wohl aber wiederum dessen Vorgesetzter. Um mich abzusichern mußte ich eben auch unseren gemeinsamen Chef informieren, der dann zum Glück sehr verständnisvoll reagierte.

Irgendwie habe ich in den letzten Tagen VOR dem Tod meiner Frau und vor allem nach ihrem Tod NEBEN MIR GESTANDEN. Ich wußte gar nicht recht, wo ich nun hingehörte. Ich wollte eigentlich nicht allein sein in der einsamen Wohnung, war ich bei Freunden, so zog es mich dann doch wieder von dort weg.

Was die Arbeit anging, so habe ich mir (als Schreibtischarbeiter) einfache und zeitfüllende Aufgaben gesucht, mehr war einfach nicht drin. Zuhause gab es viel auf- und wegzuräumen. Das Schmerzlichste war, mich sehr bald mit Hilfe von Freunden von Kleidern und Schuhen meiner Frau zu trennen. Die bürokratische Abwicklung des Trauerfalls nahm eine ganze Weile in Anspruch, hier habe ich mir die Dinge Stück für Stück und Tag für Tag vorgenommen. Dabei habe ich versucht, nichts auf die lange Bank zu schieben, ich wollte einfach Dinge abschließen können.

Dinge, die wir wunderbar gemeinsam erlebten und durch Bilder an den Wänden dokumentiert waren, waren nicht mit Trauer, sondern mit schöner gemeinsamer Erinnerung besetzt. Ich kann diese Bilder auch heute ohne Schmerz anschauen, daher blieben (bleiben) sie hängen.

Andere Details meines Trauerwegs habe ich an anderer Stelle beschrieben, sie beschreiben eher die spätere gedankliche und gefühlsmäßige Nachbetrachtung meines Trauerwegs und sind mir zum damaligen Zeitpunkt direkt nach dem Tod meiner Frau vielleicht gar nicht so recht bewußt gewesen.

Bei der Erinnerung in der nun einsamen Wohnung, oder bei der Erinnerung an gemeinsame Wanderungen, bei wiederholten Besuch (NACH ihrem Tod) von Krankenhaus, Reha-Klinik und Hospiz, liefen damals viele Tränen. Es gab dabei viele "unsichtbare" Zwiegespräche mit meiner verstorbenen Frau. Es tat jedes Mal gut, mich laut auszusprechen und auszuweinen. Meine ganze seelische Last mußte ich aussprechen und abladen. Es gab auch Kollegen und Bekannte, die zur selben Zeit ein ähnliches Schicksal erlebten, da war ein direkter Austausch von Betroffenen möglich und die Möglichkeit, die kleinen Nuancen festzustellen, wie jeder mit seinem Schicksal etwas anders umging.

Jeden Tag habe ich mir was Schweres zugemutet und mir jeden Tag irgendeinen kleinen Lichtschimmer gegönnt, denn ich wollte nicht, daß mich die Trauer dauerhaft in Besitz nimmt.

Öffne Deine Seele ganz vorsichtig (sie wird es Dir vielleicht signalisieren, was sie braucht) und lasse bisweilen den einen oder anderen Lichtschein zu Dir hinein, woher er auch kommt.

Liebe Grüsse
Shalom
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  #23  
Alt 08.03.2006, 09:22
Dieter1712 Dieter1712 ist offline
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Standard es ist jetzt 7 Wochen her!

Hallo,

ich möchte mal wieder schreiben, habe mich ja lange nicht mehr gemeldet.

Mir geht es im Moment eher bescheiden: Meine Frau ist jetzt seit 7 Wochen tot und ich realisiere erst in den letzten Tagen, wie sie gelitten hat, wie ihr Körper nicht mehr konnte, wie sie immer weniger wurde. Mich hat dieses Leiden, dieser körperliche Verfall, das was Marina erlebt hat in Ihren letzten Wochen, und an dem ich teilgenommen habe, total traurig gemacht. Ich finde es entsetzlich, wie sie in dieser Zeit leiden musste, gut, sie hatte keine oder nur geringe Schmerzen, aber sie hat ja mitbekommen, wie ihr Körper immer weniger konnte, das lässt mich so verzweifeln und macht so hilflos. Mir kommen immer häufiger diese „Bilder“ in den Kopf.
Ich habe schon in den letzten Tagen gemerkt, dass das noch ein „Grosses Thema“ wird.
Und ich weiss nicht, wie ich damit umgehen kann.
Ich glaube, dass dieses Thema jetzt kommen muss, weil jetzt nicht mehr stark sein muss. Ich habe ja in dieser „Leidenszeit“ von Marina ihr Leiden ja gar nicht realisiert und wahrgenommen, wir hatten ja auch die Hoffnung, dass es nochmal besser wird!

Meinen Alltag bekomme ich mittlerweile ganz gut geregelt, Arbeiten geht auch ganz gut. Schlafen,na ja, könnte besser sein.

Dass ich meine Frau Marina vermisse, ist mir klar: ich vermisse Sie, weil sie mir sehr nahe war, wir viel Schönes gemeinsam in unserer Zweisamkeit erlebt haben, wir viele gemeinsame Interessen hatten und wir uns aneinander gewöhnt hatten, wir eine Intimität geschaffen haben, die nur in einer engen Beziehung möglich ist. Es war immer jemand da, mit dem ich mich immer und über alles austauschen konnte, der mit mir Entscheidungen getroffen hat, der mit mir Verantwortung geteilt hat, der mich getröstet hat, mit dem ich gelacht habe. Und noch viel mehr!

Das ist es, was ich vermisse!

Es passiert mir oft, dass ich den Impuls habe, Marina mal eben anzurufen, sie etwas zu fragen, ir etwas Schönes mitzuteilen oder auch nur mit ihr zu quatschen.

Aus der schönen Zwei-samkeit wurdr eine nicht so schöne Ein-samkeit!

Und dass das nie wieder mit Marina möglich ist, weil sie tot ist, macht mich tief traurig!!


Liebe Grüße und allen viel Kraft

Dieter
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  #24  
Alt 08.03.2006, 09:40
Wolke Wolke ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Lieber Dieter,

auch wenn der Grund für deinen Beitrag ein trauriger ist, so fand ich ihn sehr schön geschrieben und ich konnte auch viel positives entdecken. Diese positiven Seiten möchte ich dir noch einmal aufdecken, in der Hoffnung, dass es dir gut tut.

Du hast geschrieben
Zitat:
Meinen Alltag bekomme ich mittlerweile ganz gut geregelt, Arbeiten geht auch ganz gut. Schlafen,na ja, könnte besser sein.
Das finde ich sind schon mal ganz Wichtige Punkte, die du für dich gut zu meistern scheinst. Das du trauerst und vermisst ist ja ganz klar.

Aber warum trauerst du und warum vermisst du? Weil es dir vergönnt war so eine tolle Frau zu finden und mit ihr zusammen zu sein. Wenn wieder die Bilder von ihrem Leid kommen, dann versuch auch mal an die Bilder aus den glücklichen und schöneren Tagen zu denken. Ich sage immer wieder, dass diese Trauer in gewisserweise der Preis ist für die schöne Zeit ist, die man mit dem geliebten Menschen gehabt hat. Ich bin mir sicher wir alle würden diese Zeit nicht missen wollen, denn wir würden dann zwar diesen Schmerz jetzt nicht haben, aber wir hätten auch nicht dieses Glück gehabt.

Ich hoffe ich war nicht zu verwirrend.

Alles Liebe für dich

Wolke
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  #25  
Alt 08.03.2006, 13:17
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Lieber Dieter,

ich weiß genau, was du momentan durchmachst. Die Wochen / Monate der Krankheit unserer Lieben, ließ uns gar keine Zeit, zu begreifen, was eigentlich mit uns passiert. Nun, da die meisten Verwaltungsakte abgeschlossen sind, kommt eine Ruhe, die nicht nur neu, sondern auch fürchterlich schmerzhaft ist. Jetzt erst, beginnt man ganz allmählich zu begreifen, was eigentlich geschehen ist.

Während mein Mann krank war, wollte und konnte ich nicht sehen, was mit ihm geschah. Natürlich habe ich es gesehen, habe es mir aber dennoch "schön geredet", wollte diese Erkenntnis nicht und habe sie deshalb zur Seite geschoben, habe an meiner Hoffnung auf ein Wunder, meine Hoffnung darauf, dass ausgerechnet Claus allen Statistiken zum Trotz überleben würde, festgehalten und ihm und mir weiter Mut gemacht, nicht, um Mut zu machen, sondern weil ich tatsächlich daran geglaubt habe.Erst nach seinem Tod, begann ich die Bilder immer wieder zu sehen, war entsetzt über seinen Anblick, der immer wieder in meinen Gedanken sichtbar wurde.

Das einzige, was ich dir tröstendes sagen kann, ist, dass diese Bilder bei mir - heute auf den Tag 17 Monate später - wieder an Gewicht verlieren. Ich sehe meinen Mann lachen und schäkern, lächle bei den Gedanken an eine flapsige Bemerkung, die er in dieser oder jener Situation gemacht hätte, sehe ihn als gesunden und zum Glück überwiegend glücklichen Mann an meiner Seite.

Die Nähe zu deiner Frau ist in jeder deiner Zeilen spürbar. Ihr habt euch geliebt, ihr ward glücklich miteinander und wenn alle Gedanken, alles was aufgearbeitet werden muss, sortiert ist, wirst du in deiner körperlichen Einsamkeit eure seelische Zweisamkeit wieder spüren und das wird dir neue Kraft geben. Wenn du hin und wieder mitliest, wirst du wissen, dass dies nicht immer so ist. Die Abstürze sind ganz oft, leider auch oft sehr lang, weil alles nach dem Lieben schreit und die Verzweiflung, der Verlust einfach zu groß ist, aber an den Tagen, an denen ich aus meinem Loch rausschaue, an denen es mir "gut" geht, da spüre ich Claus so nah und intensiv fast wie niemals zuvor. An diesen Tagen habe ich das Gefühl, dass wir wirklich eins sind, durch nichts getrennt. Und diese Augenblicke geben mir unglaublich viel Trost.

Vielleicht hilft es dir auch, Marina zu schreiben. Ich schreibe Claus regelmäßig Briefe, formuliere ihm meine geheimsten Gedanken und "spreche" auf diese Weise mit ihm. Auch hierbei kann ich mir eine große Nähe und Verbundenheit zu ihm erhalten, findet manchmal sogar eine kleine Zwiesprache statt, denn bei vielen Dingen hilft mir die Vergangenheit, die Vertrautheit zu meinem Mann, zu wissen, was er mir antworten würde, könnte ich seine Stimme noch hören.

Lieber Dieter, ich wünsche dir ganz viel Kraft und verlier die Hoffnung nicht, dass es dir und uns eines Tages gelingen wird, mit unserem Schicksal so umzugehen, wie der eine arme Baum in deiner wunderschönen Geschichte.

Ganz liebe Grüße

Andrea
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  #26  
Alt 09.03.2006, 10:57
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Nicole Obermann Nicole Obermann ist offline
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Unglücklich AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo!

Es tut mir leid um deine Frau...

Ich habe am Hl. Abend letzten Jahres meinen Opa verloren, der mehr wie ein Vater für mich war. Wir waren jeden tag zusammen. es sind jetzt 9 Wochen, seit er beerdigt wurde. Ich gehe nur abends, wenn es dunkel ist auf den friedhof, weil ich es nciht ertragen kann, seinen namen auf dem Kreuz zu sehen. Das macht mich fertig.
Ich kann auch nur abends mit ihm reden, als wäre er noch da. am Tag sind zu viele Leute da. Die schauen mich an, wenn ich mit ihm rede, als wäre ich verrrückt.
Opa und ich haben abends immer zusammen gesessen und den Tag besprochen, und was wir am nächsten Tag machen werden.
Wir waren fast, mit nur wenigen Ausnahemen, jeden Tag zusammen.
Wir haben dann jeder ein kleines Fläschen Wasser getrunken und er hat seine "Kracher" (Zigarren) geraucht und ich meine Zigaretten.

Wir haben von den Tieren gesprochen, die wir uns noch anschaffen wollten. Er hatte schon gespart für einen kleinen Hund, den wollte er sich jetzt im Frühjahr holen. Er war so optimistisch.
Wir waren im November, an einem Sonntag auf einer vogelausstellung. da war er gerne. hat sich die Vögelchen angesehen und nicht selten eine Handvoll mitgebracht.
Auf dem Nach Hause weg sind wir am Tierheim vorbeigekommen, und Opa ist zu einem Hund gegangen, der als einzigster nicht bellend im Zwinger rumrannte. der hund stand nur da und hat Opa angesehen, und opa hat ihn angesehen. Dann hat der Hund sich ganz langsam,. fast schon wie in Zeitlupe aufgerichtet und sich gegen das Gitter gestellt. Da war er so ´groß, wie mein Opa und hat ihm in die Augen geguckt... Da musste er ja mal schmunzelt. Damals habe ich zum Opa gesagt: " Großvater, wenn der dich begrüßt, dann ziehst du den Kürzeren!!" Da hat er gegrinst und sich schweren Herzens von dem Hund verabschiedet.
Damals hatte wir alle noch die Hoffnung, dass er es schafft. Er selbst am Meißten.
Das leben ist nicht fair. Ganz bestimmt nicht. Aber wir müssen nun sehen, wie wir zurechtkommen, und mir gelingt das im Moment ganz schlecht!

"Es ist Kälter geworden, seitdem du fortgingst, über den Horizont hinaus.
Seitdem Dein Lächeln erloschen, deine Hand nciht mehr spürbar, deine Stimme verstummt.
es ist Kälter geworden draußen, seitdem lebe ich von der Wärme unentrinnbarer Erinnerung"
Alles Liebe, Nicole
__________________
"Es ist geschehen, dass du von uns geschieden bist. Aufs neue blutet Tag für Tag die Wunde, die nur durch Zeit zu heilen ist.
So ruhe sanft und ohne Sorgen, wir müssen unseren Weg noch gehen,
nach jeder Nacht folgt auch ein Morgen, bis wir uns wieder sehen..."

Geändert von Nicole Obermann (09.03.2006 um 11:01 Uhr)
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  #27  
Alt 11.03.2006, 10:00
Dieter1712 Dieter1712 ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Liebe Nicole, liebe Andrea, liebe Wolke,

vielen Danke für die aufmunternden Worte, auch wenn es mir zur Zeit nicht gelingt, diese umzusetzten. Ich habe aber die Hoffnung (naja, so richtig im Moment auch nicht), dass es irgendwann (bald?) besser wird.

Ich habe mir Eure Beiträge ausgedruckt, um sie immer wieder mal schnell lesen zu können.

Vielen Dank auch an Dich shalom, Deine Beiträge tuen mir auch immer wieder gut.

Dieter
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  #28  
Alt 26.03.2006, 22:54
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo Dieter,

du hast länger nicht geschrieben. Wie geht es dir zur Zeit? Ich hoffe, dass du zwischendurch hin und wieder ein wenig Licht siehst.

LG
Andrea
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  #29  
Alt 27.03.2006, 12:54
Dieter1712 Dieter1712 ist offline
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo Andrea,
schön, dass Du nachfragst, ich hätte mich aber auch in den nächsten Tagen wieder gemeldet.

Wie es mir geht?

Am Besten schreibe ich mal Auszüge aus meinem Tagebuch, ich habe gemerkt, dass mir das Schreiben ganz gut tut, obwohl ich nicht sagen kann, dass es mir gut GEHT!
Es ist ein ziemliches auf und ab!

14.03.2006
Gestern gings mir ziemlich besch....! Das Loch wurde immer tiefer, konnte mich nicht auf die Arbeit konzentrieren. Bin morgens schweissgebadet aufgewacht, habe wohl heftig geträumt, kann mich aber an nichts erinnern, vielleicht zum Glück.
Dieser unbekannte Traum muss mich wohl den ganzen Tag verfolgt haben.

Heute morgen, trotz wenig Schlaf ( habe bis 2 Uhr geschrieben ) wie neugeboren aufgewacht, Stimmung ein "na ja geht ja ganz gut"! Habe festgestellt, dass mir das gut tut!

Marina ist heute vor genau 8 Wochen gestorben, komisch diese Dienstage tun nicht weh.
Psycho-Doc: er hilft mehr sehr, bringt immer wieder neue Aspekte und Erkenntnisse, merke sie aber erst später.
Arbeit ging locker von der Hand!

Später dann Trauer-Café: fühle mich ganz wohl hier und angenommen, wieder ein paar neue Leute dabei.
Anschliessend Trauer-Gruppe 1. Treffen: auch hier angenehm, kann mich auf die Menschen einlassen, kennenlernen, sympatisch, freue mich auf das nächste Mal in 2 Wochen.

15.03.2006 Zukunft
"Die Vergangenheit ist unwiederbringlich, aber die Gegenwart ist euch überantwortet, und sie gleicht den ungeordneten Bausteinen, die zu Füßen eines stümperhaften Baumeisters liegen: An euch ist es, daraus die Zukunft zu gestalten." (Antoine de Exupéry)

Dieses Zitat beschreibt meine Situation und meine "Aufgabe"!
Meine Zukunftsperspektive mit Marina "alt werden" liegt wie ein Scherbenhaufen vor mir.Ich muss mir aus diesen Scherben eine neue zusammenbauen und es wir eine andere sein.


16.03.2006 Schöne Erinnerungen
Gestern war ich an Marinas Grab, musste mal wieder dorthin. Es ist ein Ort der Ruhe unter den vielen - leider noch kahlen - Bäumen. Hoffentlich wird es bald wärmer, damit dort viele bunte Blumen wachsen können.
Ich bin froh, dass ich diese Stelle gefunden habe, dass ich einen Platz gefunden habe, an dem ich mich mit Marina wohlfühle.
Ich habe heute gerne an sie gedacht, es tat auch nicht weh, es kamen viele schöne Erinnerungen an sie und ich bin froh, dass ich so viele schöne Jahre mit ihr verbringen konnte und durfte.

Es ist ein warmes Gefühl in meinem Herzen

18.03.2006 Marinas Kleider
Der Tag fing ganz gut an bis auf den leichten Brummschädel, war vielleicht ein Wein zuviel gestern! Dafür habe ich endlich mal bis 9.00 Uhr geschlafen.
Schönes Frühstück mit Tochter Jule und Anno!

Heute Nachmittag waren dann Marinas Mutter und Schwester da, um Marinas Kleidung auszusortieren. Es ist so unendlich viel! Sie haben 7 Müllsäcke voll mitgenommen und noch immer sind die Schränke voll. Marina hatte, was Kleidung angeht, wohl etwas Messi-haftes. Hoffentlich nehmen Jules Freundinnen viel mit, ich möchte am liebsten nichts wegwerfen oder Fremden geben.
Das Aussortieren war sehr anstrengend, sowohl pysisch als auch psychisch. Viele Sachen habe ich wiedererkannt und sie erinnerten mich an bestimmte Situationen, in denen Marina sie anhatte.
Schade, keiner meiner Freunde hat jetzt Zeit. Könnte jetzt ein wenig Ablenkung gebrauchen. Aber ich werde den Abend schon gut überstehen, auch mit den Schönen Erinnerungen an Marina.
Und werde noch ein bisschen an der HP schreiben.


Sch..., Marina fehlt!!!!
Ihr Lachen fehlt!!!


19.03.2006 Nachhänger
Der gestrige Tag hängt mir nach!
Die schönen Erinnerungen, die gestern beim Aussortieren von Marinas Kleidung da waren, tuen heute weh! Auch kommen die Bilder von Marinas Leiden wieder!
Ich vermisse Marina so sehr!
Ich möchte, dass sie da ist!
Ich bin traurig!
Ich weiss nicht, was ich heute machen soll!

Heute Mittag werde ich mit meinem Freund einen Spaziergang machen - hoffentlich wird das Wetter besser, im Moment ist alles grau in grau: ich will Sonnenschein!!!
Heute Nachmittag bin ich auf eine Geburtstagsfeier eingeladen. Ich weiss nicht, ob ich hingehen soll. Ich kenne zwar viele Leute, habe sie aber seit Marinas Tod nicht mehr gesehen. Was passiert? Ich glaube ich habe nicht die Kraft, mich dieser Situation zu stellen: Angesprochen werden auf Marinas Tod. Ich möchte Anteilnahme, aber kein Mitleid!
Oder fahre ich später am Abend hin?
Ich weiss es nicht!
Ich muss auch noch ins Büro, ein bisschen arbeiten.
Oder besuche ich jemand anderen?
Chaos im Kopf!! Bin unruhig, find keine Ruhe.
Möchte, dass der Tag vorbeigeht!

Marina du fehlst mir!
Ich weiss, dass Du nicht zurückkommst, aber trotzdem, mein Gefühl möchte was anderes.

20.03.2006 Ich bin traurig!
Ich bin traurig!

Ich bin traurig!

Ich bin traurig!

22.03.2006
Ich war gestern noch an Marinas Grab! Viele bunte Blumen, wie sie es mochte.
Mir geht es besser, bin eher melancholisch, mir fehlt das Kuscheln mit Marina. Ich werde mich jetzt im Bett einmummeln.

23.03.2006 Stich ins Herz
Ich war gerade in der Küche und habe die Spülmaschine leergeräumt. Als ich "Marinas Tasse" in den Schrank räumte wurde mir wieder mal bewusst, dass sie nie wieder aus dieser Tasse trinken wird. Die Bilder von Marinas Leiden und Tod kamen ganz plötzlich und mir mir blieb einen Moment das Herz stehen. Ich fühlte den Schmerz körperlich.

In den letzten Tage erlebe ich oft ähnliches, ich sitze im Büro und habe den Impuls, Marina mal eben anzurufen - so wie ich es oft getan habe -, habe auch schon den Hörer in der Hand gehabt... Oder ich komme nach Hause und denke, dies oder jenes muss ich unbedingt Marina erzählen oder das muss ich Marina mal fragen ,... Jedesmal spüre ich diesen Stich in meinem Herzen.

Hinterher klopft mein Herz ganz fest.

Und ich bin traurig!


24.03.2006 Wochenende: soll ich mich darauf freuen?
Was liegt an?
Eigentlich zu viel, oder doch zu wenig!
Noch nichts geplant.

-Fenster putzen
-Wohnung putzen
-Bügeln
-Auto endlich sauber machen
-Ikea fahren
-Papiere ordnen (Schublade läuft über!)
-Keller aufräumen
-Einkaufen
-Flur putzen
-Stadt gehen, bummeln

Samstag oder Sonntag:
-2tes Mal Marinas Kleidung aussortieren,
-mit Kalle Essen gehen,
-Thomas besuchen,
-mit Wolfgang Fahrrad fahren, wenn das Wetter gut ist und möchte abends gerne mit ihm ein bisschen rausgehen
-für mich sein
-Roni besuchen
-...

Möchte ALLES machen, aber auch gar nichts.

Mal sehen, was ich davon geregelt kriege.
Irgendwie machen die Wochenenden Angst, andererseits freue ich mich drauf, habe viel Zeit, aber nicht genug!?
Was mache ich mit meiner Zeit?
Ich will Alles auf einmal!

5 Wochen bis zum Urlaub! FREU, freu!!!!

25.03.2006 Fensterputzen und Nagellack
Gestern habe ich die Fenster geputzt! (Erfolgserlebnis!). Leider regnet es heute, ich hätte gerne die Sonne ungehindert in die Wohnung strahlen lassen!
Marina und ich haben es meistens gemeinsam mit viel Spass gemacht, gestern habe ich es alleine gemacht.
Wie viele Situationen gibt es, die noch erleben muss, die mich an diesen Verlust erinnern?

Gestern abend haben meine Tochter Jule und ihre Mutter Marinas Kosmetikschrank ausgeräumt. Zuletzt war Marinas "aktueller" Schminkkoffer dran. Jule sagte: "Das ist der Nagellack, mit dem ich Marinas Fingernägel das letzte Mal lackierte habe, als sie es nicht mehr alleine konnte."

Ich konnte mich gut an diese Situation erinnern:

Die Ärzte hatten versucht, Marinas Darmverschluss zu operieren. Sie konnten aber wegen der heftigen Verwachsungen nichts tun und haben sie "wieder zu gemacht". Sie sagten, dass sie nichts mehr machen könnten und Marina bald sterben würde. Marina hatte von der OP und dem Tag davor nichts mitbekommen, da sie wegen der heftigen Schmerzen sehr viel Morphium bekommen hatte. Nach der OP war sie 2 Tage nicht ansprechbar. Als sie dann am 2. Tag langsam zu sich kam, fragte sie, was passiert sei. Ich sagte ihr, dass die Ärzte versucht hätten, sie zu operieren, dass es nicht gelungen ist und dass wir nur noch wenig Zeit miteinander haben würden. Sie fragte: „Muss ich jetzt sterben?“ Ich sagte: „Ja, die Ärzte können nicht mehr tun.“ Ihre Reaktion: „Scheisse!“ Dann haben wir erstmal gemeinsam geweint.
Marina wollte einen Spiegel, den ich ganz schnell besorgte. Sie nahm ihn und sagte:“ Ich sehe ja aus wie ein Elefant!“ und lachte (Sie hatte eine Magensonde gelegt bekommen und der Schlauch kam aus ihrer Nase). „ Und meine Augenbraunen sehen auch Scheisse aus. Die muss mir Jule morgen zupfen, und dann kann sie mir auch gleich die Fingernägel lackieren“.
Am anderen Morgen zupfte Jule ihr die Augenbraunen und lackierte ihr die Fingernägel mit dem Nagellack, den sie gestern abend in der Hand hielt.

Marina wird nie mehr diesen oder einen anderen Nagellack brauchen.

26.03.2006
Der Tag gestern lief dann doch noch ganz gut, obwohl "der Nagellack" noch nachhing.
Ich habe noch ein paar Blümchen für die Fensterbank gekauft, Auto gewaschen und war in der Stadt bummeln.
Abends war ich noch mit Kalle schön essen und auf ein Bier.

Heute Nachmittag startet die 2. "Kleidung-Aussortierung". Ich hoffe, es geht mir besser als letztes Mal.

Schade, dass es wieder regnet, hätte gerne noch einen Spaziergang bei Sonne gemacht.

21:30 Uhr

Die "Aussortier-Aktion" hat 4 Stunden gedauert, und wieder ist ein Teil von Marina weg. Es geht immer mehr von ihr! Auf der einen Seite bin ich froh, andererseits tut es weh!


Mache ich das Alles zu schnell? Muss ich mir damit mehr Zeit lassen?

Aber ich brauche den Platz, ich will Platz haben für mich! Warum tut das so weh! Hoffentlich hört das bald auf!
Ich will nicht mehr, dass es weh tut!


Heute habe ich mir erstmal "frei" genommen.


Liebe Grüße

Dieter
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  #30  
Alt 27.03.2006, 13:27
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Standard AW: Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!

Hallo Dieter,

geht es dir beim Lesen deiner Aufzeichnungen auch so, dass du dich gar nicht erinnern kannst, es so formuliert zu haben? Ich wundere mich manchmal, dass da Dinge stehen, die sich zwar genauso angefühlt haben, ich aber nicht mehr weiß, dass ich es bereits geschrieben habe. Ich glaube daran sieht man, dass durch diese Briefe ganz viel Unterbewusstsein zu Tage kommt. Ich denke, das ist sehr gut.

Was soll ich sagen, es erschüttert mich, meine Gefühle in deinen Aufzeichnungen zu lesen. Natürlich austauschbare Begebenheiten, kein Nagellack aber ein Anruf einer lieben Kundin, die es nach fast 18 Monaten noch nicht wusste.

Ich will alles auf einmal und doch nichts. Irgendwie weiß ich auch nicht, was ich will, raus? mich vergraben? Es ist einfach alles falsch.

8 Wochen, Chaos im Kopf. Es wird noch lange so sein.

Weißt du was mich gefreut hat? Dass du von deinem warmen Gefühl ums Herz erzählt hast. Wie schön, dass du es bereits fühlen kannst, auch wenn danach wieder der Absturz kommt und es sich dann eher wie Stein anfühlt, die Wärme ums Herz wird wiederkommen und bestimmt eines Tages bleiben.

Alles Liebe

Andrea
__________________
Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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