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#1
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AW: Nun also auch wir...
Hallo Osgiliath,
ich kann mich sehr gut in dich rein versetzen. Auch ich bin Krankenschwester und dachte immer das ich stark bin, eben weil ich alles kenne. Aber als mein Papa die Diagnose bekommen hat, bin ich zusammen gebrochen. Ich habe mich ins Auto gesetzt , bin auf einen Parkplatz gefahren und habe einfach nur geschrien. Die letzte Zeit, auch mein Papa war im Hospiz, war sehr sehr schön und intensiv. Aber die Blicke und teilweise die Aussagen von ihm sind noch heute in meinen Kopf. Aber ich muss sagen das ich viel mehr die guten Errinerungen im Kopf habe, als diese Worte und Momente die schlecht waren. Aber zur Zeit musst du da einfach durch. So hart es klingt, aber dies ist ein ganz normaler Prozess, erst nach einiger Zeit des Trauerns wird es "einfacher". Nimm dir einfach so viel Zeit wie möglich um deine Mama zu besuchen. Streich ihr die Lippen mit ihren Lieblingstrinken/essen ein. Aber du weist ja selber was man in einem palliativen Zustand am besten machen kann. Allerdings wundert es mich sehr das die Ärzte im Hospiz diesen Brechreiz nicht stoppen können. Vielleicht solltest du da nachhaken.
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Mein Daddy * 04.08.1947 25.06.2018 ED: 03.04.2017 (metastasierendes Lungenkarzinom (Adeno)) -------- Somewhere over the Rainbow--------- |
#2
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AW: Nun also auch wir...
Liebe N.,
viel weiß ich zu deiner Siuation nicht zu sagen, aufmunternde Worte würden hier verpuffen, glaube ich. Ich möchte mir erlauben, dich einmal virtuell in den Arm zu nehmen, so unter Kollegen. Der Kopf sagt einem vielleicht das ein oder andere, aber der Bauch ist meistens viel lauter und will nur, dass es wieder erträglich wird. Ist für deine Mutter denn vielleicht parenterale Ernährung noch eine Option? Oder verbietet sich soetwas in einem Hospiz, so wie es mit den Antikoagulantien zu sein scheint? Es ist schwer, mit dem Bauch das zu verdauen, was der Kopf einem sagt. Und für euch ist es erstmal vielleicht besser, auf den Bauch zu hören, für deine Mutter bist du ja in erster Linie Tochter und nicht "Schwester". Und als Tochter tust du, was nötig ist und bist für sie da. |
#3
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AW: Nun also auch wir...
Liebe Osgiliath,
Zitat:
Weitaus belastender und noch viel schmerzlicher. Versuch bitte, das Unabwendbare noch mehr rationalisieren zu können als sonst in Deinem beruflichen Alltag, weil Dir das wahrscheinlich in Deiner Situation am meisten weiterhelfen kann. Und steh Deiner Mutter bis zu ihrem Tod bei, so gut das halt geht. Zitat:
Sorg bitte dafür, daß die Wünsche Deiner Mutter auch erfüllt werden. Denn recht viel mehr als ihren Tod möglichst schmerzfrei gestalten zu können, wird letztlich nicht übrig bleiben. Ich wünsche Dir viel Kraft, das alles bewältigen zu können. Sowie auch, daß Deine Partnerin Dir dabei behilflich sein kann. Liebe Grüße lotol
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Krieger haben Narben. --- 1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR Nach ca. 3 Jahren Rezidiv 2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel 3. Therapie (2021): Bestrahlung |
#4
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AW: Nun also auch wir...
Zuerst einmal ein großes, großes Dankeschön an alle, die mir hier so lieb zugehört und mir Mut zugesprochen haben! Das hat wirklich sehr gut getan!
Bis hierhin hatte ich Euch meine Geschichte schon eingespeichert; ich wollte wirklich so bald als möglich nach meiner Anmeldung hier weiter schreiben. Quasi als Blog. Dazu kam es jedoch nicht mehr... Mama ist am 27.02.2020 in der Anwesenheit meines Sohnes, meiner Schwester, meines Schwagers und mir für immer eingeschlafen. Wir haben sie in Liebe gehen lassen. Es war okay. Es gab nichts mehr zu erledigen...alle, die sich noch verabschieden wollten, haben dies getan. Über Sprachnachrichten...über Telefon. Mama war ja bis ganz zum Schluß völlig orientiert und hat alles mitbekommen. Als sie endgültig von uns ging, geschah es sehr schnell. Kein Quälen, kein "rasselndes Atmen", kein Kampf. WIr hörten nur die immer länger werdenden Atempausen...und dann kam nichts mehr. Ich konnte sehen, wie ihr Herz aufhörte zu schlagen. Und dann war Stille. Einfach nur Ruhe. Bis ganz zum Schluß. Und ich sitze hier jetzt seit über drei Wochen hier und kann einfach nicht weinen...klingt das plausibel? Am Tag ihres Todes bin ich abends bei mir daheim auf meiner Couch kurz zusammengeklappt...48 Stunden mit 3 Stunden Schlaf als Trauerbegleitung lagen da hinter mir. Ich habe die Nächte vor Mamas Tod bei ihr im Hospiz verbracht. Habe sie gelagert, ihre Hand gehalten, ihr Getränke angereicht, sie nachts mit der guten "Nachteule" auf den Toilettenstuhl gebracht und das Zimmer wirklich nur für einen Kaffee oder (nachdem Sr. M. mich quasi dazu verdonnert hatte, die gute Seele), zum Essen verlassen. Dabei aber immer dafür gesorgt, dass jemand bei ihr ist. Ich wollte nicht, dass sie allein ist. Als ich nun zuhause war, habe ich den großen Fehler (?) begangen und ein Musikstück, dass ich Mama noch vorgespielt hatte (falls es euch interessiert: Es war Andre Rieu - Amazing Grace...eigentlich ÜBERHAUPT nicht mein Fall aber man hört ja auch schon mal Sachen, die die Seele berühren) laufen lassen...da brachen bei mir kurz die Dämme. Ich habe aufgeschluchzt und geweint, bis ich keine Luft mehr bekam. Seitdem geht es nicht mehr. So viel galt es zu erledigen...das Räumen ihres Zimmers...die Organisation ihrer Bestattung. Die Gespräche mit meinen Geschwistern...mit den Geschwistern von Mama, welche alle noch leben (sie war die Jüngste). Und was es da nicht noch alles so gibt. Zusätzlich zur eigenen Arbeit. Zusätzlich zum berufsbegleitenden Studium. Ich muss dazu sagen, dass meine Kollegen mich wirklich sehr unterstützt haben. Ich bekam frei mit den Worten "Kümmere Du dich erstmal um Deine Frau Mama". Ich wurde entlastet, wo es nur ging. GsD waren gerade Semesterferien. Und jetzt liegt die Bestattung nur noch eine Woche von mir entfernt. Auf der einen Seite denke ich mir, ist es sicherlich gut, dass ich bald zur Ruhe komme...auf der anderen Seite bekomme ich es noch überhaupt nicht verstanden, dass Mama nicht mehr da ist. Versteht ihr, was ich meine? Ich fühle mich, als sei ich in zwei Hälften aufgeteilt. Auf der einen Seite die Tochter, die wirklich jede einzelne Minute trotz der emotionalen Anstrengung mit ihrer Mama in den drei Wochen und dem einen Tag genossen hat...auf der anderen Seite die Tochter, die 1. noch gar nicht begreifen kann dass Mama mich nie wieder anrufen wird und 2., die die Mama, die ich mein Leben lang kannte und die Frau, die ich bis in den Tod begleitet habe, auch als ihre Mama kennengelernt hat.. Und diese beiden Personen bringe ich irgendwie nicht zusammen. Es fühlt sich an wie ein "vor dem Hospiz" und wie ein "danach". Nochmal...versteht ihr, was ich meine? Drücke ich mich verständlich aus? Mir sagen so viele, dass die Zeit des Trauerns noch kommen wird...ist das so? Ich wäre Euch für Rückmeldungen sehr, sehr dankbar. Haut in die Tasten...haltet Euch nicht zurück! Danke fürs Durchschlagen! N. Geändert von Osgiliath (22.03.2020 um 15:06 Uhr) |
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