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Alt 09.02.2020, 18:31
Benutzerbild von Osgiliath
Osgiliath Osgiliath ist offline
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Registriert seit: 09.02.2020
Ort: NRW
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Hallo zusammen!

Hiermit möchte ich mich bei Euch vorstellen.

Ich bin 46 Jahre alt und im Ruhrpott zuhause.

Im November letzten Jahres bekam ich einen Anruf meiner Schwester; Mama wäre im Krankenhaus gewesen und dort hätte man Leberkrebs festgestellt.

Sie war wohl dort, nachdem sie mehrere Tage nicht aufstehen konnte und sie dauernd erbrechen würde. Wir Kinder (insgesamt sind wir zu viert) wussten nichts davon; unser Verhältnis zu Mama war manchmal...wie soll ich sagen...ambivalent. Dies tut jedoch nichts zur Sache...Kopfschmerzen bereitete uns eher immer Mamas sturer Kopf...Hilfe wurde immer abgelehnt.

Ich habe Mama angerufen und gefragt, ob sie denn sicher sei und die Ärzte im KH auch richtig verstanden hätte (Mama hatte 2017 zwei Schlaganfälle, welche jedoch ohne Spätfolgen blieben; lediglich ihre Konzentrationsfähigkeit hat ein wenig gelitten). Sie bejahte dies.
Ich habe mich am gleichen Tag mit dem Krankenhaus in Verbindung gesetzt, habe jedoch erst drei Tage später die Ärztin erreicht. Diese teilte mir dann mit, dass unsere Mutter keinen Leberkrebs, sondern bereits Lebermetastasen hätte. Am gleichen Tag nach der Diagnose ging Mama auf eigene Verantwortung nach Hause mit der Begründung, sie müsse nachdenken, wie es weitergehen solle.

Mit meinem jüngeren Bruder und meiner Schwester bin ich umgehend zu ihr gefahren und habe ihr so schonend wie möglich beigebracht, dass sie die Metastasen hätte und niemand wüsste, wo der Primärtumor säße. Wir würden sie in allem, was sie entscheiden möchte, unterstützen; sie solle uns nur Bescheid geben.

Langer Rede, kurzer Sinn...nachdem unsere Mutter immer und immer und immer wieder das Krankenhaus gemieden hatte (O-Ton: "Ich habe zuviel Schiss"), liegt sie nun mit der finalen Diagnose eines Rektumcarcinoms des Colon sigmoideum (und dies ist wirklich enorm, ich habe die CT-Bilder gesehen), Lebermetastasen (die größte laut Arztbrief 6,5 cm an 5,5cm an 6,6cm...also ebenfalls riesig), Lungenmetastasen und Lymphknotenbefall seit Mittwoch in einem Hospiz hier in meiner Heimatstadt. Ich habe wirklich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um sie in meine Nähe zu holen...dies war ihr ausdrücklicher Wunsch!

Kurz vor ihren Schlaganfällen habe ich sie überzeugen können, eine Patientenverfügung mit Vorsorgevollmacht in Ruhe durchzulesen, zu entscheiden und somit ihre Vorstellungen klar zu kommunizieren; ich bin so froh dass diese existiert so dass ich wirklich alles so gestalten und entscheiden kann, wie es Mamas Wünschen entspricht.

Zu ihren Diagnosen kommt noch, dass lt Arztbrief im Krankenhaus eine beginnende Lungenembolie erkannt wurde; diese wurde zwar mit Antikoagulatien (also Mitteln, die das beginnende Blutgerinnsel in der Lungenarterie auflösen würden) behandelt; der Arzt im Hospiz hat jedoch alle Medikamente abgesetzt.

Warum ich euch dies alles erzähle?
Weil der Krebs sich nach und nach alle Familienmitglieder unter den Nagel reißt...und alles mütterlicherseits.
Mein Opa hatte Prostatakrebs, meine Oma Brustkrebs.
Eine Tante hat Darmkrebs UND Brustkrebs, die zweite Tante Bauchspeicheldrüsenkrebs (beide leben noch). Ein Bruder meiner Mutter hat Hautkrebs. Der zweite Bruder hat (bislang noch) keinen Krebs.

Ich bin gelernte Pflegefachkraft...wieviele Menschen ich im Sterben und Tod in meinen 30 Jahren in der Pflege begleitet und unterstützt habe, kann ich gar nicht mehr zählen. Mittlerweile bin ich sogar Pflegewissenschaftlerin, unterrichte an einem Altenpflegeseminar...und bin jetzt in der Rolle der Angehörigen, die dem Tod hilflos entgegenblickt.

Vorgestern waren meine Schwester, meine Partnerin und ich einkaufen...wir kamen gerade von Mama aus dem Hospiz. Mama bekommt ihren Zustand ja voll und ganz mit.
Ihr ist permanent übel, sie kann kaum noch etwas essen, hat innerhalb kürzester Zeit massiv an Gewicht verloren und versteht nicht, warum sie nichts bei sich behält.
Ich hatte noch ihr mehrfach geäußertes "Ich muss doch was essen" im Ohr, ihren verzweifelten Blick.
Plötzlich stehe ich im Laden und mir wird die Surrealität dessen bewusst. Ich stehe vor Regalen, voll mit Lebensmitteln bis an die Decke und meine Mutter liegt zur gleichen Zeit im Hospiz und bekommt nichts davon herunter.

Ich bin heulend zusammengebrochen.

Es tut so verdammt weh.

LG

N.
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