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Alt 19.11.2002, 10:15
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Standard Alles umsonst...

Hallo!

Meine Mutter (68) hat Knochenkrebs im Endstadium. Beim Surfen bin ich auf diese Internetseite geraten und finde es gut, daß es so ein Forum gibt, in dem man seine Gedanken und Gefühle darlegen kann.

Vor einem Jahr ist der Krebs bei ihr festgestellt worden. Erst hieß es "Lungenkrebs", aber später stellte sich heraus, daß dies Metastasen waren. Sie mußte eine Chemotherapie erdulden, im 3-Wochen-Takt, und ich war einen Großteil der Zeit bei ihr, habe sie getröstet, gepflegt, sie zum Essen überredet, wenn sie mal wieder keinen Appetit hatte, was so oft vorkam. Es zerbrach mir fast das Herz, zu sehen, wie sie mit jedem Mal "weniger" wurde, dachte mir aber: Naja, wenn sie danach geheilt ist, war es die Tortur wert. Nach 6 Chemos war sie völlig am Ende, und meine Schwester und ich verbrachten viel Zeit mit ihr, um sie wieder auf den Damm zu bringen. Da meine Mutter aber nicht auf die Beine kam und mit ihrer wahnsinnigen Müdigkeit zu kämpfen hatte, kamen tiefe Depressionen hinzu. Und im Laufe der Zeit sanken die Blutwerte wieder auf kritisches Niveau.

Wie will man einem Menschen helfen, der nur noch auf der Couch liegen kann und nicht mal die Kraft hat, ein Buch zu lesen? Mir fiel es wahnsinnig schwer, die positive Energie rüberzubringen, die ich selber kaum mehr empfinden konnte. Manchmal wollte ich nur noch auf und davon rennen und haßte mich im nächsten Moment dafür.
Schließlich wollte meine Mutter in eine Rehaklinik. Dort wurde sie durch die Mangel gedreht und am Ende die Diagnose: Immer noch Metastasen in der Lunge und auch im Bauchraum. Die Ärzte sagten ungefähr, daß die Chemo nichts gebracht hätte und sie solle sich die verbleibende Zeit so angenehm wie möglich machen. Meine Mutter hadert natürlich mit ihrem Schicksal und sagte, wenn sie das gewußt hätte, wäre sie niemals durch die Hölle der Chemo gegangen.

Jetzt sind wir dabei, die verbleibende Zeit zu planen und ihr so gut wie möglich beizustehen. Im Moment geht es bei ihr noch einigermaßen, sie kann noch alleine ins Bad und auch laufen. Aber sie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, hat wahnsinnig abgenommen und hat auch überhaupt keinen Appetit mehr. Und man kann sie nicht zum Essen zwingen. Sie bekommt heftigste Schmerzmedikamente, die natürlich schwere Nebenwirkungen haben. Sie hat Angst vor der Zukunft (wie wir auch), es ist auch die Frage, wie es weitergeht. Mein Besuch mit meinem Baby (3 Wochen alt) hat ihr etwas Auftrieb gegeben. Aber ich könnte Rotz und Wasser heulen bei dem Gedanken, daß mein Kleiner seine Oma nicht mehr bewußt erleben kann, mit ihr spielen oder sich Geschichten erzählen lassen. Meine Mutter war immer der wertvollste Mensch in meinem Leben, sie hatte immer für unsere Probleme ein offenes Ohr. Falls sie ein Pflegefall werden sollte, frage ich mich, wie wir sie pflegen können. Meine Schwester ist bald beruflich in der Schweiz, und ich kann auch nicht über längere Zeit mit meinem Baby zu ihr. Das Baby ist sehr lebhaft und leicht stressig (wie halt alle Zwerge), und ich weiß nicht, ob ich die psychische und physische Doppelbelastung über längere Zeit packen kann. Die ALLERLETZTE Möglichkeit sollte ein Hospiz sein, das wäre eine Art „Abschieben“, und sie war doch immer für uns da.

Ich habe Angst vor der Zukunft, aber eigentlich sollte ich froh sein über jeden Tag, den sie noch einigermaßen gut über die Runden bringt. Mir hat es schon etwas gebracht, hier mal mein Herz auszuschütten.

Eure traurige Antje
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