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#1
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Hallo allerseits,
ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich hier schreibe, obwohl ich mich noch in der Diagnostik befinde und es alles oder nichts sein kann. Mein Hauptproblem aktuell ist wahrscheinlich, dass ich mit niemandem wirklich meine Sorgen und Ängste teilen kann. Ich bin Anfang 30, habe keinen Kontakt zu meinen Eltern (abgesehen von jährlichen Geburtstagstelefonaten mit meinem im Ausland lebenden Vater) und im letzten Jahr meinen Bruder durch einen tragischen Unfall verloren. Zudem befinde ich mich aktuell in Scheidung lebend und wohne alleine. Nun hatte ich über mehrere Monate gesundheitliche Probleme und bei weiter bestehenden HNO Beschwerden (Zungengrund drückt auf den Kehldeckel, vergrößerte Zungenmandeln, Probleme mit den Gaumenmandeln, Schluckbeschwerden, Räusperzwang, Globusgefühl, einseitig schmerzlos geschwollene und derbe Halslymphknoten - strangartig fraglich miteinander verbacken) und Ausreizung von Therapieoptionen möglicher anderer Ursachen (verschiedene Antibiosen, Magensäurehemmende Medikamente, entzündungshemmende Medikamente) und keinen anderen Erklärungen (kein Übergewicht, Nichtraucher etc) hat mein HNO Arzt mir nun eine Panendoskopie mit Biopsien von Zungengrund und Gaumenmandeln sowie die Entfernung eines Lymphknotens ans Herz gelegt. Der früheste Termin ist in zwei Wochen - was bedeutet, dass ich zu allem Überfluss auch noch über meinen Geburtstag im Krankenhaus sein werde. Ich habe engen Freunden gesagt, für welche Untersuchung ich im Krankenhaus sein werde - ohne das K-Wort als Differenzialdiagnose in den Mund zu nehmen, um niemanden zu beunruhigen. Allerdings bin ich selbst Ärztin (komplett andere Fachrichtung) und viele meiner Freunde auch - meist haben sie bei dem Wort Panendoskopie schnell das Thema gewechselt. Entfernteren Kollegen habe ich nur gesagt, dass eine kleine HNO OP ansteht. Zu meinem Chefarzt habe ich so ein gutes Verhältnis, dass ich es ihm zwecks Dienstplanung auch gesagt habe und er hat eher besorgt reagiert und mir Freiraum im Dienstplan zugesichert, wofür ich sehr dankbar bin. Was ich niemandem gesagt habe ist, dass ich Angst habe. Dass ich Nachts schlecht schlafe, weil ich alleine bin und Sorgen und körperliche Beschwerden habe und das ganze so kurz nachdem ich mit dem Tod meines Bruder umgehen musste und mir schon eingeredet hatte, all meine Symptome seien psychosomatisch. Durch Stress, Trauer, ich bilde mir alles nur ein. Ohne sichere Diagnose will ich niemanden in meinem Umfeld beunruhigen, behalte meine Ängste für mich oder rede sie klein ("Ja, total übertrieben so eine Biopsie, ich bin halt ein Angsthase"). Ich bemerkte eher, dass ich mich anderen gegenüber dafür rechtfertige, dass ich "geplant" auf der Arbeit fehlen werde und selbst schwanke zwischen "das muss sein" und "das ist vollkommen übertrieben". Ich suche hier keine Differenzialdiagnosen - die kenne ich und bin sie in meinem Kopf viel zu oft durchgegangen. Ich suche einen Ort, an dem ich in den nächsten zwei Wochen bis zur Diagnostik und danach bis zum Pathologischen Befund meine Sorgen teilen kann und damit auf Menschen treffe, die wissen, wie endlos sich Ungewissheit dehnen kann, wenn es einem nicht gut geht. Ich hoffe, damit hier richtig zu sein. Vielen Dank vorab und alles Liebe, eure Kim. |
#2
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Liebe Kim,
ich drücke Dir zunächst mal die Daumen, dass es nicht so schlimm ist/wird, wie Du vielleicht befürchtest. Leider trifft das K-Wort alle Bevölkerungsschichten, wenn man die Diagnose bekommt und sich dann damit befasst kommt man recht schnell auf die wissenschaftliche Erkenntnis, dass im Laufe des Lebens jeder 2. Mensch an Krebs erkranken wird. Ich selbst bin leider aus einer komplett anderen Fraktion (habe im August letzten Jahres die Zufallsdiagnose Nierenkrebs erhalten), die Ängste und der Bedarf, sich auszutauschen ist aber unabhängig von der Art einer Krebserkrankung. So war ich sehr schnell hier gelandet, musste dann aber genauso schnell feststellen, dass das Forum recht wenig frequentiert ist. Habe dann für meine Diagnose eine Facebook-Gruppe entdeckt, der ich dann beigetreten bin. Auch für Deine mögliche Diagnose gibt es auf Facebook Gruppen und ich würde Dir für den Kurzzeitaustausch empfehlen, mal dort zu schauen. Im Anhang ein Bild, bei FB gibt es vermutlich etwas für Dich. Mein Rat: "Oute" Dich dort nicht als Ärztin, auch wenn Du aus einer komplett anderen Fachrichtung kommst. LG Dirk |
#3
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Hallo Kim,
gerne begleiten wir Dich die nächste Zeit hier in diesem Forum. Ich wünsche Dir auch, dass die Diagnose keinen Krebs ergeben wird, das braucht wirklich niemand. Deine Schilderung hat mich aber an meine eigene Geschichte erinnert, die ich Dir kurz erzählen möchte: Vor etwa 10 Jahren (ich war noch aktiver Soldat) hatte ich plötzlich geschwollene Mandeln ohne sonstige Erkältungssymptome. Nach einer Woche war es nicht besser geworden, und ich ging zu meinem Truppenarzt, immer noch völlig schmerzfrei. Der runzelte die Stirn und meinte, es wäre eine Mandelentzündung, auch ohne Schmerzen, gab mir etwas zum Gurgeln und ein paar Lutschpastillen. Wenn es nicht besser werden sollte, sollte ich in einer Woche wieder vorbeischauen. Die nächste Woche ging ins Land und meine Mandeln blieben dick. Ich hatte Probleme beim sprechen und schlucken, so groß waren sie geworden. Nun überwies mich der Truppenarzt an eine örtliche HNO-Ärztin. Ich machte brav meinen Termin und ging hin. Auch sie runzelte die Stirn und fand keine Ursache. Sie meinte, in meinem Alter könnte ich mir die Mandeln ja entfernen lassen. Also machte ich einen Termin im nächsten Bundeswehrkrankenhaus. Ein paar Wochen später war es soweit und die HNO-Ärztin im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz untersuchte mich vor dem Eingriff. Dann wurde sie mistrauisch und sagte "Ihre Mandeln sind völlig in Ordnung, sie reagieren nur auf etwas anderes." Sie tastete meine Lymphknoten am Hals ab und wurde auf der rechten Seite fündig. Sie nahm mit einer Nadel eine Probe für eine erste Begutachtung im Labor. Ich sollte auf das Ergebnis warten, es könnte Krebs sein. So verlies ich das Krankenhaus und vertrieb mir die Zeit am Deutschen Eck. Krebs? Ich? Wieso? Mir gingen tausend Dinge durch den Kopf und mir wurde flau im Magen. Die vier Stunden Wartezeit zogen sich endlos hin. Dann kehrte ich zum Krankenhaus zurück und die HNO Ärztin bestätigte ihren Verdacht. Unter dem Mikroskop waren wohl Krebszellen erkennbar. Es wäre nun eine richtige Biopsie erforderlich, dafür machte ich für die kommende Woche einen OP-Termin ab. Unter lokaler Betäubung wurden mir ein paar Lymphknoten aus der rechten Halsseite entfernt und sie schickten mich nach Hause. Ich bekam einen Termin in der Onkologie für die nächste Woche. Dort teilte mir die Onkologin den Befund und damit die bestätigte Krebsdiagnose mit. Ich stellte Fragen zur Behandlung und zu den Heilungschanchen und es war ein gutes, sachliches Gespräch. Die Ärztin versuchte nicht, die Krankheit schönzureden. An die Rückfahrt nach Hause kann ich mich nicht mehr erinnern. Zuhause angekommen, informierte ich meine Frau (damals schon selber seit drei Jahren in Behandlung, schwarzer Hautkrebs). Ich goß mir einen sehr großen Cognac ein, setzte mich an den Computer und googelte alles, was ich über das Lymphom in Erfahrung bringen konnte. Behandlungsmethoden, Heilungschancen, Überlebensrate. Rückblickend kann ich sagen, dass ich nie wirklich in Panik verfallen bin, denn die Onkologin hatte mir Mut gemacht und die Behandlung (Chemo, Nachsorge) genau erklärt. Ich denke, ich blieb einigermaßen ruhig, weil ich immer eine Chance zur Heilung gesehen habe. Falls es Dich doch treffen sollte, verliere nie den Mut. Solange die Ärzte noch einen Pfeil im Köcher haben, besteht immer noch eine Chance. An meinem Beispiel kannst Du sehen, dass man auch Glück haben kann und alles wieder gut wird. Ich drücke Dir die Daumen. ![]()
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17.06.13 Diagnose Foll. Lymphom IIIa Stadium I 6 x R-CHOP 21 2 x R-Mono 26.11.13 Volle Remission Erhaltungstherapie mit Rituximab bis 12/2015 19.10.2018 12. Nachkontrolle OK Geändert von Golfsierra2 (24.05.2023 um 10:49 Uhr) |
#4
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Danke euch für eure Antworten!
@dirk66: Facebook ist nicht meine Plattform, dort bin ich nicht angemeldet und möchte es auch nicht tun. Trotzdem vielen lieben Dank für den Tipp! Ich glaube, es würde mir sogar reichen, hier zu schreiben ohne große Reaktionen zu bekommen. Manchmal hilft ja schon "von der Seele schreiben" sehr viel. @Golfsierra2: Danke, dass du deine Erfahrungen hier mit mir teilst. Ich freue mich sehr, dass es dir heute wieder so gut geht. Diese Ungewissheit und das schwanken zwischen "ich übertreibe, das wird schon nichts sein" und "was soll es sonst sein nach all den Therapieversuchen und mit dieser Symptomatik" ist für mich aktuell das Schlimmste und ich bin wirklich erstmal froh, wenn ein Lymphknoten raus ist und ich eine Erklärung für meine Beschwerden habe. |
#5
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Hallo liebe Kim,
vor einigen Jahren hatte ich ähnliche Symptome wie du. Aufgefallen war anfangs ein derber, leicht vergrößerter Lymphknoten im Kieferwinkel, der völlig schmerzlos war, aber nicht wieder abschwoll. Ich konsultierte mehrere Ärzte/ Fachärzte, die den Lymphknoten als unauffällig einstuften. Einem inneren Gefühl folgend bat ich nach einigen Monaten um die Entnahme und die pathologische Untersuchung ergab, dass es sich um Plattenepithelzellen im entnommenen Lymphknoten handelte, somit eine Lymphknotenmetastasen. Den Primärtumor fanden die Chirurgen in der rechten Tonsille. Die Diagnose war ein hpv - assoziiertes Tonsillenkarzinom. Ganz herzliche Grüße Regina |
#6
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Danke Regina, dass du deine Geschichte mit mir teilst. Ein Plattenepithelkarzinom im HNO-Bereich ist auch meine größte Sorge, das ist für mich persönlich die Horrorvorstellung - das liegt aber mit Traumata und Erstickubgsängsten zusammen. Alles, was mir potenziell die Luft abschnüren könnte, ist bei mir mit Panik besetzt.
Ich hoffe, es geht dir inzwischen wieder besser 🫂 Ich werde so langsam etwas nervös, weil ich nun neben dem Lymphknotenstrang am Hals rechts auch etwas ca. 3cm großes, prallelastisches über dem Schlüsselbein getastet habe, bei dem ich nur tatsächlich unsicher bin, ob es ein LK oder eine Muskelverhärtung ist. Nun, heute in zwei Wochen sollte ich zumindest schon einen Knubbel los sein und auf die Patho Ergebnisse warten. Geändert von Kim90 (26.05.2023 um 14:38 Uhr) |
#7
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Liebe Kim,
danke für die Nachfrage nach meinem Befinden! Glücklicherweise geht es mir sehr gut und an die kleinen Einschränkungen durch die Therapie habe ich mich gewöhnt. Die Wartezeit und Ungewissheit zerrt an den Nerven und es ist verständlich, dass du nervös bist. Als Niemalsraucherin wurde meine Erkrankung leider sehr spät erkannt. Vor einigen Jahren waren hpv induzierte Zungengrund- bzw. Tonsillenkarzinomen noch nicht so präsent im klinischen Alltag. Der Lymphknotenbefall zeigte ein pN 2 Stadium (7. Edition/2010) mit einer Lymphknotenmetastasen supraklavikulär, glücklicherweise ohne extrakapsuläres Wachstum. Bei der Probeentnahme des Lymphknotens im Kieferwinkel gingen die Ärzte von einer chronischen Tonsillitis aus, deren Residuen sich ja auch derbe präsentieren. Erst die pathologische Untersuchung brachte Licht ins Dunkel. Es hätte also auch eine völlig harmlose Erkrankung sein können. Deine Besorgnis verstehe ich gut und die Entscheidung für eine Biopsie ist sicher richtig. Ich wünsche dir, dass die Zeit bis dahin schnell vergeht und du dich ein wenig von deinen Sorgen ablenken kannst. Herzliche Grüße Regina Geändert von gitti2002 (26.05.2023 um 22:28 Uhr) |
#8
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Es freut mich sehr zu lesen, dass es dir inzwischen wieder gut geht, Regina!
Vielen lieben Dank für deine Worte. Ich bin auch froh, dass mich ein Arzt ernst genommen und Biopsien/eine LK Entfernung veranlasst hat. Das traurige ist, dass ich seit etwa einem halben Jahr von HNO zu HNO renne und er ist tatsächlich der erste gewesen, der meine Lymphknoten auf meine Bitte hin mal abgetastet hat. Obwohl ich selbst Ärztin bin und eine Überweisung von meiner Hausärztin hatte, auf der als Überweisungsgrund eine gesicherte Lymphadenopathie am Hals stand. Ich habe so oft zu hören bekommen, ich solle einfach aufhören, drauf rum zu drücken. Hätte ich nicht zusätzlich noch Beschwerden und wüsste ich nicht, dass es abklärungsbedürftig ist - wahrscheinlich wäre ich gar nicht mehr zum Arzt, tut ja nicht weh Nach diesem hin und her muss ich mir eher immer wieder sagen, dass eine Biopsie gut und richtig und nicht übertrieben ist und dass es auch sinnvoll war, wenn nichts Schlimmes dabei raus kommt. Ich fühle mich fast schon schuldig. Ich bin sehr froh, dass mein Chef und meine Oberärzte das genauso sehen und ich keinerlei Probleme haben werde, die Woche der Biopsie und die Woche danach im Dienstplan geschont zu werden. Geändert von Kim90 (Gestern um 08:58 Uhr) |
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