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  #1  
Alt 26.06.2006, 16:43
Benutzerbild von Tele
Tele Tele ist offline
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Registriert seit: 26.06.2006
Beiträge: 9
Standard Auch meine Mutter wird mir bald das Her brechen...

Hallo Ihr Lieben,

ich habe lange gezögert, ob ich mich hier registrieren soll oder vielleicht besser doch nicht. Heimlich habe ich die letzten Tage mitgelesen und mich oder meine Familie in vielen Beiträgen wiedererkannt. Daher wage ich jetzt den Schritt, denn mir fehlt einfach "jemand zum reden"...

Meine Mutter ist an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt, die Diagnose erfuhren wir an Weihnachten. Keiner von uns hatte damit gerechnet, da meine Mutter vom Fach ist und daher immer regelmäßig alle Vorsorgeuntersuchungen besucht hat, auch weil unsere komplette Familie diesbezüglich vorbelastet ist. Sie hatte weder abgenommen noch ging es ihr in irgendeiner Weise schlecht. Sie joggte jeden Morgen ihre 8 Kilometer und war körperlich wirklich topfit! Alles, was sie störte, waren leichte Magenbeschwerden. Umso erschütternder war die Diagnose eines 5 cm großen Pankreaskarzinoms! So kam es, dass sie sich noch zwischen Weihnachten und Neujahr einer Wippel'schen OP unterziehen sollte. Doch diese OP verlief anders, als erwartet. Die Ärzte stellten während der OP fest, dass der Krebsbefall schlimmer war, als angenommen, so nähten sie meine Mutter einfach wieder zu.

Seit Februar befindet sie sich in palliativer Behandlung und bekommt 14tägig Montags und Dienstags Chemo. Anfangs gab sie sich kämpferisch und versuchte, sich körperlich fit zu halten und sich ausgewogen zu ernähren, damit sie der Chemotherapie etwas entgegensetzen konnte. Auch wollte sie uns beweisen, dass sie noch Lebenswillen besitzt. Doch nach und nach wurde sie schwächer und mitlerweile kann sie kaum noch gehen, geschweige denn, dass sie noch essen kann. Im Laufe der Chemo wurde ihr Magen zu sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass er seiner Funktion nicht mehr zu 100% nachkommen kann. Schon zwei mal mußten ihr Magen und Gallenblase entleert werden, da einmal der Stent verrutscht war und weil der Magen einfach nicht mehr richtig funktioniert.

Es tut mir weh zu sehen, wie sie von Tag zu Tag mehr abbaut. Aber am meißten schmerzt es mich zu sehen, dass sie sich selbst aufgegeben hat. Sie hat das getan, was ich einfach nicht kann: Das Unabänderliche angenommen! Ich habe die Universität gewechselt und bin wieder nach Hause gezogen, damit ich meine Mutter pflegen kann, damit ich ihr beistehen und ihr Mut + Energie geben kann. Auch um meinem Vater eine Stütze zu sein, der überhaupt nicht mit der Situation umgehen kann und es nicht verstehen will. Meine Eltern befinden sich kurz vor dem Ruhestand (meine Mutter ist 56 Jahre alt!) und haben sich so auf Reisen in ferne Länder und die gemeinsame Zeit gefreut. All das wird meine Mutter nicht mehr erleben.

Ich versuche trotz allem stark und so gut es geht für meine Eltern da zu sein. Doch fehlt mir die medizinische Ausbildung meiner Mutter. Im Groben weiß ich, was wann zu tun ist und das meißte lernt man einfach mit der Zeit, aber es ist verdammt schwer. Manchmal wünsche ich mir heimlich, einfach für ein paar Tage ausbrechen und mal durchatmen zu dürfen. Doch ich weiß jetzt schon, dass ich mir das nie verzeihen würde. So schmeiße ich weiter Tag für Tag den Haushalt und versuche meiner Mutter jeden Wunsch von den Augen abzulesen.

Tut mir leid, dass es soviel geworden ist, aber ich hatte bis dato keinen, dem ich mich wirklich anvertrauen konnte/ wollte. Die Anzahl der Freunde, die sich anboten, einem in schweren Zeiten beizustehen, hat sich plötzlich halbiert, als es ernst wurde. Und die wenig gebliebenen können mich zwar in den Arm nehmen, aber so wirklich verstehen, können sie mich nicht.

Danke für Eure Zeit. Liebe Grüße... Claudia
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  #2  
Alt 26.06.2006, 18:04
Sanella Sanella ist offline
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Registriert seit: 30.05.2006
Beiträge: 41
Standard AW: Auch meine Mutter wird mir bald das Her brechen...

Schön Dich hier zu begrüßen wären wohl die falschen Worte...
Leider muss ich Dich hier begrüßen und dennoch schön dass Du hergefunden hast!
Ich hoffe und wünsche Dir, dass Du hier alles abladen kannst und Trost und Zuspruch bekommst.

Bei mir ist mein Papa betroffen, auch weit fortgeschritten. Er bekommt ebenfalls Montag und Dienstags 14 tägig Chemo .
Die Diagnose bekamen wir Mitte Mai. Seitdem baut er auch zusehends ab. Und das zu sehen tut so weh! Und gleichzeitig zu ahnen / zu wissen es ist erst der Anfang......

Trotz allem brauchst du auch kleine Auszeiten, Krafttankstellen für Dich - ist ganz wichtig!!!!

Musste Dir einfach antworten, weil Dein Posting mir so nahe ging.
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  #3  
Alt 26.06.2006, 19:17
Katharina Katharina ist offline
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Registriert seit: 07.05.2005
Ort: Berlin
Beiträge: 949
Standard AW: Auch meine Mutter wird mir bald das Her brechen...

Liebe Claudia,
mir hat es damals geholfen, dass 2x am Tag ein Pflegedienst gekommen ist.
Ich habe zwar auch Infusionen an- und abklemmen müssen (obwohl ich nicht vom Fach bin) aber es hat mir dennoch geholfen.
Es ist wichtig, dass Du Deine Kräfte beisammenhälst. Lass alles unwichtige stehen und liegen und verbringe die Zeit mit Deiner Ma.
Mein Gott, was ist nur los. Diesen Satz habe ich in den letzten Tagen sooo oft schreiben müssen. Es ist so furchtbar, dass gegen diesen Krebs nichts gefunden wird. Ich finde, dass Du unheimlich stark bist und Deine Ma echt stolz auf Dich sein kann!
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft weiterhin.
LG
__________________
Katharina
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  #4  
Alt 26.06.2006, 19:39
Anemone Anemone ist offline
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Registriert seit: 24.11.2005
Beiträge: 530
Standard AW: Auch meine Mutter wird mir bald das Her brechen...

Liebe Claudia,
eigentlich wollte ich mich aus dem Forum für BSDK schon zurückziehen (mein lieber Mann hat im vergangenen Januar seinen Kampf gegen diese schreckliche Krankheit verloren), aber ab und zu schaue ich doch noch mal rein.
Deine Geschichte hat mich so bewegt, dass ich Dir ganz kurz schreiben möchte. Ich weiß, was Ihr momentan durchleiden müsst, Deine Mama, Du und die ganze Familie. Es kommt mir alles so sehr bekannt vor, was Du schreibst. Ich weiß auch, dass ich Dich nicht wirklich trösten kann, aber es war ganz bestimmt richtig, dass Du Dich hier im Forum gemeldet hast. Mir hat das damals sehr geholfen. Man sieht, dass man nicht die einzige Familie mit diesem Schicksal ist, und man findet hier immer mitfühlende Menschen, die einem auch manchmal einen guten Rat geben können.
Ich wünsche Dir, Deiner Mama und Eurer ganzen Familie für die nächst Zeit ganz viel Kraft, bin in Gedanken bei Euch, sende Dir viele liebe Grüße und eine dicke Umarmung,
Anemone
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  #5  
Alt 26.06.2006, 20:14
Danie3971 Danie3971 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 05.06.2006
Beiträge: 33
Standard AW: Auch meine Mutter wird mir bald das Her brechen...

Liebe Claudia,
es tut mir von Herzen leid, das auch eure Familie dieser Teufel getroffen hat. Mein Paps ist leider davon auch betroffen. Er wurde am 01.06.06 zum 2. Mal an bsdk operiert. Diesmal war leider auch nichts mehr zu machen. Es tut so weh, mit ansehen zu müssen was mit einem starken, lebensfrohen Meschen in kurzer Zeit passiert. Auch meine Eltern stehen kurz vor dem Ruhestand (mein Paps ist 59). Unser Traum war es immer nach Australien zu fliegen und im Reef zu tauchen. Leider wird uns dieser Traum nicht gegönnt werden. Aber die Hoffnung ist - der Tod in dieser Welt- ist ein neuer Anfang in der anderen Welt und es wird dort besser sein! Auch ich habe wahnsinnige Angst meinen geliebten Vater zu verlieren. Er hat mir immer so viel Kraft gegeben und ist mir ein grosses Vorbild. Wichtig ist - nicht aufgeben - denn: "Die Hoffnung stribt zu letzt".
Liebe Claudia, nimm dir auch mal eine Auszeit. Die ist wichtig. Du brauchst die Kraft um weiter zu machen!
Liebe Grüsse - ich umarme dich
Danie
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  #6  
Alt 26.06.2006, 20:16
Benutzerbild von Tele
Tele Tele ist offline
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Registriert seit: 26.06.2006
Beiträge: 9
Standard AW: Auch meine Mutter wird mir bald das Her brechen...

Vielen Dank für die lieben Antworten, es ist doch ein Unterschied, ob man mit persönlich Betroffenen spricht oder mit "normalen" Menschen, merke ich gerade. Ich werde auf alle Fälle weiter versuchen, stark zu bleiben - schon alleine, weil ich das Gefühl habe, es meiner Mutter schuldig zu sein. Ich habe mich im Großen und Ganzen von allem distanziert, was mir irgendwie Kummer bereiten könnte und eine Art Mauer um mich errichtet, wo nichts mehr durchdringt. Unser Gerüst aus Freunden, Familienmitgliedern und Bekannten steht auch soweit für Notfälle, falls wir wirklich Hilfe brauchen oder selbst mal nicht genug Energie haben.

Alles weitere wird sich zeigen. Denn wenn ich eines gelernt habe, dann ist das, dass man zur Zeit nicht sonderlich weit im voraus planen kann/ darf. Ich plane allerhöchstens für den nächsten Tag, alles weitere wäre sinnlos *seufz*.
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  #7  
Alt 26.06.2006, 20:29
Danie3971 Danie3971 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 05.06.2006
Beiträge: 33
Standard AW: Auch meine Mutter wird mir bald das Her brechen...

Hallo Claudia,
hier ist noch mal Danie. Wichtig ist, das finde ich zumindest, das du dir den Schmerz deiner Mutter gegenüber nicht anmerken lässt. Klappt bei mir auch nicht immer. Meine Eltern wohnen 400 KM von mir entfert. Ich fahre alle 2 Wochen zu ihnen. Aber ich geniese die Zeit, helf wo ich kann und versuche meine Mutter aufzubauen. Du musst wissen, das mein Vater ein alter Stiessel ist und die Krankheit "Gott sei dank" nicht angenommen hat. Er kämpft also weiter. Wie lange? Keine Ahnung. Er beschäfftigt sich auch nicht mit der Krankheit, liest aber alles was ich ihm aus dem Netz und teilw. auch aus den Forum hole. Es hilft umgemein hier reinzuschauen. Abend geht ich dann noch in den Chat. Die Leute sind auch alle super. Angehörige als auch Betroffene. Da kannst du viele Fragen stellen. Meistens hat einer eine Antwort. Versuchs mal. Ich bin nachher auch wieder da.
Liebe Grüsse
Danie
Ach noch was - vergiss dich nicht selbst.....! Du lebst und bist jung! (klingt blöd, aber ich vergesse das auch manchmal-meine Freunde haben sich auch zurückgezogen, da sie nichts mit der Krankheit und dem Schmerz anfangen können-dehalb bin ich im chat)
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