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Alt 18.06.2008, 20:55
Veggie1963 Veggie1963 ist offline
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Registriert seit: 11.06.2008
Beiträge: 24
Standard Die Geschichte meines Papas

Hallo liebes Forum Team,

ich bin relativ neu in diesem Forum, habe bis jetzt hauptsächlich passiv viele Beiträge im Bauchspeicheldrüsenkrebs-Forum gelesen und nur ab und zu meinen Senf dazugegeben.
Nun bin ich aber soweit, euch die traurige Geschichte meines Papas und seinen verlorenen Kampf gegen den Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erzählen. Er war 68 als er starb.
Mein Papa war vor seiner Erkrankung ein rüstiger, lustiger Mensch, der wirklich seehr gerne gegessen hat. :-)
Im vergangenen Oktober begann es mit Magenschmerzen, mein Papa ging zum Hausarzt und dieser stellt nach einer Ultraschalluntersuchung und einer kurz darauffolgenden Magenspiegelung eine starke Entzündung der Magenschleimhaut fest. Er bekam ein Medikament verschrieben und der Arzt meinte, es sollte in den nächsten Wochen besser werden. Zu diesem Zeitpunkt hat sein Gewichtsverlust bereits begonnen, allerdings hatte er so viel "Reserve", dass die meisten in der Familie und im Freundeskreis meinten, das neue Gewicht würde ihm gut stehen. Das Medikament wirkte allerdings nicht, im Gegenteil, seine Magen- bzw. Oberbauchschmerzen wurden stärker. Einmal musste sogar nachts der Notarzt kommen (im Dezember), weil mein Papa glaubte, er müsse sterben (!).
Kurze Zeit danach bestand mein Papa auf einer weiteren Untersuchung und bei einer zweiten Ultraschalluntersuchung wurde eine Geschwulst hinter dem Magen entdeckt. Sein Hausarzt brachte sehr rasch einen CT-Termin zustande, was um die Weihnachtsfeiertage nicht ganz einfach war. Das hat mich schon stutzig gemacht. Auf einmal ging alles so schnell!
Der CT-Befund war am 4. Jänner 2008 fertig und Papa´s Hausarzt teilte ihm mit, dass er Bauchspeicheldrüsenkrebs hätte (Größe des Tumors am Pankreaskopf ca. 5-6 cm!) und er ihm zuerst zu einer Chemo und danach zu einer OP raten würde. Als ich davon hörte, dachte ich: okay Krebs, Schock!, aber das muss ja nicht gleich ein Todesurteil sein, heutzutage gibt es schon so viele Möglichkeiten. Ein paar Tage später las ich mich dann in die Materie ein und erkannte, dass es nicht ganz so gut aussieht.
Im Spital wurde für ihn eine Chemotherapie zusammengestellt. Davor bekam er allerdings noch Gelbsucht, die mit einem Stent, der den Gallengang freimachte, wieder behoben wurde.
Die ersten Chemos waren für ihn eigentlich gar nicht soooo schlimm. Er hatte sie wöchentlich und dazwischen parallel dazu eine Antikörpertherapie. Aber je länger die Chemo-Phase dauerte, desto länger brauchte er, sich von der letzten zu erholen. Nach der ganz letzten Chemo ging es ihm sehr schlecht. Ich führte das auf Anämie wegen der Chemo zurück. Aber es wurde nicht wirklich besser. Ca. zwei Wochen später - ca. Ende April - hatte er dann eine MR-Tomographie, um festzustellen, wie und ob die Chemo gewirkt hat. Das Befundergebnis war ein riesengroßer Schock und hat uns alle aus der Bahn geworfen. Der Tumor war nicht kleiner geworden, sondern um 1-2 cm gewachsen und multiple Metastasen in der Leber wurden auch festgestellt! Weiters hatte er eine große Menge Flüssigkeit im Bauchraum.
Die Onkologen im Spital meinten, es sehe gar nicht gut aus (was für eine Aussage!!!!) und sie müssten sich erst mal die MR-Bilder genauer ansehen und den Befund auswerten. Es war kein Bett frei, also musste er wieder nach Hause. Sie sagten ihm überhaupt nichts über den Befund, keine Erklärung. Wenn ich nicht einen Arzt gekannt hätte, der mir den Befund "übersetzt" hat, wäre mein Papa einfach unwissend nach Hause geschickt worden. In der Zwischenzeit erkundigten wir uns nach alternativen Methoden, die eine Verbesserung seines Zustandes und eine Verlängerung seines Lebens bringen würden. Es gab auch einige Ärzte, die verschiedene Therapien angeboten haben. Eine davon wäre ev. in Frage gekommen, allerdings musste man den Befund der Flüssigkeit im Bauchraum abwarten.
Ein paar Tage später wurden ihm dann im Spital 5 Liter Flüssigkeit im Bauchraum punktiert. Daraufhin ging es ihm auch wieder schlechter - er war ganz schwach und schwindelig, aber das ging wieder vorbei. Allerdings war sein Gesamtzustand schlecht - er hatte extremes Untergewicht, konnte nur mehr klare Suppen essen, lag meist nur im Bett und war insgesamt verdammt schwach. Der Befund ließ auf sich warten und bevor er überhaupt eintraf, traten bei meinem Papa Schluckbeschwerden auf, sodass er nicht mal seine Schmerztabletten nehmen konnte. Der betreuende Onkologe sagte mir, dass der Tumor bereits auf den Zwölffingerdarm drückt und man einen weiteren Stent dort einführen müsste. Am 21. Mai 2008 kam mein Papa ins Spital, es wurde ihm der Stent eingesetzt, aber so richtig viel besser gings ihm danach nicht. Es wurden ihm weitere 7 (!) Liter Flüssigkeit aus dem Bauchraum punktiert. Er wurde mittels Astronautennahrung ernährt, eine Schmerztherapie wurde angepasst und weiters wurden ihm Mittel gegen Erbrechen, etc. verabreicht. Eine Woche später begann dann sein Kampf. Er spuckte Blut und die letzten 2-3 Tage und Nächte erbrach er auch Blut. Am 31.. Mai, ein Samstag, hatte ich den Eindruck, dass es ihm ein wenig besser ging. Er machte auch schwache Scherze und schmunzelte ab und zu über unsere diversen Erzählungen. Am 1. Juni, Sonntag, früh war ich bei ihm und das Bett sah furchtbar aus. Es war voll dunklem, getrocknetem Blut. Mein Papa saß auf dem Bett und meinte zu mir "ich sterbe". Bald darauf begann er dann massiv Blut zu erbrechen und zu röcheln. Die Ärzte gaben ihm dann intravenöse Medikation - magenschonendes, gegen Erbrechen, zum Befreien der Atemwege - und zu mittag beruhigte er sich wieder und die Anfälle ließen nach. Wir gingen nach Hause. Am frühen Nachmittag besuchte ihn meine Mama wieder. Sie rief mich an, um mir mitzuteilen, dass er einen Todeskampf mitmache, er bäumte sich auf, wollte aus dem Bett (er war 100% bei vollem Verstand!) und hatte Todespanik. Ich kam dann ein wenig später dazu und bekam gerade noch mit, als er starb. Er war ganz ruhig am Schluss und als er starb, kamen aus Mund und Nase richtige Blutschwälle. Wir hatten dann noch die Möglichkeit uns in einem separaten Raum von ihm zu verabschieden.
Das war die furchtbar traurige Geschichte meines Papas. Ich werde ihn nie vergessen, weder die Zeit mit ihm, wo er voller Energie und Lebenskraft war, noch die letzten Monate, wo er immer mehr verfallen ist. Gerade diese letzte Zeit waren wir uns so nah, wie nie zuvor. Es mag vielleicht arg klingen, aber diese Zeit war gerade deshalb die intensivste und dadurch schönste Zeit, weil er seine Gefühle gezeigt hat, seine Liebe und ich ihm auch.
Was mir im Moment Sorgen macht, ist dass ich nicht viel geweint habe oder weine. Es kommt mir so vor, als ob ich unbewusst verdränge. Ich kann schon darüber sprechen, aber ich befinde mich in einer Phase, wo ich meist das Gefühl habe, als ob sich gar nichts verändert hat. Als ob mein Papa nur für längere Zeit weg ist. Weiß jemand von euch Hilfe?
Ich wünsche auf jeden Fall allen in diesem Forum, die direkt oder indirekt von dieser heimtückischen Krankheit heimgesucht wurden, Mut, Kraft, Willensstärke und Kampfesgeist. Und wenn es vorbei ist, dann wünsche ich euch, dass ihr den geliebten Menschen, den ihr verloren habt, immer in eurem Herzen tragt - so wie er vor der Krankheit war.

Alles Liebe
Veggie
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  #2  
Alt 18.06.2008, 21:53
stella29 stella29 ist offline
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Registriert seit: 13.02.2008
Beiträge: 816
Standard AW: Die Geschichte meines Papas

Liebe Veggie,

mein aufrichtiges Beileid !!! Deine Geschichte bewegt mich sehr ! Es tut so verdammt weh, wieder einen Menschen durch Krebs zu verlieren.
Mein Papa starb am 28.2.08 an Darmkrebs, nach 4 Wochen Krankenhausaufenthalt. ich kann bis heute den Anblick nicht vergessen, es tut noch so verdammt weh.

Ich kann dich sehr gut verstehen, ich konnte Anfangs auch nicht weinen. Das kam dann erst so nach und nach.. Ich stand auch total unter Strom... Ich konnte irgendwie nicht und ich war wohl wie erstart.

Ich wünsche Dir nur das Beste, viel viel Stärke für die kommende Zeit. Wir sind alle für Dich da !
__________________
Der Himmel hat einen weiteren Engel bekommen - mein geliebter Papi
geb. 28.12.1941 gest. 28.02.2008
Du bleibst unvergessen!


WER IM GEDÄCHTNIS SEINER LIEBEN LEBT,DER IST NICHT TOT, DER IST NUR FERN. TOT IST NUR WER VERGESSEN WIRD
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