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Alt 26.08.2014, 15:16
sternkind156 sternkind156 ist offline
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Standard Mama - mein Engel, ich vermisse dich so sehr!

Ihr Lieben hier,
seit längerer Zeit lese ich passiv mit und weine dabei sehr oft. Manche Worte spenden auch Trost, doch in einer Zeit der schlimmen Trauer ist das leider sehr selten möglich. Meine über alles geliebte Mutter starb am 30.05.2014 an Leberkrebs, ausgelöst durch ein Melanom am Kopf, welches allerdings schon 1997 das erste Mal entfernt wurde. Vor 5 Jahren dann war es erneut gewachsen und wurde in der Tübinger Uniklinik herausgeschnitten, ein Jahr darauf folgte eine weitere OP, in der nochmals tief nachgeschnitten wurde. Meine Mama wurde komplett durchgecheckt und galt als geheilt, es mussten auch keine Lymphknoten entfernt werden. In der Zwischenzeit war sie wegen anderen DIngen regelmäßig in ärztlicher Behandlung, bekam auch Ultraschall und Blutuntersuchungen, nie wurde etwas gefunden...die Klinik war sich nichtmal mehr sicher, dass es überhaupt ein Melanom war, sie schickten es noch an die Uniklinik in Wien ein, die dann doch eher darauf tippten. Doch der Begriff Krebs fiel niemals in diesem Zusammenhang. Wir haben alle sehr viele Leberflecken und es wurde auch regelmäßig schon geschnitten, bei mir rund 22 Stück! Wir sind also niemals fahrlässig mit diesen Dingen umgegangen und da ich mich sehr für Medizin interessieren, war es selbstverständlich, dass ich auch stets auf meine Mama achtete. Sie war meine absolute Bezugsperson. Ich bin nicht verheiratet und lebe auch noch im Elternhaus. Zwar in einer separaten Wohnung, aber es verging kein Tag, an dem wir nicht zusammen waren. Wir gingen zusammen in Musicals, ins Kino, essen... Nun könnt ihr euch sicher vorstellen, wie es mir aktuell geht...
Im Februar klagte sie plötzlich über Appetitlosigkeit, vor allem bei Fleisch und Wurst kam eine große Abneigung auf. Was mich natürlich gleich sehr in Alarmbereitschaft versetzte, da ich im Internet las, dass dies Anzeichen einer KRebserkrankung sein könnten. Ich meldete sie direkt zur Magenspiegelung bei einem sehr guten Arzt an und dieser meinte, der Magen sei in Ordnung, nur in der Leber sei etwas, das man untersuchen müsste. So ging ein Untersuchungsmarathon los, u.a. eine Woche im KRankenhaus, bei dem alles durchgecheckt wurde. Alles war ok, bis auf einen großen Tumor in der Leber, der schon viele Metas gebildet hatte. Eine davon war auch in der Lunge. Der Professor erklärte uns dann, was die Ursache sei und wir waren natürlich total fertig. Wobei meine Mutter immer am stärksten und ruhigsten war. Sie musste meinen Vater, meine Schwester (die einen kleinen Sohn hat) und mich immer noch trösten. Allerdings machte der Prof noch Hoffnung und sprach von diversen Medikamenten und Chemos, die man gut einsetzen könne, um alles etwas in Schach zu halten. Im NAchhinein gesehen, wusste er allerdings, dass sie schon Stadium IV hatte und ich finde es fast etwas heimtückisch, uns glauben zu lassen, dass Mama noch lange Zeit kämpfen könnte...zwar war der Arzt ehrlich und meinte, dass es unheilbar sei und man nur palliativ arbeiten könne, aber dass es dann so schnell geht, damit rechnete keiner. Nicht mal Mama, die dann jedoch rund um Ostern sehr leiden musste, da ihr ständig extrem übel war. Der Tumor wuchs in 3 Wochen auf rund 20cm und dockte am Magen an. Wir brachten sie sofort wieder ins Krankenhaus und dort bekam sie noch eine Chemo mit Zytostatika, die auch kurzzeitig etwas Besserung brachte, der Tumor wuchs nicht weiter, sie konnte wieder etwas zu sich nehmen und andere Medikamente befreiten sie von der Übelkeit. Die drei Wochen Krankenhaus waren sehr schön, ich besuchte sie täglich und blieb abends sehr lange, auch wenn ich tags darauf wieder früh aufstehen musste und meine Lehrertätigkeit mich sehr stresste. Alle Korrekturen erledigte ich nachts, damit ich nach der Schule dann zu ihr konnte. Mein Leben war damals schon vorbei, in gewissem Sinne. Doch das war es mir wert! Nachdem die Chemo allerdings ihre Knochen angriff und ihre Haare ausfielen, sie 10kg Wasser einlagerte etc, entschied sich Mama gegen eine weitere. Sie wurde dann entlassen und wir dachten, wir pflegen sie nun noch eine Zeit lang. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, sie daheim zu pflegen und sie nicht in ein Hospiz zu tun. Die erste Woche ging gut, doch in der zweiten baute sie täglich ab. Der Pflegedienst kam und wir hatten einen mobilen Palliativdienst mit im Boot. In der Nacht zum 30.5. erbrach sie dann Blut - mein Vater war bei ihr, da sie ihn, er schlief im Nebenzimmer, sogar noch über das Handy alarmierte. Ich hörte etwas über mir, mein Schlafzimmer ist genau unter ihrem gewesen, doch ich war so fertig und müde, dass ich nicht hochgehen konnte, was mich bis heute noch kaputt macht, da ich in dem Moment nicht bei ihr war. Doch morgens dann holte mich mein Vater dazu, da er keine Kraft hatte, sie auf ihren Abführstuhl zu setzen. Ich war eh nur noch ein Schatten meiner selbst, hatte schon 8 Kilo verloren und wir beide schafften es kaum noch, sie wieder ins Bett zu bringen. Ich meinte, wir müssen sie wieder ins KRankenhaus bringen, doch der SAPV meinte, dass sie das nicht überleben würde, sie würde sich aller Anzeichen nach schon "auf den Weg" machen. So wurde sie mit einer Medikamentenpumpe versorgt und ihre Atmung, die sehr aufgeregt war, wurde ruhiger. Sie war schon ganz gelb und konnte kaum noch sprechen. Sie tat mir so unendlich leid und ich hielt ihre Hand und redete beruhigend auf sie ein. Doch ich dachte selbst da nicht daran, dass sie bald gehen würde...mein Vater auch nicht, so ging er kurz raus zur Bank und ich für 2 Minuten auf die Toilette und als ich zurückkam, war sie gegangen...ich schrie, dass ich sie liebe und rief voller Panik meinen Vater an, der natürlich sofort zurückkam, meine Schwester war gar nicht erreichbar und ich war nur noch verzweifelt. Nur 2 Minuten aus dem Zimmer und genau dann stirbt sie!!! Man hört sowas oft, aber ich wollte doch bei ihr sein, wenn sie geht...
Nun ja, das alles ist nun fast 3 Monate her und es zerreißt mich innerlich immer noch. Jeder Gang ist für mich ein Martyrium, ich kann nicht zum Friedhof, jedes Shoppingcenter, jeder Winkel im Haus...alles erinnert an meine geliebte Mama. Ich lenke mich ab, verreise, gehe mit Freunden weg, mache viel Sport, aber es zieht mich dennoch alles runter. Ich weiß keinen Ausweg mehr und denke immer, dass ich sie nie wieder sehen darf. Es ging alles zu schnell. Wir waren nicht vorbereitet, nicht richtig jedenfalls. Wir haben alles für Mama getan, doch wie muss sie sich gefühlt haben zu wissen, dass sie sterben und von uns gehen muss. Immer vor dem Schlafengehen schießen mir dann solche Bilder durch den Kopf und das Gedankenkarussell geht los. Ich bin nicht mehr ich selbst und funktioniere nur noch. Mir fehlt natürlich ein Halt, da ich keine eigene Familie habe, aber bisher war das nie so, dass ich was vermisst hätte...nun bin ich aber nicht mal in der Lage, dass ich groß jemanden kennenlerne, denn wer will schon eine Trauerweide...mal sarkastisch gesagt. Und mir ist auch nicht danach zumute. Meine Schwester macht das verständlicherweise anders ab und mein Vater ist auch stark, obwohl er sehr trauert. Doch ich war am allermeisten mit ihr verbunden und daher fehlt mir nun ein Stück meiner Selbst!
Nun habe ich viel geschrieben, aber es tat gut, das alles einmal mitzuteilen. Mich beschäftigt diese ganze Geschichte rund um die Uhr, selbst wenn ich mich ablenke...es wäre schön, sich hier etwas austauschen zu können. Für viele ist der Tod ein Tabuthema und man kann nicht über alles sprechen.
Ich danke euch für´s Lesen!
Euer Sternkind156
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