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  #61  
Alt 18.10.2002, 15:16
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Standard Dokumentarfilm über das Tabu Sterben

Hallo, Ilona,
das ungute Gefühl, das Du bei meinem Eintrag hattest, hatte ich, als ich den Aufruf für den Film gelesen habe. Warum ein Dokumentarfilm über das Tabu Sterben? Warum nicht über Menschenleben? Ich finde das Thema Tod und Sterben übrigens gar nicht so tabu. Jeder erlebt es im seinem Leben doch, dass Familienangehörige, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen sterben. Und jeder muss damit umgehen. Ich auch. Ich verschließe meine Augen doch nicht vor dem Tod. Aber der Tod beendet nur mein Leben. Es ist nicht Bestandteil meines Lebens. Ich sehe mein Leben eher wie ein Buch. Der Deckel vorne ist die Geburt, die Seiten dazwischen versuche ich mit Leben zu füllen, und der Tod ist der Deckel hinten. Mal sehr abstrakt ausgedrückt. Ich sehe absolut keinen Sinn darin, um mal bei dem Beispiel zu bleiben, jetzt seit der Diagnose alle noch leeren Seiten mit einem Kreuz zu kennzeichnen. Ich habe geregelt, was ich regeln konnte. Alles weitere ergibt sich doch erst. Das ist aber nur meine ganz persönliche Meinung. Andere sehen es ganz anders. Eben so, wie sie damit umgehen können. Jeder eben auf seine Weise.
Du schreibst, dass die Frau, die jetzt leider verstorben ist, mit niemandem über das Sterben reden konnte. Das ist bitter. Ich bin da in der "glücklicheren" Lage, dass ich weiss, mit wem ich darüber reden kann, wenn mir danach ist. Aber ich finde es absolut fragwürdig, wenn man permanent mit dem Sterben konfrontiert wird, obwohl man es definitiv nicht will. Ich will es nicht. Es macht mich traurig, es zieht mich runter. Ich will lieber an das positive denken. Ich will auch nicht auf diese Krankheit "reduziert" werden. Ich bin ich. Immer noch. Ich habe meine Familie, meinen Beruf, meine Interessen. Ich lebe mein Leben, zwar mit Einschränkungen, aber die lassen sich halt durch die Krankheit nicht vermeiden.
Ich lebe bewußter. Das stimmt schon. Meiner Meinung nach hat jeder, der mit der Diagnose Krebs konfrontiert wird, auch sowas wie ein Nah-Tod-Erlebnis. Nur nicht auf die sonst beschriebene Art mit dem schönen hellen Licht am Ende des Tunnels und Wogen von Glückseligkeit, die einen umhüllen. Da kommt eher der Holzhammer. Ich bin jetzt wahrscheinlich etwas zu krass, aber genau so habe ich es empfunden. Schock pur. Und wenn man einigermaßen wieder denken kann, fängt man an zu überlegen, was wirklich wichtig ist im Leben. Ich habe für mich entschieden, dass es nichts wichtigeres als meine Familie für mich gibt. Alles andere ist zweitrangig. Ich möchte mit meiner Familie einfach die Zeit, die uns noch bleibt, glücklich verbringen. Schöne Erinnerungen haben für Zeiten, die vielleicht nicht mehr so glücklich sind. Daran kann man sich dann festhalten. Klar, gibt es bei uns auch ganz normalen Alltagsstreß, aber that's Life!
Warum manche Freunde nicht mit der Krankheit umgehen können, ist sicher eine schwierige Frage. Krebs wird ja hauptsächlich nur als tödliche Krankheit darstellt. Das haben die Menschen dann auch halt so im Hinterkopf. Krebs = Tod. Wer kann damit schon gut umgehen, zu wissen, dass ein naher Angehöriger, ein Freund vielleicht schon bald sterben wird? Ein Freund hat zu mir gesagt, dass es ihm einfach zu nahe geht. Er kann mit mir nicht übers Sterben sprechen, weil er einfach nicht möchte, dass ich sterbe. Also lassen wir das Thema. Das geht doch auch.
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  #62  
Alt 18.10.2002, 15:18
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Standard Dokumentarfilm über das Tabu Sterben

Hi gela,

was aber, wenn der/die Betroffene reagiert, wie mein Freund? Viele haben es bei ihm versucht, er aber zieht sich zurück und hält ihnen trotzdem ständig vor, daß sie ihn icht verstehen etc. Wie soll man damit umgehen?
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  #63  
Alt 18.10.2002, 15:25
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Standard Dokumentarfilm über das Tabu Sterben

hallo

ja ich kann dir leider kein patentrezept für die verschiedenen charaktere des menschen geben, liebes petermännchen.
vielleicht braucht dein freund eine gewisse zeit für sich.vielleicht fühlt er sich auch nur unverstanden, auch wenn ihr ihm gar nicht so begegnet.
vielleicht fragt ihr ihn konkret einmal, was er von euch erwartet?kann er euch eine antwort darauf geben, kann man ihm vielleicht anders begegnen als voher.wenn nicht, weiß er sicher selber nicht was er so richtig möchte.
fragt ihn doch einfach mal direkt, was er von euch erwartet.
gela
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  #64  
Alt 18.10.2002, 15:37
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Standard Dokumentarfilm über das Tabu Sterben

Hallo Gela, dass ist eben auch die Frage wie Kranke das Interesse an Ihnen aus Ihrer Umwelt aufzunehmen bereit sind. Ob sie es zulassen wollen, oder ob sie mit Ihrem ernsten Problem lieber allein gelassen werden wollen. Im Grunde kann ich mir das zwar nicht ernsthaft vorstellen, aber im "Petermännchenfall" sieht es ja beinah so aus. Höchstwahrscheinlich gibt es auch hier die verschiedensten Nuancen und Befindlichkeiten je nach Charackter und Sensibilität des Erkrankten. Wahrscheinlich ist auch deshalb das Thema so kompliziert. Ich glaube, wenn sich jemand krankes nicht verbiestert und ungerecht zu seiner Umwelt wird, nur weil es nun grade Ihn getroffen hat, dann spürt ein solcher Mensch auch, ob andere Menschen Ihm wirklich helfen wollen, bzw. ehrlich Ihre Hilfe anbieten. Über alles weitere kann man dann reden, und dazu brauch man auch nicht unbedingt einen Psychater. Gute Freunde können das ebenso gut und sie können aus meiner Sicht dem Kranken auch wieder ein neues Lebensgefühl vermitteln und Ihn ablenken aus der angeblichen Hoffnungslosigkeit. Ist halt nur meine persönliche Meinung. Muss auch nicht immer stimmen. Viele Grüße, auch ans Petermännchen - Hans
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  #65  
Alt 18.10.2002, 15:43
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Standard Dokumentarfilm über das Tabu Sterben

Hallo, Hans und Petemännchen,
ich denke auch, dass es gerade hier eine gute Möglichkeit gibt, sich mit den unterschiedlichsten Meinungen auseinanderzusetzen. Die von Hans angegebene Adresse werde ich mir auch gerne einmal anschauen.
Wie soll man als Freund mit der Erkrankung umgehen? Ich weiss es nicht, weil ja jeder Mensch anders damit umgeht. Manche wollen reden, manche nicht. Es kommt sicherlich auch darauf an, wie lange die Diagnose zurückliegt. Ist sie erst vor kurzem gestellt worden, steht das Leben auf dem Kopf. Wie ich in einem anderen Beitrag schon geschrieben habe, Schock pur. Nach einem Schock braucht man Zeit. Zeit für sich selbst, Zeit das Leben neu zu überdenken und zu planen. Zeit für die Trauer. Man hat nämlich gerade ein besonders wertvolles Stückchen des Lebens verloren. Nämlich die Unbekümmertheit, das Mir-passiert-das-nicht, das Der-Tod-ist-noch-weit-weg. Und damit muss man ja auch erstmal klarkommen. Rücksichtnahme auf die Gefühle von Freunden ist sicherlich schwer einzufordern. Einfach da sein, egal ob zum Zuhören, für irgendwelche wilden Unternehmungen, die früher nie in Frage kamen oder zum in den Arm nehmen, wenn man heulen möchte. Und vielleicht auch nicht ganz so empfindlich sein, wenn man mal auf die Frage: Wie geht es Dir? ein: Wie soll's mir schon gehen? zurückbekommt. Ist ja für alle nicht gerade einfach die Zeit, aber der Betroffene muss halt im Zweifelsfall als einziger sterben. Zumindest sieht er das vielleicht im Moment so. Ich hoffe, ich habe das jetzt nicht missverständlich ausgedrückt und es kommt richtig an.
Vielleicht schließt ihr Euch zunächst mal als Freunde zusammen und helft Euch gegenseitig, damit umzugehen? Das trägt sich dann für Euch auch leichter und macht niemandem ein schlechtes Gewissen, nur weil er nicht mehr so ist, wie er mal war.
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  #66  
Alt 18.10.2002, 15:52
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hi hans,


ja so ist es leider.jeder mensch ist anders, jeder sieht sich mit anderen augen.der eine kann super damit umgehen, nun ernsthaft krank zu sein,er nimmt die ihm angebotene, echte hilfe gerne an und sieht darin neuen lebensmut, weil er merkt, er ist nicht alleine.man nimmt anteil, man will für ihn das beste.
der andere verzweifelt daran und will niemanden um sich haben,weil er vielleicht denkt, es kann mir keiner helfen, es will ja auch keiner.es versteht mich ja doch keiner.keiner nimmt mich und meine krankheit richtig ernst.dieser mensch zieht sich dann sicher auch in sein schneckenhaus zurück.
es ist richtig," gute" freunde können mehr bewirken als man denkt.
falsche freunde erkennt man ja oft in der not.von daher sollte man dann auch für sich entscheiden, brauche ich diese oder kann ich auch ohne diese falschen freunde klar kommen, die mir persönlich nicht gut tun.
grüße von gela
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  #67  
Alt 18.10.2002, 16:00
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Liebe Susan,

das, was du schreibst, sehe ich ähnlich. Man sollte einen an Krebs Erkrankten nicht allein auf seine Krankheit reduzieren. Dennoch denke ich, dass es ein wenig auf die Phase ankommt, in der der Kranke sich befindet. Wenn der Tod eines Menschen absehbar ist, d.h. wenn er mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit an seiner Krankheit sterben wird und dies auch weiß, geht er sicher anders mit dieser Bedrohung um als jemand in deiner Situation. An Krebs erkrankt zu sein bedeutet ja nun wirklich nicht zwangsläufig, dass man auch daran sterben wird. Deshalb geht man bei günstiger Prognose sicher anders mit dem Thema um als bei ungünstiger. Für den Prozess der Heilung ist es ja auch nicht unbedingt gut, wenn man seine Krankheit zu sehr in den Mittelpunkt seines Lebens rückt. Aber verdrängen sollte man sie natürlich auch nicht.

Dieses bewusstere Leben, welches du ansprichst, habe ich ja auch schon erwähnt. Der Schock, der entsteht, wenn man mit dem unausweichlich nahenden Tod konfrontiert wird, kann einen dazu führen, das Leben mehr zu lieben als zuvor und Oberflächlichkeiten mehr aus dem Wege zu gehen als vorher. Ich selbst bemühe mich seitdem auch, den Moment, den Augenblick mehr wahrzunehmen, nicht mehr so zukunftsorientiert zu sein. Auf deine Situation übertragen heißt das sicher auch, dem Krebs nicht zu viel Platz einzuräumen. Aber ich kann es verstehen, wenn es Menschen in einer anderen Lebensphase gibt, die sich sehr intensiv oder ausschließlich mit dieser Krankheit und dem Tod befassen.



Lieber Lillebror,

auf deiner angegebenen Seite komme ich nicht ins Forum. Ich denke, dort könnte ich deine Diskussion nachlesen, oder. Würde mich also freuen, wenn du hier noch einmal erläutern könntest, weshalb du das Phasenmodell so "widerwärtig" findest.

Liebe Grüße an euch beide. Anja
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  #68  
Alt 18.10.2002, 20:19
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Liebe Anja,
erstmal finde ich es schön, dass Du wieder versuchst, jeden Augenblick bewußt wahrzunehmen. Das mache ich nämlich auch. Ich nehme jetzt wieder Dinge wahr, die mir vorher einfach entgangen sind. Oder ich mache Sachen, für die ich vorher *keine Zeit* hatte. Aber ich habe auch einen kleinen "Lehrmeister" an meiner Seite. ;-) Er macht mich auf Schmetterlinge oder Marienkäfer aufmerksam, oder wir haben im Sommer auf einer Wiese gelegen und diese tollen Wolkendrachen angesehen. :-) Ich verbringe viel mehr Zeit mit ihm, da muss der Haushalt schon mal hintenan stehen. Aber ich denke, dass ich ihm auf diese Weise ein lebendigeres Bild von mir gebe, als wenn er sich an eine 1a aufgeräumte Wohnung erinnert. ;-)
Natürlich ist meine Meinung hier subjektiv. Hatte ich aber auch so gesagt. Ich kann doch nur über mich schreiben. Ich kann mich aber noch sehr gut an den Schockzustand erinnern, als die Diagnose kam. Da fand ich schon die Frage: Und, was ist jetzt mit Eurem Urlaub nächstes Jahr? als absolut daneben. Ich habe Krebs und die denken an Urlaub??? Unverschämtheit und zutiefst verletzend. War ja aber gar nicht so gemeint "von denen". Die wollten einfach wissen, wie es jetzt weitergeht, ob es weitergeht. Habe ich aber damals nicht so verstanden. Auch aufmunternde Worte wie "Die Haare wachsen doch bald wieder." "Du solltest die Haare immer so kurz tragen. Das steht Dir wirklich gut." waren sicherlich gut gemeint, hatten aber Null Trost für mich. Ich hatte vorher Haare und ich wollte wieder Haare, und wenn's geht sofort. Ich war einfach superempfindlich. Ich denke, das können viele nachvollziehen. Wenn man nach einer Chemo völlig erledigt im Garten sitzt und es einem einfach nur noch sterbenselend ist, ist sogar Gelächter aus dem Nachbargarten schlichtweg Provokation. Das wollte ich nur ausdrücken. Ich wollte einfach sagen, nehmt Rücksicht auf diesen Ausnahmezustand. Ist sowieso schon alles schlimm genug, aber wenn man dann noch Vorwürfe hören muss, wie Du lässt Dich hängen oder Du willst Dir ja nicht helfen lassen, ist das vielleicht auch nicht immer angebracht? Gerade eben erst ist der Teppich unter den Füßen weggezogen worden, man muss sich doch selber erstmal wieder aufrappeln.
Und *nur mal ganz leise*: Du kennst weder meine Situation noch meine Prognose. Ich habe das aus meiner heutigen Sicht der Dinge geschrieben.
Liebe Grüße
Susan
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  #69  
Alt 18.10.2002, 21:09
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Hallo Susan,

ja stimmt, sorry. ich kenne natürlich deinen persönlichen Stand der Dinge nicht. Ich habe eigentlich auch gar nicht dich persönlich gemeint, sondern ganz allgemein geschrieben. Dabei habe ich eine bestimmte Situation bei dir einfach vorausgesetzt. Tut mir leid.
Übrigens, die Konfrontation mit dem Tod kann, finde ich, bei einem nahestehenden, nicht betroffenen Menschen die gleichen Gefühle hervorrufen wie bei einem Betroffenen. Die Bedrohung kann genauso existenziell sein. Auch das ist natürlich nicht allgemeingültig.

Viele grüße. Anja
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  #70  
Alt 18.10.2002, 21:41
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Hallo Heike (Gitti),
sorry für die Verspätung meiner Antwort auf deinen Text vom 12.10.02. Aber du weisst ja, was alles zu erledigen ist in unserer Situation.
Es ist schon seltsam, dass unsere Männer am gleichen Tag gestorben sind. Es tut mir leid, dass du so schlechte Erfahrungen mit einer Klinik gemacht hast. Mein Mann war die letzten 3 Wochen seines Lebens in einer Klink, die ganzheitlich behandelt. Dort wurde er sehr liebevoll betreut und gepflegt und hat sich bis zum Schluss körperlich wohl gefühlt, trotz seines Gewichtsverlusts und Schwäche.
Vor 3 Tagen hatte ich meinen ersten Tiefpunkt. Ich habe fast den ganzen Tag geheult. Abends habe ich mich mit einer Freundin getroffen, die mir sehr viel Trost gab. Jetzt geht es mir wieder besser. Ich merke, dass von Tag zu Tag der Schmerz ein ganz, ganz kleines Stückchen nachläßt. Heute wäre sein Geburtstag. Ich vermisse ihn so sehr.
Wenn du willst, kannst du mir auch auf meine eMail Adresse (uschwari@aol.com) antworten. Wenn nicht, wünsche ich dir viel Kraft und Mut für deine Zukunft. Auch wenn es weh tut: das Leben geht weiter.

Liebe Grüsse
Rita
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  #71  
Alt 18.10.2002, 23:05
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Hallo,

Petermännchen, Du schreibst in deinem ersten Beitrag darüber, wie deine Oma mit ihrer Krankheit umgegangen ist (sie hat sich "nichts anmerken lassen") und schreibst, dass es sich bei deinem Freund "genau gegenteilig" verhielte und er sich nun frustriert zurückzöge. Doch so wirklich "gegenteilig" scheint mir das spontan gar nicht unbedingt zu sein. Denn das Gefühl der Einsamkeit könnte bei beiden schon ein ähnliches sein, oder ? Vielleicht ist es nur der Zorn oder die Verzweiflung deines Freundes darüber, der es unterscheidet ?

Du schreibst :
"Ich habe mich schon oft mit dem Tod beschäftigt, dafür brauchte ich eine böse Krankheit wie den Krebs nicht, trotzdem wird mir von meinem Freund eben dieses abgesprochen, ich könne das nicht erkennen, schließlich hätte ich diese Krankheit nicht"

Ich habe die Krankheit auch nicht, aber ich weiß zumindest was es heißt, etwas extremes erlebt zu haben, was andere nicht erlebt haben. Und was für eine Kluft sich dann zwangsläufig auftut, wie völlig sinnlos unter Umständen dann alle Gespräche erscheinen. Und dass diese Kluft und Sinnlosigkeit den anderen, die es nicht aus eigenem Erleben kennen, halt nicht bewusst ist, vielleicht nicht mal bewusst sein *kann*.
Und selbst wenn das Erlebte von außen betrachtet ähnlich scheint, so erlebt gerade *Extremes* halt jeder auch extrem anders.

So rein "intuitiv" hab ich das Gefühl, deinen Freund ganz gut verstehen zu können, auch wenn ich keine "näheren Umstände" kenne.
Es gibt schon wirklich Dinge, die man sich auch beim besten Willen halt nur sehr "ansatzweise" vorstellen kann, wenn man sie nicht wirklich erlebt hat.

@anja :
Die gelinkte Seite sollte nur das "Phasenmodell" zeigen für die, die das nicht kennen. Weil es halt am Rande hier zur Sprache kam.
Dasin dem Zusammenhang erwähnte Forum hängt nicht mit dieser Seite zusammen und ist ein eher allgemeines Forum für ethische Fragen zu ganz unterschiedlichen Bereichen. Ich will das hier nicht verlinken.
Ich erwähnte die Diskussion dort auch nur, um deine Mutmaßung zu entkräften, dass ich mich mit dem Inhalt jenes "Modells" nicht beschäftigt hätte.
Bevor ich mich hier schon wieder als "Prügelknabe" in den Mittelpunkt stelle, würde ich diesmal auch lieber anderen kritischen Betrachtern den Vortritt lassen, bevor ich mich da näher zu äußere.
(Ich will hier ja nicht ständig den "einsamen Cowboy" abgeben. *g*)

liebe Grüße
Lillebror
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  #72  
Alt 19.10.2002, 01:15
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Wir lieben die Menschen,
die frisch heraussagen,
was sie denken - falls
sie das Gleiche denken
wie wir.

(Mark Twain)

Beim Lesen der Beiträge in diesem Forum, aber auch in anderen Foren, ist bei mir der Eindruck entstanden, dass solange alles in Ordnung ist, solange die Teilnehmer in ihren Beiträgen die gleiche oder zumindest eine ähnliche Meinung vertreten. Wenn dann mal jemand daherkommt und eine andere Sicht der Dinge hat, scheint von einigen nicht einmal der Versuch unternommen zu werden, denjenigen und seine Ansichten zu verstehen. Und gerade in diesem Forum ist mir dies besonders aufgefallen.

Hans hat es meiner Meinung nach sehr treffend formuliert:
"Ich weiß auch nicht ob es gut war, diese Seite zu besuchen, da offensichtlich niemandem an einem konstruktiven Dialog liegt. Ich dachte, hier könnten beide Seiten voneinander lernen? Wenn wir es noch nicht mal in einem anonymen Forum schaffen, offen unsere Gedanken auszutauschen, warum soll es dann im realen Leben anders sein? Jeder zieht sich somit in seine Ecke zurück und alles bleibt wie es immer war."

Man besucht als Nicht-Betroffener diese Seite, weil man sich davon verspricht, betroffene Bekannte/ Angehörige (wie bei mir, falls es für jemanden von Interesse ist) besser verstehen zu können. Man teilt seine Meinung mit, um zu erfahren, wieso betroffene Personen auf das, was man tut, was man sagt, irgendwie immer negativ reagieren. Man hat den Eindruck, der ganzen Sache hilflos gegenüber zu stehen. Man kann sich nicht in den Betroffenen hineinversetzen. Man kann als Nicht-Betroffener auch nicht wissen, was in dem Betroffenen vorgeht, wie er sich fühlt. Man steht dieser Sache einfach hilflos, auch unwissend gegenüber. Hinzu kommen auch noch die verschiedenen Mentalitäten der Menschen. Das alles macht es für uns Nicht-Betroffene wirklich schwierig.

Und wenn dann einige von den Nicht-Betroffenen den Weg gehen, sich darüber mit Hilfe dieses Forums zu informieren, wird ihnen von einigen - nicht von allen - auch noch Unwissenheit, Unverständis, etc. vorgeworfen. Insbesondere ist mir dies bei zwei Teilnehmern aufgefallen: bei ks-schnecke und bei Li - bei ersterer allerdings in einem sehr starken Maß. Ich frage mich, ob das wirklich förderlich ist. Auf der einen Seite wird das Verhalten der Freunde und Bekannten, die sich von einem abkehren, kritisiert, und auf der anderen Seite gibt es derartig heftige Kommentare und auch Vorwürfe gegenüber Nicht-Betroffenen, die versuchen, sich mit dem ganzen Thema auseinanderzusetzen. Das ist doch kontraproduktiv.

Ja, ks-schnecke, ich denke, der Beitrag von Insomnia zum Thema Verständnis ist nicht verkehrt. Jedenfalls kann einem dieser Eindruck entstehen, wenn man eure Diskussion verfolgt. Sicherlich wird jetzt von dir, falls du dich hierzu äußerst, etwas kommen wie: 'DU kannst das alles nicht nachvollziehen, denn DU bist nicht betroffen...ich, als Betroffene, erwarte von meinen Freunden, daß sie mir zuhören, wenn ich reden will...aber sie blocken ab...'
Weißt du eigentlich, was Freundschaft wirklich bedeutet?

Ich finde es wirklich traurig, daß Nicht-Betroffene, wie Petermännchen, zu einer Schlussfolgerung wie dieser hier kommen: "ich befürchte, unser beider Beiträge werden nicht weiter gewürdigt werden, da wir eine hier anscheinend sehr wichtige Grundvoraussetzung nicht erfüllen, wir sind weder Betroffene noch Angehörige und damit spricht man uns (zumindest teilweise) die Fähigkeit ab, sich ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen." (Auch Hans stimmte dem zu). Aber auch Angehörige scheinen da kaum erfolgreicher zu sein, so z.B. Insomnia, sofern sie nicht allem, was mancher Betroffener hier zum Besten gibt, bedingungslos zustimmen bzw. gegenwehrlos akzeptieren.

Ich denke, die Tatsache, daß sich Nicht-Betroffene hier im Forum einfinden und sogar Beiträge verfassen, spricht doch schon dafür, daß sie wenigstens versuchen, sich in Betroffene hineinzuversetzen, sie und ihr Handeln und Verhalten verstehen zu wollen. Das stellt doch schon ein Schritt der Annährung dar. Er beschäftigt sich mit dem Thema, er versucht zumindest, zu verstehen. Und das Echo, was er auf diesen Versuch zu hören bekommt, besteht im schlimmsten Fall aus Vorwürfen, aber auch aus Nichtbeachtung bzw. inhaltsleeren Antworten. Es wird sich in den meisten Fällen nicht wirklich mit ihm, seinen Fragen und Hoffnungen auseinadergesetzt. Das alles macht mich als Nicht-Betroffenen, der mit der Hoffnung hierher gekommen ist, mehr zu erfahren, wirklich nachdenklich. War es wirklich gut und förderlich für mich, daß ich hierher gekommen bin? Was hat es gebracht?! Zu einem kostruktiven Dialog, der auch mich bzw. uns Nicht-Betroffene voranbringt, ist es ja nicht gekommen. Leider...

Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende.
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  #73  
Alt 19.10.2002, 01:54
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Hallo, Cowboy, :-)))
*lachsichmalgeradekaputt....wäre auch kein schlechter Nick *ggg* *Sorry*
Hallo, Anja,
ich glaube auch, der Tod löst bei allen Menschen unterschiedliche Gefühle aus. Und der Tod eines bestimmten Menschen geht einem näher, als der Tod eines anderen. Aber 100ig nachvollziehen, wie man sich als Betroffener fühlt, kann doch wirklich nur der, der ebenfalls betroffen ist. Und dabei meine ich nicht nur Krankheit. Das gilt doch auch für eine Scheidung, den Verlust des Arbeitsplatzes, finanziell vor dem Aus zu stehen. Da kann man noch so sehr mitfühlen, aber man ist eben nicht der oder die Betroffene davon. Wenn man es selbst mitgemacht hat, hat man eine Ahnung. Aber nicht mal die ist Grund genug für mich, so zu tun, als ob ich genauso leide. Als ob ich genauso fühle. Ich bin ich. Ich empfinde Dinge oder Situationen ganz individuell. Wie gesagt, ich habe auch schon Verwandte oder Freunde sterben sehen. Aber kann ich deshalb wissen, wie das mit dem Sterben ist? Sicher nicht. Nicht für mein Empfinden. Ich habe diese Menschen betrauert, weil ich sie vermisste. Weil ich mich an Dinge erinnerte, die wir zusammen gemacht haben. Weil ich sie liebte. Nicht weil der Tod sie mir genommen hat. Tod ist eben. Das ist keine Person oder irgendetwas, was ich dafür verantwortlich mache. Man stirbt eines Tages. Jeden Tag. Ob auf der Autobahn oder zu Hause oder im Krankenhaus. Der Tod wird "festgestellt". So heißt das doch, oder? Das ist eine Momentaufnahme. Mehr nicht. Der Tod läutet die Trauer ein, oder nicht? Nichts mehr zu ändern. Jetzt ist es also passiert. Tod ist der Übergang von Hoffen und Bangen zu Gekämpft, gehofft und doch verloren. *Sorry* Jetzt werde ich schon wieder sarkastisch. Aber so bin ich nunmal. :-))
Und wie jeder einzelne damit umgeht, dass er an diesem Mist nichts, aber auch absolut nichts mehr ändern konnte, das ist doch Privatsache, oder? Wenn einer gut damit umgehen kann, ist doch prima. Wenn einer weint, hoffe ich, dass er jemanden hat, der ihn im Arm hält und tröstet.
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  #74  
Alt 19.10.2002, 10:03
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Nun...ich hab aufmerksam mitgelesen...
Möcht jezz nur ganz kurz etwas dazu sagen...
Bin selbst "Betroffene"...aber inzwischen, wie ich erfahren hab, auch Angehörige, und auch Freundin von Betroffenen...geht nicht nur mir so, bin da kein Einzelfall!
Wenn ich nun all das betrachte, seh ich, ich verstehe alle Seiten sehr gut. Ich steh auch oft hilflos da und finde keine Worte...aber einen Arm oder eine Schulter hab ich immer frei, auch wenns mir selbst mal nicht so gut geht.
Geht aufeinander zu, vesucht euch zu verstehen, toleranter zu sein...so weit klafft die Lücke, die sich manche so vorstellen, gar nicht auseinander...
Und zum Thema Tod...für uns alle ist er halt mehr im Bewusstsein als für "normale" Menschen...
Kann nicht in Worte fassen, wie ich damit umgehe, offener, ja ich verdränge ihn nicht mehr und tu auch nicht so als wäre ich unsterblich.Er ist für mich einfach eine Tatsache, keiner weiss wann es soweit ist...weder für mich selbst, noch für den, der im Moment neben mir steht.
Leben tu ich dehalb mit offeneren Augen, immer so, daß ich nie jemand, den ich mag, ohne das Gefühl gehen lasse,daß ich an ihn denke, ihn umarme. Ich weiss jetzt nicht ob ich das gut verständlich schreiben konnte...es sind mehr Gefühle, manche Gefühle lassen sich einfach nicht mit Worten erklären...
Viele liebe Grüße Ruby
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  #75  
Alt 19.10.2002, 11:31
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Liebe Susan,

mit dem Satz "Die Bedrohung kann genauso existenziell sein" meinte ich wirklich, dass ein nicht direkt Betroffener die gleichen oder sogar größere Ängste haben kann wie ein Betroffener. Versuche einfach mal, dir vorzustellen, dass du die Nachricht erhälst, dein Kind hätte diese furchtbare Krankheit. Vielleicht wäre es so, dass dein Kind selbst als Betroffener die existenzielle Bedrohung gar nicht so intensiv spürt. Für dich aber wäre es eine so exteme Erfahrung. Du hast Angst, dein Kind zu verlieren! Wie gesagt, ist nur ein Beispiel. Oder stell dir eine erwachsene Person vor, die die Diagnose Krebs erhält, aber aufgrund geringer geistiger Fähigkeiten (z.B. wg. geistiger Behinderung) nicht in der Lage ist, die ganze Tragweite dieser Diagnose zu verstehen. Vielleicht empfindet dann diese Person auch die Bedrohung durch den Tod nicht oder nicht so stark.
Bei dieser Diskussion hier sollten wir versuchen, nicht immer nur von unserer eigenen Situation, von unserem eigenen Erlebten auszugehen, sondern uns wirklich in andere hineinzuversetzen. Das ist schwer. Wenn man objektive Antworten auf seine Fragen sucht, ist dies aber unerlässlich.
Viele Grüße. Anja
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