Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 30.11.2012, 11:20
Trüffi Trüffi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.11.2012
Beiträge: 16
Standard Mama - Keine Therapie - einfach nur nach Hause

Meine Mutter (72) hat am 8. November erfahren, dass sie Krebs hat, 2 Wochen lang ist man mehr oder weniger von einer Peritonealkarzinose im Rahmen eines Ovarialkarzinoms ausgegangen. Am 27. November hieß es jetzt: doch BSDK mit Tumoren im Bauchfell und an der Darmwand. Genauer weiß ich es nicht. Meine Mutter hat sicher Gespräche geführt und sicher nur einen Bruchteil verstanden. Mir hat sie gar nichts erzählt, Papa auch nicht.

Eine OP wurde nicht durchgeführt, eine Chemo hat sie selbst abgelehnt (das weiß ich nur, weil mein Mann gestern selbst nochmal im KH angerufen hat und den Arzt an den Hörer gezwungen hat). Sie kommt am Montag nach Hause. Eine Pflege wurde beantragt, ich weiß überhaupt nicht welche Stufe, und wie das alles funktionieren soll. Es hieß, sie haben ja einen Mann, der kann sich um sie kümmern. NEIN - kann er nicht, er ist verwirrt, 75 Jahre alt und hat von Haushalt keine Ahnung.

Ich fühle mich soooo schlecht informiert und hilflos.

Was kommt jetzt auf mich zu?? Ich habe schreckliche Angst - auch vor der Weihnachtszeit. Ist sie Weihnachten überhaupt noch bei uns?

Ich weiß, dass das jetzt sehr spärliche Infos sind, aber ich bin auch selbst ganz durcheinander! Ich muss ja auch erstmal verstehen, dass das was vor 1 Monat noch gut war, jetzt so schnell zu Ende gehen soll.

Ich bin für jeden Kommentar dankbar!
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 30.11.2012, 11:32
paula2007 paula2007 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 02.09.2009
Beiträge: 839
Standard AW: Keine Therapie - einfach nur nach Hause

hallo, ich komme eigentlich aus der lungenkrebs-ecke und kann dir zu bsdk nicht viel sagen... ich möchte dir jedoch raten im krankenhaus nochmal genau nachzufragen- wie es mit einer möglichen therapie aussieht, d.h. ob die ärzte nichts mehr machen können oder deine mama die therapie ablehnt. wie es überhaupt um sie steht, d.h. in welchem stadium sie sich befindet. dann müßt ihr unbedingt eine pflegestufe beantragen und euch z.b. um einen pflegedienst kümmern. habt ihr euch schon gedanken gemacht wie die pflege überhaupt aussehen soll/kann wenn dein papa das nicht schafft? kannst du das übernehmen? oder soll sie inein pflegeheim? es sind so viele fragen die geklärt werden müssen. am wichtigsten ist jedoch erstmal ein gespräch mit dem behandelnden arzt im krankenhaus!

ich wünsche dir für die kommende zeit ganz viel kraft und mut um das alles zu stemmen und um die richtigen entscheidungen zu treffen! deiner mama alles gute!

lg, nicole
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 30.11.2012, 11:38
Bellarina Bellarina ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 04.02.2012
Ort: Österreich
Beiträge: 65
Standard AW: Keine Therapie - einfach nur nach Hause

Hallo!
Das tut mir alles sehr leid! Vor allem hab ich das Gefühl, dass dich deine Mama auch schonen will, weil sie dir nicht recht darüber sagt. Hast du nicht die Möglichkeit mit ihr zu sprechen was genau los ist, bzw. warum sie keine Chemo mehr machen will? Fühlt sie sich so schwach? Eventuell kannst du auch gemeinsam mit deiner Mutter ein Gespräch beim behandelnden Arzt machen, dann bist du wenigstens informiert, denn so ist das ja für dich überhaupt nicht auszuhalten! Wer hat das mit der Pflegestufe bei euch beantragt? Frag mal bei dem Hausarzt oder im KH nach wo es in eurer Nähe jemanden gibt, der euch bei der Pflege hilft!
Ich wünsche dir alles Gute und hoffe für dich, dass du bald besser informiert bist, denn das weiß ich aus eigener Erfahrung, macht einen noch hilfloser und fertig! Lg Bellarina
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 30.11.2012, 11:40
Trüffi Trüffi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.11.2012
Beiträge: 16
Standard AW: Keine Therapie - einfach nur nach Hause

Die Ärzte hatten meiner Mutter wohl eine Chemotherapie noch vorgeschlagen, die aber dann wohl aussichtsreich wäre. Das hat meine Mutter dann wohl selbst abgelehnt. Wie gesagt, diese Info habe ich nur, weil mein Mann gestern selbst beim Arzt nachgefragt hat. Meine Mutter hat nur gesagt: man kann mir nicht mehr helfen, ich gehe nach Hause.

Gestern war wohl jemand von einem Palliativ-Care-Team da (Mutti fand die Frau wohl sehr unhöflich). Montag kommt wohl direkt jemand, aber was macht dieser jemand. Wenn ich es richtig verstanden habe, nur medizinische Betreuung. Meine Mutter hingegen geht davon aus, dass diese Person auch für sie Essen macht und im HH was macht.

Papa will alles versuchen, aber er wird damit überfordert sein. Ich bin berufstätig, wir haben einen 3-Jährigen Sohn. Arbeitsstelle ist 60 km vom Wohnort meiner Eltern entfernt, Wohnort 25 km. Ich will gern soviel tun, wie es geht. Aber es gibt auch Grenzen des Machbaren.

Ich bin ganz zittrig, vor allem, weil ich so wenig informiert bin. Meine Mum hat auch im KH täglich Schmerzen, Probleme mit der Verdauung, verträgt nur noch püriertes Essen, ich fühle mich vom System jetzt alleine gelassen.

Wie oft kommt denn jemand? Zu meiner Mutter hatte man (wohl) gesagt, sie bekommt rund-um-die-uhr-Betreuung. Was ist das? Wohl doch nur, dass man zu jeder Zeit jemanden erreichen kann. Welche Rolle spielt der Hausarzt?

Wer trägt welche Kosten? Welche entstehen?
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 30.11.2012, 11:45
G.Sundheit G.Sundheit ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 09.01.2012
Beiträge: 142
Standard AW: Keine Therapie - einfach nur nach Hause

hallo trüffi,

als erste anlaufstelle würde ich den sozialdienst des KH nehmen, in dem deine mutter behandelt wird. dort einen termin machen, vorher fragen aufschreiben z.B. zur pflegestufe (es heißt zwar "pflegestufe beantragt" aber ob es dann PS 1,2,3 oder härtefall wird kann man nicht beantragen, das wird nach gutachten entschieden)

ich weiß, daß es sich seltsam anhört "klaren kopf" zu behalten, aber du schreibst es ja selbst: zu all deinen dich übermannenden emotionen kommt noch diese uninformiertheit wie es weiter geht.
wenn du der entgegentrittst und dir infos einholst wird es besser.

zwar bin ich selbst betroffen, aber ich sage es als krankenschwester die viele jahre mit betroffenen und angehörigen zu tun hat: es hilft weiter wenn du in einer ruhigen atmosphäre mit deiner mutter redest. vielleicht kann noch jemand dabei sein aber ich plädiere immer dafür, sich über die situation auszusprechen.
natürlich kann es sein, daß deine mutter das nicht möchte (weil sie dich/euch schützen möchte) aber vielleicht kannst du ihr klar machen, daß das der falsche weg ist und nicht hilft und schützt sondern unsicher macht.



ansonsten fallen mir noch ansprechpartner ein, die du vielleicht auch erstmal tel. kontaktieren kannst:

- hausarzt deiner mutter
- dein hausarzt
- pflegedienst der euch helfen soll (ev. termin vor ort in der wohnung deiner mutter machen)
- klinikseelsorger
- psychoonkologin der klinik in der deine mutter liegt
- ambulanter hospizdienst UND ambulanter palliativdienst (diese kann dir der sozialdienst der klinik deiner mutter nennen) kontaktieren und ins boot holen
- ev. auch für den vater eine pflegestufe beantragen weil du schreibst er ist verwirrt (??) um auch da betreuung organisieren zu können
- privat im vorfeld betreuung organisieren bei freunden deiner eltern, verwandten, nachbarn

alles gute!!
und liebe grüße
gesine
__________________
Einfach leben.
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 30.11.2012, 11:55
Trüffi Trüffi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.11.2012
Beiträge: 16
Standard AW: Keine Therapie - einfach nur nach Hause

Danke, Gesine.

Ich bin die einzige in der Familie, die überhaupt einen kühlen Kopf bewahrt (auch wenn das jetzt so nicht klingt).

Ich habe gestern Abend Papa und meinen Bruder zu mir geholt zum Reden und alle hässlichen Dinge angesprochen. Vor allem mein Bruder war ganz schockiert, dass ich alles so ausspreche. Aber sein wehmütiges Gestammel hilft auch keinem. Patientenverfügung, Hospiz, Vermächtnis...

Mein Bruder und meine Schwägerin sagen immer nur: ist ja alles so schlimm. Ja ist es und ich weine jeden Tag und jede Nacht, aber ICH fahre auch jeden Tag zu ihr ins KH und kümmere mich um alles, was sie will. Und sie ruft ständig an.

Irgendwie ist es so, dass alle sehen, dass ich diejenige bin, die agiert und nicht zu reagiert. Sie verstecken sich hinter dem Alltag "wir haben in der Woche keine Zeit". Hallo? Ich auch nicht- aber ich nehme sie mir!

Ich weiß nicht, wie lange ich das alles durchhalte. Man ist ja immer zäher als man denkt. Das hat mir das Leben schon gezeigt.

Es ist so schwer, gleichzeitig so voller Emotionen zu sein und alle schauen einen an, dass ich das jetzt schon alles in dei Hand nehme...
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 30.11.2012, 12:03
paula2007 paula2007 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 02.09.2009
Beiträge: 839
Standard AW: Keine Therapie - einfach nur nach Hause

ich kann dir nur von uns berichten. mein papa bekam pflegestufe 3 und wir hatten einen onkologischen pflegedienst. dieser kam jedoch nur einmal täglich zum waschen, umlagern und zur versorgung der morphiumpumpe. ansonsten waren meine mama und ich mit der pflege auf uns alleine gestellt. bei uns ging das jedoch ganz gut, weil ich mit meiner familie direkt nebenan wohne und nur in teilzeit arbeitete. meine mama war in der zeit ganz zu hause.
da du jedoch weiter weg arbeitest und auch wohnst ist das garnicht zu stemmen! oh mann, das tut mir wirklich verdammt leid, dass du nicht nur die sorgen um deine mama hast sondern auch dieser ganze sch... noch dazu kommt! ich wünsche dir sehr, dass du schnell die so dringend nötige hilfe bekommst!
Mit Zitat antworten
  #8  
Alt 30.11.2012, 16:41
Ingrid Ingrid ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.08.2005
Beiträge: 86
Standard AW: Keine Therapie - einfach nur nach Hause

Trüffi - versuch unbedingt, nochmal wegen der Chemo mit Deiner Mutter zu reden. Ja, es ist nur eine palliative Chemo, es wird keine Heilung geben. ABER eine Chemo kann Deiner Mutter noch Zeit und Lebensqualität verschaffen. Viele, gerade ältere, zucken zurück, weil sie Chemo verbinden mit Übelkeit, Haarverlust, Schmerzen. Und das wollen sie nicht, wenn sie eh nicht geheilt werden können. Gerade bei BSDK ist aber die Chemo meist relativ gut verträglich. Es gibt keine Gewähr, dass sie anschlägt, aber versuchen würde ich es schon.

Mein Schwiegervater hat erst 3 Monate nach erstem Verdacht (er hatte BSDK mit Lebermeta) mit der Chemo beginnen können. Da war er schon in einem ziemlich schlechten Zustand - 15 kg abgenommen, permanente Schmerzen, Appetitlosigkeit, Brechen.
Die Chemo mit Gemzar, die er ambulant bekommen hat, wurde von ihm gut vertragen. Ab der zweiten Chemo ging es erkennbar aufwärts - er konnte wieder essen, hat zugenommen, die Schmerzen wurden weniger. Letztlich hat ihm das noch 6 gute Monate gebracht.

Ohne weitere Behandlung wird es mit Deiner Mutter vermutlich ziemlich schnell abwärts gehen. Da würde ich mich nach einem Hospizplatz umsehen - wenn Dein Vater den Haushalt nicht schafft, dann ist die Chance, dass er - auch mit Hilfe eines Pflegedienstes - auch noch Deine Mutter pflegen kann, fast gleich Null. Das erledigt auch das Thema Schmerzbekämpfung. Wenn Deine Mutter zu Hause bleibt, dann braucht sie einen Arzt, der sich mit Krebsschmerzen/Morphine etc. auskennt (Hausärzte sind da überfordert).

In jedem Fall ist es sinnvoll, den ganzen Kram Testament, Patientenverfügung etc. zu erledigen, so lange Deine Mutter noch klar und halbwegs beweglich ist.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft, die wirst Du brauchen.
Mit Zitat antworten
  #9  
Alt 11.02.2013, 14:36
Trüffi Trüffi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.11.2012
Beiträge: 16
Standard AW: Keine Therapie - einfach nur nach Hause

Ich habe hier im November nur kurz geschrieben, aber seitdem bin ich ständige Mitleserin... Ich möchte kurz berichten, was mir bzw. meiner Mutter geschehen ist.

***

Meiner Mutter wurde am 8. November mitgeteilt, dass Sie Krebs hat metastasiert im Bauchfell. Entweder Ovarien oder Pankreas… Lebenserwartung 3 bis max. 9 Monate… Meine Mutter ist am 29. Dezember in einem Arm gestorben. Die 51 Tage waren schwer, sehr schwer, ich brauche hier niemandem etwas vormachen. Sie starb im Hospiz.

Warum poste ich jetzt? Eigentlich gehört es zu den Hinterbliebenen, aber mir war es wichtig, meine Geschichte hier erst zu erzählen.

***

Ich war so verzweifelt bei der Diagnose… Ich habe versucht, meine Mutter zu ermuntern, eine zweite Meinung zu holen, es doch mit der palliativen Chemo zu probieren. ABER: sie wollte nicht. Mein Vater, ihr Mann, war maximal hilflos. Er hat nicht den Charakter, sich gegen Ärzte aufzulehnen, nachzufragen, zu kämpfen. Wisst ihr, was ich meine? Ich bin fast wahnsinnig geworden, hätte gern soviel tun wollen. Ich lese hier ständig, Kontakte aufnehmen in Heidelberg oder in anderen Pankreaszenten. Ich hatte diese Optionen nicht, meine gesamte Familie hätte mich nur für wahnsinnig erklärt, es wäre ein einsamer Kampf gewesen. Meine Mutter ist nicht mehr operiert worden. Sämtliche Details spare ich hier aus.

Sie war soweit, dass sie eine weitere Meinung wollte. Erst nach Hause, ein bisschen durchschnaufen, bisschen zu Kräften kommen und es dann versuchen. Es kam alles anders. Ihr Zustand verschlechterte sich sturzbachmäßig. Es war ein Horror, ihren Zerfall zu sehen, ist auch davon auch immer wieder total überrumpelt worden. Wir kamen nie in eine Phase, wo wir die Ruhe gefunden haben, zu überlegen, was jetzt möglich wäre. Es GING NICHT. Sie brach sich die Hüfte, von dem Sturz hat sich nicht erholt –ich meine kopfmäßig, ab dann resignierte sie immer mehr.

Meine Familie war keine Hilfe, alle wälzten alles auf mich ab. Mama kam mehrfach auf eigenen Wunsch nach Hause. Mein Vater war maximal überfordert. Ich habe versucht, soviel zu helfen, wie es ging… Selbst mit maximalem und liebevollem Pflegedienst und Palliativ Care Team ging es nie länger als 48h Stunden gut. Schon ging es mit Notarzt zurück ins KH. Meine Familie verlangte, dass ich sie ins Hospiz bringe!!! Sie wollte das aber nicht bzw. noch nicht. Ihr Körper war schon soweit, aber ihr Kopf noch lange nicht. Es ging ZU SCHNELL. Ich habe mich trotzdem um einen Platz bemüht und die Gespräche mit den ganzen Stellen am Laufen gehalten. Und irgendwann im KH sah ich sie dann, mehr tot als lebendig, mit Magensonde, die sie nie gewollt hatte. Darüber hatten wir intensive Gespräche geführt… Ich sprach mit dem Oberarzt, und wir kamen überein, dass sie im Hospiz besser aufgehoben wäre. Später am Tag, als ich dann alles Notwendige geklärt hatte, wollte er davon nix mehr wissen, sagte mir nur „wenn sie sie jetzt mitnehmen, stirbt sie heute Nacht an Herz-Rhythmus-Störungen“. Dann konnte ich nicht mehr. TOLLER ARZT!!!

Als meine Mutter am nächsten Tag wieder ansprechbar war, war die Magensonde gemäß Anordnungen entfernt worden… Es war schlimm, den Ärzten zu sagen „keine lebensverlängernden Maßnahmen“ – aber es entsprach definitiv IHREN Wünschen. Meiner Mutter habe ich das Hospiz dann ans Herz gelegt. Sie hatte es verstanden und eingewilligt, aber den Blick, den sie mir zuwarf, werde ich NIE vergessen. Ich finde es immer noch unfair, dass ich als einzige den Mut hatte, mit ihr zu sprechen. Dafür habe ich dann auch noch diese Blicke geerntet. Mein Bruder hatte viele kleine liebevolle Gespräche mit ihr. Ich habe manchmal den Verdacht, ich wäre am Ende ihr Sekretariat gewesen… Alles über die Beerdigung festlegen (Wo ich dann auch noch bittere Kämpfe mit der Familie hatte, anderes Thema).

Die letzten 13 Tage war sie dann im Hospiz und ich war jeden Tag bei ihr. Ich könnte wahnsinnig viel dazu schreiben, mache ich erstmal nicht.
Die Zeit im Hospiz war die „Beste“. Heiligabend habe ich mit meinem Vater, meinem Mann und meinem Sohn (3 Jahre) bei ihr verbracht, habe ihr den so wichtigen Karpfen gekocht. Es war die letzte Mahlzeit, die sie richtig gegessen hat. Es war mir eine Ehre und Freude, ihr das zuzubereiten… Ich werde es nie vergessen. Nach Weihnachten, am 27. Dezember, hat sie direkt gesagt, dass sie nicht mehr lange möchte. Zwei Tage später ist sie gestorben. Am Abend vorher konnte sie sich noch verständigen, hat sich sogar noch von ihrem kleinen Enkel verabschiedet, der ihr abends die Hand reichte und ihr sagte: „Oma schlaf gut, ich hab dich lieb Oma“. Darauf sie: „Dann geh du jetzt auch ins Bett Clas“. Ich kann nicht beschreiben, wie mich diese Szene zerrissen hat.

Am Morgen kamen mein Bruder und mein Vater dazu, 30 Minuten später hörte sie auf zu atmen. Es war nicht so friedlich, wie ich es erwartet hatte. Es kam soviel braune Flüssigkeit aus ihrem Mund (Entschuldigung, dass ich das hier so schreibe). Ich habe es ihr sanft weggewischt und einfach weiter liebevoll mit ihr geredet, obwohl sie schon tot war. Der Pfleger meinte am Abend vorher zu mir: ich würde meine Mutter sehr sehr gut begleiten. Mich hat das zu dem Zeitpunkt sehr irritiert. Ich wusste gar nicht, wie er das meinte. Ich glaube, jetzt weiß ich es, oder ich glaube es zumindest.

Schlimm ist für mich, dass ich sie gern waschen und umziehen wollte. Typisch für die gesamte Zeit: Mein Vater und mein Bruder guckten mich am Bett total entgeistert an: nach dem Motto: hilfe, sie verliert den Verstand. „Das machen doch die Bestatter“. – fertig. Der Pfleger sah mich an und meinte: wenn sie das möchten, unterstütze ich sie… ich bin dann dort weggefahren, um Kleidung auszuwählen… Es war eine gewisse Strecke zu meinen Eltern nach Hause und zurück. Daher verabschiedete ich mich dann von ihr irgendwie ein wenig SALOPP. Hab gesagt: Mama ich komm gleich wieder und mache dich zurecht…. Dann bin ich fast fluchtartig los. Bei meinen Eltern zu Hause, rief mich der Pfleger an und meinte: „Ich habe sie als sehr starke Frau kennen gelernt und ich weiß, dass sie ihre Mutter herrichten möchten. Aber ich rate Ihnen ab. Ihr Zustand hat sich verschlechtert, es wäre nicht gut für mich, sie nochmal in einigen Stunden zu sehen.“ Ich habe den Rat angenommen ich glaube auch, dass er es gesagt hat, um mich zu schützen. Er meinte: „Sie waren die ganze Zeit über immer für Ihre Mutter da. Jetzt ist sie von uns gegangen und Sie sollten wieder an sich denken“.

Jetzt hadere ich mit diesem raschen Abgang aus dem Todeszimmer. Ich habe sie danach nicht mehr gesehen.

***
Warum schreibe ich das alles?

Ich wollte einfach damit zeigen, dass es nicht immer möglich ist, alle Hebel in Bewegung zu setzen. Ich bin eine moderne junge Frau, in allen Kommunikationskanälen zu Hause, aber niemand hat mich darin unterstützt. So habe ich dann relativ schnell entschieden, dass es meine Aufgabe nicht ist, mit Kliniken, Ärzten usw. zu diskutieren, über Therapien zu debattieren, sondern meine Mutter bedingungslos zu begleiten, in all den vielen Kleinigkeiten, sie sie in der kurzen Zeit, die ihr noch blieb, wollte.

Beim Lesen hier habe ich mich fast täglich gefragt: bin ich denn wahnsinnig, ich schaue nur zu, hier kämpfen alle wie die Löwen um ihre Angehörigen. Gott – bin ich schwach. Aber ich glaube es eigentlich nicht. Ich glaube, dass es auch so gut und richtig war.
Ich hätte sehr viele Details über die letzten Wochen meiner Mutter, wie es mir dabei ging, was alles passiert ist, was meine Familie alles mir aufgedrückt hat, erzählen. All die schweren Themen, mit denen man sie nicht auseinandersetzen möchte. Aber die tun nichts zur Sache.

Ich weiß, das ist jetzt mal ein ganz anderes Posting…
Ich werde mich vielleicht ab jetzt im Hinterbliebenen Forum austauschen. Ich hoffe, es tut mir gut.

Trüffi, die auch jetzt nach 6 Wochen immer noch fassungslos ist und ständig weint, nachts fernsieht, weil sie nicht schlafen kann und ständig denkt: niemand versteht mich!
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 
Themen-Optionen
Ansicht

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 15:11 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55