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  #1  
Alt 10.12.2012, 21:39
Reggie Reggie ist offline
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Registriert seit: 25.07.2012
Beiträge: 9
Standard Ich müsste froh und glücklich sein....aber....

Hallo zusammen,
Wie die Überschrift schon erahnen läßt, geht´s mir gerade nicht so gut.
Mein "Werdegang" im Schnelldurchlauf: Anfang Juli Diagnose Magenkrebs. Lymphknoten befallen sowie Abtropfmetastasen auf dem Bauchfell im kleinen Becken. Der Onkologe sah keine Möglichkeit zur Behandlung, empfahl palliative Chemo. Dem Internet sei Dank stieß ich auf das HIPEC-Verfahren und Dr. M aus Würzburg. Er empfahl 4x Chemo (FLOT), dann OP.
Nun, die Chemo hab ich ohne wirklich größere Probleme überstanden (Mal Übelkeit, Kribbeln in den Fingern...Kleinkram halt) und das Beste: Sie hat bombig funktioniert. Am 10.10. war die OP....Magen, Galle, Blinddarm, Eierstöcke,Gebärmutter....alles weg. Nach 10 (davon 5 auf der Intensiv) durfte ich schon wieder gehen. Nach einer Woche zuhause ging´s ab zur 3-wöchigen Reha.
So, und jetzt zu dem, was mich zum posten bringt.
Nach dem ersten Schock, den so eine Diagnose mit sich bringt, ging es mir bis zur OP saugut. Ich hatte keine Schmerzen konnte essen was und soviel ich wollte (nahm 6 Kilo zu) und war einfach nur total gut drauf. Ich habe diese Erkrankung wohl nie wirklich als lebensbedrohlich angesehen. Die Verwandschaft konnte gar nicht glauben, das ich so gut gelaunt war und meiner Schwester sagte ich einmal, das die Aussicht auf einen (mehr oder minder) nahen Tod auch etwas befreiendes hat.
Nach der OP im Khs. ging´s mir zwar körperlich nicht so doll aber psychisch blieb es gut.
Nach meiner Entlassung ging´s dann bergab. Ich las das Buch Essen und Trinken nach Magenentfernung und wurde immer deprimierter. Ich war total überfordert mit dem ständigen "Essen müssen", hatte Angst quasi vor dem vollen Teller zu verhungern usw.
Die Reha hat hier viel gebracht. Allein die "Erlaubnis" alles essen zu dürfen worauf ich Appetit habe (und zu gucken ob ich es vertrage) hat mir viel gebracht. Da ich momentan bei mickrigen 52 Kilo (bei 1,70m) rumhänge, bevorzuge ich alles kalorienreiche...Aufläufe, Pizza, sahnige Eintöpfe, Schokolade, Chips, Cola....) Auch die essbare Menge hat sich schon ein bißchen erhöht.
Es gibt also eigentlich überhaupt keinen Grund für miese Laune aber sie ist da.
Die Narbe sieht richtig gut aus (naja...für so eine große Narbe halt )...schön glatt und schmal, trotzdem ekelt es mich sie zu berühren (z.Bsp. beim eincremen). Das gleiche "Problem" hab ich auch mit dem Port...da wird beim duschen nur drum rum geseift.
Ich habe Hunger und kann auch problemlos essen (ein Viertel Pizza geht schon wieder). Ich komm zwar nicht auf die 6 - 8 kleinen Mahlzeiten, mach´mir damit aber keinen Stress, solange das Gewicht nicht weiter sinkt, bin ich zufrieden. Ich versuche lieber immer etwas mehr rein zu kriegen. Trinken hat mir von Anfang an keine Probleme gemacht (schaffe gut meine 1,5 - 2 Liter).
Die Aussage von Dr. M, das Chemo und OP besser geklappt haben als er es sich wünschen konnte und das es für mich wieder richtig gut werden kann, geben auch keinen Grund zum Trübsal blasen, dennoch ist bei mir jetzt die Luft raus und ich verstehe das einfach nicht.
Es ist auch nicht so, das meine Gedanken jetzt ständig um die Krankheit oder das sie wieder ausbrechen könnte, kreisen. Im Gegenteil...ich habe beschlossen, das ich gesund bin. Punkt.
Statt vor Glück und Freude über das 2. Leben, das mir geschenkt wurde überzuschäumen, könnte ich den ganzen Tag nur heulend auf dem Sofa sitzen. Warum? Ich gebe zu, ich habe etwas "Größeres" erwartet....wenn man quasi den Tod vor Augen hatte und dann doch noch weiterleben darf, das einen irgendwie die Erkenntnis ereilt, was man in seinem Leben ändern muß, das man ein Ziel, einen Sinn findet, der einem vorher halt verborgen blieb, weil man ja noch soooo viel Zeit hat. Aber nichts...das Leben läuft weiter wie zuvor. Ich weiß nicht, wie ich ihm mehr Sinn....mehr "Leben" verleihen soll.
Ging es jemandem von euch auch so (ähnlich)? Kann das vielleicht eine Nachwirkung der OP sein? Oder hängt es eventuell mit den Wechseljahren zusammen, in die ich ja quasi katapultiert wurde?
Oder ist dieses "Loch" in das ich gefallen bin, normal nach der stressigen und ausgefüllten Zeit vor der OP?
Ich will mich doch nur über das Leben freuen können und nicht immer deprimiert sein.
Ich kann mir vorstellen, das es hier einige gibt, die jetzt den Kopf schütteln, weil sie froh wären, wenn es ihnen (oder ihren Angehörigen) auch nur annähernd so gut ginge wie mir und glaubt mir....ich schüttel selbst den Kopf über mich und hoffe, ihr könnt ein wenig Licht ins Dunkel bringen.
Vielen Dank vorab und noch eine schöne Vorweihnachtszeit euch allen!
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  #2  
Alt 10.12.2012, 22:57
su1ha1 su1ha1 ist offline
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Beiträge: 87
Standard AW: Ich müsste froh und glücklich sein....aber....

Hallo Reggie,

ich kenne mich zwar nicht mit deiner Krebsart aus da ich Brustkrebs hatte, aber so oder so ähnlich gings mir auch. Auch ich hatte das Gefühl ich müßte eigendlich der dankbarste Mensch auf Erden sein das ich ja alles gut überstanden haben. War aber nicht so. Habe dann mal in mich hineingeschaut und versucht ehrlich zu mir zu sein. Warum soll ich dankbar sein? Warum soll ich vor Glück überschäumen? Für mich persönlich gibt es keinen Grund. Ich war Gott verdammt noch mal schwer krank, und ja bin zwar froh das ich lebe aber warum soll ich jetzt alles umschmeißen? Ich bin der Meinung das die Erwartung an einen selbst man zu hoch steckt. Klar es hätte einen schlimmer treffen können, aber ich hätte aber auch gerne auf diese Erfahrung verzichtet. Und außerdem lebt unsereins doch jetzt erst recht in ständiger Angst ob es nicht vielleicht doch nicht alles so gut ist. Und das macht mich mehr wütend wie das ich glücklich sein kann das ich alles bis jetzt gut überstanden habe. Es kann auch wie bei dir an den Wechseljahren liegen. Auch da bin ich "hineingeschossen" worden, und da sieht man das ein oder andere sowieso enger Jeder hat seinen Weg mit der besch... Krankheit umzugehen, und wenn du nicht vor Freude von Ast zu Ast springst ist das völlig in Ordnung. Nur tu dir ein gefallen, versuch aus dem Loch zu kriechen und hab Spaß am Leben, denn das ist dir tatsächlich erneut geschenkt worden. Wenn du es allein nicht schaffst nimm dir profesionelle Hilfe. Es gibt gute Psychoonkologen. Genug philosophiert.
Versteh mich bitte nicht falsch, mein Leben wird nicht von meiner Krankheit beherrscht. Ich bin auch ein Lebenslustiger und immer zu nem Scherz aufgelegter Mensch. Aber das war ich vorher schon.
Würde mich freuen von dir zu hören und deine Meinung dazu zu hören. Vielleicht geht es dir ja ähnlich?

Gruß Su1ha1
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  #3  
Alt 10.12.2012, 23:30
elisabetz elisabetz ist offline
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Beiträge: 127
Standard AW: Ich müsste froh und glücklich sein....aber....

Liebe Reggie,


ich möchte dir Mut zusprechen.
Dass nach einer Zeit voller Angst und Chemo und schweren OPs dann die Psyche "schlapp" macht, ist doch ganz klar. Nun darf auch die Seele Zeit brauchen, um all das zu verarbeiten.

Ich hatte einen gutartigen Tumor in der Ohrspeicheldrüse und habe danach große Probleme gehabt, psychisch wieder auf die Beine zu kommen.
Ein halbes Jahr später bin ich deswegen zur Psychologin und es stellte sich raus, dass diese Geschichte bei mir ein Posttraumatisches Belastungssyndrom ausgelöst hat.

Ich habe deine beiträge gelesen, da ich mich gerade über Magenkrebs informiere, da mein Vater daran erkrankt ist. Würdest du mir per PN den namen deines Arztes aus WÜ schreiben? Dort wird er sich nun einen Arzt/ ein KH suchen müssen

Ich wünsche dir weiterhin alles Gute, für dich und deine Kinder!
Elisa
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  #4  
Alt 11.12.2012, 08:00
Ed1 Ed1 ist offline
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Standard AW: Ich müsste froh und glücklich sein....aber....

Liebe Reggie, du bist nicht alleine mit deinen Zweifeln und Sorgen

Und man kann nicht erwarten, dass nach überstandener OP "alles wieder gut ist". Es braucht Zeit, bis man die Diagnose akzeptieren kann und zurückfindet ins Leben. Schnell abhacken und weitermachen wie bisher ist einfach nicht möglich.

Ich habe drei Jahre gebraucht um zu erfassen, dass ich krebskrank bin und es kein Leben wie vorher mehr gibt.

Auch ich bin in einem großen Loch gefallen nach der ersten OP. Kann Dir nur empfehlen, einen guten PSychotherapeuten aufzusuchen und über deine Gefühle sprechen. Mir hat es zumindest geholfen, mit mir selbst ins Reine zu kommen. Oft ist es nicht möglich, mit Angehörigen und Freunden alles auszusprechen, was einem auf dem Herz liegt.

Vielleicht fällt es Dir jetzt schwer, doch ist es wichtig jeden Tag zu genießen, die Zeit die wir haben ist so kostbar.
Ich wünsche Dir noch eine schöne, stressfreie Weihnachtszeit

lg
ed

(48, weiblich, NKZ)
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  #5  
Alt 11.12.2012, 23:53
Reggie Reggie ist offline
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Registriert seit: 25.07.2012
Beiträge: 9
Standard AW: Ich müsste froh und glücklich sein....aber....

Hallo ihr! Erstmal vielen Dank für eure Antworten. Es ging mir heute schon ein bißchen besser.
Hat wohl schon gut getan, sich hier alles von der Seele zu schreiben.
Leider gab´s heute Nachmittag gleich wieder ne "Hiobsbotschaft". Ich war beim Onkologen um das CT-Ergebnis von letzter Woche zu besprechen....soweit alles in Ordnung nur im Brustkorb (zwischen den Lungenflügeln, weiß die genaue Bezeichnung nicht mehr) ist ein vergrößerter Lymphknoten (1,6cm). Der war vorher schon da und hat sich auch durch die Chemo nicht verändert. Jetzt kann keiner sagen ob es da vor sich hingeschwürt oder warum auch sonst das Ding so groß ist.
Vorsichtshalber gibt´s jetzt nochmal Chemo...wieder 4 Anwendungen im Abstand von je 2 Wochen. Beginn nächsten Dienstag und ich habe sowas von keine Lust dazu
Mist....aber wie heißt es so schön von der Verwandschaft?! : Das schaffst du auch noch! Klar schaff ich das...aber ich mag halt so gar nicht.
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  #6  
Alt 12.12.2012, 10:21
Ed1 Ed1 ist offline
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Registriert seit: 30.07.2012
Beiträge: 285
Standard AW: Ich müsste froh und glücklich sein....aber....

Hallo Reggie,
das tut mir aber leid, dass der CT schlechte Nachrichten gebracht hat.

Das "du schaffst das schon" kenne ich auch, hilft aber kein bisschen
Du bist auf Dich schauen und Dein Weg gehen, egal was die anderen denken. Wenn du zornig oder traurig bist - dann ist das jetzt halt so.

--drücke Dich ganz fest ---
lass uns wissen, wie es dir geht

lg
ed
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