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Alt 12.03.2018, 08:54
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Beiträge: 1
Unglücklich Meine Mutter hat Knochenmarkkrebs - ich weiß nicht weiter

Hallo an alle,

ja, wie fängt man so einen Beitrag am besten an, vor allem, wenn man sich noch nie an einem Forum beteiligt hat und dann direkt so ein "intimes" Thema anschneidet?

Vielleicht zuerst einmal zu mir:
Ich bin weiblich, 25 Jahre alt, studiere derzeit an einer Universität Lehramt für das Gymnasium und werde ab dem kommenden Semester mit meinen Staatsexamina anfangen. Das heißt, ich bin in den letzten Zügen meines Studiums. Ich lebe seit zwei Jahren mit meinem 27-jährigen Partner zusammen, 350 Kilometer von meinem Elternhaus entfernt. Dort leben mein älteren Bruder (28) und meine Eltern.

Nun zu Krankheitssituation meiner Mutter:
Im September vergangenen Jahres wurde bei meiner 53-jährigen Mutter unheilbarer Knochenmarkkrebs oder auch "Multiples Myelom" im fortgeschrittensten Stadium (so damals die Aussage meines Vaters) diagnostiziert. Mit dieser Krebsart geht Knochenschwund einher, welcher bei meiner Mutter bereits zwei Löcher in der Wirbelsäule verursacht hat. Durch diese bekam sie so starke Rückenschmerzen, dass nach einem Ärztemarathon und etlichen Fehldiagnosen infolge eines MRT-Scanns dann endlich klar war, was los ist.
Nur zwei Tage nach der Diagnose begannen die Chemotherapien (vier Blöcke a jeweils vier Chemotherapien). Nach diesen ging es ihr durchaus auch besser, aber uns war allen klar, es würde eine Hochdosis-Chemo mit Stammzellentransplantation bevorstehen, die absolut kein Zuckerschlecken ist. Diese ist nun seit drei Wochen abgeschlossen. Während der Hochdosis-Chemo hat sie sich zusätzlich den Influenza B Virus eingefangen, der sich natürlich enorm schwächte. Die Spezialklinik entließ sie, nachdem ihr Fieber gesunken war. Jedoch befand sie sich zu diesem Zeitpunkt in einem eher "desolaten" Zustand, weswegen mein Vater sie drei Tage später wieder ins Krankenhaus brachte. Hier wurde sie in der vergangenen Woche durch künstliche Ernährung etc. wieder aufgepeppelt und anscheinend geht es nun langsam wieder bergauf. Ob die Stammzellentransplantation angeschlagen hat, wird erst in knapp zwei Wochen klar sein. Generell ist es aber bei dieser Krebsart so, dass die Lebenserwartung nach Therapiebeginn im Schnitt zwischen drei und zehn Jahren beträgt und der Krebs nur eingedämmt, nie aber komplett geheilt werden kann. Das bedeutet, sie wird früher oder später daran sterben.

Nun zu meiner Situation/Problematik:
Ich lebe, wie oben bereits erwähnt, 350 Kilometer von meinen Eltern entfernt und das nun schon seit fünf Jahren. Ich studiere Vollzeit und hatte generell schon immer mit den Anforderungen an mein Studium zu kämpfen, auch, wenn das für viele Außenstehende nicht so wirkt. Insbesondere deshalb, weil ich mir selbst immer sehr viel Druck mache und Versagensängste habe.
Ich kann nur selten zu Hause sein, da ich studienbezogen (obwohl gerade Semesterferien sind) viel zu tun habe, das ich auch nur von hier aus bearbeiten kann. Das heißt, ich bekomme meist nur über Dritte oder durch Telefonate mit, wie es meiner Mutter geht bzw. wie der allgemeine Zustand zu Hause ist. Und auch die "Momentaufnahmen", wenn ich für ein paar Tage zu meiner Mutter fahre, sind für mich relativ unbefriedigend.

Auf was will ich eigentlich hinaus?
Ich komme mit der ganzen Situation einfach allein nicht mehr richtig zurecht. Wenn Freunde fragen, wie es mir geht, gehe ich nicht in die Tiefe, sage oft "ganz okay" oder "wird schon", weil ich niemanden mit meiner Situation belasten oder vor den Kopf stoßen will. Mit meinem Partner rede ich zwar über all das und das tut mir auch gut - ich fühle mich dadurch nicht ganz allein - aber die Belastung ist trotz allem sehr hoch.
Durch die ganzen Gedanken und Fragen in meinem Kopf, wie z.B.:

- Deine Mutter wird nicht mehr erleben, wie du Kinder bekommst.
- Dein Vater wird sehr früh Wittwer sein und all die gemeinsamen Zukunftspläne haben sich für ihn und deine Mutter von heute auf morgen zerschlagen.
- Warum eigentlich meine Mutter, sie ist doch so ein herzensguter Mensch?
- Dein Bruder bekommt den ganzen Stress ab, weil du nicht da sein kannst.
- Ich muss trotz allem unbedingt mein Studium bewältigen, damit ich schnell fertig werde, um wieder in die Gegend meiner Eltern ziehen zu können.
- Ich will für meinen Partner eine gute Partnerin sein, weil er das verdient hat und kann es momentan einfach nicht. Wie lang macht er das noch mit?

leide ich unter enormen Schlafstörungen. Ich liege meist nachts für ca. zwei Stunden wach und einschlafen kann ich oft nur, wenn ich ein paar Bier getrunken habe (ich weiß, Stichworte Verdrängung und Alkoholmissbrauch) oder der Tag wirklich sehr stressig war. Durch diesen Mangel an Schlaf bekomme ich meinen Alltag momentan relativ schlecht in den Griff. Das Große Problem ist Müdigkeit und vor allem Antriebslosigkeit. Ich muss gerade mehrere wissenschaftliche Arbeiten anfertigen, die bis zum Ferienende fertig sein sollten, da ich sie sonst in das kommende Semester mitnehme, in dem ich auch sehr viel zu tun habe. Allerdings kann ich mich kaum aufraffen, mich damit zu beschäftigen, was wiederum zu einem schlechten Gewissen führt, was wiederum zu Antriebslosigkeit führt usw. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich bei mir schon eine Art "milde Depression" manifestiert hat.

Ich weiß, dass es ein großer Wunsch meiner Mutter ist, dass "unsere Leben normal weitergehen" und ich habe das auch wirklich lange versucht, aber ich kann das einfach nicht mehr!

Ich bin nun an dem Punkt angekommen, an dem ich denke, dass eine psychologische Betreuung für mich von Nöten wäre, um die ganzen Ängste und Sorgen aufzuarbeiten. Ich möchte aber nach Abschluss meines Studiums verbeamtet werden und nach einer Psychotherapie o.ä. wird man oft als untauglich eingestuft. Das muss nicht sein, kann aber und dieses Risiko ist mir wirklich zu hoch - dafür habe ich die letzten Jahre zu hart und zu viel dafür gearbeitet!

Ein Urlaubssemester kommt auch nicht in Frage, da mein Vater mein Studium finanziert und dies nur zusätzlich Geld kosten würde. Die Krankheit meiner Mutter frisst gerade sowieso die letzten Reserven. In der Zeit des Urlaubssemesters selbst arbeiten zu gehen, um den Lebensunterhalt zu finanzieren, verfehlt meiner Meinung nach den Sinn eines Urlaubssemesters. Zudem ist mein Papa ein Mensch, der Schwäche ungern zeigt und auch nicht allzu gut tolerieren kann. Man muss im System funktionieren, sonst ist man ein schwaches Glied und unbrauchbar. Psychologische Betreuung wird von ihm (für ihn selbst) beispielsweise kategorisch abgelehnt. Deshalb und natürlich auch, weil ich weiß, was er nun alles zu stämmen hat, möchte ich mich ihm nicht anvertrauen bzw. nicht einmal wegen eines Urlaubssemesters anfragen. Ich weiß auch, dass das meiner Mutter nicht Recht wäre, da sie sich schnell Vorwürfe machen würde, weil sie denkt "ich verschwende meine Zeit ihretwegen". Zudem weiß ich nicht mal selbst, ob das die optimale Lösung wäre, weil ich keine Ahnung habe, was mir in meiner Situation überhaupt helfen könnte.



Dieses Forum hier ist mein erster Versuch, mich Leuten (außer meinem Partner) in Gänze anzuvertrauen.

Was genau ich jetzt eigentlich hören möchte, ist mir selbst nicht ganz klar.
Vielleicht ist oder war jemand schon mal in einer ähnlichen Situation und hat Tipps für mich, wie ich das alles am besten anpacke?



Danke an alle, die sich die Zeit genommen haben, meinen Beitrag in Gänze zu lesen!
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Stichworte
angehörige krebspatienten, hilflosigkeit, multiples myelom, ratlosigkeit, verzweiflung


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