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  #1  
Alt 03.08.2008, 19:21
nordisch nordisch ist offline
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Standard 3 Jahre und nun? Wo ist mein Papa?!

Nun ist es mal wieder soweit.. August, mein hass Monat. All die Erinnerungen, sie kommen einfach wieder. Nicht die Erinnerungen vor Jahren, die Schönen, sondern die, wo mein Papa krank war und sich einfach nur quälte. Wo ich ihm gewünscht habe endlich zu sterben.
In 21 Tagen ist er wieder, der 29. Das erstemal ohne meine Mutter, weil die im Urlaub ist, was mache ich dann? Wo bin ich um 19:30?
Ich weiß es nicht.
Allgemein kann ich mir nicht vorstellen, das es 3 Jahre her ist. Kann er nicht einfach wieder da sein.
Klar, mein Leben läuft mehr oder weniger. Nach dem ersten FSJ kommt das 2. Ich weiß, dass es mein Beruf ist, aber was würde Papa dazu sagen?
Warum war er mal wieder nicht da, als ich vor der Entscheidung stand wie es weiter geht, warum muss ich diese verdammten Entscheidungen nun alleine treffen.
Mama kann mir dabei einfach nicht helfen, dass war mein Papa-Thema. Ich weiß das sie es versucht, aber das geht einfach nicht..
Dies Jahr starb auch der Vater eines sehr guten Freundes von mir, ich konnte es gar nicht glauben, saß nur da und zitterte... Immer wieder holt mich das Thema ein. Immer wieder.
Diese verdammte Familie, seine Eltern. Ich würde so gerne den Kontakt zu ihnen abbrechen, wobei Kontakt... sollte man nicht meinen, dass die Eltern sich dann für die Kinder ihres verstorbenen Sohnes interessieren? Anscheinend nicht, wir sind das, was von ihm weiter lebt und anscheinend das unwichtigste seiner Eltern. Sie stehen uns abwertender gegenüber als sie es jemals taten.
Nein, sie haben schon meine erste Wohnung nicht gesehen und die 2.?! Nun zieh ich bald in die 3. Vielleicht wäre es mir auch einfach nur wichtig, irgendwo dort die bestätigung zu bekommen, die mein Papa mir gegeben hätte. Aber alles was kam war "ihr wart als kinder schon so anstrengend" danke.
Kein interesse, kein Kontakt. Aber die Pflichttermine die nun wieder kommen.. sind ja Geburtstage... Ich will dies verdammte Geld nicht. Ich will das sie fragen wie es uns geht und es wirklich wissen wollen. zu viel verlangt?! Vielleicht. Sie haben schließlich ihren Sohn verloren.
Aber wie geht es jemanden, der seine ganze Jugend mehr oder weniger verpasst hat, der nicht gelernt hat, das verlieren nicht totaler verlust bedeutet, haben sie sich das mal gefragt wie es uns geht, mit dieser situation, dem wissen einen wichtigen abschnitt im leben verpasst zu haben? Nein das haben sie sich nicht gefragt. Weil wir nichts erreicht haben.
Ich arbeite mit behinderten Kindern, eine abwertendere arbeit gibt es für meinen Opa wohl nicht. Meinen Papa hätte es gefreut und ja er hat mir dabei geholfen, ich kann die pflege ich kann mit Menschen umgehen die nicht mehr lange zu leben haben... Dafür bin ich ihm verdammt dankbar, für alles...
Aber warum kann nicht einer mal sagen, der Papa gut kannte "er wäre verdammt stolz auf euch drei". Klar wissen wir es, aber wir wollen es auch mal hören, er kann es uns doch nicht mehr sagen.
und mein gott... ja... es ist noch ein Problem, nein man verarbeitet den Tod eines Elternteils nicht in 2 Wochen. und ja. Ich will über ihn reden, will sagen, dass er ein toller Mensch ist, ohne das die Leute dann das Thema wechseln.
Denn ich bin sehr stolz auf ihn und weiß ihn immer und immer mehr zu schätzen, ich weiß mittlerweile was er mir alles beigebracht hat, ich weiß ihn mehr zu schätzen als je zuvor. und ich will das teilen. Ich will sagen was er für ein toller Mensch war.
Nun wird Mama in einem Monat 50. er ist einen Monat vor seinem 50. gestorben, dabei war das sein großes Ziel die halbe hundert zu erreichen. Aber es sollte nicht sein und er hat nie gefragt warum und ich auch nicht.. bis heute...
aber nicht warum er... sondern warum... wir vergessen sollen?
Ich liebe ihn und ich rede mit ihm und ich weiß er wäre verdammt stolz gewesen, auch wenn es niemand sagt und er ist noch da und wird immer da sein. Danke für alles.
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  #2  
Alt 04.08.2008, 08:17
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: 3 Jahre und nun? Wo ist mein Papa?!

Hallo Nordisch!
...schön von dir zu lesen, wenn auch sehr nachdenkliche und traurig/ wütende Gedanken. Wir haben uns vor 2/3 Jahren schon ein wenig geschrieben. Erinnerst du dich, ...Nächte bei Rockmusik im Wohnzimmer auf dem Sofa, Gespräche mit deinem Papa über Gott und die Welt...? Dinge, die dir Keiner wieder weg nehmen kann, auch noch so eine blöde Verwandtschaft nicht... Ja, ich glaube dir, dass sich die Wertigkeiten nochmals verschieben, je selbstständiger du durch dein Leben gehst, um so mehr Erfahrungen du selbst mit den schönen und schwierigen Dingen des Alltags machst, vergleichst und dich fragst "Wie hat das Papa gemacht, was würde er tun, was würde er von mir "erwarten?" Jetzt refelxtierst du sein Leben auch noch anders, einfach weil du nun den Vergleich mit Situationen in deinem Leben hast oder sich Entscheidungen stellen, die du bisher nicht kanntest. Ich weiß nicht, ob du noch weißt, dass ich auch drei Töchter habe, ich glaube die Älteste war so etwa in deinem Alter, 24 !? Alle drei haben auch heute noch eine starke Bindung zu ihrem "Wahlvater", sie wünschen sich oft seine Meinung zu hören, wieder einmal diese ewig laaaangen Gespräche, sein verständnisvolles Eingehen auf ihre Nöte und Sorgen zu erleben... Der Kontakt zu seiner Mutter ist soweit gut, wobei das Bemühen eher auf der "Enkelseite" ist, von ihr wird es eher erwartet. Wie war denn das Verhältnis DEINES Vaters zu SEINEN Eltern? Wie war es früher für euch mit den Großeltern? Ich kann es gut verstehen, dass dir dieser Zuspruch fehlt, jetzt wo du so wichtige Schritte in deinem Leben gehst. Meiner Tochter geht es ähnlich, sie hat einen kleinen Sohn, sein zweiter Name, ist der seines "Opas" (was er sooo gern geworden wäre, obwohl er absolut kein Opa-Typ war !!!) Wie gern würde sie ihm zeigen, dass sie nun einen Sohn hat, so einen Süßen, wie sie es sich immer schon gewünscht hat. Was würde er wohl zu ihrem Leben sagen? Habe ich mit ihr genug darüber geredet? Nein, sicher nicht genug, obwohl ich ständig daran denke...

Du hast dir einen sehr wichtigen, wie ich finde auch sehr schwierigen Beruf ausgesucht, alle Achtung - ich finde Menschen unheimlich stark, die diese "Berufung" haben! Ich glaube dein Papa hatte damals noch mit dir besprochen in welche grobe Richtung dein Weg gehen wird, erinnere ich mich da richtig? Ach Nordisch, wie sieht es mit Zeichen aus? Hast du das Gefühl, wenn du intesiv an ihn denkst, im geistigen Dialog mit ihm bist, dass du "Antworten" in Form von irgendwelchen Hinweisen / ungeahnten Entwicklungen bekommst? Vielleicht kannst du da etwas intensiver darauf achten, intensiver mit ihm reden und die Dinge die geschehen beobachten... Vielleicht sind deine Großeltern auch nicht die Menschen gewesen, die dein Vater besonders geschätzt hat, vielleicht gibt es Freunde deines Vaters, die ihn viel besser kannten, die viel besser mit dir über ihn sprechen und dir von ihm erzählen können..., sich gern deine Geschichten von und mit ihm anhören? Kann deine Mutter dir helfen, Feunde aufzustöbern?

Bleib tapfer, du hast ihn in dir, ...seine Kleine... (ist es richtig, dass du zwei ältere Brüder hast?) Ich hoffe, ich habe im Laufe der Jahre jetzt nichts durcheinander geschmissen, ich hätte nachgelesen, habe jetzt aber leider keine Zeit lange zu suchen... Ich wünsche dir viel Kraft und vielleicht kannst du mit einer Freundin in ein Konzert oder an einen Ort, in welches du gern mit ihm gegangen wärst, manchmal passieren kleine Wunder und du spührst, er begleitet dich...
Liebe Grüße Petra
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  #3  
Alt 06.08.2008, 11:55
nordisch nordisch ist offline
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Standard AW: 3 Jahre und nun? Wo ist mein Papa?!

Hallo Petra,
danke für deine schnelle antwort, ich habe eigentlich gehofft, dass jemand schreibt der mich noch "kennt" und wie ich sehe, weißt du noch ganz gut wer ich bin..

und die Nächte bei Rockmusik im Wohnzimmer und alle die schönen Momente mit Papa habe ich auch in noch keinster Weise vergessen, neulich war ich sogar mit meinem kleinen bruder (mittlerweile auch schon 19) an Papas Angelstelle, das war auch ein sehr schöner Moment und für uns beide sehr wichtig war, allerdings hätte ich das zB auch gern meinem Opa erzählt, weil sie früher schon da waren...
Mein Papa hatte kein gutes Verhältnis zu seinen Eltern, deswegen kann ich nun wohl auch nicht verlangen, das wir ein gutes haben, aber trotzdem tut es immer wieder weh, wenn mein Opa mich nicht mal grüßt und bei der Abientlassung von meinem kleinen bruder sagt "das du das schaffst, hätte ich auch nicht gedacht... aber was deine cousine erreicht hat.. die hat nun einen ausbildungsplatz.." ja klasse... super.. aber kein abi!!! Da ist mein kleiner bruder der erste und nicht mal da kommt ein lob...

Deine älteste ist so alt wie mein großer Bruder, ich bin erst 21 ..
Ich finde die Idee total super, dass deine Tochter ihrem Sohn als 2. Namen den ihres "Wahlvaters" gegeben hat..
Das ist auch etwas wo ich immer mit schrecken dran denke... wobei das kann ruhig alles noch ein bisschen dauern.. aber da würde ich dann auch so gern von meinem Papa hören "der kerl ist super, der ist gut für dich" oder was weiß ich einfach sowas...
Wobei ich natürlich auch weiß, was für leute Papa mochte und welche nicht... aber ich möchte mir all die ganzen Fragen nicht selber beantworten..

Leider hatte er hat nicht viele Freunde, bzw die meisten haben sich über die 6 Jahre der Krankheit verabschiedet... "krebs.. oh... ansteckend.. tot..." ich weiß es nicht... es war auf jeden fall nicht schön zu beobachten... Sein Bruder war ihm immer am wichtigsten.. Aber der hat lustiger Weise nur interesse an meinen beiden Brüdern, was ich auch sehr gut finde, weil es vorallem für meinen kleinen bruder unglaublich wichtig ist.. aber ich finde es sehr schade, dass die dann ihre "Männerrunde" haben...

und ansonsten habe ich das Gefühl es denkt einfach kaum noch jemand dran, aber es sind nicht mal 3 jahre...
aber wie oft ich in letzter zeit diesen satz gehört habe "ach stimmt ja, dein vater lebt ja nicht mehr.. habe ich ganz vergessen.." ich kann es aber nicht vergessen und will es nicht vergessen, ich denke noch immer jeden tag dran..
Schließlich hat mich das doch alles sehr geprägt.. Von 12 an musste ich mich damit abfinden, das mein Papa stirbt, es war ja doch eher ein wunder, das er dann noch 6 jahre gelebt hat...

ach petra, ich habe gerade ganz viele gedanken in meinem kopf und habe auch das gefühl, ich kann gar nicht richtig auf deinen text eingehen, was mehr leid tut... aber ich habe mich sehr darüber gefreut...

ich habe in letzter zeit sehr viel mit einem mädel gemacht, die vor 6 jahren ihre mama verloren hat, bzw diese hat sich umgebracht.. eigentlich stand ich selbstmördern sehr abwertend gegenüber, wie können die ihr leben wegwerfen, wo so viele leben wollen... es war für mich sehr unverständlich...
auf jeden fall konnte ich mit ihr das erstemal seit 3 jahren wirklich darüber reden, sie konnte es verstehen.. die gefühl den hass den man ab und zu anderen gegenüber hat und das einfach ein so wichtiger teil im leben wird der einen genommen wurde... das war echt wunderbar.. die gespräche haben immer verdammt gut getan... aber dadurch kam vermehrt alles wieder hoch, so das ich gerade wieder an einem punkt bin, an dem ich das alles gar nicht mehr sehen möchte..
Es ist seltsam..

Ach ich habe wirklich gerad zu viel im Kopf. ich höre lieber auf.

Danke für deine Antwort, ich mag es sehr, wenn du von deinen Töchtern schreibst...
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  #4  
Alt 08.08.2008, 20:40
Sabitz Sabitz ist offline
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Standard AW: 3 Jahre und nun? Wo ist mein Papa?!

Hallo Nordisch,

als ich Deine Zeilen heute las, wurde ich ganz traurig, da ich so einiges ähnlich empfinde. Obwohl ich auch schon 2 Töchter in Deinem Alter habe, fühle ich mich Dir sehr verbunden. Es hat auch nichts mit dem Alter zu tun.

Durch diesen für Dich so traurigen Schicksalschlag mußtest Du wohl sehr schnell erwachsen werden. Aber ein "erwachsen werden" im negativem Sinne worauf Du um alles in der Welt hättest verzichten können.

Mein geliebter Papa ist nun am 02.September 2 Jahre nicht mehr bei uns und es tut nach wie vor sehr sehr weh!
Auch meine schlimmste Erinnerung begann um 19.30 Uhr und ich weiß auch noch nicht wie ich das wieder aushalten soll, wenn die schrecklichen Erinnerungen sich Raum verschaffen.
Ich denke auch täglich an ihn, da er einer meiner engsten Bezugsperson war.

Auch ich mache die Erfahrung, dass andere Menschen es schon längst vergessen haben und am liebsten das Thema wechseln würden.
Aber mit meiner Mutter kann ich sehr viel über ihn reden, denn ihr ergeht es ja ähnlich wie mir.
Ein Elternteil zu verlieren ist ein unvorstellbar schmerzhaftes Erlebnis/Traumata, das kommt immer wieder hoch, das ist doch garnicht verwunderlich, dass Du nun vor deines Vaters 3.Todestages wieder alles durchlebst.

Ich hoffe und wünsche Dir, dass es jemanden gibt, der Dich vorallem in den kommenden Tagen umarmt, mit Dir spricht und Dir Halt und menschliche Wärme gibt!!!

AllesGute und viel Kraft!
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