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  #106  
Alt 26.10.2009, 12:47
Benutzerbild von Jogilein
Jogilein Jogilein ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Lieber Helmut,
also ich habe mir auch nicht wirklich ernsthafte Gedanken gemacht, vor der Diagnose von Willi. Das gebe ich ehrlich zu, u. ich muss sagen, leider nicht. Tja, warum nicht? Vermutlich fehlte mir der Mut. Ich war wohl auch zu arglos, zu sorglos? Ich weiss es nicht!
Der Spruch von Deiner Grossmutter ist echt gut. Danke.
Liebe Grüsse, Jogilein.

Zum besseren Verständnis für alle, die nichts von mir wissen: Ich selbst habe einen unbefristet geltenden Schwerbehindertenausweis, mit RF-Befreiung, GdB. 90%. Habe von Geburt an eine seltene Augenkrankheit.
Mein Mann Willi wurde im Dezember 2007 wegen eines tiefsitzendem Rektum-Ca operiert. Vorher bekam er neoadjuvante Chemo/Strahlentherapie. Seitdem Anlage eines endständigem Colostomas. Nach der OP adjuvante Chemo. Im Juni 09 OP wegen Metastase in der linken Lunge. Tumormarker CEA stiegen immer mehr an. Letzter Wert: 64,8! Derzeitige Diagnose: pT4,G3,M1,Nx,V0,L0. Systemisches Rezidiv. Prognose: Nicht allzu gut. Chemo läuft wieder.

Ich wünsche allen einen guten Start in die Woche. Liebe Grüsse, Jogilein.
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  #107  
Alt 26.10.2009, 13:06
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Jogilein Jogilein ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Hallo nochmal an alle,
habe etwas vergessen. Stefans schrieb in seinem Beiterag u.a. von *Schuld*. Ich bin der Meinung, niemand sollte sich die *Schuld* an einer Erkrankung geben! Schuldgefühle führen erstens zu nichts, u. sie sind zweitens sehr zerstörerisch! Herzliche Grüsse, Jogilein.
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  #108  
Alt 26.10.2009, 13:46
A.J. A.J. ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Das ist nämlich die Chance, die gemeint ist: selbst aus dieser grausamen Kranheit noch etwas positives gewinnen.
Auch ich finde, dass Du es sehr gut auf den Punkt gebracht hast. Man kann vieles zerreden und noch so sehr durchgrübeln, die Worte zerkauen und analysieren. Eine "Nebenwirkung" dieser Krankheit...man vergisst oft einfach zu leben, läßt sich fremdbestimmen.

Ich mag meinen Tumor nicht. Er hat viel zerstört und mich aus meinem Leben gerissen. Ich stehe da, wo ich nie hin wollte. Habe mir wieder etwas aufgebaut, aber auch dies wollte ich so nie haben. Er hat mich an Grenzen gebracht von deren Existenz ich nie geahnt hätte. Die Tiefe des "freien Falls meines Lebens" war für mich früher so unrealistisch. Aber trotz allem mag ich mich und mein Leben irgendwie. Die guten Freunde, die ich neu gewonnen habe, die Freundschaften die noch viel intensiver geworden sind. Jedes noch so kleine Gefühl, was ich heute viel besser zu schätzen weiß, das "ich liebe Dich", welches heute für mich noch viel fundamentale Worte sind, die mich so sehr umhauen. Ich will darauf nicht verzichten und deshalb ist mein Krebs auch meine Chance. Denn er hat mir alles das gezeigt, was in meinem "perfekten Leben" so gänzlich ausgeschlossen war, wodurch ich vieles nicht zu angemessen zu schätzen wußte.

Heute habe ich ein positives Ergebnis bekommen. Mein Vater weinte mit mir am Telefon und sein "ich liebe Dich" war so unendlich schön, dass ich diesen Momant nicht mehr vergessen werde. Ohne meinen Krebs gäbe es ihn nicht, jeder Moment ist einzigartig, jeder.

Krebs ist meine Chance!
__________________
Viele Grüße
Stefan
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  #109  
Alt 26.10.2009, 14:07
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Hallo Helmut und alle,

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Wir alle sind diesen Weg gegangen. Über Berge und Täler, Schmerzen und Trauer. So mancher Stein brachte uns dabei gehörig in's straucheln, manch eine/r fiel langgestreckt dabei hin. Der Unterschied ist nur der Eine: jeder hat seine eigenen Schuhe dabei an!
Dazu gibt es ein wunderschönes Zitat von Franz Kafka:

Wenn du vor mir stehst
und mich ansiehst
was weisst du von den Schmerzen
die in mir sind
und was weiss ich von deinen?
Und wenn ich mich vor dir niederwerfen würde
und weinen und erzählen
was wüsstest du von mir mehr
als von der Hölle
wenn dir jemand erzählt
sie ist heiss und fürchterlich?
Schon darum
sollten wir Menschen voreinander
so ehrfürchtig
so nachdenklich stehen
wie vor dem Eingang zur Hölle…

OK, an Ehrfurcht mangelt es mir auch meistens. Aber nachdenklich werden ist erlaubt...

Viele Grüße,
Stefan
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  #110  
Alt 26.10.2009, 14:21
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maja-s04 maja-s04 ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Zitat:
Zitat von Jinxx Beitrag anzeigen
Hallo Conny,
ich finde einfach nicht, dass eine Krankheit gleichbedeutend mit einem "Kampf"ist, den man beginnt, gewinnt oder verliert. "Nicht geschafft" hört sich einfach nur negativ an - zu wenig angestrengt oder so, wie ne Prüfung.
Und ja, ich glaube auch, wenn man "austherapiert" ist, greift man nach vielen Strohhalmen, das ist doch völlig natürlich. Das geht aber am Thema vorbei; hier ging es eher um "Krebspersönlichkeiten" und um die angebliche "Schuld", die jemand durch seine seelische Befindlichkeit an seiner Krankheit trägt.

LG Jinxx


Hallo Jinxx,

als ich krank war habe ich auch nicht gekämpft, auch mein Vater nicht, aber mein Sohn Lukas hat gekämpft.
Er hatte noch so viele Träume.... er wollte so sehr leben!

Kampf - was versteht man unter Kampf? http://de.wikipedia.org/wiki/Kampf

Mit Kampf kann auch eine große Anstrengung gemeint sein, mit dem Ziel, sich selbst zu beherrschen, Widrigkeiten zu überwinden oder in einer Situation zu bestehen (zum Beispiel "gegen den Wind ankämpfen", "um Anerkennung kämpfen").

Ich habe meinen geliebten Sohn (20 Jahre alt!) an Leukämie verloren, meinen wunderbaren Vater an Lungenkrebs - Krebs als Chance?????? Was für eine?????? Ich musste zusehen wie mein überalles geliebtes Kind Monate lang leidet und dann stirbt. Für mich ist das Leben stehengeblieben! Die Trauer macht mich krank, die Trauer nimmt mir oft den Atem.....

Krebs als Chance????


Traurige Grüße
Maja mit Lukas immer im Herzen




__________________
Ich liebe DICH wahnsinnig mein ENGEL!
In ewiger, inniger Liebe
DEINE Mutti

www.lukas-benedikt.de
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  #111  
Alt 26.10.2009, 14:41
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Hallo Helmut,

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Noch krasser: das Opfer eines Autounfalls z.B. hat niemals die Chance, sein Leben zu überdenken und das eine oder andere noch zu regeln. Der Krebskranke hat sie. Und genau das ist die "Chance", welche hier gemeint ist.
Hm... Bitte nicht beleidigt sein, aber das halte ich für ausgemachten Blödsinn. Bzw. für die Rechtfertigung, sein Leben in seelig-selbstzufriedener Ignoranz zu leben, bis irgendwann der "worst case" eintritt.

Wer das tut, ist selbst schuld. Die Möglichkeit, unser Leben zu überdenken, bewußter zu leben, "das eine oder andere zu regeln" usw... die haben wir, seit wir denken können. Und formal spätestens, seit wir volljährig sind.

Dass die meisten von uns das nicht tun... keine Ahnung, woran das liegt. Ich habs auch nicht getan. Alltag, Routine, Bequemlichkeit? Man lebt halt so vor sich hin, und je älter man wird, vergehen die Jahre immer schneller. Und solange "nichts dazwischen kommt", sind z.B. Arbeit, (relativer) Wohlstand, Gesundheit, Zufriedenheit, Partnerschaft, Freunde, Sicherheit usw. irgendwie selbstverständlich. Warum drüber nachdenken, das ist doch immer da! Und das Schicksal trifft sowieso immer die anderen, nie einen selbst.

Nur: das böse Erwachen, Nachdenken und vielleicht sogar etwas ändern, wenn das Schicksal einen selbst trifft - das geht allen so, nicht nur bei Krebs. Und allen fällt im nachhinein auf, wie selbstverständlich, oberflächlich und vertrauensselig sie bisher gelebt haben. Insofern müßte dieser thread nicht heissen "Krebs als Chance", sondern eher:

Das Leben als Chance (bitte nutzen), solange man nicht plötzlich vom LKW überfahren wird.

Aber das ist eine Binsenweisheit, die absolut nichts mit Krebs zu tun hat, sondern mit Lebenserfahrung.

Viele Grüße,
Stefan
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  #112  
Alt 26.10.2009, 15:00
A.J. A.J. ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Zitat:
Zitat von Stefans Beitrag anzeigen
Wer das tut, ist selbst schuld. Die Möglichkeit, unser Leben zu überdenken, bewußter zu leben, "das eine oder andere zu regeln" usw... die haben wir, seit wir denken können. Und formal spätestens, seit wir volljährig sind.
Alles braucht seinen Spiegel, denn ohne ihn können wir uns nicht als Ganzes sehen...
__________________
Viele Grüße
Stefan
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  #113  
Alt 26.10.2009, 16:32
Jinxx
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Standard AW: Krebs als Chance

Liebe Maja s04,

Du hast das Schrecklichste erlebt, was einem Menschen passieren kann. Auch mein Sohn ist 20 Jahre, und mir vorzustellen, ihn zu verlieren..

Maja, mir fehlen die tröstenden Worte. Ich glaube, es gibt auch keine. Ich finde zumindest keine, es wäre Heuchelei.

Ich nehm dich in die Arme, ich denke an dich und hoffe sehr, du hast professionelle Hilfe, um diesen Alptraum durchzustehen.

Schick mir gern eine PN, dann können wir auch telefonieren.



Trotzdem schicke ich Grüße, die all meine Kraft enthalten, in der Hoffnung, dass ein klein wenig bei dir ankommt.

Jinxx
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  #114  
Alt 26.10.2009, 21:49
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Standard AW: Krebs als Chance

Liebe Maja-s04,

du hast mein aufrichtiges Mitgefühl. Ich kann es lesen und verstehen wie du leidest.


Helmut
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http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
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Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
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  #115  
Alt 27.10.2009, 08:47
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Daumen hoch AW: Krebs als Chance

Hallo Stedfan,

Zitat:
Zitat von Stefans Beitrag anzeigen
OK, an Ehrfurcht mangelt es mir auch meistens. Aber nachdenklich werden ist erlaubt...
Da hast du recht. Nachdenken ist erlaubt, ich denke sogar eigentlich eine Pflicht. Nicht umsonst haben wir die Fähigkeit dazu. Ehrfurcht vor dem Schmerz der Mutter, die ihren Sohn verloren hat, des Mannes, der seine Frau verloren hat und und und. Ehrfurcht vor den Schmerzen der Betroffenen. Ehrfurcht vor dem Verzweifeln der Angehörigen. Ehrfurcht, die sollte man haben, jedoch nicht in Ehrfurcht erstarren. Und da kommt das Nachdenken in's Spiel. Ich finde, es ist nicht nur erlaubt, sondern sogar zwingend.

Krankheit, Angst, Verzweiflung: das ist der Stoff, aus dem diese Schuhe gemacht sind und niemandem sonst als einem selbst passen sie. Den Weg sind schon viele gegangen. Vielleicht kann man aus dem, was andere erlebt haben, etwas lernen, kann verstehen lernen?

Kafka hat da was sehr eindruckvolles geschrieben. Oberflächlich betrachtet beschreibt er realistisch eine Situation, die ein jeder nachvollziehen kann: niemand kann einem anderen dessen Schmerzen abnehmen im Sinne von "Ich trage einen Teil deiner Schmerzen und habe dann selber welche". Das ist zunächstmal ein Fakt. Der Eine hat Schmerzen, der Andere nicht. Ich betrachte es hingegen als einen verzweifelten Aufschrei des Gequälten. Und darauf gibt es eine Anwort: "Geteiltes Leid ist halbes Leid" Wir können es in diesem Forum immer wieder nachlesen. Es stimmt. Ich habe es selbst am eigenen Leib und durch die Krebs meiner Frau erfahren. Es ist eine der menschlichen Eigenschaften, dass er sich einfühlen, nachempfinden, verstehen, mittragen, lieben und trösten kann. Selbst im Sterben kann ein Lächeln auf den Lippen eines Menschen den Hinterbliebenen trösten.

Das grösste Problem bei einer Aussprache wie hier ist ganz einfach folgendes: es wird über Emotionen, Gedanken, Gefühle, Erfahrungen und Erkenntnisse gesprochen und teilweise, was gut ist, kontrovers geschrieben und diskutiert und nur den Wenigsten gelingt es dabei ohne Emotionen darüber nachzudenken und dann das Gedachte ohne Emotionen niederzuschreiben. Das heisst, die Scheuklappen der eigenen Empfindung beiseite zu legen, sich neben sich selber zu stellen und emotionslos zu beobachten. Klar und nüchtern.

Ansonsten kommt, nach meinem Empfinden, bei der ganzen Aussprache nichts anderes heraus als ein einbetoniertes Gegenüberstellen von Einzelmeinungen. Was fehlt ist Bewegung. Genau das ist eine Chance, die wir genau jetzt und genau hier haben. Wir, miteinander, in genau dieser Gemeinschaft.

Im grössten Teil des KK, da geht es um Fakten, die man genauestens beschreiben kann und um Fakten, die man in einer Antwort ebenso beschreiben kann. Da lautet die Frage: "Ich habe einen Knoten in der Brust. Was kann ich tun?" Die klare Antwort: "Geh zum Arzt und lass es untersuchen!" Ein Tumorstadium lässt sich medizinisch genaustens beschreiben, ein hystologischer Befund ist klar und eindeutig.

Ein klar zu beschreibendes Trauerstadium oder ein Messgerät für seelischen Schmerz, sowas gibt es nicht. Was den Einen umhaut, das steckt ein Anderer locker weg.

Fakt ist: wir sind Menschen, zusammengebastelt aus diversen chemischen Elementen, mehr oder weniger stabil. Fakt ist: dass wir geboren werden. Fakt ist: dass wir sterben müssen, der eine jung der andere alt. Fakt ist: dass dieser wacklige Zellhaufen anfällig ist für alle mögliche Krankheiten. Fakt ist: dass ein Unfallopfer keine Chance mehr hat nachzudenken. Fakt ist: dass der Krebskranke diese Chance hat. Der Hinterbliebene, die Angehörige sowieso.

Fakt ist: das was ich oben in Bezug auf Kafka beschrieben hab.


Einen schönen Tag wünsch ich euch

Helmut
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  #116  
Alt 28.10.2009, 08:14
Ilse Racek Ilse Racek ist offline
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Rotes Gesicht AW: Krebs als Chance

Hallo Helmut

ich kenne Kafkas Biografie nicht genau, aber sicher hat er seine Erkenntnisse aus seinem eigenen Erleben "irgendwie" entnommen.

Ähnlich wie Du und ich.


Wie viele Andere kann ich Krankheit, Schmerzen, Ängste aus mehreren Perspektiven sehen.

Einmal als Angehörige "Mitleidende" und einmal als Betroffene...

Und es gibt da n a t ü r l i c h Unterschiede....


Als mein Mann Karfreitag seinen schlimmen Motorradunfall hatte, war ich sehr viel stärker "daneben", als bei meiner BrustkrebsErkrankung.

Und wenn er einen seiner Erstickungsanfälle mit NotarztVersorgung hat, bin ich kurzfristig fast nicht "handlungsfähig"...
Das heißt, ich zittere wie Espenlaub, wenn ich die 112 wählen muss.....


Gleichwohl ist bei der eigenen Erkrankung die latent vorhandene Angst eine Andere....


Du hast also Recht: Ein Messgerät für seelischen Schmerz gibt es nicht - und das ist vielleicht gut so....



Dir und allen Betroffenen alles Gute

und liebe Grüße
__________________
Ilse
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  #117  
Alt 28.10.2009, 11:29
Annett59 Annett59 ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Ihr Lieben,
ich lese hier seit kurzem mit.
Danke, Helmut für Deine so treffenden Worte, und das nicht nur in Deinem letzten Beitrag!
Auch Dir, Stefan, möchte ich danken, dass Du mit Deinen Beiträgen so authentisch und klar das rüberbringst, was Viele nie so formulieren könnten, aber dennoch ähnlich empfinden.

Wer von unserer Geschichte gelesen hat, der weiß, dass es mir jetzt schwerfallen MUSS, hier ein paar Zeilen zu schreiben.
Ich tu es dennoch:
Ich kann mich mit dem Thema dieses threads identifizieren, sofern ICH das für MEINE ganz spezielle Lebenssituation so erlebt habe.
Daran habe ich gerade sehr zu knabbern, das könnt Ihr euch vorstellen, obwohl ich als Christ das, was in meinem Leben passiert, VERSUCHE, in einem "Gesamtzusammenhang" zu sehen, der sicher auch OHNE, dass ich das "WARUM NUR???" bis zum Tod erkennen kann oder werde, einen "SINN" ergibt, zumindest in Bezug auf meine innere (seelische) Entwicklung.

Ich werde das jahrelange Leiden und 8-tägige Sterben (in meinen Armen) meines geliebten Kindes NIE VERSTEHEN KÖNNEN, geschweige denn als POSITIV erleben.
Es ist "einfach nur" unfair und brutal, und sein Tod hat mich in eine Lebenskrise gestürzt, wobei ich nicht weiß, ob ich sie je überwinde bzw. "bestehen" werde (oder gar etwas Positives für meine Restlebenszeit daraus erwachsen lasse...), letzteres wäre mein Wunsch.
Aber nicht wenige Menschen finden nie wieder die Kraft, ihrem restlichen Leben als Hinterbliebene noch irgendetwas "SINNvolles" abzugewinnen, wieviele vom Krebs hinterrücks überrumpelte und zum Aufgeben gezwungene Menschen haben weder Zeit noch Kraft, sich "mit den Chancen einer solchen Erkrankung" zu beschäftigen.

Wie gern hätte ich seit der Diagnosestellung mit meinem Sohn getauscht, ER wollte leben, die Welt verändern, war ein "wahrer lebensbejahender und menschenverändernder Ritter".
NEIN, ich MUSSTE brutal zusehen, wie seine Hoffnungen in all' den Jahren letztlich sukzessive zerstört wurden.

Was JETZT aus mir wird? Das kann ich absolut (noch?) nicht sagen. Aber ich weiß, dass mein Herz zum Großteil "verbrannt" ist und "zerbrochen" wurde in dieser Leidenshölle.

Die Frage: Sehe ich durch die Krebserkrankung für MICH die Chance, IRGENDETWAS zum Positiven zu verändern (im zerstörten Leben des Betroffenen, der Angehörigen) oder DANACH (auf dem "Trümmerfeld" der Hinterbliebenen) kann nur jeder für sich GANZ persönlich innerlich bewegen und beantworten.
Jede Verallgemeinerung und jeder Rückschluss auf das Leben des Anderen ist nicht nur anmaßend und überheblich, sondern schlichtweg (auch und vor allem im christlichen Sinn) LIEB-LOS.

Ich hoffe für MICH, dass ich auf meinem "Acker" irgendwann noch ein winziges Samenkorn finde, das seine Chance sieht, in MEINEM zerstörten "Lebensgarten" aufzugehen und zu einer positiven Veränderung in meiner letzten Lebenszeit (und damit hoffentlich auch für meine Mitmenschen SINN-gebend) beizutragen.
Nachdenkliche Grüße
Annett
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  #118  
Alt 28.10.2009, 12:01
Heikeaml Heikeaml ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Die Aussage Krebs als Chance zusehn
empfinde Ich für mich persönlich alls Betroffener als HOHN
ich finde Ihn grausam heimtückisch und durch den Krebs bin ich kein besserer Mensch geworden in gegenteil Ich würde mich als schwierigen Menschen bezeichnenund das war Ich vor der erkrankung Nicht!!!!!!ausserdem finde ich es grausam von chance zusprechen den gegenüber die ihren Angehörigen verloren haben Ich denke da an die vielen kinder die nie eine chance hatten das leben kennen zulernen weil dieser krebs ihnen KEINEChance dazu gegeben hat
lG Heike
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  #119  
Alt 28.10.2009, 12:27
A.J. A.J. ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Hallo Anett,

seit ich in diesem Forum unterwegs bin, "stolper" ich immer wieder über den Thread Deines tapferen Ritters und seiner Burg. Er ist schwer zu lesen, beansprucht Kraft und berührt sehr. Aber die Berührungen sind für mich gesprochen nicht unangenehm oder abstoßend, sie sind einfach nur voller Wärme und Hoffnung.

Ich bin betroffener Sohnemann einer sehr liebenden Mutter und eines überaus liebenden Vaters. Hätte ich eine so prächtige Burg wie Dein geliebtes Kind, wären meine Eltern Burggraben, Wehrmauer und Burgfried in einem. Ich bin erwachsen, lebe ein eigenständiges Leben, bleibe aber immer in Reichweite der schützenden Burg. Jeden Tag kämpfe ich mit mir, wie weit ich meine Eltern mitnehmen kann. Wieviel Kampf ich ihnen aufbürden kann, weil ich die schöne Burg nicht beschädigt wissen will. Sie strahlt soviel Sicherheit aus, wie ein Fels in der Brandung weiß ich immer, wo ich Halt finde und dieser Halt ist die Basis meines Lebens. Schwäche ich die Burg, schwäche ich meine Eltern und letztlich auch mich.

Threads wie Deiner sind für mich eine Hilfe, eine Chance. Ich kann mir die Seite anschauen, in die ich mich nie hineinfühlen könnte. Einen klitzekleinen Einblick gewinnen und versuchen mich daran zu orientieren. Denn dies haben wir alle gemeinsam: Angehörige, Betroffene und Hinterbliebene. Wir sind orientierungslos, blind, in dieser sonst so stark strukturierten und reglementierten Welt.

Es gibt keinerlei Sinn in dem Tod Deines Ritters und auch nicht in meiner Erkrankung. Es gibt nichts daran zu verstehen, denn irgendwie "ist es einfach so". Auch wird kein Thread und keine Trauer jemals einem Verlust wie den Deines Ritters irgendeine Sinnhaftigkeit verleihen. Aber Du hilfst mir mit Deiner offenen Trauer, auch wenn es beschämend wirkt sich an Deinem Leid zu orientieren. Chancen können wir uns alle nur gegenseitig geben und dankbar dafür sein. Deine verlassene Burg liegt im Norden, das Schlachtfeld Deines Ritters davor. Die vielen anderen Burgen, Schlösser und Häuser säumen den Weg, Schlachtfelder gibt es so viele. Aber eben auch Licht. Denn Ritter hinterlassen Spuren und die die diese Spuren pflegen zeigen wo sie sind. Nicht jeder hat die gleichen Chancen, jeder verleiht seinen Belangen das meiste Gewicht, aber Dein Licht hilft mir täglich, meine Belange besser zu bewerten.

So taper ich also blind und orientierungslos umher und stoße mich an einem verloren gegangenem Schwert, hier und da an einem verbrauchten Schild, sehe irgendwo eine Burg und hoffe nur, irgend etwas richtig zu machen. Denn eines möchte ich niemals, die Burg meiner Eltern beschämen oder beschädigen. Manch eine Trauerleistung gibt mir die Hoffnung, dass ich nicht allzuviel kaputt machen kann, wieder andere zeigen eine heruntergebrannte Ruine, in der nie wieder etwas beherbergen wird. Was sich Dein Ritter gewünscht hat weißt Du bestimmt, ich auch, denn ich treffe jeden Tag die selbe Wahl. Da bin ich mir ausnahmsweise mal sicher, denn ich hatte und habe die Chance mehr zu sehen.

Um mehr geht es eigentlich nicht, wer die Chance hat, ist letztlich egal, auch ihre Wertigkeit. Wichtig ist, dass überhaupt welche da sind. Hättest Du die Chance gehabt Deinem Ritter die Last zu nehmen, seine Schlachten zu schlagen, hättest Du sie ergriffen. Ich habe die Chance die Schlacht für meine Burg zu schlagen, auch wenn ich sie mir nie gewünscht habe. Aber denke ich an die Burg aus der ich komme bin ich ein wenig stolz darauf. Meine Schwester und auch mein Bruder werden immer auf ihren Schutz vertrauen können, denn sie wird da sein. Sie können ihre Sicherheit nutzen. Das ich den Krieg wohl gewinne ist purer Zufall. Würde es anders ausgehen wäre ich nur froh, wenn ich auch solch ritteliche Spuren hinterlassen habe und meine Burg sie anständig pflegen, so wie Deine. Mit Stolz und Liebe, damit andere die Stärke und Sicherheit nutzen können, die mich so erfüllt hat und mir erlaubt, aufrecht durch die Schlacht zu ziehen. Die Fahne meiner Burg ganz oben.

Dein Ritter hat sehr schön beleuchtetet Spuren!
__________________
Viele Grüße
Stefan
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  #120  
Alt 28.10.2009, 13:12
Annett59 Annett59 ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Lieber Stefan,

Deine Zeilen berühren mich zutiefst!
Ich danke Dir von ganzem Herzen für Deine Worte, die mein "Rittermutter-Herz" im "Sturm erobern", ungeachtet des tiefen Burggrabens, der starken kalten Burgmauern und jeglicher Schlösser meiner "schutzbietenden Kemenate", geschweige denn irgendwelcher Hemmungen gegenüber der "fremden Burgfamilie und deren Gefolge".

Nachdem ich erfreut von Deinen häufigen "Ausflügen" in unsere Verwaiste Behausung (oder besser heimliche Besuche im inzwischen wieder wohnlichen "Kaminzimmer") lese, bin ich froh, dass wir uns nun endlich "persönlich getroffen" haben.
Ich denke, es wird noch viele Berührungspunkte geben.

Leider sind Simon's "feste Burgmauern" in den langen und schweren Jahren der Krankheit brüchig geworden, denn ich bin allein in diesem Gemäuer übriggeblieben (unsere Ehe scheiterte), was mir zusätzlich großen Kummer bereitet, vor allem, weil unser tapferes Kind dies noch miterleben musste.

Umso kraftvoller möchte ich DIR jetzt sagen: Deine Eltern, Deine gesamte Familie kann sehr dankbar für diesen ihren Sohn und Bruder sein, denn er versucht so mutig, dieser alles verändernden Lebenskatastrophe das abzutrotzen, was überhaupt daran aushaltbar, geschweige denn, leb-bar ist - DENNOCH.
Mein Ritter und DU; Ihr "kommt aus einem (Burg)-Stall", und ich bin mir sicher:
Simon stählt Dir die Seiten, überlässt Dir SEIN liebstes Schwert und sein zur Reha mit Mühe selbstgebasteltes großes oranges Schild, mit einem Drachen verziert und, ja, ich glaube fest daran: Er bittet Gott um Kraft für Dich, DEINE Situation ebenso ritterlich mutig bewältigen zu können wie er.

Fühl' Dich jetzt ganz liebevoll von einer schmerzvoll-verwaisten und einsamen "Burgmutter" umarmt, die Dich gern ein wenig begleiten würde; zumindest in "Reichweite meiner Burggefilde".

eine von Deinen Zeilen sehr ergriffene Annett.
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