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  #1  
Alt 18.04.2017, 19:07
Osterzeit Osterzeit ist offline
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Registriert seit: 18.04.2017
Beiträge: 5
Standard Mein Vater war lange krank...

Mein Vater war lange krank...Hatte einen Tumor an der Prostata . Dieser streute bis in die Blase. Als ich ein kleiner Junge war wurde der Tumor festgestellt. Niemand in der Familie wusste Bescheid....Außer meine Mutter und mein Vater...Mein Vater wollte mir eine unbeschwerte Kindheit schenken und mich damit nicht belasten. Ich merkte nie etwas....
Er lebte lange Zeit unbeschwert. Meine Eltern haben mich spät bekommen.Seine immer mehr zunehmende Schwäche führte ich auf sein Alter zurück.
Das erste mal misstrauisch wurde ich bei unserem letzten gemeinsamen Urlaub. Meine Mutter machte auffällig viele Bilder von mir und meinem Vater.
Irgendwann konnten wir aufgrund des Gesundheitszustandes meines Vaters nicht mehr verreisen. Meine Mutter begründete dies mit seinem zunehmendem Alter,- von mittlerweile 72 Jahren. Ich war zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre.
In den Sommerferien besuchte ich meine Tante, auf eigene Faust, wollte was von der Welt sehen. Zwei Tage später nachdem ich zurück kam, hatte mein Vater einen Anfall..Von da an begann sein und unserer Leidensweg, 2 Jahre lang. Mein Vater hatte letztendlich Krebs an der Prostata und Blase, zudem hat er noch Epilepsie bekommen und Parkinson, der fast noch schlimmer war als der Krebs.
Aufgrund seiner vielen Krankheiten hatte er zur Hälfte seines Krankheitsverlaufs schon 3 Katheter, Schläuche die einmal in den Bauch zur Blase führen, da der Krebs den Harnabfluss verstopft hat, zudem links und rechts an den Nieren jeweils einen Katheter, da die Nierenfunktion ebenfalls stark eingeschränkt war.
Er lebte sehr gerne, wollte auf keinen Fall sterben.-eigentlich nur für mich, ich war ja ein Kind, mein Vater die wichtigste Person in meinem Leben, die einzige männliche Bezugsperson in meinem Leben.
Durch die Katheter kamen viele Infekte.Er bekam jedes Antibiotika das zur Auswahl stand, alles was geht, für sein Leben. Das Parkinson wurde schlimmer, man kann sich irgendwann -bei seiner Art war es so-nicht mehr so gut bewegen. Er konnte zum Ende hin nicht einmal mehr kauen und schlucken-wasserzufuhr durch Infusion....Immer Infekte kein Antibiotika mehr...Er kam auf die Palleativstation, ich schaute die mir vorher an, im Aufenthaltsraum Taschentücher auf dem Tisch, irgend n Wisch von Hoffnung an der Wand....
Ne Kerze brennt vor einem Zimmer, das war zu viel für mich.
Ärzte reden auf mich ein, wollen das beste für mich...
Am Tag darauf besuchte ich ihn in der Palleativstation.
Seine Krankheiten gingen zu so vielen Ärzten, über verschiedene Städte verteilt, in so viele Krankenhäuser...In der Nacht bekam meine Mutter und ich einen Anruf, mein Papa hat Atemprobleme...Die Schwester am Telefon... Im September letzten Jahres um 3 Uhr nachts standen wir auf, ich zog mich an, hab gezittert wie sonst noch was, liefen vom Krankenhausparkplatz rüber zur Palli.,in strömendem Regen. Wir liefen über den Gang der Station, am Ende des Ganges das Zimmer meines Vaters, die Schwester nimmt mich in den Arm, er ist tot.
Ich weine mir tut es so weh,
Ich sehe ihn liegen, er sieht so gesund aus, ohne die ganzen Katheter. Er ist tot, er ist erlöst, es ist vorbei denke ich. Trauer und Erleichterung.Das Leiden hat ein Ende.
Mein Vater hat mich christlich erzogen.
Neulich, an Karfreitag wurde in der Kirche das Leiden Jesu vorgelesen....Wie grausam. Doch oft denke ich mir, Jesus hat weniger gelitten als mein Vater, kürzer,
Immerhin wurde mein Vater 73 Jahre, meinen Achtzehnten hat er nicht mehr miterlebt...
Andere Kinder verlieren ihre Eltern viel früher, Ihnen meinen tiefsten Respekt.
Mittlerweile sind seit September 7 Monate vergangen,ich kann mit der Trauer besser umgehen. Doch nachts, immer diese blöden Albträume...Alles voller Blut aus den Katheter meines Vaters.Jetzt sind es Albträume, davor war es wirklich so... zur Zeit der schlimmen Krankheit meines Vaters beschäftigte ich mich auch mit ähnlichen Schicksalen, ich wollte reden....
Wenn ihr es auch wollt, dann schreibt mir...
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  #2  
Alt 18.04.2017, 19:53
Adlumia Adlumia ist offline
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Registriert seit: 10.11.2015
Beiträge: 305
Standard AW: Mein Vater war lange krank...

Hallo Osterzeit,

deine Schilderung vom Leben und Sterben deines Vaters hat mich sehr berührt. Dein bzw. euer Verlust tut mir sehr leid.
Du bist noch sehr jung und ich kann mir gut vorstellen, dass in deinem Alter noch nicht viele mit dem Tod überhaupt in Berührung gekommen sind und was du erlebt hast, war sehr intensiv. Hast du denn in deinem Umfeld Menschen mit denen du ganz offen darüber reden kannst, was dich gerade bewegt?
Wie sieht es da innerhalb der Familie aus? Ich denke, da du das Bedürfnis hast zu reden, solltest du das auf jeden Fall tun! Auch wenn niemand dich von dem Schmerz des Vermissens bzw. auch von den leidvollen Bildern erlösen kann, so kann es dir doch helfen darüber zu reden bzw. auch hier zu schreiben.

Das Gesehene und Geschehene zu verarbeiten, Wege damit zu finden umzugehen, ist denke ich eine ganz große Aufgabe für alle Hinterbliebenen, die einen lieben Menschen verloren haben. Du erwähnst Albträume, dein Unterbewusstsein versucht im Schlaf zu verarbeiten, vieles durchlebt man in Träumen wieder, so zumindest geht es mir. In der Nacht kann man das was einen umtreibt nicht einfach "aussperren". Es ist da, es beschäftigt dich.
Das kostet dich sicher viel Kraft! Deshalb wünsche ich dir die auch, um deinen Weg weiter zu gehen können!

Sei dir sicher, viele Menschen hier aber auch da draußen können verstehen, was für einen Schmerz du in dir trägst, auch wenn niemand anders ihn gleichsam so fühlt wie du!

Stille Grüße
Adlumia
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  #3  
Alt 18.04.2017, 21:49
Osterzeit Osterzeit ist offline
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Registriert seit: 18.04.2017
Beiträge: 5
Standard AW: Mein Vater war lange krank...

Vielen Dank für deine Antwort.Ja , innerhalb der Familie sprechen wir oft darüber...Ja viele Menschen können sich in meinem Alter so etwas gar nicht vorstellen....
Ich wollte die Geschichte meines Vaters anderen mitteilen, sie soll anderen in der Situation helfen, sie sollen wissen, dass sie nicht alleine sind.Danke für deine Antwort
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  #4  
Alt 19.04.2017, 07:51
Adlumia Adlumia ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.11.2015
Beiträge: 305
Standard AW: Mein Vater war lange krank...

Danke dass du sie mit uns geteilt hast. Wenn dir danach ist schreibe. Schön, dass ihr innerhalb der Familie darüber sprechen könnt.

Grüße
Adlumia
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  #5  
Alt 19.04.2017, 14:45
Clea Clea ist offline
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Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 560
Standard AW: Mein Vater war lange krank...

Lieber Osterzeit,

ich bin keine 18 mehr, schon lange nicht mehr.
Und ich bin vom Fach. ich weiß genau, wie es geht.
Und dennoch habe ich schlechte Träume.
Ich sehe meine Ma im Krankenhausbett.
Ich sehe die Narbe am Kopf meiner Ma, sehe die Haare auf dem Kopfkissen, jeden Tag mehr.
Ich sehe sie im Rollstuhl sitzen und essen, sehe, wie sie kämpft um jede aufrechte Minute und wie sie trotzdem die Kraft mehr und mehr verlässt.
Ich sehe diese Kerzen auf der Palli,
sehe "unsere" Kerze an dem Tag, an dem ich meinen Besuch offensichtlich zu früh beendet habe und nach dem Anruf meines Bruders wieder hin gefahren bin.
Ich lese die Befunde, weiß, was sie bedeuten und verstehe es dennoch nicht.

Wie sehr muss es erst jemanden treffen, der gerade erst erwachsen ist, gerade erst anfängt, ernsthaft zu leben. Wie sehr muss dich das alles belasten. Versuche, deine Träume anzunehmen. Das ist die Art, wie dein Vater nun zu dir zurückfindet.Und sicher werden die Träume besser werden, es werden sich positive Erinnerungen darunter mischen.

Ich ziehe meinen Hut vor dir, wie differenziert dudas Leiden deines Vaters wahrgenommen hast und wie du ihm nun ein Andenken bewahrst.
Er wäre sicher stolz auf dich.
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  #6  
Alt 19.04.2017, 17:51
Adlumia Adlumia ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.11.2015
Beiträge: 305
Standard AW: Mein Vater war lange krank...

Clean Worte sind sehr stark und berühren mich sehr. Ja, auch ich ziehe meinen Hut vor dir und vor allen, die einen lieben Menschen verloren haben und jeder von uns muss täglich mit dem Geschehen umgehen, mit den guten und weniger guten Erinnerungen.
Viel Kraft uns!
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