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Alt 03.10.2010, 11:17
Ilmarinen Ilmarinen ist offline
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Standard AW: Chemo in Köln - aber wo?

Hallo Marc (und Jaymz..),

jetzt auch von mir noch was. Glücklicherweise gibt es unsere Krankheit ja nicht so oft, leider gibt es dadurch aber auch kaum die Möglichkeit, irgendwo mit anderen Patienten gleichzeitig behandelt zu werden. Ich hätte mir während der Chemo gerne mein Zimmer mit einem anderen Hodenkrebspatienten geteilt, besserer Informationsaustausch, Erfahrungswerte etc. Ging leider selbst in der Uniklinik nicht, da gabe es nur eine Woche Überschneidung mit jemand anderem undd er war im Einzelzimmer wegen der Leukos. Und die Zimmer (und deren Vergabe) ist in der UK hervorragend. Modern, Zweibettzimmer und bei niedrigen Leukos isolieren die einen (also Einbett, auch wenn man gesetzlich versichert ist).
Ich habe ca. die Hälfte der Zeit allein, sonst zu zweit gelegen - und hatte nicht einen schlimmen Nachbarn. Nur Oropax sollte man haben, da die älteren Herren teilweise bös schnarchen...
Ich lag auf der Station 17, also Urologie, war aber auch vorher kurz auf 16 in der Onkologie. Die Onkologie hat auf mich auch einen sehr guten Eindruck gemacht, ich hatte dort eine sehr engagierte und menschliche Ärztin und wäre gern da geblieben.
Die Urologie ist aber auch gut, vor allem, wie gesagt, habe ich von den ca. 20 Pflegern 19 für richtig gut, hilfreich und nett empfunden. Bei den Ärzten ist der neue Leiter der Uroonkologie, Herr König, meiner Meinung nach sehr kompetent und umgänglich. Meine behandelnde Ärztin und ich hatten nicht so den Draht zueinander, aber das war wahrscheinlich der "Nasenfaktor".
Vorteil der Uniklinik ist aber auf jeden Fall, dass es immer andere Fachärzte in greifbarer Nähe gibt, dass sie hohe Fallzahlen von Hodenkrebslern hat. Und natürlich die Zimmer mit renovierten Bädern und dem "Außenkühlschrank". Im Bettenhaus der UK gibt es ja den umlaufenden Balkon, so dass man durch das Fenster alle Joghurte, Obst o. ä. draußen lagern kann, wenn man gerade mal wieder gekotzt hat und noch niocht essen möchte ;-)

Nachteil ist sicher die Organisation der UK. Die einzelnen Stationen sind dort selbstständig, was zu ziemlichen Reibungsverlusten führt, könnte da ein Buch schreiben mit dem Titel "Unnötige und effizienzsenkende Organisations- und Kompetenzstruktur". Aber auch wenn ich mich öfter über kleinere Dinge geärgert habe (verschollene CT-Bilder, unnötige Wartezeiten, verspätete Chemovergabe), hat es insgesamt sehr gut und professionell funktioniert und ich habe die Chemo im Ganzen gut überstanden.

Meiner Meinung nach kann die Chemo eigentlich überall gemacht werden, wo mehr als 10 Fälle im Jahr betreut werden. Nur das Legen der Zugänge (bei mir ZVK) erfordert Handwerkskunst, das sollte jemand erfahreneres machen. Die PEB-Chemo selbst ist Standard.

Das normale Blutabnehmen, kleinere Zugänge legen etc. übernehmen in den Krankenhäusern leider immer Ärzte oder Arztpraktikanten - und die waren bei mir in allen drei Krankenhäusern immer schlechter als jede MTA beim Hausarzt, die das regelmäßig seit 20 Jahren macht. Aber das macht in den meisten Fällen ja keine bleibenden Themen.
Meinen ZVK durfte einmal eine Schwesternschülerin ziehen, aber natürlich unter Anleitung eines erfahrenen Pflegers, wie gesagt, Pflege ist prima. Ich wurde aber vorher gefragt.

Alles in allem empfehle ich die UK für eine Chemo auf jeden Fall. Und meine Hodenop verlief gut und schnell durch Prof. Engelmann. Bei mir wurde jedoch vergessen, die für mich sehr wichtige TESE (Spermaentnahme während der Chemo) durchzuführen, und wäre meine Freundin da nicht hartnäckig gewesen und während der OP noch in der Frauenklinik für mich eine Samenbehälter holen gegangen, hätte ich heute keine Kryokonserven als Rückversicherung bzw. einen weiteren Eingriff benötigt.

Das in der UK auf alles warten müssen nervt manchmal, aber man hat ja eh nichts anderes zu tun, deshalb, was solls...

Üner die anderen Kranakenhäuser kann ich nichts sagen, ich hatte auch ähnliche Empfehlungen, bei mir war noch Essen auf der Liste und vor allem Koblenz. In Koblenz ist ein Bundeswehrkrankenhaus mit wohl sehr hohen Fallzahlen.

Aachen fand ich sehr sehr kompetent, Herr Heidenreich führt ein sehr gutes Team, bei dem sich alle Ärzte für einen Zeit nehmen (wie immer, der Fisch stinkt vom Kopf her, aber wenn der Chefarzt gut ist, sind es die anderen Ärzte auch). Das Knowhow ist klasse. Ich würde nach Aachen aber nur wegen einer RTR oder RLA bzw. zur Zweitmeinung gehen, da in der Pflege etwas gespart wird. Die Pfleger sind zwar nett und kompetent, aber v. a. nachts hoffnungslos unterbesetzt.

Hm, viel hilfreiches habe ich nicht mehr, wenn Du keine konkreten Fragen hast, Tipps für die Chemo haben hier viele bei Bernie in den Thread geschrieben.

Zu der möglichen Behandlung kann ich nichts sagen, aber zum Vergleich bzgl. Wait and See: Ich habe heute, wo ich schon wieder gesund bin, noch einige Lungenmetastasen. Herr Heidenreich sagte mir hierzu, mit 90%-Wahrscheinlichkeit sind diese abgestorben und machen nichts mehr, deshalb schlägt er W&S vor, die OP beider Lungenflügel hängt davon ab, ob ich psychisch damit leben kann. Es könnte auf jeden Fall sofort durchgeführt werden. Ich habe mich für W&S entschieden, weil ich der Empfehlung vertraue und weil ich eine Operation beider Lungenflügel für einen ziemlich großen Eingriff einschätze. Und jetzt werden vorhandene Metastasen sorgfältig überwacht, so dass im Notfall eingegriffen werden kann. Ein schwerer Eingriff ist die Chemo auch, ich persönlich finde diese im Nachhinein aber eigentlich erträglich und angemessen, wenn man dafür die Rezidivwahrscheinlichkeit (und damit Metastasenbildung in Bauch und Lunge) senkt.

Erstmal jedenfalls alles Gute für Dich für die nächsten Tage, das ist psychisch schon ne ziemlich krasse Nummer, wenn man so vom Krebs überrascht wird. Aber Du wirst es schaffen.

Gruß von der Schäälsick..
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