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Alt 04.08.2015, 00:36
Jan64 Jan64 ist offline
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Standard AW: Bleibt uns wirklich nur noch soviel Zeit?

Hallo Teddybär,

ich muss jetzt erst mal tief Luftholen und mir überlegen, wie ich es am besten anstelle, dir eine aussagekräftige Antwort zu geben, ohne gegen die Nutzungsbestimmungen und Netiquette zu verstoßen (ich habe deinen Originalpost gelesen).

Es gibt seit ca. einer Woche die vorläufige S3 Leitlinie zur Behandlung des Nierenzellkarzinoms, da kann man alles nachlesen. http://leitlinienprogramm-onkologie....inom.85.0.html . Oder wende dich an die Anlaufstellen, welche hier genannt werden http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=42651 .

Leider habe ich das Gefühl, eure Ärzte tun sich schwer mit der Kommunikation über diese Art von Krebs und den notwendigen Therapien.

Zur Situation deines Mannes und damit auch zu der der ganzen Familie. Der Haupttumor ist entfernt; können die Metastasen nicht vollständig operativ entfernt werden, weil zu viele, wird eine medikamentöse Therapie empfohlen, gedeckt von evidenzbasierten Studien und Untersuchungen. Sutent ist eines von diesen Medikamenten, welche die Zulassung als Erstlinie hat. Mit diesem Medikament haben die Ärzte die meiste Erfahrung, ganz einfach, weil es das schon seit 9 Jahren gibt und es sehr gute und langanhaltende Erfolge gezeigt hat.

Nebenwirkungen haben alle dieser Medikamente, man kann aber damit Leben, wenn man gut vorbereitet ist. Kein Mensch kann eine Vorhersage treffen, welche und wie stark die Nebenwirkungen sein werden. Es ist wie oft im Leben, irgendein Kompromiss muss man eingehen um sein Ziel zu erreichen.

Da das Nierenzellkarzinom nahezu resistent gegen Chemotherapien ist, musste man sich etwas anderes Überlegen, um in zu beherrschen. So kam man auf die Antiangiogenese. So lange der Tumor/Metastase noch sehr klein ist, ernährt er sich durch die ihn umgebende Körperflüssigkeit. Jetzt teilen sich die Tumorzellen und die inneren Zellen dieses Zellhaufens kommen nicht mehr an die Nahrung ran, dadurch bekommen diese Stress. Im Innern der Zellen werden dabei Signalwege (die sogenannten Thyrosinkinasen) aktiviert, welche dann bestimmten Rezeptoren auf der Zelle den Befehl geben Botenstoffe auszusende, welche das Blutsystem dazu bringt neue Gefäße zu bilden um den Tumor (Metastase) mit Blut (Nahrung) zu versorgen. (Prinzip der Angiogenese). Sutent ist nun ein Medikament, das aus kleinen künstlichen Eiweißmolekülen besteht, die zielgerichtet (targeted Therapies) an einigen (multi) dieser Signalwege (thyrosinkinasen) die Übertragung der Signale hemmen (inhibieren). Deshalb sind diese Medikamente unter den Namen Multithyrosinkinaseinhibitatorn bekannt, kurz TKI. Prinzip, man versucht den Tumor (Metastase) von der Nahrungszufuhr abzuhängen.

Ein großer Vorteil dieser Medikamente ist die Möglichkeit sie nacheinander (jeweils nach versagen des vorherigen Medikaments) einzusetzen. Dadurch kann man sehr lange Überlebenszeiten erreichen. Ich sprech von Jahren, nicht Monaten. Wichtig ist aber eine sehr gewissenhafte Durchführung der Therapie, was eine große Verantwortung an den Patienten selbst stellt, da diese Therapien ja zu Hause alleine durchgeführt werden. Dazu gehört auch eine gute Aufklärung über das Nebenwirkungsmanagement.
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Lasst euch nicht kirre machen, es gibt fast 200 Arten von Krebs mit jeweils etlichen Unterarten, und jeder Krebs wird anders behandelt. Also wenn der Onkel vom Nachbar Darmkrebs hatte, dann ist das nicht vergleichbar mit dem Nierenkrebs, der zum einen relativ selten ist und zum anderen in der Behandlung auf Grund seiner Eigenschaften „aus dem Rahmen“ fällt.

Gruß Jan

PS : Ich kenne auf Grund meiner ehrenamtlichen Tätigkeit sehr viele Nierenkrebspatient und es sind mir schon die verschiedensten „Therapien“ untergekommen, aber mit Rotweinextrakt wollte noch keiner Behandeln .
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