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  #1  
Alt 28.03.2011, 09:39
mimikry mimikry ist offline
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Registriert seit: 07.10.2010
Beiträge: 6
Standard AW: er fehlt mir, er fehlt mir

liebe sandra,
oh weh, mein tiefes beileid auch für dich! und danke, dass du mir gerade in dieser organisationszeit eine nachricht schreibst. ich weiß, was es bedeutet, wenn man u.v.a. so viele anrufe bekommt, die einem zum einen unglaublich tragen, die einem dann aber auch fast zu viel werden. ich weiß deine antwort daher sehr zu schätzen.

bei uns dauert alles ein wenig länger, weil er nicht an seinem wohnort, sondern in seinem heimatdorf bestattet wird. es gab bereits eine trauerfeier an seinem wohnort, am kommenden samstag folgt die urnenbeisetzung. ja, und auch davor habe ich angst, weil es dann, wie du schreibst, so endgültig ist, so klar wird durch diese zeremonie. ich bin aber auch sehr froh, dass es einen ort gibt, an dem ich ihn dann besuchen kann. dieser ort ist mir jetzt schon so wichtig. genauso wichtig wie ein altar für ihn, den ich bei mir habe. fotos, gegenstände und briefe von ihm und eine kerze, die immer für ihn brennt. dadurch ist er mir sehr nahe.

ich habe einen therapeuten, der zwar nicht auf dieses thema spezialisiert ist, der mich aber schon gut kennt. letzte woche habe ich angefangen, ihn wieder aufzusuchen. heute die zweite sitzung. ich erhoffe mir viel, ja, weil freunde und bekannte sich, auch wenn sie wollen, gar nicht so sehr einfühlen können und ich ihnen die fülle der geschehnisse auch nicht zumuten will.

gut, dass du geschrieben hast, dass jeder anders trauert. da habe ich gemerkt, dass ich nicht unbedingt wissen will, wie lange ich noch trauern werde, sondern ob die vielen, unendlich vielen gedanken darüber normal sind. die gedanken ob ich es während der gesunden, aber auch der kranken zeit besser hätte machen können. er war mir so dankbar und war glücklich, weil er bei mir sein konnte. das sollte eigentlich alles andere aus meinem kopf kehren. dennoch habe ich ständig dieses: hier hätte ich und da hätte ich. die selbstvorwürfe.

ich kann mich so schwer damit anfreunden, kein heiliger übermensch gewesen zu sein. kennt das jemand von euch, der wegen der extremen situation, eine mischung aus angst, hoffnung, ohnmacht, nicht mehr in seiner ruhe blieb? nicht mehr selbstlos und bedingungslos liebend war?

wisst ihr, ich habe ihm all meine liebe gegeben. doch manchmal scheiterte ich an meiner mangelnden kraft, an der angst, der hoffnung, der ohnmacht. diese gedanken kreisen und kreisen.

doch dann fällt mir seine großzügigkeit ein. und vielleicht schaut er von oben auf mich runter, lächelt und will mir sagen "alles gut, meine liebe". genau das fehlt mir. ihn zu hören. aber das ist eigentlich nicht nötig. weil sein herz hatte ich auch so immer verstanden. ohne, dass er sprach. ach wie schön, durch das schreiben hier habe ich was kapiert.

liebe sandra, ich dank dir daher für deine anregung. ich wünsche dir ganz viel liebe und nähe zu ihm und von ihm. weil ich selbst gerade was kapiert habe, kann ich dir sagen, dass sie immer da sein wird. die liebe und nähe von ihm zu dir. und von dir zu ihm. ich denk an dich ganz fest am donnerstag. der bammel davor ist normal, aber die zeremonie ist so wichtig und schön. die wirst du immer im herzen tragen. die würdevolle zeremonie für deinen lieben mann.

liebe grüße
mimikry
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  #2  
Alt 29.03.2011, 11:30
Benutzerbild von SandraG
SandraG SandraG ist offline
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Ort: Frankfurt am Main
Beiträge: 114
Standard AW: er fehlt mir, er fehlt mir

Liebe mimikry,

diese Gedanken mit "hätte ich dies nicht und das nicht anders machen können" kreisen auch ständig bei mir. Aber was kann man ändern? Die Vergangenheit läßt sich nicht verändern. Es war gut so, wie es war.
Auch ich wünschte mir, ich hätte einiges anders gemacht. Vielleicht wäre mein Mann dann noch da. Aber vielleicht wäre das auch nur eine Verlängerung um ein paar Tage/Wochen gewesen. Und wer weiß, was diese Krankheit dann auch mit mir angestellt hätte.... Immerhin habe ich 4 Jahre an seiner Seite gekämpft, bei einer Krankheit, die eine Lebenserwartung von 14 bis 16 Monaten aufweist.....

Daher versuche ich, mich wirklich an die positiven Seiten zu erinnern. Ich höre ihn in meinen Gedanken, wie er "mein Stern" zu mir gesagt hat. Mit einer Stimme, in der man vor lauter Liebe baden konnte, die einen umfing und beschützt und geliebt hat. Und genau so bleibt er mir in Erinnerung.

Wir hatten 4 Tage vor seinem Tod ein direktes Gespräch mit einer Ärztin der Palliativstation. Danach habe ich so geweint und ihm gesagt, dass mir bewußt wird, wie endlich unsere Zeit sein wird. Ich wußte allerdings auch von den Ärzten, dass seine Lebenserwartung nicht mehr so hoch sein würde (sie haben mir 4 Wochen vorher gesagt, dass er Weihnachten nicht mehr erleben wird).

Nach diesem Gespräch war er sehr nachdenklich. Die Ärzte meinten, es würde sich gerade viel bei ihm tun gedanklich. Er wurde auch von Tag zu Tag immer schwächer und schlief viel mehr.
Dann wurde er ins Hospiz verlegt. Es war plötzlich ein Platz frei und er wollte dorthin. Nach nur 1 Nacht ist er dort verstorben und ich durfte bei ihm sein, als er ging.

Nie zuvor hatte ich solche Angst, einen geliebten Menschen gehen zu lassen. Dennoch konnte ich ihm sagen, dass er gehen darf - nach all seiner Qual. Und das tat er dann auch. Und es war gut so - für ihn zumindest. Für mich war und ist es leider unsagbar traurig. Wie gern hätte ich ihn noch bei mir oder würde gern jeden Tag in die Klinik eilen..... aber das geht nicht mehr. Er ist an einen Ort vorausgegangen, an den ich noch nicht hindarf.

Seitdem er gestorben ist, scheint täglich die Sonne! Warum? Weil da wo er ist eine riesige Party läuft und sich jeder freut, dass er dort ist!

Ich bin so dankbar um die Zeit, die wir haben durften!!!!!

Und das liebe mimikry solltest du auch sein! Dein Partner liebte dich mit Sicherheit genauso sehr, wie du ihn. Er wollte, dass du bei ihm bist. Trotz seines Zustandes wollte er nur dich bei sich haben. Das hat ihm alles gegeben und bedeutet. Denk doch nur an seine Blicke, wie er dich angeschaut hat.....

Meinst du, er möchte, dass du dich so zermürbst? Ich glaube, viel eher möchte er, dass du dich mit all deiner Liebe an ihn erinnerst, an die guten, schönen und auch lustigen Seiten. Wenn er jetzt von oben schaut, dann sagt er dir mit Sicherheit "Weine nicht zu sehr, meine Liebe. Mir geht es jetzt gut und ich bin froh, dein Mann gewesen zu sein!"
Ganz, ganz sicher!!!

Fühl dich herzlich umarmt!

Liebe Grüße

Sandra
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