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  #1  
Alt 03.03.2012, 08:38
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Wir werden uns wiedersehen...

Liebe Nicole,

es ging mit dem Geburtstag, obwohl ich es anstrengend fand, alles vorzubereiten. In weiser Voraussicht hatte ich schon vor vielen, vielen Wochen Helenas Geschenke besorgt (als hätte ich es geahnt, dass ich jetzt absolut nicht in der Stimmung dazu wäre...). Ich habe abends noch einen Geburtstagskuchen gebacken und den Tisch fertig gemacht. Na ja, und morgens dann noch eine halbe Stunde früher aufstehen und Kerzen an... Für Helena war es schön und sie hat sich gefreut!!! Als ich sagte, die Geschenke seien auch von Opa, musste ich schlucken.

Dann haben wir uns erst gegen 17 Uhr wiedergesehen. Ich habe Helena bei meiner Mama abgeholt und beide mit zu uns genommen. Wir haben zu dritt Kaffee getrunken und Kuchen gegessen und auf meine Freundin Tanja gewartet, die extra für eine Stunde vorbei kam. Und ich hatte bereits am Vortag Abendessen vorbereitet. Um 19 Uhr musste ich zum Zahnarzt (da ich mich seit Wochen nicht um solche Dinge gekümmert habe, bekomme ich nun die QUittung... Graus!!!) und es war kein schöner Termin. Nun schlucke ich Paps Novalgintropfen (kein Wunder, dass er sich vor denen geekelt hat;-)), damit ich die Zahnschmerzen ertragen kann. Leider zieht das bis zum OHr hoch und der ganze Kiefer tut weh. Etwas chaotisch und zerrissen, Hellis Geburtstag! Ja, mein Paps hätte sonst natürlich dabei gesessen und er hat einfach schrecklich gefehlt. Dafür saß da jetzt mein Freund Thorsten, der verzweifelt versuchte, die Stimmung meiner Mutter und die meinige etwas aufzuhellen. Grotesk, ich mit betäubter Schnute und am Strohhalm saugend, meine Mutter redete ständig dazwischen und Helena verdrehte die Augen. Na ja, Ausnahmezustand!!!

Wir sind übrigens auch eine sehr kleine Familie. Ich bin ja seit Helenas Geburt mit ihr allein (jetzt nicht mehr;-)) und wir haben keinen Kontakt zu ihrem "Vater" und dessen Familie. Meine Mama hatte drei Brüder, von denen nur noch der mittlere lebt. Mein Papa hat einen Bruder, zu dem wir sehr wenig Kontakt haben. Ich habe nur 2 Cousins und 1 Cousine und selbst keine Geschwister... Das ist alles sehr überschaubar geworden... Deshalb sind mir auch meine Freundschaften um so wichtiger!!! Aber unsere engste Familie war schon immer recht klein.

Heute kommen Hellis Mädels zu Besuch und dann wird gefeiert und gegackert! Dann flüchte ich zu meiner MA und Thorsten hat einen Termin. Ich glaube, es ist ganz gut, wenn ich mal einen ganzen Abend Zeit für meine Mutter habe. Sie muss ja auch einmal reden un d etwas loswerden. In der Woche ist das alles immer so ein Gehetze.

Ich kämpfe gerade mit mir, ob ich jetzt zum Friseur gehe oder nicht. Idiotisch, oder? Eigentlich auch vollkommen egal!

Also, hab' ein schönes Wochenende!!! (Hier scheint sogar gerade ein wenig die Sonne, eingekränzt von Regenwolken)
Fühle dich gedrückt
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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  #2  
Alt 03.03.2012, 20:11
Chapxy Chapxy ist offline
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Standard AW: Wir werden uns wiedersehen...

Hallo Mirilena,

ich freue mich dass dein Vater das Leiden hinter sich hat.
Ich denke nach deinen Post hier verkneife ich mir die sonst leider so üblichen Floskeln.

Zu deinem Erleben das der Rest der Welt eigentlich keine Ahnung hat was wichtig ist kann ich nur sagen: Jawohl ja.

Dazu ganz kurz: Mein Vater hatte 2000 eine Hirnblutung. OP. Danach leider einige Infarkte. Das Leiden dieses von mir sehr geliebten und wichtigen Menschen zog sich dann über 10 Jahre hin. Es war ein vegetieren! Er war nicht mehr in der Lage i-was selbst zu tun. Er lag nur noch in einem Pflegeheim. Künstliche Ernährung! Gegen Ende war er dann in Kiel auf der Palliativstation.

Nachdem er gestorben war erlebte ich einige Dinge die ich in dem was du schreibst fast Wortwörtlich wieder entdecke. Z.B. das Verhalten der Kollegen und Vorgesetzten. Wobei ich auf der Arbeit auch das Glück habe dort einige echte Freunde zu haben. Und das bleibt! Ich sehe die Welt heute anders als damals. Es werden andere Dinge wichtig. Die eigene Familie nimmt auf einmal einen wesentlich höheren Stellenwert ein. Job und Vorgesetzte…. Tja wie sage ich es? Sie sind mir relativ egal. Was nicht heißen soll das mir meine Arbeit nicht wichtig wäre oder mir keinen Spaß macht…. Aber niemand auf der Arbeit ist mehr in der Lage mich wirklich in Rage zu bringen. Das ist mir nicht mehr wichtig genug! Und das ist gut so. Meine Energie stecke ich in andere Menschen.

Ich habe kurz nach seinem Tot auch nicht von Ihm geträumt. Aber das hat sich geändert. Immer dann wenn es in meinem Leben Dinge gibt die meinen Vater interessiert hätten träume ich von ihm. Vielleicht sollte ich besser sagen erscheint er mir? Ich weiß es nicht. In der Nacht vor der Einschulung meines Sohnes war er da. Auch jetzt wo es meiner Frau so schlecht geht (Er hat sich mit Sonja gut verstanden) ist er da. Ich habe sogar ab und an Tagsüber das Gefühl das er da ist. Er strahlte immer eine Ruhe und Gelassenheit aus. Und das Spüre ich heute auch ab und zu.
Ich wünsch dir von ganzem Herzen das es dir mit deinem Vater ebenso gehen wird! Es ist einfach schön.

Gruß
Henner
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  #3  
Alt 03.03.2012, 22:59
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Wir werden uns wiedersehen...

Hallo Henner,

danke! Eigentlich bin ich ja auch froh, dass mein Papa nicht mehr leiden muss. Rückblickend muss ich sagen, dass die letzten 10 Monate die schrecklichsten meines Lebens waren, denn er hat immer Schmerzen gehabt und erst ganz zum Schluss auf der Palliativstation wurde ihm geholfen. Ich wünschte, wir wären schon früher auf die Ideen gekommen, die Palliativmedizin zu Rate zu ziehen. Aber ich hatte davon vorher keine Ahnung. Ich habe damit auch immer unweigerlich das Ende verbunden. Auch für meine Mutter und mich war es eine sehr wertvolle Erfahrung. Und wenn auch die letzten 10 Monate mit so viel Angst und Sorgen besetzt waren, so sind wir auch dankbar für die vielen schönen und sehr intensiven Augenblicke. Für ein Lächeln, einen Händedruck und so viel Liebe.

Aber da du deinen Vater ja selbst bereits verloren hast... es bleibt da auch so eine große Leere. Heute Abend war ich bei meiner Mutter und das war auch sehr schön. Wir haben viel geredet und sie hat auch viel geweint. Für sie ist es natürlich ungleich schlimmer. Sie hat ihren Partner verloren und fühlt sich so unendlich allein und verlassen. Als wäre sie in der Mitte zerteilt worden und eine ihrer Hälften habe sie verlassen. So viel Einsamkeit und Leere. Es wird bestimmt lange dauern, bis sie das überwunden hat.

Und was die Arbeit angeht, ja, die Perspektive ändert sich erheblich. Letztlich ist es mir auch völlig egal, was mein Vorgesetzter oder der Geschäftsführer von mir halten. Ich erledige meine Arbeit und funktioniere, das muss ihnen genügen. Da aber unsere Zeit hier so begrenzt ist, würde ich meine Kraft lieber anders und sinnvoller einsetzen. Ich weiß zwar noch nicht wie, doch vielleicht erscheint mir eines Nachts doch mein Vater im Traum, hört mir zu und gibt mir seine Antwort.

In diesem Sinne...
Gute Nacht, gute Träume und noch bessere Tage (gib Sonja einen Kuss auf die Stirn von mir und sende ihr meine allerbesten Wünsche, ja?!)
Miriam
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  #4  
Alt 05.03.2012, 11:22
Nicole85 Nicole85 ist offline
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Standard AW: Wir werden uns wiedersehen...

Hallo Miriam,
der Geburtstag war ja echt Chaotisch. Versteht es Helena, dass es derzeit ne anders geht oder fühlt sie sich vernachlässigt?

Mit deiner Mutti kann ich richtig mitfühlen... in den Alter haben sie mehr als 2/3 ihres lebens zusammen verbracht und dann ist der andere auf einmal nicht mehr da... schrecklich. Ich habe mich dazu mit meiner ehemaligen Kindergärtnerin unterhalten. Sie war auch auf der beerdigung meiner Oma. Eine nette Frau. Sie hat ihren Mann vor ein paar Monaten wegen eines Gehirntumors verloren. Ich bewundere sie sehr und habe sie gefragt, wie sie zurechts kommt. Sie sagte, dass sie sich Ziele setzt, immer wieder neue. damit sie sich nicht einigelt. Denn das will sie nicht. Sie sagte aber auch, dass sie nie zur Ruhe kommen darf, denn dann wäre die einsamkeit erdrückend.
Vielleicht sollte sich deine Mama auch eine Aufgabe suchen?

Jetzt habe ich noch eine andere Frage, vielleicht kannst du mir ja helfen. Bei der Diagnose Lungenkrebs und Hirnmetastasen... was denkst du da?

Ich drück dich
__________________
In Gedenken an meine Liebe Oma
sie ist am 20.02.2012 nach langem Kampf von mir gegangen.



Aber im Herzen bleibt sie für immer!
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  #5  
Alt 05.03.2012, 16:35
Tiina Tiina ist offline
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Standard AW: Wir werden uns wiedersehen...

Liebe Miriam,
mit dem Träumen scheint sehr unterschiedlich zu sein...
Ich habe in den Wochen nach dem Tod meiner Mami fast jede Nacht von ihr geträumt - aber ehrlich gesagt hätte ich auf die Träume gut verzichten können... Es ging immer nur darum, dass es ihr schlecht geht und ich nicht helfen kann...
Diese Träume sind glücklicherweise immer seltener geworden, aber "normale" Träume, in denen meine Mami gesund war oder die Krankheit keine Rolle spielte, kann ich gar nicht erinnern.

Aber von anderen habe ich auch gehört, dass sie sehr viel von den verstorbenen Angehörigen geträumt haben.

Ich wünsche Dir viel Kraft in dieser traurigen Zeit!
Alles Liebe für Dich
Anja
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  #6  
Alt 05.03.2012, 20:37
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Wir werden uns wiedersehen...

Liebe Nicole,

Lungenkrebs und Hirnmetastasen... da muss ich unweigerlich an eine Bekannte und an meinen Cousin denken. Beide haben es nicht geschafft. Aber von Mona habe ich jetzt gelernt, dass jede Krebserkrankung anders verläuft und das ist ja auch logisch, jeder Mensch ist unterschiedlich... Also kann ich im Endeffekt nichts Schlaues von mir geben.

Helena fand ihren Geburtstag okay! Ich bin ja morgens mit Kuchen, auf dem 14 Kerzen brannten, in ihr Zimmer geschlichen und habe (etwas schräg) gesungen. Sie hat alle Kerzen ausgepustet und musste dann mitkommen zu ihrem Geburtstagstisch und Geschenke auspacken. Na ja, und den Zahnarzttermin habe ich halt selbst vertüddelt. Ich hätte schon längst gehen müssen... Da habe ich noch so einige Fachärzte, die ich jetzt abarbeiten muss. Ich denke, dass Helena sich nicht vernachlässigt fühlt. Sie weiß ja, dass momentan alles ein wenig anders läuft.

Alles Liebe

Liebe Anja,

danke für deine lieben Zeilen! Ja, irgendwie ist es dumm, dass ich mir wünsche, von meinem Vater zu träumen. Wären es solche Träume, wie du sie hattest, dann würde es mich auch nicht freuen. Wie schlimm, da musstest du immer und immer wieder diese letzte Zeit im Traum erleben.

Ich habe gestern die CD "Bretonne" von Nolwenn Leroy von einer Freundin geschenkt bekommen und mich gefreut wie ein kleines Kind:-) Seitdem höre ich ununterbrochen diese Musik und das tut so gut! Ich liebe die Bretagne und würde mich am liebsten sofort ins Auto setzen und hinfahren. Brest, Le Conquet, Concarneau, Quimper, Le Crozon, himmlisch! Mein größter Wunsch war es, meinen Eltern die Bretage zu zeigen. Ich hatte schon zahlreiche Häuser ausgesucht und hätte gern eines gebucht, aber die fortgeschrittene Krankheit meines Papas hat uns keine Chance gelassen. So hatte ich mich dann mit meinen Eltern für Dänemark entschieden zu Ostern. Aber nicht einmal das war uns vergönnt... Dabei hat mein Papa das Meer so geliebt. Und ich hätte so gern ein einziges Mal einen Drachen mit ihm steigen lassen. Nun werden drei Generationen Frauen die Woche am Hennestrand verbringen und sich den Wind um die Nase brausen lassen. Und wahrscheinlich werden wir den Mann, den Vater und den Opi extrem doll vermissen und es werden viele Tränen fließen. Aber wir werden hoffentlich auch viel lachen, zusammen kochen, lange Strandspaziergänge unternehmen, lesen, uns unterhalten, malen und schreiben. Helena hat mir zum Geburtstag ein Buch geschenkt und dass ich mit ihr eine Geschichte schreiben soll... Und das habe ich auch vor!

Es tröstet mich schon zu wissen, dass der Schmerz mit der Zeit weniger grausam zupackt. Nicht, dass er verschwindet, aber man kennt ihn dann bereits und kann ihn begrüßen wie einen alten Bekannten. Weißt du, was ich auch ganz schrecklich finde? Mein Papa kannte all meine Fehler und Schwächen ebenso wie meine Stärken und er hat mich geliebt, einfach, weil ich ICH bin. Und dafür musste ich gar nichts tun sondern durfte einfach sein. Mit ihm ist auch diese Liebe für seine Tochter gegangen. Nun gibt es nur noch einen Menschen, der mich so ähnlich liebt, meine Mama. Und wenn sie auch eines Tages gehen muss, dann... Oje, jetzt fange ich schon wieder an mich zu verheddern... Dabei rette ich mich immer so "gut" über den Tag.

Ganz liebe Grüße
Miriam
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  #7  
Alt 09.03.2012, 22:11
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Mirilena Mirilena ist offline
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Heute habe ich mich nicht gut über den Tag gerettet. Es war mein freier Tag und ich war bei meiner Mutter. Ihr geht es richtig, richtig schlecht. Sie mag auch mit niemandem reden außer mit mir. Kommenden Mittwoch fahre ich erstmals mit ihr zur Trauergruppe vom Hospizverein, weil ich hoffe, dass es ihr gut tut, auf Menschen zu treffen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden wie sie.
Ich hatte mir ja gewünscht, mir eine Auszeit nehmen zu können, um ausreichend Zeit für die Trauer zu haben, doch wenn ich meine Mama sehe, weiß ich gar nicht, ob mir das gut tun würde. Meine Mama hat Zeit vielleicht zu viel Zeit und sie grübelt zu viel und wenn sie so oft allein ist, dann weint sie bestimmt... Ich wünschte, ich könnte mehr für sie tun. Na ja, morgen koche ich für sie und versuche, sie ein wenig abzulenken.
Heute hat sie mir so gar nicht gefallen. Es ist, als wäre sie in sich zusammengeschrumpft und verwelkt wie eine Blume. Sie traut sich gar nichts mehr zu und wenn ich ihre Sachen erledige und versuche, sie mit einzubeziehen, dann wirkt sie völlig verständnislos.Oje, dabei fühle ich mich selbst bisweilen so leer und bin so müde. Hört das denn niemals auf? Immer muss man sich um irgendetwas kümmern, Formularen hinterherrennen, alles überprüfen, ständig irgendwen anrufen und sich schlau machen. Was für ein Papierkrieg! Um meine eigenen Sachen kann ich mich kaum kümmern, die bleiben alle liegen. Ich helfe ihr ja gern und ich bin froh, wenn wir erst einmal alles hinter uns gelassen haben, doch das kann noch dauern...
Donnerstagabend sprach mich unsere Pastorin an, die Urne von Papa sei da und wann wir sie beisetzen möchten. Das kommt mir immer alles so unwirklich vor. Der Rest meines Papas in einer Terracotta-Urne! Unvorstellbar! Und nun wird die Urne begraben. Mein Papa ist ja eh nicht mehr da. Dabei höre ich ihn noch flüstern. Und ich sehe ihn am Meer, ganz allein geht er dort spazieren, sammelt ein paar Steine auf und wirft sie weit fort. Freut sich über die Möwen, die sich vom Wind tragen lassen und geht immer weiter, bis er zu einem kleinen Punkt verblasst und ich ihn irgendwann nicht mehr sehen kann. Weg! Einfach weg! Und nun kommt er niemals wieder! Manchmal bilde ich mir ein, ich hätte das alles nur geträumt und irgendwann wache ich einfach auf, schweißüberströmt und bin in der Realität angekommen. Aber das ist die Realität, zumindest meine.
Und die Taube kommt auch schon lange nicht mehr! Sie kam noch am Tag vor der Trauerfeier und dann nie wieder. Ich halte immer Ausschau nach Zeichen, aber da sind keine so offensichtlichen Zeichen... Manchmal denke ich, ich sei ein wenig durchgeknallt. Dann kann ich auch schon über mich selbst lachen. Ich sehe mich auf dem Balkon stehen und verzweifelt Ausschau halten nach einer Taube, die ich eigentlich nie ausstehen konnte;-) Und ich spreche immer noch mit meinem Papa. Manchmal laut (daheim) und meistens in Gedanken. Es gibt so vieles, was ich gern von ihm wissen wollte. Und so oft möchte ich ihn um seinen Rat bitten. Als er noch hier war, hat es mich manchmal genervt, weil ich seine Tipps als Einmischung in mein Leben empfand und nun sehne ich mir nichts sehnlicher herbei als eben diese Tipps. Oder wenn er mir nur einfach erzählen würde, was er gestern im Fernsehen geschaut hat. Da war ich auch immer genervt, weil er bis ins kleinste Detail den Film wiedergab und nie auf den Punkt kam. Dabei lief doch meine Zeit davon! Oh, Zeit ist so relativ und wenn ich daran denke, wie genervt ich dann immer war, dann schäme ich mich. Hätte ich nur geahnt, dass ich ihn gar nicht mehr so lange bei mir haben würde, hätte er mir die ganze Tagesschau auswendig aufsagen können...
Wir vermissen ihn so sehr! Und am schlimmsten ist es für Mama...

Eine traurige Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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