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#1
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AW: Die Sorge um sich selbst...
Mhm, ja, das klingt alles sehr vertraut.
Ich bin dankbar, dass nun die Nächte, in denen man so gut wie nicht schläft, weil man sich immerzu davor fürchtet, das Telefon könnte klingeln, und irgendjemand könnte etwas schreckliches mitteilen müssen, vorbe sind. Auch wenn ich immer noch ziemlich wackelig bin. Ich musste gestern wieder so viel heulen, ich kenn das so gar nicht von mir. Es ist, als wäre ich jetzt erst in der Lage, über meinen Bruder richtig nachzudenken. Und in diesem Nachdenken ist so viel Anlass zum Heulen. Weil er es immer viel zu schwer gehabt hat. Der arme Kerl hatte nie eine Chance. Ich hoffe, dass ihm da, wo er jetzt ist, irgendwer das Fußballspielen beibringt. Mein Dad hat ja nicht gespielt. Aber der kann bestimmt gut von der Seite kommentieren. Gestern musste ich seine letzte Hose kaufen. Meine Mom hat zwar immer ein letztes Outfit für ihn in petto gehabt. Aber das aktuelle gefiel ihr dann doch nicht mehr. Ich also gestern zum Konen in die kinderabteilung - mein Bruder war zwar schon 26, wog aber so gut wie nichts und passte prima in 164. Dort haben die Verkäuferinnen gelacht, andere Kids ihre weihnachtskleider bekommen, und mir wuselte die ganze Zeit ein kleiner weißer Hund um die Füße. Und ich dachte mir, hey, ich kaufe Hosen für einen Toten. Wie makaber. Gott sei dank hab ich davor ein Kilo Gummibärchen für meine Mom gekauft. Sonst wäre es ein durch und durch deprimierender Einkauf geworden... |
#2
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AW: Die Sorge um sich selbst...
Ach Mari,
ich muss wirklich schlucken, wenn ich mir vorstelle, wie du da so verloren in der Kinderabteilung standest und alle anderen lachten und strahlten...Und du suchst eine Hose für deinen verstorbenen Bruder aus. Es ist so traurig, so wahnsinnig traurig. Als Einzelkind kann ich natürlich nicht ermessen, wie es sich anfühlt, den Bruder zu verlieren... Aber ich stelle es mir schlimm vor. Auch, wenn du dich so nicht kennst, lass die Tränen laufen. Sie spülen ein wenig von der Traurigkeit und Verzweiflung hinfort. Und vergiss nicht, du wirst dennoch immer seine Schwester bleiben. Auch wenn er nicht mehr hier sein kann, bist und bleibst du seine Schwester. Aber ich weiß genau, was du meinst. Als mein Papa starb, war ich auch so traurig, weil ich spürte, dass mit ihm jemand ging, der mich bedingungslos geliebt hat. Einfach nur, weil ich bin, wie ich bin. Sicherlich hat er mich oft zurecht gewiesen und meine Macken kritisiert. Aber er hat mich geliebt, egal, welchen Mist ich auch gebaut hatte und er war immer für mich da, wenn ich ihn brauchte. Er hat mir bei all meinen Umzügen geholfen, mich in meinem Schrottauto abgeschleppt, nachts mit mir einen Wein auf der Terrasse getrunken und wir haben zusammen eine geraucht, mit mir meiner Tochter Kinderlieder vorgesungen, mit meiner Hilfe einen Ring für meine Ma ausgesucht, mir stolz seine selbst gezogenen Tomaten und Salatgurken geschenkt, ist mit mir am kalten Nordseestrand marschiert und wir haben in den Wind hinein geschrien und gestrandete Seesterne zurück ins Meer geworfen. Und nun ist er weg, eine der beiden Personen, die mich bedingungslos liebten. Nun ist nur meine Ma übrig. Und wenn die auch nicht mehr da sein sollte... Ich mag es mir nicht vorstellen. Das mag jetzt sehr egoistisch klingen, aber ich denke, du verstehst mich, oder? Auch du vermisst deinen Papa unendlich. Nun sitze ich hier und heule, dabei wollte ich dir eigentlich etwas Tröstliches schreiben.Toll, Miri! Ach Mari, stopft euch mit Gummibärchen voll und trinkt einen Vino auf deinen Paps und deinen kleinen Bruder und weint euch die Augen aus! Ihr habt allen Grund dazu. Es gibt einfach nichts, was jetzt Trösten kann. Es wird dauern. Aber dann irgendwann fällt es wieder leichter, nach vorn zu schauen, sich selbst zu sortieren und das Leben zu genießen... Lieber Gruß Miri
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt... Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark! |
#3
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AW: Die Sorge um sich selbst...
Liebe Mari!
Ich schreibe heute zum ersten Mal hier, habe euren Weg aber immer wieder verfolgt und mit gelesen. Ich wünsche dir und deiner Mutter alle Kraft der Welt und muss dir sagen dass du ein ganz taffes und starkes Mädel bist, bewundernswert was du bis jetzt alles geschafft hast. Liebe Grüße Nina |
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