Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 02.04.2013, 12:39
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.05.2011
Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 1.508
Standard AW: Fragen über Fragen...

Hmmm, ich bin grundsätzlich auch eine Freundin der Naturheilverfahren, doch bei einer so schweren Erkrankung gebe ich dir vollkommen Recht! Da helfen keine Globuli oder ähnliche Mittel...

Ich kann dir bzw. euch nur schildern, wie die Krankheit bei meinem Vater verlaufen ist. Er hatte Lungenkrebs und Knochenmetastasen im Schulterblatt, als die Krankheit diagnostiziert wurde. Er hat zwei unterschiedliche Chemotherapien gemacht und zusätzlich Bestrahlungen erhalten. Leider hat all das nicht die erwünschte Wirkung gebracht. 8 Monate nach der Diagnose ging es meinem Papa sehr schlecht (er litt fortwährend unter den Schmerzen, die die Knochenmeta verursachten). Er stürzte, weil er sein Bein nicht mehr bewegen konnte. Wir mussten ihn umgehend ins Krankenhaus bringen. Oberschenkelhalsbruch, verursacht durch eine weitere Knochenmetastase, von der wir nichts geahnt hatten... Das war dann der Anfang vom Ende... Mein Papa wurde operiert, doch es ging im zusehends schlechter. Er wurde wiederum auf die Onkologie verlegt, nachdem die Ärzte ihn nochmals auf den Kopf gestellt hatten. Die Knochenmetastasen hatten sich überall im Körper verbreitet. Er mochte kaum mehr essen und durfte sich wegen des Bruchs und der OP auch nicht bewegen. So baute er zusehends ab, verlor an Gewicht und die Muskeln schwanden. Ihm wurde eine dritte (!!!) Chemo ans Herz gelegt, die er dann Gott sei Dank ablehnte. Er ließ sich auf die Palliativstation verlegen, wo man ihn innerhalb von ca. 1,5 Wochen schmerztherapeutisch helfen konnte (unser gemeinsames Ziel war, ihn heim zu holen). Als die Schmerzen mit Morphium und anderen Opioiden halbwegs erträglich war, konnten wir meinen Papa sozusagen zum Sterben nach Haus holen. Uns blieben noch gute zwei Wochen. Mein Papa mochte fast gar nichts mehr essen und meine Mutter hatte ihm schweren Herzens versprochen, ihn nicht mit Nahrungsaufnahme zu "quälen". Er war nur noch ein Schatten seiner selbst... Zu schwach, um allein aufzustehen. Die ersten Tage konnte er mit meiner Hilfe noch zur Toilette (war anschließend so erschöpft, dass er einschlief und kaum Luft bekam), doch bald war es der Toilettenstuhl und dann mussten wir ihn windeln. Aufgrund der vielen, vielen Medikamente, die er nehmen musste, döste er sehr oft ein. Er konnte auch kaum mehr sprechen, nur stimmlos flüstern. Oft war er verwirrt (Morphium). Aber meistens hat er bei vollem Bewusstsein mitbekommen, was mit ihm und seinen Körper geschieht. Es war schwer, sehr schwer... Das schlimmste daran war für mich, dass ich mich so hilflos fühlte. Ich konnte nicht mehr tun, als an seiner Seite sein, ihm den Schweiß abtupfen, das Bett aufschütteln, seine Beine massieren und eincremen, ihm seinen Schnabelbecher zum Trinken reichen (er hatte keine Kraft mehr, ein Glas zu halten), ihn streicheln und ihm immer wieder sagen, wie sehr ich ihn liebe. Er selbst litt sehr unter dem Verfall, er mochte sich seit Monaten nicht im Spiegel anschauen (und er war eigentlich kein extrem eitler Mann). Noch schlimmer wog wohl, dass die einfachsten Dinge nicht mehr möglich waren wie der Toilettengang, der Griff zum Glas, das Aufstehen etc. Ein ehemals total vitaler und selbstständiger Mann, der im Leben stand, war auf einmal ein Häufchen Elend geworden, das nur noch aus Schmerzen und Haut und Knochen bestand. Zwei Wochen extreme Leidenszeit sind vielleicht nicht viel, doch für uns fühlte sich das an wie die Ewigkeit. Wir waren dankbar, als mein Vater dann nach einem nächtlichen Zusammenbruch die terminale Sedierung erhielt und nicht mehr aufwachte. Er war erlöst von all dem Elend und den Schmerzen.

So leid es mir für euch tut (vor allem für deine Frau), wenn die Schwiegermutter ihre Entscheidung getroffen hat und nicht mit sich reden lässt, dann müsst ihr wahrscheinlich ihren Entschluss akzeptieren. Aber ihr solltet ihr dennoch sagen, dass bei Verschlechterung des Zustands die Möglichkeit der Palliativversorgung besteht...

Ich wünsche euch ganz viel Kraft
Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 12:13 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55