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  #1  
Alt 23.12.2013, 22:19
Stoerchin Stoerchin ist offline
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Registriert seit: 02.06.2011
Beiträge: 167
Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Ihr Lieben,

mein Tannenbaum steht und ich erwarte morgen meine Familie bzw. das, was davon noch übrig geblieben ist. Mein Freund ist schon vorgefahren zu seinen Eltern, wo ich ihn übermorgen wiedertreffe. Ich genieße es ein wenig, mal den ganzen Tag ungestört weinen zu können, wenn mir danach zu Mute ist. Gestern habe ich Freunde vom Abi wiedergetroffen, die ich seit Ewigkeiten nicht gesehen habe. Ihnen habe ich dann, weil die Situation passte, von meinen OPs erzählt (ich habe mir wie Angelina Jolie prophylaktisch das Brustdrüsengewebe entfernen lassen, allerdings ein Jahr vor ihr) und sie waren mitfühlend und geschockt-interessiert. Ich kann es ihnen nicht verübeln, dass sie nicht viel nach meinem Bruder gefragt haben, bestimmt wussten sie nicht, ob ich über ihn reden wollte. Ich wollte die ganze Zeit schreien "hey, diese ganze Geschichte ist nichts gegen den Tod meines lieben, lieben Bruders".

Heute habe ich wieder festgestellt, dass mein Onkel, festes Mitglied meiner engsten Familie, sein Herz abgeschottet hat. Er sagte etwas in der Richtung "ja, das wird Weihnachten nicht so leicht, aber so ist es nun mal und wir können es nicht ändern." Fertig. Ich würde so gerne gemeinsam an ihn denken, z. B. möchte ich daran erinnern, wie er einmal als Kind seine Indianerschmuck-Federn in die Weihnachtsgans im Ofen steckte, weil sie ihm so nackt vorkam. Mein lieber, lieber Bruder.

Chrisi, ich finde diesen Satz
Zitat:
Viele Tränen liefen am Hl. Abend und an den darauffolgenden Weihnachtstagen, meine tiefe Trauer, die vielen Tränen waren aber letztendlich nur eines - die tiefe Liebe, die ich für meinen Bruder empfand.
so wunderschön und passend und ich danke Dir, dass Du Dich für uns noch einmal in Euer erstes Weihnachtsfest nach seinem Tod hineinversetzt hast. Zur tiefen Liebe: Mir fällt gerade ein, wie der Bettnachbar meines Bruders vor 10 Jahren im Krankenhaus einmal gesagt hat, dass man meine Liebe zu ihm merken würde.

Liebe Mel, Dein Satz
Zitat:
mein Leben ist von ständigem Denken an den Tod begleitet, das Gefühl ist schrecklich.
spricht mir leider auch so sehr aus der Seele. Ich bekomme einfach nicht zusammen, dass der Tod das ist, was wir hier alle am allermeisten fürchten und dann aber wieder geht es unseren Angehörigen jetzt so gut - ist ein langes Leben also erstrebenswert? Bis jetzt hatte ich mich damit getröstet, dass mittlerweile (leider) auch schon Elternteile von Bekannten und Freunden gestorben sind und dass es der Lauf der Dinge ist, dass man ohne seine Eltern auf der Erde zurückbleibt, aber unsere Geschwister - die hätten uns "normalerweise" bis zum Ende des Lebens begleitet. Heute bei Weihnachseinkauf dachte ich "Ihr Idioten, Ihr schiebt hier Eure Wagen durch die Gegend, auf einem Planeten, von dem Ihr nicht wegkönnt, Ihr Materien aus Zellen und Atomen, Ihr Spielbälle des Schicksals".

Aber nun schiebe ich diese ganz düsteren Gedanken mal zur Seite. Ich freue mich durchaus auf Weihnachten. Man lernt die verbliebenen Familienmitglieder und gute Freunde noch mehr zu schätzen als vorher. Und Mel: ich habe meine Schlafstörungen überwunden. Sie waren so schlimm, dass ich teilweise mit nur 2 Stunden Schlaf oder so auf der Arbeit erschienen bin. Ich hatte festgestellt, dass mir z. B. das Angucken von Fotos von ihm direkt vor dem Schlafen gar nicht guttat. Mittlerweile schlafe ich wieder wie vorher, nur morgens ist der Schreck wieder da.

Sagt mal, kommt jemand von Euch zufällig aus Hannover? Ich würde so gerne eine Trauergruppe für jüngere Trauernde gründen.

Nun wünsche ich Euch allen und Euren Familien ein schönes Weihnachtsfest, auf dass der Frieden und der Zauber der Weihnacht die Schmerzen ein klein wenig verdrängen und Ihr etwas Freude empfinden könnt.

Herzliche Grüße von
Störchin
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  #2  
Alt 08.01.2014, 21:17
Waldkäuzchen2014 Waldkäuzchen2014 ist offline
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Registriert seit: 08.01.2014
Beiträge: 9
Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Liebe Stoerchin, liebe andere Mitglieder in diesem Thread,

Du (darf ich Du sagen?) als erwachsene Frau mit Deinem verlorenen erwachsenen Bruder - jemanden wie Dich habe ich immer in diesem Forum als stille Mitleserin gesucht - und bisher nie gefunden.
Ich bin 28 und meine Schwester verstarb vor über drei Monaten an metastasiertem Brustkrebs. Sie wurde 34 Jahre alt.
Nie habe ich Menschen getroffen, die exakt das nachfühlen können, was ich fühle. Meine Eltern erlebten diese letzten vier Jahr nach Diagnose sicherlich anders als ich. Meine Schwester war eine unheimlich bemerkenswerte udn willenstarke Frau, die Hilfe nur begrenzt zuließ - erst als es nötig wurde. Sein erwachsenes Kind zu begraben ist nicht das gleiche wie ein Geschwister. Mich hat dies alles reifer gemacht (auhc die letzten Jahre schon, ich wusste dass der Tag einmal kommen wird, wo ich "Einzelkind" werde), und dennoch breche ich manchmal noch zusammen. Verschiedene Anlässe gibt es dafür: Totensonntag 2013 und Weihnachten 2013 war eine brutale Zeit. Es ging ganz gut zeitweise, und dann wieder doch nicht. Keine Geschenke für sie dieses Jahr gekauft....usw. War froh als die Feiertage rum waren. Auf der anderen Seite rückt nun, Anfang 2014 wieder mein anderes Problem nahe: Habe derzeit viel äußeren beruflichen Druck - bzw. mache mir den vielleicht auch selber. Ich kämpfe also an mehreren Fronten, und manchmal weiß ich gar nicht wofür.
Ich freue mich, dass ich in diesem Forum schreiben und lesen kann. Habe jahrelang immer wieder hier gelesen und viele Menschen bewundert. Freue mich, hier Austausch zu finden.
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  #3  
Alt 12.01.2014, 19:55
Stoerchin Stoerchin ist offline
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Registriert seit: 02.06.2011
Beiträge: 167
Beitrag AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Hallo Waldkäuzchen,

natürlich darfst Du "Du" sagen! Auch Du hast Deine Schwester so früh - viel zu früh - an diese schreckliche Krankheit verloren. Es tut mir sehr leid, Du hast mein tiefes Mitgefühl. Dennoch freut es mich, wenn ich Dir mit meinem Thema zusammen mit allen, die hier schon geschrieben haben, vielleicht etwas helfen kann. Ich weiß so sehr, wie Du Dich fühlst. Es muss noch schlimmer sein, jetzt "Einzelkind" zu sein. Ich habe ja noch meine Schwester.

Die Weihnachtszeit war schwer wie erwartet (wenn auch mit schönen Momenten dazwischen, wir sind ja geflüchtet und waren für 1,5 Tage gar nicht zu Hause), wie ging es Euch anderen hier? Es lag allerdings nicht nur an Weihnachten und der emotionalen Zeit (das Gute daran war sogar, dass ich viel mit dem Rest meiner Familie zusammen war, was mir immer gut tut) sonderen auch daran, dass man einfach mal Zeit zum Nachdenken hatte. Somit hat die Arbeit auch etwas Gutes, sie lenkt ab, auf der anderen Seite habe ich tatsächlich genau das gleiche Problem wie Du, Waldkäuzchen:
Zitat:
Habe derzeit viel äußeren beruflichen Druck - bzw. mache mir den vielleicht auch selber. Ich kämpfe also an mehreren Fronten, und manchmal weiß ich gar nicht wofür.
Ich bin emotional auf meinen Job angewiesen, um nicht völlig durchzudrehen, auf der anderen Seite kann ich diesen zusätzlichen Stress gerade überhaupt nicht gebrauchen. Ich habe schon so oft über eine psychosomatische Reha nachgedacht, komme aber zu keinem Ergebnis, ob ich wirklich so lange weg möchte. Hat jemand hier evtl. Erfahrung mit einer "Trauer-Reha"? Habt Ihr ansonsten professionelle Hilfe in Anspruch genommen?

Ansonsten steht für mich eine weitere Herausforderung an: am Sonntag hat mein Bruder Geburtstag, er wäre dann 33 geworden. Ich weiß es noch wie gestern, wie wir letztes Jahr gefeiert haben.

Fühl Dich gedrückt, Waldkäuzchen, ich freue mich darauf, mich auch mit Dir sowie mit allen hier weiter auszutauschen.

Liebe Grüße
Störchin
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  #4  
Alt 13.01.2014, 16:26
Waldkäuzchen2014 Waldkäuzchen2014 ist offline
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Beiträge: 9
Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Liebe Mitleser und -schreiber,

Weihnachten war schwierig, und hin und wieder hats mich zerbröselt, zb. als ich ihr Blumen ans Grab gebracht habe.
aber wir (Eltern, Freund, Familie vom Freund) haben uns alle gegenseitig getragen. Am 1. Feiertag waren wir ganz unkonventionell bouldern - hauptsache raus.

ich bin derzeit auf Jobsuche da mein befristeter Vertrag endete, etwa 1,5 Montate nach dem Tod meiner Schwester. Das machts jetzt nicht unbedingt einfacher. Einerseits gut um durchzuatmen aber den ganzen Tag allein zu Hause sitzen, Bewerbungen schreiben und Interviews vorbereiten ist jetzt auch nicht sehr gut für die privat Kommunikation und Verarbeitung.

@Stoerchin: Am 19.1. hätte Dein Bruder Geburtstag? Ich bin auch am 19.1. geboren - so ein Zufall. Im übrigen bin ich auch manchmal wütend auf meine Freundinnen und ihre alltäglichen Fragen nach Jobsuche etc - es fragt fast nie jemand, wie es mir geht, wenn wird nach dem Befinden meiner Eltern gefragt. auf der anderen Seite wissen sie es vielleicht nicht, wie sie reagieren sollen. wer dies nicht durchlebt hat, versteht auch nicht. aber etwas mehr Zuwendung würde ich mir manchmal schon wünschen.

Ich freu mich von Euch zu hören. Einen schönen Abend
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  #5  
Alt 14.01.2014, 18:35
mel2013 mel2013 ist offline
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Registriert seit: 19.04.2013
Beiträge: 9
Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Hallo Waldkäutzchen, hallo an alle

auch ich möchte dich hier begrüßen, wenn auch aus wenig erfreulichen Gründen. Und natürlich sagen wir hier alle DU, man fühlt sich dabei doch gleich viel mehr miteinander verbunden.

Ja, ich bin sowas von froh, dass wir Weihnachten und Neujahr hinter uns gebracht haben. Es war "schön" für meinen Sohn, aber auch schrecklich für mich. Dieses erste Mal ohne meine Schwester Dieses endgültige Niemehrwiedersehen macht mir ganz schön zu schaffen.
Auch ich bin jetzt "Einzelkind", kann dich also total verstehen. Ein Gefühl der Leere, der Trauer, ach es ist einfach unbegreiflich.

Ich verstehe auch, dass du nach deinen Gefühlen gefragt werden möchtest aber manchmal können solche Fragen auch ganz schön nerven. Die meisten "Freunde" oder Bekannte möchten eigentlich nichts negatives hören, jedenfalls geht es mir so.

Liebe Störchin, von einer Trauer-Reha habe ich noch nichts gehört. Allerdings wäre so etwas mal angebracht, fände ich toll. Leider komme ich nicht aus deiner Nähe, sonst wäre das mit der Trauergruppe auch eine Option für mich, schade

So ihr alle, jetzt werde ich mich noch etwas um meine kleine Familie kümmern und auf eine erträgliche Nacht hoffen.

Ich bin froh, dass es euch gibt

Liebe Grüße
Mel
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  #6  
Alt 14.01.2014, 20:56
Stoerchin Stoerchin ist offline
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Registriert seit: 02.06.2011
Beiträge: 167
Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

Ihr Lieben,

heute nur mal kurz: Kennt Ihr das Buch "Geschwistertod" von Minke Weggemans und Waltraud Heitzer-Gores? Es ist wohl das einzige, das nur dieses Trauer-Kapitel thematisiert. Es ist so là-là, aber dieses Problem
Zitat:
es fragt fast nie jemand, wie es mir geht, wenn wird nach dem Befinden meiner Eltern gefragt.
wird dort auch thematisiert. Es scheint tatsächlich oft so zu sein, dass die nur die Eltern Fragenden sich nicht vorstellen können, wie sehr die (erwachsenen) Geschwister leiden.

Ja, Waldkäuzchen, am 19.1. hat mein Bruder Geburtstag. Ich weiß noch gar nicht, wie ich den Tag überstehen soll. Wir treffen uns an seinem Grab und essen dann noch zusammen Abendessen. In seine Wohnung, in der seine Freundin noch wohnt, habe ich mich bis heute noch nicht getraut.

Ich bin auch sehr froh, Euch gefunden zu haben. Waldkäuzchen: Dir wünsche ich trotzdem schonmal einen schönen Geburtstag!

Liebe Grüße
Störchin
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  #7  
Alt 14.01.2014, 21:59
hm maria hm maria ist offline
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Registriert seit: 15.07.2013
Ort: niederlande
Beiträge: 335
Standard AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister

da habt ihr recht glaube das viele die trauer der geschwister unterschätzen, gibt mir schon zu denken da ich auch eine freundin habe der ihr bruder an krebs verstorben ist, muss schrecklich sein, denn er hatte auch noch kleine kinder, wünsche dir ganz viel kraft, und irngedwie wird dein bruder bei euch sein, lg maria
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