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  #1  
Alt 04.10.2016, 20:43
Angel0812 Angel0812 ist offline
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Hallo mein Herz,

heute konnte ich in Bezug auf neue Arbeit einen Schritt voran gehen. Wenigstens ist hier ein Lichtblick im tiefen Dunkel. Ich bleibe sogar der Branche erhalten und kann einige unserer Kunden mitnehmen. Die Kunden wären lieber alle mit mir mitgegangen, aber leider erlaubt der Konzern das nicht....naja...

Immer wieder kommen mir die Bilder unserer letzten Tage in den Kopf. Du sahst so schmal aus, konntest nicht mehr aufstehen, konntest kaum mehr reden. Durch das Morphin hast du zum Glück keine Schmerzen gehabt...wobei, als dich die Brückenschwester etwas gerader legen wollte, hast du dein Gesicht verzogen und sie versucht abzuwehren. Ich sagte dann zu ihr, dass du genauso schräg im Bett liegen bleiben darfst, wie dir das gerade gefällt. Ich wollte nicht das du Schmerzen hast. DU hast die Schmerzen anscheinend auch nur bei festeren Berührungen gehabt. So lagst du ganz friedlich und nur bei Bedarf, durfte/konnte/musste ich dir Morphin zuführen. Ich fand das ganz schrecklich, ich empfand das Morphin als Todbringer. Weil Morphin der Ende des Weges für mich bedeutete. Einen Weg den wir nicht mehr zu Ende gehen können..... Ich könnte k..zen wenn ich das so schreibe. Beim schreiben wird einem so viel bewusst. Was passiert ist, was man nicht wahrhaben will.
Ich kann es immer noch nicht glauben...es sind jetzt fast 8 Wochen, seit du die Seite gewechselt hast. Ich muss mir immer wieder sagen, dass es für dich mit Sicherheit das Beste war, dass du hast gehen dürfen. Ich versuche mir einzureden (ich glaube eigentlich auch daran), das du dort alle unsere verstorbenen Lieben um dich herum hast und auf den Tag wartest, wenn ich dann wieder mit dir zusammen sein kann. Das hilft in manchen Stunden, aber es hilft nur selten.
Du willst nicht das ich aufgebe. Das weiß ich. Aber der Berg den du mir zurückgelassen hast, ist riesig. Ob ich das alles schaffe, wird die Zeit zeigen. Aber ich verspreche, ich werde es versuchen.

Mein geliebtes Herz, hier mache ich einen Punkt.
Es küsst dich innig
dein "Spotzl"
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  #2  
Alt 05.10.2016, 20:13
Angel0812 Angel0812 ist offline
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Standard AW: Ohne Worte

Hallo mein Herz,

heute schreit wieder alles in mir nach dir. "Wo bist du? Wann kommst du endlich heim? Wieso bist du so lange weggegangen?"
Natürlich weiß ich, was passiert ist und wo du bist. Aber der Tag des Begreifens ist noch nicht da. Wie soll man auch begreifen, das ein so starker Mann wie du es warst, innerhalb 7 Wochen diesem Krebs erliegen muss? Ich kann das nicht begreifen. Noch nicht.
Es kommen so viele Bilder dieser Wochen in meinen Kopf, die ich immer wieder versuche zu verdrängen. Ich war an so vielen Tagen sprachlos, hilflos dem Ganzen gegenüber. Ich holte mir Mut von Sandra, meiner/unserer Tochter. Diesen Mut gab ich an dich weiter und du hast dich aufbauen lassen. Oder doch nicht? Heute denke ich an manche Situationen, wo ich den Eindruck bekomme, das du mir bewusst was verschwiegen hast. Bewusst vor mir den Starken markiert hast. Warum, mein Herz? Ich hätte doch jede Last mit dir getragen, ich hatte doch schon das alles erlebt. Aber ich glaube du hast gewusst, das es mit dir am schwierigsten für mich werden würde. Das stimmt auch. Du hast mich gekannt wie kein anderer. Und doch hätte ich diese Last so gerne mit dir ge(er)tragen....
Dich gehen zu lassen, war das schlimmste was mir bis jetzt passiert ist. Und ich habe noch kein Mittel gefunden, diesem Schmerz entgegenzutreten. Ich finde hier keinen Ansatzpunkt wie ich das bewerkstelligen soll. Und der Berg wird höher....
Gestern habe ich von Moni die nächste Hiobsbotschaft erfahren. Einer unserer Kameraden ist nun ebenfalls mit 56 gegangen. Herzinfarkt im Auto...keine Chance. Dieses Jahr ist entsetzlich....

Mein Herz, hier mach ich den Punkt mal wieder. Vielleicht isz der Tag morgen besser....
Ich liebe dich und küsse dich innig
Dein "Spotzl"
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  #3  
Alt 06.10.2016, 19:35
Maria Sofia Maria Sofia ist offline
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Hallo,

ja, es ist unendlich schwer, einen geliebten Menschen zu verlieren. Man ist allein, will den anderen nicht zur Last fallen und diese dummen Sprüche der anderen will man nicht mehr hören. Verstehe Dich sehr gut.

Das Morphin, welches er bekam (es war wie eine Bewußtseinstrübung), war für mich auch das Ende. Er konnte auch nicht mehr sprechen.

Wünsche Dir alles Gute und sende Dir herzliche Grüße

Maria Sofia
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  #4  
Alt 06.10.2016, 23:07
monika100 monika100 ist offline
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Ihr Lieben,

zum Thema Morphin:

Als mein Vater 2003 mit seiner Herzschwäche im Endstadium ins Krankenhaus kam, das er nicht mehr verlassen hat, haben meine Mutter, meine Schwester und ich abwechselnd sehr viel Zeit neben seinem Bett verbracht.

In der ersten Zeit konnte mein Vater noch sprechen und hätte sich unterhalten können, ging aber nicht weil er so furchtbare Luftnot hatte und dadurch unvorstellbare Angst. Ich konnte diese - vielleicht auch, weil ich ihm ziemlich ähnlich bin - förmlich spüren.
Dann konnte er nicht mehr hoch, nicht mehr essen, er erbrach alles, als ob sein Körper sich wehrte gegen die Nahrung, nach einer Zeit nicht mehr schlucken, und immer die schlimme Luftnot. Er konnte so nicht zur Ruhe kommen. Zwischendurch raste sein Herz oder setzte auch mal aus, dann wieder Rasen, immer so weiter.

Das hat mir das Herz zerrissen. Ich bin dann zu den Ärzten und habe gefragt, ob man ihm nicht mehr zur Beruhigung geben kann.
Er bekam dann Morphin, nicht einmal viel, aber es hat gewirkt.
Er hat dann viel geschlafen, hat den ganzen Mist nicht mehr so mitbekommen. Er konnte in diesem "Schlaf" auch besser atmen, die Angst war wohl besser.

Der ältere Arzt auf der Intensivstation hat mir dann gesagt, sein Zustand wäre jetzt für ihn nicht so elend wie er in der Realität ist, sondern so ähnlich als ob er schlecht träumen würde.

Ehrlich gesagt, damit konnte/kann ich bis heute gut leben.
Es wurden ihm durch das Morphin die Qualen bis zum Tod ein wenig genommen, das war gut für ihn - und auch gut für uns.
Ich denke er hat trotzdem gemerkt, dass wir da waren. Eigentlich war das Morphin ein Segen. Die schlimme Luftnot und Angst vor dem Sterben war einfach nicht zu ertragen.

Vielleicht hilft euch mein Erlebnis ein wenig bei euren Gedankengängen.

Alles Liebe für euch,

Monika
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  #5  
Alt 07.10.2016, 17:20
Angel0812 Angel0812 ist offline
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Hallo ihr Lieben,

danke Maria Sofia für deine lieben Worte....
danke Monika, für deine Gedankengänge.... du hast schon recht damit, dass das Morphin unseren Lieben geholfen hat. Trotz allem weiß man, dass damit die letzten Schritte eingeleitet sind. Dieses Wissen war entsetzlich für mich...

Hallo mein Herz,

wollte heute eigentlich soviel erledigen und machen und habe wieder nichts fertig gebracht. Ich bin so paralysiert, das ich mit nichts so richtig vorwärts komme. Dabei ist so viel zu tun. Vor allem unser Büro muss geräumt werden. Ich kann das gar nicht veranlassen, das tut so weh. Wieder ist ein Stück von dir dann weg... Dein Auto muss noch abgegeben werden. Auch das kann ich nicht. Du hast dieses Auto geliebt und ich kann dich verstehen. Seit du die Seite gewechselt hast, habe ich es des öfteren gefahren und habe an diesen 270 PS echten Spaß gefunden. Ich als NICHTAdrenalin-Junkie. Du weißt doch, ich hasse schnelles fahren. Eigentlich.
Auf Arbeitsamt muss ich auch noch gehen, um mich bis Ende des Jahres arbeitslos melden, ab Januar geht es bei unseren Freunden weiter für mich. Mit einem kleinen Teil unserer Kunden. Wenn ich nicht diese blöde Krankenversicherung brauchen würde, würde ich mich nicht arbeitslos melden. Das würde ich irgendwie hinbekommen.
Ich bräuchte so dringend deinen Rat. Auch wenn ich nicht immer mit dir einverstanden war, hat mir dein Ratschlag immer wieder genützt und mich weiter gebracht. Und ganz eigentlich warte ich darauf, das dieser Alptraum-Film endlich zu Ende ist. Ich schau ins Fernsehen und denke, so, jetzt schalte ich den Film aus und dann ist alles wieder gut. Aber hier wiederhole ich mich...

Dieser Schmerz macht mich noch verrückt. Es tut so weh, dieses Leben ohne dich, du kannst dir das nicht vorstellen. Und diese verrückten Gedanken dann. Man will das ja nicht, aber wer weiß....
Ich versuche dann, mich an deine Worte zu erinnern, als du gesagt hast, das ich mein Benefizturnier unbedingt weitermachen soll. Das habe ich auch wieder in die Wege geleitet, denn die vielen krebskranken Kinder brauchen jeden Cent. Ich würde das Turnier ja gerne auf deinen Namen umbenennen, aber ich glaube damit würde ich mir keinen Gefallen machen. Außerdem haben wir ja lange am Namen rumgefeilt. Deshalb bleibt es dabei. Ich habe dieses mal auch einen Jugendsquad drin. Man hat mich gefragt, ob die Kiddis nicht auch für Bowl for Colours spielen dürfen. Ich hab das mit Moni besprochen und nun haben wir auch einen Jugendsquad. Ist eigentlich schön, wenn Kids für krebskranke Kids spielen. Im November ist es soweit. Eigentlich habe ich keinen Nerv dafür, aber irgendwie gibt es mir auch Kraft. Ich habe vor drei Jahren was wichtiges erschaffen und es soll weiterleben mit dir in meinem Herzen. Und die Leute freuen sich auch schon wieder drauf.

Mein geliebtes Herz, hier setze ich wieder einen Punkt.
Es küsst dich innig
dein "Spotzl"
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  #6  
Alt 08.10.2016, 00:27
Carmen GR Carmen GR ist offline
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Ort: Thessaloniki, Griechenland
Beiträge: 18
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