Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 27.07.2017, 12:48
lotol lotol ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.04.2016
Beiträge: 716
Standard AW: Vor drei Wochen war die Welt noch ok

Hallo poy,

Zitat:
Sie ist geistig noch vollkommen klar. Das macht es auch für sie so schwer. Sie fragt, wie lange denn noch, warum sie sich so quälen muss.
...
Sie muss sich so enorm quälen. Jedes Tier wäre schon längst erlöst worden. Ich verstehe nicht, warum wir Menschen uns so etwas antun.
Wir Menschen müssen uns das nicht unbedingt antun.

Würdest Du eine Umfrage starten, wie Menschen am liebsten sterben würden, ist als überwiegende Antwort so in etwa zu erwarten:
Wenn es so weit ist, dann wenigstens schnell und mit möglichst wenig Schmerzen.

Wir leben in einem System, in dem es auch eine Rechtsordnung gibt, die es uns durchaus erlaubt, so in Würde sterben zu können, wie wir das jeweils für richtig halten.
Weil es unantastbare Grundrechte gibt, wie z.B.:
https://dejure.org/gesetze/GG/1.html

Art. 1 GG umfaßt natürlich auch das Recht, seinen eigenen Tod bzw. den Sterbevorgang beeinflussen/gestalten zu können.

Allerdings nur im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung, wozu Du z.B. hier etwas findest.
http://www.cdl-rlp.de/Unsere_Arbeit/...utschland.html

Insoweit ist relativ klar, wie man selbst seinen Tod/sein Sterben gestalten kann.
Schriftlich vorliegende Willens-Erklärungen erleichtern allen Beteiligten das richtige Vorgehen/die Unterstützung dabei.

Am besten bereitet man das vor, wenn man geistig noch in der Lage dazu ist, Willens-Erklärungen abgeben zu können.
Solche, die dazu geeignet sind, Beteiligte "straffrei" halten zu können.

"Jeder ist seines Glückes Schmied" - so makaber das in diesem Zusammenhang auch klingen mag.


Liebe Grüße
lotol
__________________
Krieger haben Narben.
---
1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 27.07.2017, 13:11
poy poy ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 27.07.2017
Beiträge: 8
Standard AW: Vor drei Wochen war die Welt noch ok

Zitat:
Zitat von lotol Beitrag anzeigen
Am besten bereitet man das vor, wenn man geistig noch in der Lage dazu ist, Willens-Erklärungen abgeben zu können.
Noch am 2.Tag im Krankenhaus hat meine Schwiegermutter eine umfassende Patientenverfügung unterschrieben.
Für weitergehende Maßnahmen ist jetzt zu spät. Meine Schwiegermutter würde es auch nie fertig bringen, sich selbst ein tödliches Medikament zu verabreichen. Dazu ist sie zu ängstlich.

Aber diese Erlebnisse sorgen dafür, dass ich für mich auf jeden Fall Vorsorge treffen werde.
Zitat:
Zitat von Clea Beitrag anzeigen
Meine Mutter hatte zum Morphin immer Haldol bekommen.
Das sollte in dem Fall gegen die Übelkeit bei Morphin helfen.
Die Ärzte haben schon zig Mittel ausprobiert, jedoch hat keines gewirkt. Das, was minimal geholfen hat, kann nur oral verabreicht werden. Das bekommt sie nicht mehr runter.

Morphin bekommt sie noch nicht. Schmerzen hat sie glücklicherweise bisher nur leichte, die mit Novalgin behandelt werden. Aber ich wünschte, sie würden ihr Morphin geben, da Morphin ja auch eine sedierende, dämpfende Wirkung hat.
Zitat:
Zitat von Clea Beitrag anzeigen
Dir wünsche ich viel Kraft.
Danke, aber meine Frau nimmt das viel stärker mit. Die beiden haben eine innige Bindung. Meine Schwiegermutter hat die letzten 15 Jahre bei uns im Haus gewohnt. Glücklicherweise haben wir gerade Urlaub, so kann meine Frau bei ihrer Mutter im Krankenhaus sein.

Nachtrag:
Zitat:
Zitat von Clea Beitrag anzeigen
Meine Mutter hatte zum Morphin immer Haldol bekommen.
Seit heute Nachmittag bekommt sie nun Haldol. Und es hat tatsächlich etwas geholfen. So musste sie heute im KH noch in ein anderes Zimmer ziehen (zum x.ten Mal). Bisher ging das so gut wie gar nicht wegen ihrer Übelkeit.

Wenn 4 Tage zurück 100% wären, wäre sie heute bei 40%. Das Sprechen fällt ihr schwerer, sie läßt zunehmend den Mund auf, die Füße zittern und sie ist insgesamt unruhiger.

Aber sie kämpft noch. Sie weicht tieferen Gesprächen aus, haben ein paar Mal in den letzen Tagen versucht mit ihr über den Tod zu sprechen, dass sie sich nicht um uns sorgen muss. Aber sie denkt die ganze Zeit darüber nach, was aus uns wird, wer zukünftig vormittags auf unsere Hunde aufpassen kann. Die beiden Hunde hat sie tief in ihr Herz geschlossen.

Wir haben sie heute gefragt, ob sie Morphin möchte. Aber sie hat darauf nicht geantwortet. Wir glauben, dass sie diesen Schritt nicht gehen möchte, weil sie den Verlust des klaren Denkens befürchtet. Sie kann nicht loslassen.

Geändert von gitti2002 (27.07.2017 um 23:24 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 27.07.2017, 19:41
Clea Clea ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 560
Standard AW: Vor drei Wochen war die Welt noch ok

Ja, die Angst vor dem Kontrollverlust kann ich nachvollziehen.
Aber wenn sie dazu noch ihren Willen äußern kann,
ist sie auch noch nicht in der finalen Phase.
Dann ist Kommunikation kaum mehr möglich.
Ich freue mich, dass das Hallo wirkt, wenigstens für den Moment.
Für meinen Mann War das auch alles nicht schön, als meine Mutter ging, aber für mich War das eine ganz andere Hausnummer.
Die eigene Mutter ist etwas ganz besonderes, auch schon, wenn die Beziehung nicht so innig War wie bei deiner Frau.
Da geht ein Teil von dir und du kannst nichts tun.
Und es reist eine klaffende Wunde.
Und wenn du schon lange nicht mehr daran denkst,
wird sie immernoch in Gedanken ständig bei ihr sein.
Hab Verständnis, das wird sie am meisten brauchen.
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 28.07.2017, 18:06
poy poy ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 27.07.2017
Beiträge: 8
Standard AW: Vor drei Wochen war die Welt noch ok

Jetzt bekommt sich zusätzlich Morphium. Heute morgen war sie das erste Mal richtig ruhig und es war eine vollkommen friedliche Atmosphäre im Zimmer. Nahezu den ganzen Tag schlief sie.

Sie kann kaum noch sprechen, das Wasser sammelt sich in Bauch und Beinen und heute Abend konnten wir Flecken an den Beinen sehen, dort wo die Beine auflagen.

Als meine Frau ging, wurde meine Schwiegermutter unruhig. Wir werden daher um 22.00 Uhr nochmal mit der Nachtschwester telefonieren.

Mit deutlichen Schritte bewegt sie sich auf ihre letzte Reise zu...
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 28.07.2017, 21:53
Schokolade08 Schokolade08 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 19.10.2016
Beiträge: 20
Standard AW: Vor drei Wochen war die Welt noch ok

Mein Gott wenn ich das alles so lese wird mir ganz anders. Es ist so traurig und macht mich so wütend das man einfach nichts machen kann .... einfach nur zusehen und da sein. Ich finde es bewundernswert wie toll ihr das alles meistert und wie stark ihr in den richtigen Situationen seid 😔
Ich wünsche mir das auch ich das mal so kann wenn es denn so weit ist .... aber den Gedanken schiebe ich jetzt erstmal wieder ganz weit weg .....
Meine Gedanken sind nun erst einmal bei euch und eurer Schwiegermutter. Ich wünsche ihr das sie nun schnell loslassen kann und nicht leiden muss.

Ich denke an euch und schicke ein dickes Kraftpaket rüber 📦📦📦
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 29.07.2017, 17:04
Benutzerbild von HeikesFreundin
HeikesFreundin HeikesFreundin ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.05.2010
Ort: Lüneburg
Beiträge: 917
Standard AW: Vor drei Wochen war die Welt noch ok

Viel Kraft für euch!
__________________
... meine Freundin Heike ist am 24. Mai 2010 mit 48 J ganz friedlich für immer eingeschlafen ...

... meine liebe Freundin Lilli44 - auch Du hast für immer Deinen Platz in meinem Herzen ...


... I`ll see you when the sun sets!!!
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 29.07.2017, 18:30
poy poy ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 27.07.2017
Beiträge: 8
Standard AW: Vor drei Wochen war die Welt noch ok

Danke Euch!

Heute morgen dachte ich "Heute". Atemaussetzer bis zu 22s. Bei jedem Atemzug bleibt einem selber der Atem stehen und man ringt nach Luft.

Dann hat meine Schwiegermutter sich aber wieder "gefangen". Sie war den Tag über zwar sehr unruhig und deutlich mehr wach als gestern, hat zwischendurch, wenn Sie meine Frau gesehen hat, gelächelt, hat mich heute morgen mit Winken verabschiedet. Und heute Mittag hat sie vehement gegen die Morphium-Spritze protestiert und zu verstehen gegeben, keine Spritze mehr! Das Haldol will sie aber weiterhin. Ich denke, sie will einfach bei klarem Verstand sein.

Sie sitzt mehr im Bett, als dass sie liegt. Mit dem Kopf nach vorne geneigt. Ich könnte so nicht liegen, sie will aber auf keinen Fall anders. Mit 3-4 Kissen liegt sie im Bett.

Heute hat sie das erste Mal seit Tagen selber Speichel produziert. Können wir noch nicht einsortieren.

Die letzten 2 Nächte sind wir immer mit der Angst schlafen gegangen, dass gleich das Krankenhaus anruft und wir schnell in Krankenhaus fahren müssen. Mittlerweile vermag ich keine Prognose mehr zu geben. Insgesamt geht das schon sehr an die Substanz. Vor drei Wochen habe ich zu einem Kollegen noch gesagt, wie sehr ich die 10 Tage bis zum Urlaub zähle und dass ich auf dem Zahnfleisch gehen würde. Einen Augenblick später hat meine Frau angerufen, dass ich nach Hause kommen muss, ihre Mutter müsse ins Krankenhaus....

Um so mehr Respekt vor denen, die diese Anspannung über einen deutlich längeren Zeitraum ertragen müssen. Uns kommen die letzten 3 Wochen wie ein halbes Jahr vor und was vorgestern war ist heute schon eine halbe Ewigkeit her.
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 15:21 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55