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  #1  
Alt 08.12.2005, 13:49
Sonja A. Sonja A. ist offline
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liebe britta,

du musst keine tollen und perfekten worte für deinen papa finden.
geh zu ihm, umarme ihn, drücke ihn und sage, dass du immer für ihn da sein wirst. frage ihn, was er fühlt. es ist dein papa. du hattest früher ja auch keine angst, mit ihm zu sprechen. überwinde dich. es wird euch beiden ungemein gut tun. lies wirklich bitte mal in lebensgedanken.de. dort steht so viel wertvolles. versuche es, die kommende zeit so anzunehmen wie sie ist, dann wächst du auch hinein. sich verwehren macht es noch schmerzhafter, dann überrumpelt es einen.

klar kannst du in bochum anrufen und dich beraten lassen. aber bitte dränge deinen papa nicht, dorthin zu fahren. es ist nicht entscheidend. der weg der heilung steht leider nur sehr wenigen offen. für heilung oder wunder ist nicht die zeit. jedoch für liebe ohne ende, für liebe, wie du sie im leben noch nicht mit deinem papa erlebt hast. sprich mit ihm, es wird dich sehr viel reicher machen und ihm sehr helfen. heule, weine, sag ihm deine gedanken, erzähle von deinen ängsten aber auch deinen plänen für eine zukunft. weint zusammen. und freut euch zusammen, dass ihr euch habt.

alles liebe, sonja
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  #2  
Alt 08.12.2005, 14:32
Lili Lili ist offline
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Ach Sonja, das ist ja wirklich eine schöne Geschichte, die all diese Gemeinplätze wunderbar entlarvt ...

Ich finde, man sollte sich als Betroffene und Angehörige das Versprechen geben, ehrlich zueinander zu sein und kein schlechtes Gewissen haben müssen, auch die eigenen Sorgen und Ängste zu äußern. Als ich die Betroffene war, habe ich immer ganz heroisch versucht, alles runterzuspielen und meinen Lieben nicht noch mehr Sorgen zu bereiten. Rückblickend betrachtet, würde ich es heute glaube ich anders machen und nicht selbst vorweg nehmen wollen, wie andere damit umzugehen haben. Und ich habe auch gerade mein persönliches Trainingsfeld: Meine Mutter ist in wenigen Monaten so in die Demenz abgerutscht, dass die Verbindung vor allem unter dem Vorzeichen "Gefühle" funktioniert, nicht aber mehr der geistige Austausch. Und mein Vater, der vor zwei Monaten einen Schlaganfall hatte, versucht die Nummer "alles kein Problem, mach Dir keine Sorgen!" (kenn ich doch irgendwie noch ...) In seinem Fall versuche ich, ihn zu mehr Ehrlichkeit im Umgang mit der Situation, mit seinen verbliebenen Problemen, mit meiner Mutter, mit mir, usw. zu überzeugen. Mal sehen, ob es mir gelingt. Aber nachdem ich meine eigene Erkrankung (hoffentlich) ausgestanden habe, steht mir der Sinn nicht mehr nach Getue und Fassade, wenigstens nicht im privaten Bereich. Das Leben ist zu kurz. Wenn der Umgang miteinander dann vor allem von Liebe und Respekt geprägt ist, kann man eigentlich nicht mehr viel falsch machen, oder? Ich halte es jedenfalls für falsch, Entscheidungen gegen den ausdrücklichen Willen des Betroffenen durchzusetzen (widerspricht dem Leitgedanken "Respekt").

Gruß, Lili
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  #3  
Alt 08.12.2005, 14:48
Sonja A. Sonja A. ist offline
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lili,

deine worte sind sehr treffend und wer könnte sie mehr von herzen sagen als du, die eine sehr schwere zeit selber erlebte, welche hoffentlich nie mehr zurückkommen wird.

"...steht mir der Sinn nicht mehr nach Getue und Fassade, wenigstens nicht im privaten Bereich. Das Leben ist zu kurz. Wenn der Umgang miteinander dann vor allem von Liebe und Respekt geprägt ist, kann man eigentlich nicht mehr viel falsch machen, oder? Ich halte es jedenfalls für falsch, Entscheidungen gegen den ausdrücklichen Willen des Betroffenen durchzusetzen "

diese sätze bringen all mein geschriebenes auf den punkt. mit liebe und respekt kann man nichts falschmachen. jeder mensch mit schwerer diagnose hat angst, egal, wie er sich nach außen hin gibt. dasein, zuhören, gespräche anbieten und auch gemeinsam weinen. es ist eigentlich so einfach.

ich muss einfach hier mal die letzte passage aus "geborgen im leben" von elisabth kübler-ross abtippen:

"sie werden kein zweites leben wie dieses bekommen. sie werden nie mehr die rolle spielen und dieses leben erfahren, so wie es ihnen geschenkt wurde. sie werden die welt nie wieder so erfahren wie in diesem leben, nie wieder unter den gleichen umständen, mit diesen eltern, kindern und familien. sie werden nie wieder den gleichen freundeskreis haben. sie werden die erde mit all ihren wundern in dieser zeit nie wieder erleben. warten sie nicht, bis sie einen letzten blick auf das meer, den himmel, die sterne, einen geliebten menschen werfen. gehen sie jetzt hin und schauen sie ihn an."

nicht wegsehen. nicht wege suchen, die sich nicht auftun werden. hingehen, berühren, sprechen - das ist liebe und sinn unseres lebens. liebe ist das einzige, was wir mitnehmen können.

liebe britta, habe keine angst. du schaffst das. hier wirst du immer ein offenes ohr finden und aufgefangen werden. nun fang du deinen papa auf. gerade vermeintliche schwäche ist eine stärke.

alles gute, sonja
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  #4  
Alt 08.12.2005, 17:43
Anemone Anemone ist offline
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Liebe Sonja,
besser kann man es nicht sagen!
Ich hoffe, Britta kann aus Deinen Worten ein wenig Kraft schöpfen. Du hast genau ausgedrückt, was ich fühle. Man kann nicht immer stark sein, man muss auch seine Tränen zulassen.
Meinem lieben, sehr kranken Mann und mir geht es genau so. Manchmal können wir mit unserer schrecklichen Situation einigermaßen gut umgehen, dann wieder sitzen wir einfach nur da und weinen. Aber das muss sein und erleichtert ein wenig.
Viele liebe Grüße,
Anemone
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  #5  
Alt 08.12.2005, 21:04
Brittavl Brittavl ist offline
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Hallo ihr alle,
habe heute nachmittag mit Papa telefoniert. Er hörte sich richtig gut an, viel besser als die letzten Tage. Ich denke, die Infusionen haben ihn körperlich gestärkt, dann kommt der Rest auch wieder etwas auf die Beine.
Bevor ich mit ihm telefoniert habe, habe ich ihm einen Brief geschrieben. Unter anderem habe ich ihm darin angeboten, ihn nach Bochum zu schaffen. Da ich ihn ja noch nicht zur Post gebracht hatte, habe ich bei dem Telefonat mit Papa noch einmal tief durchgeatmet und ihn gefragt, ob er das will. Und siehe da: JA!!!
Vielleicht wird er morgen entlassen, dann faxe ich sofort den Entlassungsbericht rüber und telefoniere mit Bochum.
Auch mir geht es jetzt richtig gut, da sich mein Papa wie mein Papa anhörte. Und ich bin richtig froh, daß er mit Bochum zugestimmt hat. Ich glaube auch, daß er gegenüber "seinem" KH ein schlechtes Gewissen hat, daß er noch eine andere Meinung einholt und ggf. nicht mehr wiederkommt. Aber das wohl das kleinste Problem.

Ich halte euch auf dem Laufenden, schaue jetzt mal bei "lebensgedanken.de" vorbei.

Liebe Grüße an alle, die so tolle Tips und Worte für mich haben, ich drücke euch alle,
Britta
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  #6  
Alt 09.12.2005, 09:14
Anemone Anemone ist offline
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Hallo liebe Britta,
ich freue mich mit Dir, dass es Deinem Papa offensichtlich besser geht. Wenn er sich nun entschieden hat, nach Bochum zu fahren, ist das doch prima. Ich wünsche Euch ganz viel Glück. Lass bitte weiter von Dir hören!
Liebe Grüße,
Anemone
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  #7  
Alt 14.12.2005, 09:16
Barbara 64 Barbara 64 ist offline
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Beiträge: 37
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Liebe Britta,

freut mich für euch, daß Dein Vater einen Schritt ins Leben macht.
Ich wünsche euch viel Kraft und drücke die Daumen für Bochum.

Liebe Grüße,
Barbara
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