Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 11.03.2006, 14:21
Benutzerbild von Karin B.
Karin B. Karin B. ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 10.05.2004
Ort: wilder Süden BW
Beiträge: 1.374
Standard AW: Hirnmetastasen - wie sage ich es ihm?

hallo peggy,
ich kann gut nachvollziehen, was in dir vorgeht, nur kenne ich diese situation gerade andersherum. es ging um den lebensgefährten meiner mutter. er hatte darmkrebs. uns wurde von der ärzten gesagt, dass er höchstens noch 6 monate zu leben hat. wir haben versucht ihm das vorsichtig beizubringen, aber er hat abgeblockt. er und unheilbarer darmkrebs - niemals.
er hat sich mit seinem stoma abgefunden, auch mit den schmerzpflastern, aber sterben, nein sterben würde er noch lange nicht.
dabei waren noch so viele dinge zu regelen, doch meine mutter und ich sind in der beziehung nicht an ihn herangekommen.
umso mehr der zeitpunkt an diese 6 monatsfrist herankam und er merkte, dass ihm die anfängliche schmerzdosis nicht mehr reichte, kamen ihm doch bedenken, aber ausgesprochen hat er sie nie.
das einzigste was für ihn wichtig war, dass er nicht ins krankenhaus muß.
fast 5 monate ging es ihm verhältnismäßig gut, mit den schmerzpflastern eben, doch dann begann es rapide abwärts zu gehen. er konnte nicht mehr aus dem haus, auch sein morgentlicher frühschoppen konnte er nicht mehr wahrnehmen.
ich habe dann den notar ins haus bestellt, damit er wenigstens seine sachen regeln konnte und das auch nur wiederwillig.
markaber war, dass er genau 6 monate nach seiner darm op gestorben ist. die ärzte hatten leider recht behalten.
was mich beruhigt hat, war die tatsache, dass ich ihn beim sterben begleiten konnte, trotz dass ich auch brustkrebs habe/hatte und ihm nicht versprechen konnte, ihn zu hause zu lassen.
für meine mutter war es jedoch nicht ok so, denn sie blieb zurück, mit vielen fragen ohne antworten und viele dinge die sie ihm gerne noch gesagt hätte, aber nicht konnte, da er abgeblockt hat.
ich denke, für ihn war es der richtige weg, er hat sich dafür entschieden, so zu gehen, ohne großes trara um seine krankheit zu machen.
doch er hatte die wahl.
was ich damit sagen will, ich weiß nicht was für ein mensch dein papa ist.
doch denke ich, ihm gar nichts zu sagen ist vielleicht auch nicht der rechte weg.
aber das ist meine meinung.
du wirst hier sicher einige zuschriften bekommen und jeder kann nur seine meinung dazu sagen.
im endeffekt mußt du, oder die freundin deines papas entscheiden, ob es richtig ist, ihm die ganze wahrheit zu sagen.
aus deiner sicht heraus kann ich nur hoffen, dass er es erfährt, denn es ist schlimm sich von einem lieben menschen nicht richtig verabschieden zu können.
mein vater hatte einen sekundentot und es gab keine gelegenheit abschied zu nehmen und daran knabbere ich heute noch herum, obwohl es schon mehrere jahre her ist.
entscheide vom bauch heraus und nach dem gefühl in deinem herzen.

ich wünsche dir, egal wie du dich auch entscheiden solltest, viel kraft.
alles liebe
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 11.03.2006, 17:51
Benutzerbild von iris1506
iris1506 iris1506 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 03.11.2005
Ort: bockenau/ kreis bad kreuznach
Beiträge: 556
Standard AW: Hirnmetastasen - wie sage ich es ihm?

hallo karin und peggy

man ist in einem zwiespalt, soll man die harte tatsache dem patienten mitteilen, oder nicht.
nach langem hin und her haben wir(auch mit den ärzten) entschieden, es meinem papa nur dann zu sagen, wenn er danach fragt.
durch die hirnmetastasen gerät der eigentliche tumor in den hintergrund, da der verlauf jetzt von den metastasen bestimmt wird.
mein papa weiß, das er an seiner krankheit sterben wird, er weiß aber nicht das es die hirnmetas sind.

vor 10 tagen als wir wußten, das man nicht mehr behandelt, habe ich ihn in einem schlechten allgemeinzustand nach hause bringen lassen.
er war sehr verwirrt, hat viel geweint und viel geschlafen. nach zwei tagen hat sich sein zustand so gebessert. heute nach 10 tagen, isst er alles, ist überhaupt nicht mehr verwirrt und nimmt uns und seine umgebung voll wahr.

kurz gesagt, er fühlt sich wohl, scherzt und lacht mit uns und seinen enkeln.

jeder tag, an dem es ihm so gut geht, ist für uns alle ein geschenkter tag, an dem wir uns mit ihm freuen.

eine lebenserwartung bei hirnmetastasen kann keiner sagen, auch nicht die ärzte. es kann heute schon soweit sein, in ein paar wochen und mit ganz viel glück und gotteswille ein paar monate.

soll ich ihm seine freude, die er mit uns und wir mit ihm haben jetzt nehmen??
das bringe ich nicht übers herz. es ist für mich als tochter verdammt schwer, zu wissen, was sich da in seinem hirn abspielt. was mag dann in ihm vorgehen, welche ängste vor dem was kommt, wenn er die ganze tragweite weiß??

vor 4 wochen ist der bruder meines papas an leberkrebs verstorben. bis zum schluß wußte er auch nicht wie es um ihn steht. er ist montags ins koma gefallen und dienstags ganz ruhig und friedlich im kreise seiner familie eingeschlafen.

aber wie du schon schreibst, karin. jeder sollte für sich entscheiden und aus dem bauch heraus.
wir glauben fest, das richtige getan zu haben und freuen uns über jeden morgen, an dem wir unseren papa noch haben, er ist doch auch erst 68.

liebe grüße

iris
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 11.03.2006, 18:07
Benutzerbild von iris1506
iris1506 iris1506 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 03.11.2005
Ort: bockenau/ kreis bad kreuznach
Beiträge: 556
Standard AW: Hirnmetastasen - wie sage ich es ihm?

hallo peggy

das mein papa friedlich einschläft, wünsche ich mir auch, vor allem, das er nicht leiden muß.
mein papa bekommt drei mal täglich 8 mg cortison, das hemmt die symptome und verhindert die schnelle ödembildung im hirn.
die ärzte meines papas sind sehr offen und immer für ein gespräch bereit.
sie sagten, wir brauchen keine angst haben vor einem leidvollen ende, er wird irgendwann eindämmern.
lähmung und ausfallerscheinungen im rechten arm hat mein papa auch, kommt von den metastasen. immer unterschiedlich, wo sie gerade drücken.
bekommt dein papa auch cortison?
einem kranken nicht die ganze tragweite zu sagen, ist keine lüge. es ist ein abwägen, kann er es ertragen oder nicht. schade das du so weit entfernt von ihm bist, das macht für dich die situation auch nicht leichter.
wir wohnen gemeinsam in einem haus, weil ich auch papa und mama pflege.
meine mama hat alzheimer im 2.ten stadion. sie bekommt von alldem gar nichts mit.

entscheide aus dem bauch, du tust bestimmt das richtige.

ich wünsche dir ganz viel kraft

liebe grüße

iris
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 12.03.2006, 13:00
Maruschka Maruschka ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 16.11.2005
Beiträge: 13
Standard AW: Hirnmetastasen - wie sage ich es ihm?

Hallo an Alle,

ich möchte mich zu der Thematik "soll man dem Patienten die ganze Tragweite sagen, oder nicht" äußern. Ich denke, der Patient weiß am Besten, wie es um ihn steht, ob ihr es ihnen nun sagt, oder nicht. Jeder kennt seinen Körper doch ganz genau. Wir haben unserem Vater auch nicht immer alles gesagt, was uns die Ärzte mitgeteilt haben. Aber wir haben gespürt, dass er genau wusste, wie es um ihn steht.

Alles Liebe und Gute für euch.

Viele Grüße
Maruschka
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 12.03.2006, 20:23
Benutzerbild von Claudia_1986
Claudia_1986 Claudia_1986 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.02.2006
Ort: Weinstadt
Beiträge: 110
Standard AW: Hirnmetastasen - wie sage ich es ihm?

Liebe Peggy,

ich kann dich gut verstehen. Vor 10 Jahren habe ich genau das selbe durch gemacht wie du heute. Nur damals war ich noch sehr Jung und habe das ganze kaum verstanden. Dafür setzte ich mich heute mehr damit auseinander, da ich vor kurzen auch an Krebs erkrankt bin. Mein Vater hatte auch einen Gehirntumor, Lungenkrebs, Hodenkrebs.... usw. Mein Vater lag dann nur noch im Krankenhaus und ist auch da gestorben. Die Ärzte sagten damals: "man müsse sich das so vorstellen wie in einem großen Haus, ganz langsam gehen die Lichter aus, stück für stück". Und dann war er friedlich eingeschlafen. Ich denke du solltest deinen Vater die letzten paar std., die er noch SCHMERZFREI erleben darf, leben lassen. Unternimm noch viel mit ihm und zeige ihn das es Menschen gibt die für einen da sind. Dann wird es bestimmt auch dir besser gehen. Du musst deinen Vater nicht anlügen, ich denke er wird sich schon damit ausseinander gesetzt haben auch wenn er es nicht zu verstehen gibt. Ich hoffe nur für dich und vorallem deinen Vater alles alles gute und liebe....

LG Claudia
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 13.03.2006, 12:47
Peggy_WI Peggy_WI ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.03.2006
Ort: Wiesbaden
Beiträge: 27
Standard AW: Hirnmetastasen - wie sage ich es ihm?

Ich danke euch allen sehr für eure hilfreichen Antworten. Bin zwar immer noch unschlüssig, was ich tun soll, aber ich bin ganz froh zu wissen, daß es mir nicht allein so geht.

Ich habe mittlerweile aber auch das Gefühl, daß mein Vater weiß, wie es um ihn steht. Nicht umsonst gibt ein Mensch seine Wohnung (absolute Traumwohnung) einfach so auf, wenn er Hoffnung hat, daß alles in ein paar Monaten "wieder gut" ist. Seine Aktivitäten in Bezug auf das Auflösen von Verträgen, Versicherungen etc. geben mir doch zu denken. Heute hab ich das Gefühl, daß mein Vater uns den Abschied "erleichtern" will, uns vor größeren Schwierigkeiten bewahren will. Es ist, als wolle er alles noch zu Lebzeiten "zurückfahren", damit wir mit diesen Dingen hinterher nicht mehr belastet werden. Dafür liebe ich meinen Vater! Ich kann gar nicht ausdrücken, wie sehr mich das einerseits traurig macht - andererseits aber auch so stolz. Er war nie der Kämpfer in seinem Leben, hat sich häufig aus Streitereien rausgehalten, immer nachgegeben. Er war...nein er IST ein Mensch, der zu gut ist für diese Welt, wie man immer so schön sagt. Es trifft auf keinen Menschen so zu, wie auf ihn. Aufgrund seiner Weichheit und Nachgiebigkeit empfand ich ihn manchmal als schwachen Menschen. Aber den letzten Kampf... den kämpft er vorbildlich. Das wandelt irgendwie in mir das Bild, das ich bislang von ihm hatte. Bitte versteht mich nicht falsch - ich hab meinen Papa immer geliebt, aber er war nie der "Vater", der uns Sicherheit und Stärke vermittelt hat. Er war einfach nur ein guter, lieber Mensch.
Mir gibt das jetzt alles so zu denken... ich werde wohl nächste Woche wieder zu ihm fahren und evtl. vor Ort entscheiden, ob wir drüber sprechen. Ich möchte einfach nicht mit dem Gefühl nach Hause fahren, daß er "es nun weiß", aber ich in dieser Situation nicht bei ihm bin. Er hat seine Lebensgefährtin, aber irgendwie muß ich doch auch da sein. Andererseits bin ich froh, die örtliche Distanz zu haben. Ich hab dadurch die Möglichkeit, auch mal "abzuschalten" und einen klaren Kopf zu kriegen, um nicht vollständig zu verzweifeln. Ich bewundere all diejenigen, die das schaffen, ihre kranken Eltern oder Geschwister, Freunde etc. vor Ort zu pflegen. Ich weiß nicht, ob ich so stark wäre...

Ich bin - auch während ich dies hier schreibe - immer wieder hin und her gerissen. Ich würde ihm gerne sagen, daß er sich keine Sorgen machen muß. Ich bin erwachsen und komme alleine sehr gut zurecht. Und ich würd ihm so gerne die Angst vorm Sterben nehmen, weil ich weiß, daß es "danach" nicht zuende ist, sondern ganz viel Liebe auf ihn wartet...

Ich werde euch wieder schreiben.
Vielen dank nochmal für eure Antworten. Ich wünsch euch ebenfalls ganz viel Kraft!!

Peggy
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 13.03.2006, 14:08
Benita Benita ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 03.09.2005
Beiträge: 573
Standard AW: Hirnmetastasen - wie sage ich es ihm?

Hallo Peggy,

ich habe heute in deinem Thema gelesen und ich glaube, du hast dir die Antwort schon selbst gegeben.
Die Aktivitäten deines Vaters sind wirklich ein Hinweis darauf, dass er sich mit dem Unausweichlichen beschäftigt. Ich denke, du hast recht mit deiner Vermutung, dass er euch nicht belasten will.
Vielleicht solltest du akzeptieren, dass er im Moment nicht darüber reden mag. Vielleicht macht er es, um euch nicht zu ängstigen, vielleicht fehlen ihm die Worte.
Mein Mann ist ebenfalls an einem Hirntumor erkrankt und hat eine schlechte Prognose. Auch ich war ständig im Zweifel, ob ich es ihm sagen soll oder nicht.
Ich brachte es nicht übers Herz und so schwieg ich. Ich glaube, das war richtig. Sein Zustand ist im Moment den Umständen entsprechend sehr gut und ich denke, dass die Hoffnung das Wichtigste ist. Niemand kann genau sagen wann jemand stirbt. Inzwischen weiß er was los ist und er verdrängt es. Jeder sucht sich seinen Weg.
Wenn du ihm sagen willst, dass er ein guter Vater ist und dass du ihn liebst, dann tu es ohne Hintergedanken. Er wird dich sicherlich verstehen. Und wenn er es will, dann wird er auch mit dir über den Tod reden.
Wenn jemand den man liebt, so schwer erkrankt ist, denkt man ständig an den nahenden Tod. Dabei vergisst man sehr schnell, dass man selbst (vielleicht durch einen Unfall) den nächsten Tag nicht mehr erlebt.
Was ich sagen möchte ist, lebe im hier und jetzt. Nutze jede Gelegenheit deinen Vater zu sprechen und ihm auch zu sagen, wie du ihn liebst. Sage ihm, dass du immer für ihn da bist. Das hilft dir und deinem Vater.

Ich wünsche dir viel Kraft und Zuversicht.

Liebe Grüße Benita
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 00:17 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55