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  #1  
Alt 28.08.2006, 11:50
sonja.schuster sonja.schuster ist offline
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Standard AW: 24Std.-Betreuung - Wir sind am Ende unserer Kräfte

Liebe Sinja,
bitte sucht Euch so schnell als möglich professionelle Hilfe bei einem Pflegedienst bzw. einer ambulanten Betreuung, Ihr könnt nicht so weiter machen, das könnt Ihr alleine nicht schaffen! Sicherlich wird die Mutter anfangs sich wehren, aber manchmal sind die "Fremden" erfolgreicher als die Familie. Ich kann dies aus Erfahrung sagen. Mein geliebter Papa hat sich z.B. niemals von mir waschen lassen, dieser Gedanke wäre für ihn unerträglich gewesen. Die - teilweise auch jungen - Pflegerinnen des ambulanten Pflegedienstes bei uns am Ort konnten dies tun, waren immer sehr fürsorglich und haben seine ganzen Bedenken zerstreut - da war er dann plötzlich fromm wie ein Lamm!
Ich weiß, daß es bei jedem Menschen anders ist, aber Ihr könnt so nicht weitermachen, Ihr braucht auch einmal eine kleine Verschnaufpause für Euch selbst. Du schreibst auch etwas vom Hospiz, sicher gibt es auch jemand, der Euch helfen kann. Die professionellen Helfer haben doch mehr Gefühlsabstand zu allem und können deshalb besser agieren.

Ich wünsche Euch viel Kraft.
Eure Sonja Schuster
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  #2  
Alt 28.08.2006, 12:26
Benutzerbild von rezzan
rezzan rezzan ist offline
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Standard AW: 24Std.-Betreuung - Wir sind am Ende unserer Kräfte

Liebe Sinja,
bekommt deine Mutter denn irgendwelche Beruhigungsmittel? Meine Mutter war damals auch immer sehr angstvoll und teilweise panisch - hatte auch immer Angst vor so einer Erkrankung (ja, und dann hat es sie leider doch erwischt und alle ihre Ängste wurden wahr).

Unsere Hausärztin hat ihr dann sehr früh Tavor verschrieben. Ist ein Medikament, das beruhigt und Angst löst.

Wünsche euch alle Kraft der Welt,
Rezzan
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  #3  
Alt 28.08.2006, 13:38
SinjaZoe SinjaZoe ist offline
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Standard AW: 24Std.-Betreuung - Wir sind am Ende unserer Kräfte

Vielen Dank für Eure Antworten.

Es ist nicht meine Mutter, sondern die meines Freundes. Momentan liegt sie im Krankenhaus, weswegen Pflegedienst u.ä. eh nicht drin ist und die sind auf der Station ja eh total überlastet... Pflegedienst wird ohnehin keine Option mehr sein, denn sie wird vom Krankenhaus direkt ins Hospiz kommen, also nicht mehr nach Hause.

...dabei hatten wir zwei (mein Freund und ich) im Hauruck-Verfahren das Zimmer tapeziert damit sie es heller hat.*seufz* (War vorher das Wohnzimmer der letztes Jahr verstorbenen Großmutter meines Freundes, also recht großmütterlich düster eingerichtet, wie das so üblich war.)
Alles, nur damit es ihr einen Hauch besser geht!

Ja, sie bekommt zwar Beruhigungsmittel, will sie aber nicht nehmen, weil sie dann "wegdämmert", aber wenn sie sie nicht nimmt kommen die Panikanfälle.
Sie nimmt sie also nicht...auch, weil sie nicht mehr richtig schlucken kann.

Ich bete, dass sie und ich die Nacht halbwegs herum bekommen und ich nervlich nicht ganz so runter sein werde wie mein Freund, der die letzte Nacht bei ihr war. Er hat seinen Glauben fast schon verloren.

Wir wünschen uns alle, dass ihre (und ja! auch unsere!) Quälerei bald ihr Ende findet... und fühlen uns mies und schuldig dabei, denn keiner weiß, ob das auch ihr Wunsch ist... Manchmal lächelt sie noch, ja, macht sogar einen Scherz, dann denke ich immer die Quälerei hat doch noch ihren Sinn - solange man Freude am Leben hat. Aber hat sie das?

Grüße von der müden Sinja
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  #4  
Alt 28.08.2006, 13:49
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rezzan rezzan ist offline
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Standard AW: 24Std.-Betreuung - Wir sind am Ende unserer Kräfte

Liebe Sinja,
es ist schon unglaublich, was man alles aushalten kann, oder? Ich kann dir diese unendliche Müdigkeit so gut nachempfinden. Ich bin aber sicher, dass ihr das weiterhin schafft. Denn bei allem Unglück, ist das das eigentliche Wunder - dass man es doch irgendwie schafft...

Viele Grüße und alle Kraft der Welt für euch,
Rezzan
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  #5  
Alt 28.08.2006, 21:51
sanne2 sanne2 ist offline
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Standard AW: 24Std.-Betreuung - Wir sind am Ende unserer Kräfte

Liebe Sinja,
es ist ja ganz schrecklich was Ihr da durchmachen müsst!
Aber ebenso schrecklich ist es für die Mutter Deines Freundes. Panikattacken sind fürchterlich, vor allem die Angst vor dem sterben. Das Beruhigungsmittel Tavor gibt es auch als expede. Das heißt, dass man diese Tablette nur auf die Zunge legen muss und dann löst sie sich selber auf. Sie wirkt wirklich nur beruhigend und angstlösend. Vielleicht wäre das eine kleine Lösung gegen die Angstanfälle?
Hochachtung vor Euch, wie Ihr mit dieser Situation umgeht und wie Ihr trotz aller Probleme zusammenhaltet!
Liebe Grüße!
Sanne
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  #6  
Alt 28.08.2006, 22:22
ute57 ute57 ist offline
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Standard AW: 24Std.-Betreuung - Wir sind am Ende unserer Kräfte

Liebe Sinja,

ich schreibe eigentlich in einem anderem Forum, unter Hirnturmor. Auch ich kenne die 24 Std.-Rundumbetreuung. Ich betreue meinen Mann seit dem 17.08.06 alleine zu Hause, ich habe einen Pflegedienst und den ambulanten Hospiz eingeschaltet. Ich versorge meinen Mann ansonsten alleine rund um die Uhr. Auch ich habe seitdem Urlaub nehmen müssen, weil ich meinen Mann keine Sekunde mehr alleine lassen kann. Der ambulante Hospiz wird ab Donnerstag oder Freitag ca. für 3 Std. am Tag kommen, so daß ich diese Zeit dann für mich habe. Ansonsten bin ich Tag und Nacht für meinen Mann da, leider alleine. Ich wußte gar nicht, daß man soviel Kraft mobilisieren kann und ich weiß auch nicht wie lange ich diese Kraft noch habe. Aber ich werde alles versuchen, damit er in Ruhe zu Hause sterben darf und kann. Ich wünsche Euch viel Kraft für die nächste Zeit. Ute
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  #7  
Alt 29.08.2006, 15:08
SinjaZoe SinjaZoe ist offline
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Registriert seit: 28.08.2006
Beiträge: 6
Standard Wieder eine Nacht geschafft

Hallo,

habe grade ein wenig geschlafen, bin aber immer noch saumüde, dafür halbwegs glücklich; von dem Stress, den mein Freund die Nacht zuvor hatte, war diese Nacht keine Rede. 13 1/2 Stunden am Stück habe ich alleine ihr alle Wünsche förmlich von den Lippen abgelesen, Bett mit dem Kopfteil hoch, Bett runter, Decke vor, zurück, Fenster auf und zu, etwas erzählen, dann einfach nur Hand halten, den Mund befeuchten, ausspülen, mit einem kalten Lappen Schultern, Gesicht und Arme erfrischen, die mit Wasser gefüllten Beine entlasten, umlagern, bewegen, die Füsse vorsichtig massieren, die Uhrzeit ansagen, alles um sie herum beschreiben, Haare aus dem Gesicht streichen, sie etwas zur Seite heben, Kopf neu lagern, etc., etc. - kurzum alles, was man sich vorstellen kann und vielleicht noch ein bisschen mehr.

Gegen die Angst bekommt sie nun Tranquillium (???), welches die Schwester und ich so niedrig als möglich eingestellt haben und nur angeschaltet (Tropf) haben, wenn ein leichter Angstanflug unterwegs war. Daher war gab es nur einen mittleren Angstzustand und morgens eine ziemlich blöde Panikattacke. Nach der haben wir abgesprochen, dass sie sich nicht quälen soll - die Zeiten, sagt sie, sind ja nun vorbei - und sobald etwas Angst aufkommt lieber das Mittel zugeführt werden soll. Das klappt ganz gut, dem Himmel sei dank!

Meine Schulter tut ganz schön weh und ich werde bald in vielen Bereichen Muskelkater haben! Aber es war schön! Ehrlich! Es tut so gut, wenn sie lächelt!!!
Ich habe ihr immer wieder erzählt, dass sie doch irgendwie was richtig gemacht zu haben scheint im Leben, so sehr, wie alle um sie herum sein wollen, so sehr, wie alle ihr beistehen und ihr und sich gegenseitig helfen. Dann lächelt sie immer ganz seelig und sagt, da hätt ich anscheinend wohl recht, irgendwie muss das alles im Leben ganz gut hinbekommen haben, eigentlich geht es ihr - immer die Umstände vor Augen - doch "fantastisch".
Ist das nicht klasse?

Als ich zu Hause beim meinem Engel war, habe ich trotzdem erstmal nen 1a-Heulkrampf hingelegt. Die Nerven liegen nämlich trotz dieser als super zu bezeichnenden Nacht blank. Auch hat mich der Tod von Kerstin heute Nacht sehr mitgenommen; sie war 28 Jahre alt, genauso alt wie ich! Und so tapfer! So lieb! Die Familie war bei ihr als sie sanft eingeschlafen ist. Selbst der Nachtschwester standen die Tränen sichtbar in den Augen... Sie sagt, es sei so rührend, so unglaublich klasse, wenn sich Angehörige so einsetzen wie die von Kerstin, bzw. wir, sie kenne es auch anders; viele werden mit ihrer Angst und Trauer alleingelassen - kaum vernahm ich diese Worte lief es mir schon wieder wie ein Wasserfall aus dem Gesicht! Ich weine generell schrecklich viel, seh aus wie ein Zombie mit meinen dunkel-lila Ringen und rotgeränderten Augen

An alle da draussen: Ihr habt Recht! Es geht immer irgendwie weiter! Irgendwo kommt doch immer noch ein weiteres Fünkchen Kraft her! Auch wenn man es nicht mehr für möglich hält!
Bitte schreibt weiter, es tut gut zu wissen, dass man nicht alleine steht wenn alles fällt. Ich werde ebenfalls weiter berichten.
Auch Euch allen alle Kraft der Welt!!!
Sinja
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