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#1
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AW: Abschied
Liebes Evche,
weißt Du, es gehört schon eine Menge Mut dazu, einen lieben Menschen bis zu seinem Tod zu begleiten. Der Sterbeprozess schreckt viele ab, macht Angst, lähmt. Und doch gehört er seit unserer Geburt zum Leben dazu. Er wartet auf Dich, dessen bin ich mir ganz sicher. Du scheinst ein sehr wertvoller Freund für Ihn zu sein, und Dir selbst geht es ja nicht anders. Ich glaube, kein Mensch möchte alleine sterben, und viele warten direkt, um sich von Ihren Lieben noch zu verabschieden. Das kann auch nur ein Lächeln sein, ein zwinkern, ein Händedruck, eine kleine liebevolle Geste. Und doch soviel! Du bist ein sehr warmherziger Mensch mein Evche, das durfte ich ja schon selbst erfahren. Mein Dank gehört Dir. In Gedanken bin ich bei Dir und will versuchen, Dir Deine Angst, vor dem was kommt, ein klein wenig zu nehmen. Ja, es ist schrecklich, aber - sehe es als ein großes Geschenk an, dass Dir Dein Freund macht. Und irgendwann, werden wir uns ja eh alle wiedersehen, ohne Schmerzen und Angst. Ich umarme Dich ganz sanft Du Liebe Moni
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Jeder von uns ist ein Engel mit nur einem Flügel. Und wir können nur fliegen, wenn wir uns umarmen.
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#2
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AW: Abschied
Ich danke euch für eure lieben Worte. Der Sonntag war trotz meiner Befürchtungen wunderschön für mich. Als ich ankam, war Jürgens Zustand unverändert. Also habe ich mich an sein Bett gesetzt, seine Hand gehalten, ihn gestreichelt und alles erzählt, was seit unserem letzten Telefonat passiert ist.
Nach einer Stunde richtete er sich auf und war vollkommen klar. Die Worte kamen mühsam und haben ihn viel Kraft gekostet. Er berichtete, daß er in einem Traum wäre und seine Beine bereits im Wasser sind. Das Wasser würde immer mehr seinen Körper umspülen. Schmerzen empfand er keine. Als ich merkte, daß ihn das Sprechen zu sehr erschöpft, habe ich mich endgültig verabschiedet. Wir wußten beide, daß wir einander in dieser Form nicht mehr sehen werden. Er hat mein Gesicht mit beiden Händen umfasst und mich nur angesehen. Fast, als wollte er mein Antlitz in sich aufsaugen. Dann hat er meine Hände geküsst. In mir war in diesem Moment tiefer Frieden. Weil diese Geste unsere Beziehung, die sehr von gegenseitiger Achtung und Respekt geprägt war, wiederspiegelte. Heute geht es mir leider nicht so gut. Obwohl niemand weiß, wie lange der Sterbevorgang dauern wird und er ja noch lebt, kämpfe ich ständig mit den Tränen. Es erscheint mir so sinnlos, wenn ein Mensch mit Anfang 40 sterben muß. Obwohl ich durch mein eigenes Schicksal das Loslassen sehr schmerzlich lernen mußte, ist es doch wieder schwer für mich das Unabwendbare zu akzeptieren. Evche
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Macht hat nur der über mich, dem ich sie gebe. |
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