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  #1  
Alt 07.01.2008, 23:15
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Redaktöse Redaktöse ist offline
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Standard AW: Unzufrieden mit Informationen durch Arzt

Und so ging es weiter:

Fünf Tage nach der Operation einer seiner Hirnmetastasen konnte mein Vater aus der Klinik entlassen werden. Keine Schmerzen, alles bestens. Voller Freude war er wieder daheim bei meiner Mutter.

Seitdem passiert jeden Tag irgendetwas: ein Krampf, eine leichte Sprachstörung, plötzlich große Müdigkeit, Schmerzen im Baum, Schmerzen am After, Inkontinenz, Kraftlosigkeit, merkwürdig graue, gänsehauthafte Haut. Gestern konnte Papa sich wohl nicht einmal mehr alleine anziehen.

Einen Arzt will er nicht sehen. Wie es therapeutisch weitergeht, ist völlig unklar. In der siebten Woche nach der Diagnose hat noch immer kein Arztgespräch stattgefunden. Trotz der OP konnte die Art des Lungenkrebses anhand des Gewebes doch wieder nicht bestimmt werden.

Mein Vater weint und glaubt sich am Ende. Meine Mutter sagt, sie weiß nicht, ob er nochmal auf die Beine kommt. Und ich warte innerlich immer nur auf den abendlichen Anruf und ihren Report, wie es ihm geht. Und weiß doch, dass sie mir manches verschweigt.

Es kann noch Monate dauern. Oder nur noch ein paar Tage. Ich muss mich irgendwie vorbereiten, aber ich weiß gar nicht, wie. Ich bräuchte eine Checkliste mit simplen Anweisungen wie "Für den Notfall schon den Koffer packen", "Genug Benzin im Auto zum Sofort-Losfahren" ...

Ich fühle mich wieder so verloren wie in der ersten Woche.
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  #2  
Alt 07.01.2008, 23:32
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destiny68 destiny68 ist offline
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Standard AW: Unzufrieden mit Informationen durch Arzt

Hallo Regine,

Mensch, das tut mir leid! Kannst Du nicht vielleicht mal mit Deinem Vater sprechen, ob es für ihn okay wäre, wenn Du mal mit dem Arzt telefonierst und ihm die Situation schilderst. Ich kann zwar einerseits verstehen, dass Dein Vater nicht zum Arzt will, aber diese "Ausfallerscheinungen" sollten doch dringend abgeklärt werden. Das mit der Müdigkeit ist sicher ganz normal - und vermutlich auch das kleinste Problem. Aber Schmerzen und Krämpfe ...
So eine doch recht lange Narkose hat auch immer Nebenwirkungen, die man noch lange spürt. Ich wünsche Euch, dass es einfach nur davon kommt.

Und was sagt der histologische Bericht? Den müsstet Ihr doch mittlerweile haben. Obwohl mir gerade einfällt, dass wir auch ewig darauf gewartet haben

Fühl Dich einfach mal
Diese Scheixx-Hilflosigkeit ist so schlecht auszuhalten - mir geht es da auch nicht anders als Dir.

Lieben Gruß
Helga
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  #3  
Alt 08.01.2008, 21:25
WilliamMatthew
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Standard AW: Unzufrieden mit Informationen durch Arzt

Regine, das Schlimme ist: niemand kann dir deine Sorgen nehmen. Man ist in dieser Phase so fernab jedweden gutgemeinten Rates. Warum? Weil man den Trost nicht sucht, sondern die Entscheidung. Wer kann schon trösten, während du auf heißen Kohlen stehst, weil du für einen unsagbar langen Moment scheinbar das Laufen verlernt hast und in einer Art Wartezustand verharrst?!

Regine, du musst dir irgendwoher Kraft ziehen, um dies alles aushalten zu können. Ich kann nur wiederholen, was uns der Arzt gesagt hat: nicht nur der Vati leidet, sondern im selben Ausmaß auch die Familie. Also brauchst auch du ganz viel Stärke.

Als ich vor 1 1/2 Monaten hoffte und bangte, habe ich diese Zeilen hier im Forum gesehen. Aber irgendwie hab ich sie nicht gelesen. Sie konnten mich begleiten, aber nicht meiner Hilflosigkeit berauben.

Ich wünsch Deinem Vater, Deiner Familie und Dir selbst alles Gute, Regine.
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  #4  
Alt 13.01.2008, 13:52
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Redaktöse Redaktöse ist offline
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Beiträge: 36
Standard AW: Unzufrieden mit Informationen durch Arzt

Liebe destiny, lieber William,

wie sich diese endlos langen Wochenenden doch hinziehen! Unter der Woche bin ich wenigstens durch die Arbeit im Büro abgelenkt. Aber mich am Wochenende zu einem Kinobesuch oder einem Spaziergang oder zur Kontaktpflege zu Freunden aufzuraffen, schaffe ich einfach nicht.

Der histologischer Bericht ist inzwischen da: Adenocarcinom. Ach nein, tatsächlich?! Und dafür hat es dann eine Hirn-OP gebraucht. Das ist ja ein Witz!

Morgen hat Papa seine 1. Chemotherapie-Sitzung, allerdings nur einen Tag, dann folgen Bestrahlungen. Er ist inzwischen so kraftlos, dass er kaum noch die Treppe hochkommt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das noch Nebenwirkungen dieses Epilepsiemedikamentes sein sollen (Cortison bekommt er nicht mehr.), ich glaube, wir gehen einfach auf das Ende zu. Und wenn das stimmt und die Entwicklung so weitergeht, dann stirbt er binnen der magischen Drei-Monatsgrenze nach der Diagnose, von der ich so viel einst gelesen habe. Im Therapieplan tauchte nun auch zum ersten Mal das berühmte Wort auf: "palliativ". Achja, und angeblich hat Papa jetzt doch Metastasen in der Nebenniere und der Leber.

Und wie geht es mir? Ich habe keine Ahnung. Es ist, als fühle ich mich selbst nicht mehr richtig. Aber solche Sehnsucht nach dem alten, normalen Leben vor der Diagnose habe ich.

Regine
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  #5  
Alt 13.01.2008, 20:05
WilliamMatthew
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Standard AW: Unzufrieden mit Informationen durch Arzt

Hallo Regine,

zwischen den Zeilen erlaube ich mir herauszulesen, dass du mit dem Informationsfluss der Ärzte nicht zufrieden bist. Vielleicht hast du ja auch das Gefühl wie ich vor ein paar Wochen: ich werde langsam gefüttert... jeden Tag ein bißchen mehr... mal der Arzt... mal die Ärztin... mal die Meinung... mal der Therapieplan... dort ein undeutliches Abnicken... da ein hartes Urteil zwischendurch.

Einfach mitgehen, Regine, einfach mitgehen! Der Weg ist vorgezeichnet; vielleicht den Ärzten auch schon vom Zeitablauf her wohlbekannt. Mach alles so, wie du es kannst (und selbst erträgst). Für Deinen Vater. Aber auch für Dich selbst.

Wonach du dich sehnst, ist mir auch so gegangen. Ich wollte einfach auch diese Überbelastung meiner Nerven loswerden und wünschte mir daher die Vor-Krankheits-Zeit zurück. Nun...
Aber du kannst dies hier schaffen... es zerrt dich aus, doch du schaffst es.
Ich drücke Euch die Daumen für weniger Schmerz.
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  #6  
Alt 14.01.2008, 22:16
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Redaktöse Redaktöse ist offline
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Beiträge: 36
Standard AW: Unzufrieden mit Informationen durch Arzt

Hallo William,

ja, ich werde langsam gefüttert, oft habe ich ganz viel Hunger und bekomme nichts, dann wieder verschlucke ich mich fast an einem großen Brocken.

Heute hatten wir ja mit dem Beginn der Chemotherapie gerechnet, doch der Arzt hat sich plötzlich umentschieden. Er glaubt nun, dass es sich vielleicht doch eher um Darmkrebs mit Metastasen u. a. in der Lunge handelt. Papa ist wieder im Krankenhaus und wird auf eine Darmspiegelung morgen vorbereitet. Die Chemo soll dann Donnerstag beginnen.

Ich habe heute eine Phase, da ist es mir fast schon egal, welcher Krebs es nun ist. Bei dieser Streuung bleibt das Ergebnis ja eh dasselbe. Ich bin so müde und ausgelaugt. Aber ich kann nicht mal richtig weinen. Ist das normal?

Regine
die sich am liebsten unter der Bettdecke verstecken würde
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  #7  
Alt 14.01.2008, 23:21
WilliamMatthew
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Standard AW: Unzufrieden mit Informationen durch Arzt

Regine, am liebsten würde ich jetzt lieber schweigen, weil ich so ein ganz ungutes Gefühl habe bei dem, was du da schreibst. Dieses Hin und Her, mal Ja, mal doch Nein... da erinnert mich irgendwie an meinen Vati. Wir hatten ja auch einen Termin zur Chemo am 07.12.2007. Dann wurde es vorverlegt auf den 30.11.2007. Dann nochmals neue PEG-Magensonde legen. Dann auch das verworfen... - plötzlich war der Lungentumor das Eine, aber die Metastasen im Lymphsystem wichtiger.... dann kam der 29.11.2007.... UND DANACH die Aufklärung

Mensch Regine, bleib stark.
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