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  #1  
Alt 03.05.2008, 09:38
yoshi yoshi ist offline
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Standard AW: Ich habe Angst um meine Frau!

Hallo Mobs,

bei meiner Frau ist vor 10 Jahren ein Myom in der Gebärmutter „diagnostiziert“ (Pap-Test wies nicht auf eine maligne Erkrankung hin) worden. Da unsere Jungs zu dem Zeitpunkt schon 21 und 17 waren und wir keine Kinder mehr geplant hatten, entschloss sich meine Frau auf Anraten ihres Gynäkologen (Probleme durch Gebärmuttersenkung) zu einer Gebärmutterentfernung. Die OP (Portio – also zum Glück ohne Bauchschnitt) wurde abgebrochen, da die Ärzte die Bescherung sofort sahen: kein "normales" Myom. Die Operateure waren total entsetzt und dachten meine Frau hätte keine Vorsorge gemacht, was ja nicht der Fall war. Der Test beim Gynäkologen war negativ (heißt: kein Verdacht auf Krebs) – entsprechend entsetzt war später auch der langjährige Gynäkologe meiner Frau. Ich erinnere mich noch an jedes einzelne Wort, daran dass ich körperlich reagierte und die ganze Szene, wie ich am Krankenbett meiner Frau stand, sie aufgewacht war und wir hörten, dass die Ärzte davon ausgingen, sie sei „ernsthaft erkrankt“. Der Befund bestätigte sich noch am selben Nachmittag. Ein Albtraum für mich: mein Vater war an Leukämie gestorben als ich fünf war und ich bekam Angst meine Frau nun so früh (ich war 40) zu verlieren… Die Ärzte machten uns Hoffnung. Das konnte ich – so traumatisiert – gar nicht wirklich hören/glauben. Fünf Tage später hatte sie eine zweite fünfstündige große Operation (Wertheim), wo alles gut ging. Der Tumor war fortgeschritten, schnell wachsend, aber zum Glück in der Gebärmutter gekapselt und es waren keine Lymphknoten befallen. Eine ihr anschließend empfohlene Strahlentherapie hat bleibende Veränderungen der Darmtätigkeit und eine besondere Empfindlichkeit für fettige Milchprodukte wie Sahne hinterlassen - damit kann sie leben. Ich konnte zunächst gar nicht mehr arbeiten und war völlig verängstigt/traurig/ohnmächtig. Wenn MANN das an sich herankommen lässt, sind diese Gefühle so stark. Man kennt einfach keine Möglichkeiten und Wege, wie man damit umgehen kann. Ich glaube, viele Männer ahnen das und lassen es nicht an sich heran, beschäftigen sich lieber nicht damit. Ich war innerlich so sehr bei meiner Frau und habe so gehofft. Ähnlich scheint es Dir zu gehen. Von den Krankenschwestern haben wir gehört, dass Männer meist nur selten oder kurz, manche auch gar nicht nach solchen Diagnosen zu Besuch kommen. Die Ärzte waren nach der OP zuversichtlich, dass meine Frau krebsfrei wäre und ihr ein langes Leben bevorstehen könnte. Unsere Söhne haben sich rasch auf die positiven Nachrichten gestützt und daraus Zuversicht gezogen. Viele Freunde und unsere Familie waren sehr besorgt, aber auch sie konnten mit positiven Nachrichten natürlich besser umgehen. Der Schrecken ist so gewaltig, vor allem, wenn man sich nicht krank fühlt und in seinem Leben noch an einer ganz anderen Stelle ist. Wichtig war, dass ich Leute hatte, die sich interessieren, mit mir reden und denen ich ausführlich erzählen konnte. Wir haben beide gute Erfahrungen mit der Offenheit gemacht. Die Telefonate und Gespräche vor allem mit den Frauen aus unserem Freundeskreis haben mir viel gegeben. Männer habe ich eher beruhigt, sie wirkten verunsichert und wussten keinen Rat – als wenn es darauf ankäme. Meine Frau hat erst zuhause so richtig realisiert, was geschehen war und bekam Angst, dass sie sterben müsse. Da war ich dann zum Glück schon weiter und hatte wieder Hoffnung gefunden. Zusammen haben wir geweint und das war auch Trost. Im Krankenhaus war eine Schwester, die uns erzählte, dass sie die gleiche OP vor dreizehn Jahren ohne weitere Folgen hatte. Es war so schön, das zu hören. Was die Ärzte sagten, trat ein. Meine Frau ist heute bei bester Gesundheit. Wir haben aber immer bei den Kontrolluntersuchungen Angst und es fließt schon mal die eine oder andere Träne. Allerdings haben wir sogar schon einmal „den Jahrestag der erfolgreichen OP“ vergessen und es erst später gemerkt.

Das Ganze war ein gewaltiger Einschnitt in unser Leben. Danach haben wir vieles intensiver gelebt und auch nicht auf „können wir später noch machen“ verschoben. Die Zeit, die man für sich und miteinander hat, bekommt eine andere Bedeutung. Wir reden immer noch oft darüber und wissen von den Gefühlen des Anderen und wir können akzeptieren, dass wir auch immer noch mal traurig sind. Wir haben viele tolle Reisen gemacht, waren in Costa Rica, Australien und Indonesien. Ich habe zwei Jahre später meinen sicheren Angestellten-Job beendet und bin seitdem mit viel persönlicher und fachlicher Weiterentwicklung freiberuflich tätig. Ich habe nach der akuten Krisenzeit aber auch deutlich gemerkt, dass ich etwas für mich haben muss. Ich habe nach einiger Zeit eine Psychotherapie begonnen, die mir geholfen hat, einen Umgang mit mir und mit Abschied und Trauer zu entwickeln. Diese Gefühle habe ich ausgiebig kennengelernt und am schlimmsten habe ich die Ohnmacht, Verzweiflung und Hilflosigkeit empfunden.

Ich bin auf Deinen Forumsbeitrag eher zufällig gestoßen. In den letzten Jahren haben wir uns nicht mehr so viel mit Krankheit beschäftigt. Ich habe jetzt Beiträge nach einer anderen Erkrankung gesucht und Dein Thema gesehen, das hat mich sofort angesprochen. Leider gibt es nun für mich selbst keine guten Nachrichten (Nebennierenrindenkarzinom –extrem selten 1-2x : 1.000.000 und nur an der Uniklinik Würzburg medizinische Experten dafür) und ich suche nach ähnlich Erkrankten und deren Erfahrungen. Die OP liegt acht Wochen zurück. Ich habe ein gutes Staging und kann derzeit noch auf die „harte Chemo“ verzichten, sollte aber ein nebenwirkungsreiches Medikament adjuvant über zwei Jahre nehmen und tue mich mit der Entscheidung schwer. Ich habe eine schlimme Zeit und vier Wochen in Krankenhäusern hinter mir. Mittlerweile geht es mir sogar richtig gut: letzte Woche konnte ich sogar wieder auf mein geliebtes Fahrrad steigen. Welche ungewisse Zeit vor mir liegt, kann ich nur erahnen. Es hört sich sicher komisch an, aber uns haben die Erfahrungen mit der Erkrankung damals jetzt erstmal irgendwie geholfen. Tragisch, dass wir nun die Rollen tauschen und es beide durchmachen. Ich kann Dir nur sagen, als Angehöriger war es für mich in der Erinnerung fast schlimmer als es jetzt als selbst Betroffener ist (hängt bei mir sicher mit der damals gänzlich unbewältigten Traumatisierung, die ich durch den Verlust meines Vaters erlitten habe, zusammen). Obwohl die allgemeinen Prognosen und Statistiken für diese Erkrankung nicht gut sind, glaube ich, dass ich individuelle eine gute Chance habe – bei jedem ist es anders und ich habe ein gutes Umfeld und weiß, wie ich mich der Sache stellen kann. Außerdem gibt es auch viele hoffnungsvolle Geschichten, die vielleicht nicht hier im Forum zu finden sind. Nur eins ist klar: das Leben danach ist ein anderes. Ich kenne Dich ja nun nicht und habe bisher nicht in Foren geschrieben, aber Deine Geschichte berührt mich und ich hoffe, ich kann Dir ein wenig beiseite stehen mit meinen Zeilen.
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  #2  
Alt 05.05.2008, 19:06
Mobs Mobs ist offline
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Standard AW: Ich habe Angst um meine Frau!

Hallo yoshi!
Ich habe gestern deine Zeilen gelesen und mir die erst einmal ausgedruckt. Da ist erst einmal sehr viel auf mich eingeprasselt und ich habe mir das alles noch einmal in Ruhe(anstatt eines Buches)durchgelesen. Du hast so ziemlich genau beschrieben, wie es mir geht und das ohne mich zu kennen. Ja für mich war das schlimmste die Offenheit(wie du so schön schreibst). Die angeblichen Freunde sind auseinandergestoben wie Pusteblumen. Nur meine Familie ist übrig geblieben.
Aber deine Zeilen haben mir sehr geholfen und mich gestärkt. Wer die Hoffnung aufgibt, hat schon verloren. Über das Thema Sterben haben wir nie gesprochen, im gegenteil wir planen schon die nächsten Radtouren. Dieses Jahr wird das nichts mehr. Aber nächtes Jahr da glaube ich fest drann.

Es tut mir leid das nach überstandener Krankheit deiner Frau es nun dich erwischt hat. Ich wünsch dir alles GUTE
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  #3  
Alt 06.05.2008, 15:04
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blueblue blueblue ist offline
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Standard AW: Ich habe Angst um meine Frau!

Hallo Mobs, Hallo yoshi,

ich freue mich für Eure Frauen, dass sie auch so liebe Partner haben. Ich bin auch in der glücklichen Situation mit meiner Erkrankung, dass ich einen Partner und Kinder habe, die mich unterstützen und mich tragen.

Allerdings gebe ich zu, dass mein Mann nicht so offen damit umgeht, wie Ihr beiden, trotzdem weiß ich, dass ihm auch alles sehr nahe geht, glaube aber manchmal, dass er meint den "Harten" geben zu müssen, damit ich weiß, dass ich in ihm eine Stütze habe. Ist natürlich völliger Blödsinn, denn ich weiß sehr genau was ich an ihm habe. Und ich weiß auch, dass er Angst hat um mich. Offen zugeben würde er es trotzdem nicht. So ein Dussel....

Ich wünsche Euch beiden auch weiterhin viel Kraft

blueblue

Wer nicht kämpft, hat schon verloren!
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  #4  
Alt 06.05.2008, 21:19
Mobs Mobs ist offline
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Standard AW: Ich habe Angst um meine Frau!

War ein schöner Tag heute. Mein Frauchen hatte heute wieder einen 7 Stunden Chemotag. Ich weiß nicht was sie ihr gegeben haben, jedenfalls so gut wie heute war sie noch nie drauf(ob Die die Pullen verwechselt haben?). Sie meinte nur es war heute eine andere reihenfolge als sonst. Sie bekommt ja 3 verschiedene Mittel über das Port eingeflöst. Morgen muß sie wieder hin, aber nur für 3 Stunden. Bin ja gespannt wie sie da drauf ist. Ich weiß die nachwehen kommen in den nächsten Tagen, aber irgendwie baut die fröhlichkeit meiner Frau mich auf. Ich will das ganze nicht verharmlosen, denn es ist und bleibt eine beschissene Situation. Woher nimmt sie nur die Kraft? Nachdem ich sie heute abgeholt habe, fing ich an mit Fensterputzen, man hat die aufgepasst. Aber nichts gefunden,für so was habe ich meine geheimwaffen. Schmutzradierer und Aquatücher funktioniert alles mit klaren Wasser und ohne irgentwelche Hilfsmittel.
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  #5  
Alt 07.05.2008, 10:53
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blueblue blueblue ist offline
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Standard AW: Ich habe Angst um meine Frau!

Hallo Mobs,

was du da schreibst von deiner Frau, dass sie so fröhlich ist nach der letzten Chemo, kommt mir bekannt vor. Ich habe auch immer ein Hochgefühl gehabt nach der Chemo und mir wurde gesagt, dass es am Cortison liegen kann. Da war ich jedesmal richtig überdreht.

Viele gutgemeinte Grüße

blueblue


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  #6  
Alt 09.05.2008, 20:18
Mobs Mobs ist offline
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Standard AW: Ich habe Angst um meine Frau!

Hallo Leute!
Drei tage Chemo sind um. Meiner Frau geht es ganz gut und die nächste Chemo ist erst in Vier Wochen. Jetzt kann sie sich erstmal erholen und ich auch.
Übrigens blueblue: Vielen Dank für deine netten Grüße, wir wünchen dir auch alles Gute.
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  #7  
Alt 27.05.2008, 19:46
Mobs Mobs ist offline
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Standard AW: Ich habe Angst um meine Frau!

Hallo an alle die hier mit lesen!
Die letzten drei Wochen waren super. Meiner Frau geht es sehr gut. Deswegen war ich nicht so oft am PC. Wir haben diese Zeit in vollen Zügen genossen. Ich bin nur Traurig das,das erstmal wieder vorbei ist, weil die nächste Chemo ansteht und dann dauert es wieder zwei Wochen bis sie sich erholt hat. Der Juni wird sowiso interresant. Da wird sich zeigen was die ganze Chemo bis dahin gebracht hat. Da ist Halbzeit(Chemo geht bis September) Wir haben dann einen Termin bei Prf.Dr.Dr.Höckel und bei OB.Arzt Dr.Liebmann. Der Klinikchef Prf.Dr.Dr.Höckel hat ja meine Frau selber operiert.

Glaubt mir am liebsten würde ich das Zeitrad still legen, aber das geht ja nun nicht.
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