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  #1  
Alt 29.05.2008, 02:40
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo zusammen,

ich habe die letzten Beiträge gelesen in Bezug auf Betreuungsvollmacht und Patientenverfügung.

Eine Patientenverfügung allein ist nicht ausreichend. Begleitend dazu sollte eine Betreuungsvollmacht erteilt werden. Sollte der/die Kranke nicht mehr in der Lage sein, sich selbst zu äussern, so ergreift unter Umständen das Vormundschaftsgericht ein und bestellt von amtswegen einen Vormund, der für die/den Patientin/en entscheidet. Dann sind die Angehörigen vollkommen ausgeklammert, was Entscheidungen zum Wohl der/des Patienten/in betrifft. Das betrifft dann auch sämtliche finanziellen und sonstigen Rechtsgeschäfte, falls nicht eine Vorsorgevollmacht besteht. Selbst die nächsten Angehörigen haben dann auch kein Recht mehr auf Auskunft, geschweige zur Einsicht in die Krankenakte.

Auf eine Patientenverfügung alleine können, und dürfen, die Ärzte sich nicht berufen. Das Vormundschaftgericht muss eingeschaltet werden. Und selbst dann, wenn beides, also eine Betreuungsvollmacht UND Patientenverfügung existiert, geht es nicht so einfach. Der behandelnde Arzt muss ein Gutachten erstellen über den Zustand des Patienten. Ein zweiter, unbeteiligter Arzt erstellt ebenfalls ein Gutachten dazu. Kommen beide Gutachten zum gleichen Schluss, so wird zuerst noch das Vormundschaftsgericht eingeschaltet. Das prüft die formelle Richtigkeit der Verfügungen und der Gutachten. Erst wenn es das OK gegeben hat, wird gemeinsam, also der Bevollmächtigte und die beiden Ärzte, entschieden, was zu tun ist. Sollten die beiden Ärzte unterschiedlicher Meinung sein, dann kann sich der Bevollmächtigte auf den Kopf stellen, da passiert von vorne herein nichts.

Ich bin kein Jurist, habe aber die Erläuterungen meines Notars so verstanden. Der Gesetzgeber hat da einige Hürden eingebaut, und zwar zur Sicherheit des Patienten vor Missbrauch. Wie gesagt, das bezieht sich dann auch auf sämtliche Rechtsgeschäfte, die der Patient normalerweise ausführen könnte. Auch eine eventuell bei der Bank ausgestellte Bankvollmacht erlischt ab diesem Zeitpunkt.

Ich kann nur empfehlen sich an einen Notar zu wenden. Eine Vorsorgevollmacht inclusive Betreuungsvollmacht und Patientenverfügung hat mich rund 200.- € gekostet. Das sollte die Sicherheit wert sein und alle Eventualitäten sind damit abgedeckt. Diese Verträge müssen anerkannt werden.

Allerdings gehört auch eine gewisse Portion Vertrauen dazu, wen man als Bevollmächtigten einsetzt. Der 1. Bevollmächtigte erhält nämlich eine notariell beglaubigte Urkunde, mit der er ab diesem Zeitpunkt bereits Zugriff auf z.B. alle Bankkonten und Immobilien des Vollmachtgebers hat. Er könnte sofort, rein theoretisch, das Haus des Vollmachtgebers verkaufen. Das Haus ist dann weg, der Kaufvertrag ist gültig. Allerdings macht sich der Bevollmächtigte strafbar damit, was jedoch nichts an der Tatsache ändert, dass das Haus verkauft ist Selbstverständlich sind diese Verträge jederzeit durch den Vollmachtgeber kündbar und zwar bereits mündlich.

Liebe Grüsse

Helmut
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Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
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  #2  
Alt 29.05.2008, 08:18
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annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Guten Morgen,

wünsche Euch allen einen schönen (und nicht allzu schwülen) Tag.

Die Patientenverfügung/Betreuungsvollmacht ist bei uns auch in den nächsten Tagen Thema. Wir haben ein Formular, dass beide Bereiche abdeckt. Der Hinweis auf notarielle Beglaubigung ist anbei:

Die Wirksamkeit einer Patientenverfügung hängt nicht von der Unterschrift eines Zeugen ab. Sollte aber Ihre Entscheidungsfähigkeit
zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieser Patientenverfügung bestritten werden, ist es wichtig, dass ein
unabhängiger Zeuge Ihre Unterschrift und Ihre freie Entscheidung bestätigt hat. Dieser Zeuge wäre vorzugsweise der
Arzt, mit dem Sie die medizinischen Einzelheiten Ihrer Verfügung beraten haben, oder ein Notar; beides kann die
Ernsthaftigkeit Ihrer Verfügung unterstreichen.

Ich bin jedoch, aus Sicht meiner Mutter (und für mich auch 100%tig nachvollziehbar) die ungeeigneteste Person, mit der sie diese Dinge erörtern möchte. Sie sagte mal zu mir:"Ich weiß, Du würdest das richtige für mich tun. Und nun will ich nicht mehr darüber reden." Hatte an anderer Stelle mal erwähnt, dass wir, da meine Mutter innerhalb eines Jahres ihre beiden Brüder verloren hat, zur Trauerbegleitung/-verarbeitung professionelle Hilfe in Anspruch genommen haben. Und die Bekannte wird u. a. auch die Patientenverfügung mit meiner Mama besprechen. Ich bin nicht feige, aber es tut meiner Mutter zu weh mit mir (gegenwärtig) derart konkret über solche Dinge zu reden.

Zitat:
Die Patientenverfügung soll Deiner Mama das Gefühl der Sicherheit geben, darauf kommt es an, auf nichts weiter. Es soll wirklich in allererster Linie Deiner Mama dienen. Also schreibt auf oder kreuzt an was sie will und dann ab damit in die Schublade und ändern, wann immer sie es möchte.
Meine Mama sieht das genauso wie Christel, die es wieder mal geschafft hat die Dinge (im Gegensatz zu mir kurzum ) auf den Punkt zu bringen

Ganz liebe Grüsse

Annika
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  #3  
Alt 29.05.2008, 09:23
anna-karin anna-karin ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Ihr Lieben, Helmut L hat in wesentlichen Punkten Recht. Für eine sinnvolle und umfassende Regelung z. B. auch im Hinblick auf Krankenhausaufenthalte, ärztliche Auskunft Hospizunterbringung ist eine Betreuungsvollmacht erforderlich. Die notarielle Form ist nicht unbedingt nötig- sofern keine Immobilien im Spiel sind, in jedem Fall aber empfehlenswert. Die Kosten sind in der Tat gering. Vertrauen sollte man dem Bevollmächtigten schon, die not. Urkunde kann man natürlich selbst in der Tasche haben......LG AK
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  #4  
Alt 29.05.2008, 11:56
sanne2 sanne2 ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo,
ich möchte mich mal unbekannterweise in das Gespräch einklinken!
Da ich selber in einem Krankenhaus arbeite kann ich nur sagen, ich spreche jetzt nur für unser Krankenhaus, dass einer Patientenverfügung IMMER oberste Priorität eingeräumt wird. Bei jeder Übergabe wird bekannt gegeben, dass der Patient diese Verfügung hat, sie liegt dann in der Akte.
Als meine Mutter nach ihrer schweren Krebserkrankung eines Tages nicht mehr erweckbar war, ließen mein Bruder und mein Stiefvater sie ins Krankenhaus einweisen. Ich erfuhr es erst später, da ich leider nicht erreichbar war. Meine Mutter hatte keine Patientenverfügung und trotzdem wurde ich von der Ärztin gefragt (unter vier Augen), ob sie noch operieren sollen und einen Shunt setzen. Allerdings riet sie mir davon ab, überließ aber mir die Entscheidung.
Meiner Mutter ging es schon sehr lange sehr schlecht und einen Tag vorher sagte sie mir definitiv, dass sie nicht mehr möchte, dass sie endlich einschlafen möchte.
Also entschied ich ganz alleine, dass meine Mutter nicht mehr operiert wird.
Mein Bruder und mein Stiefvater wissen bis heute nchts davon. Drei Stunden später schlief sie ganz sanft ein, die Operation hätte sie gar nicht mehr überlebt.
Damit möchte ich nur sagen, dass die Mediziner heute viel humaner mit den Sterbenden umgehen, als noch vor 10 Jahren. Damals wurden die kranken Menschen, egal wie schlecht es ihnen ging, unbedingt am Leben erhalten. Es wurden noch quälende Untersuchungen bei sterbenden Menschen durchgeführt.
Heute ist Schmerzfreiheit das oberste Gebot, nicht mehr das künstliche Verlängern um ein paar Stunden!
Hoffentlich kommt das auch richtig rüber. Sollte ich mich falsch ausgedrückt haben, dann fragt gerne nach.
Ich wünsche Allen einen schmerz- und sorgenfreien Tag!
Liebe Grüße
Sanne
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  #5  
Alt 29.05.2008, 12:40
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Blume68 Blume68 ist offline
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo Helmut L, hallo an alle,

bei uns ist beides mit abgedeckt - Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht. Mich hat das, so erschreckend es zunächst war, sich damit beschäftigen zu müssen, sehr beruhigt, und meine Ma sowieso.

@ Regina: denke, dann ist das doch völlig ok, wenn das Hospiz es abgezeichnet hat!

Mir ging, nach dem Lesen hier gestern, eine Sache im Kopf herum. In der Verfügung steht formuliert (sorry, zitiere mal): "Für den Fall, daß durch ärztliche Diagnose feststeht, daß mein Tod nicht mehr zu verhindern ist, bestimme ich, daß an mir keine lebensverlängernden Maßnahmen das Sterben oder Leiden ohne Aussicht auf erfolgreiche Behandlung verlängern würde, oder daß es zu einem nicht behebbaren Ausfall lebenswichtiger Funktionen meines Körpers kommt....usw."

Entschuldigt, wenn das eine ganz blöde Frage ist aber....
Das Krankenhaus kennt diese Verfügung nicht. Zählt palliative Chemo nicht auch im weitesten Sinne zu lebensverlängernden Maßnahmen, ohne Aussicht auf "Erfolg" (ist ja nun relativ, denn Erfolg IST ja hier ein längeres Leben.)

Sanne2 hat ja schon schön beschrieben, daß die Behandlung und Abstimmung mit den Angehörigen ja viel einfühlsamer geworden ist. Aber müssten wir da doch noch was klären...? Meiner Ma gehts allerdings eher wie von Annika beschrieben - glaube nicht, daß sie da jetzt nochmal ins Detail gehen möchte. Und irgendwie möchte ich auch lieber die schöne Zeit geniessen...oder ist das kurzsichtig? Trouble im Falle eines Falles möchte ich aber auch nicht haben...

Grüsse an alle
Blume
__________________
In uns allen findet sich die Quelle höchster Weisheit -
die Quelle der Liebe.
(Thich Nhat Hanh)
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  #6  
Alt 29.05.2008, 13:08
alex_51 alex_51 ist offline
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Beiträge: 283
Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo Blume 68
Ich denke mal das diese Formulierung zu erheblichen juristischen Auseinandersetzungen führen kann. Jede ärztliche Leistung ist auf Lebensverlängerung bzw Steigerung der Lebensqualität ausgelegt.

LG Alex
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  #7  
Alt 29.05.2008, 13:39
Annika0211 Annika0211 ist offline
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Beiträge: 884
Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo, ihr Lieben.
Zitat:
Zitat von alex_51 Beitrag anzeigen
...Jede ärztliche Leistung ist auf Lebensverlängerung bzw Steigerung der Lebensqualität ausgelegt.
Lebensverlängerung ist aber doch nicht gleichzusetzen mit steigernder Lebensqualität.
Gibt es dann nicht eher „entweder – oder“?
Ich denke, dass ist es grade, was dieses Thema diskutabel macht.
Oder versteh ichs grade falsch (wenn ja: sorry , issn bissi heiß heut)?
__________________
Alles Liebe.
**********************
Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007
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  #8  
Alt 29.05.2008, 13:27
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Liebe Blume,
Deine Frage was die palliative Behandlung angeht, ist nicht ganz unberechtigt.
Deswegen bin ich auch froh, dass meine Patientenverfügung zu Hause in der Schublade liegt.
Denn als ich meine Lungenentzündung hatte, wurde ja reichlich lebensverlängernde Maßnahmen durchgeführt. Zum Glück.
Ich hing am Tropf, ich bekam Sauerstoff und reichlich Antibiotika.
Ansonsten gebe ich Sanne recht.
Ich habe auch erlebt, dass den Angehörigen einer Mitpatientin gerne die gewünschten Auskünfte gegeben wurden und mein Mann hätte wohl auch welche bekommen.
Und man verlängert das Leben nicht mehr um jeden Preis.
Ganz liebe Grüße
Christel
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