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  #1  
Alt 07.05.2010, 06:43
Benutzerbild von Jutta
Jutta Jutta ist offline
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Registriert seit: 11.02.2003
Ort: Im Süden
Beiträge: 3.314
Standard AW: Verdrängung - Tod

Hallo,

es ist nicht unbedingt eine Verdrängung. Es gibt einfach viele Menschen, die über dieses Thema nicht reden möchten. Sie wissen, dass sie am Ende angekommen sind, und gut ist es. Für sie ist nur wichtig, dass sie ihre Dinge geregelt haben.

Das findet man sehr viel bei älteren Menschen. Warum? Weil für sie der Tod zum Leben gehört. Das hat absolut nichts mit Angst und Verdrängung zu tun. Sie sind mit dem Tod aufgewachsen, er gehört dazu, er wurde nicht tabuisiert. Früher wurden die Toten im Haus für 3 Tage aufgebahrt, man gab allen die Gelegenheit Abschied zu nehmen, bevor es zum Friedhof ging. Erst als alles klinisch hygienisch wurde, nahm man den Menschen diese natürliche Auseinandersetzung mit dem Sterben. Früher sprangen die Kinder sogar in diesen Zimmern um den Sarg herum, wenn die Eltern zum Abschiednehmen gingen, oder der Tote für die Beerdigung gerichtet wurde.

Du wirst viele ältere Menschen sagen hören, vor dem Tod habe ich keine Angst, nur vor der Art und Weise, wie es mir bis dahin gehen wird. Die meisten haben mit ihrem Leben abgeschloßen, was kein resignieren ist, es ist für sie einfach nur der Verlauf der Natur. Worüber die meisten noch reden möchten (wenn sie können), ist über die vielen Erlebnisse, welche sie während ihrem Leben hatten. Oder noch über diese oder jene Kleinigkeit.

Ich erzähle dir das aus meinen persönlichen Erfahrungen innerhalb meiner eigenen großen Familie, und meiner langjährigen Erfahrung als Sterbebegleiterin.

Bedränge deine Oma nicht. Sage ihr nur, du bist da, für alles was sie möchte, dass sie diesen letzten Weg nicht alleine gehen muß.
__________________
Jutta
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  #2  
Alt 07.05.2010, 12:02
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
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Ort: Dreiländereck
Beiträge: 2.019
Standard AW: Verdrängung - Tod

Guten Morgen, Nemonima,

warum bist du so überzeugt, dass deine Oma über ihren Tod reden sollte? Ich habe bereits mehrfach miterleben müssen, wenn Menschen gestorben sind oder im Sterben lagen. Niemand von ihnen wollte über seinen eigenen Tod reden. Er wurde als eine Tatsache akzeptiert, unaufschiebbar. Ein natürlicher Vorgang, der unweigerlich auf jeden von uns zu kommt.

Ich gebe Jutta da recht. Früher wuchsen die Menschen mit dem Tod auf. Er war etwas selbstverständliches im Leben. Die Oma, der Opa, später Papa und Mama. Kriege, Epedemien trugen das ihre dazu bei.

Alte Menschen, kranke Menschen wollen vielleicht einfach irgendwann nur noch auf die andere Seite. Ohne viel Gerede drumherum. Das Thema ist für sie persönlich abgeschlossen. Das ist nicht immer Verdrängung um jeden Preis.

Leidtragende dabei sind die Hinterbliebenen, so oder so. Zum Einen, weil wir den Umgang mit dem Tod verlernt haben zum Anderen, weil wir diesen Umgang nie lernen durften. Der Tod ist heute zum grossen Teil ein Tabu. Wir verstehen heute nicht mehr, wieso jemand den Tod akzeptieren kann. Ihn als unabänderliches Ereignis im eigenen Leben sieht. Wenn der Arzt den Geburtsschein ausfüllt, so unterschreibt er im Prinzip bereits auch den Totenschein im Durchschlag. Nur das Datum fehlt auf diesem noch.

Ohne Licht kein Dunkel, ohne Hitze keine Kälte, ohne Lärm keine Ruhe, ohne Anfang kein Ende. Ohne Geburt kein Tod und ohne Tod keine Geburt.

Zeig ihr unaufdringlich, dass du für sie da bist, wann immer sie dich braucht. Sollte sie aus ihrem Leben erzählen wollen, dann höre ihr genau zu. Auch, wenn du es bereits tausend Mal gehört hast. Das mag für sie viel wichtiger sein, damit die Dinge, die ihr wichtig sind, nicht verloren gehen. Denn alles, was vergessen ist, ist tot. Dein Problem, welches du mit dem Tod hast, musst du alleine lösen. Vielleicht hilft sie dir ja doch noch dabei?


Alles Liebe

Helmut
__________________
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