Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 04.11.2010, 17:11
tharau tharau ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 19.04.2006
Ort: Hessen
Beiträge: 980
Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Hallo Helmut,
Du hast schon Recht, ich hab diese Zeilen auch erst nach etwas längerer Trauerzeit gelesen. Ich hoffe, ich habe damit jetzt auch niemanden erschreckt, das war bestimmt nicht meine Absicht. Sorry
Ich weiß ja selbst, was ich früher manchmal für Probleme hatte, mit Leuten in meinem Bekanntenkreis umzugehen, die einen schweren Schicksalsschlag zu tragen hatten.
Vielleicht beschäftige ich mich im Moment wieder vermehrt mit diesem Thema, weil der Jahrestag bald bevorsteht.
Bitte nicht böse sein, ich wollte nicht so negativ rüberkommen.

Allen einen angenehmen Abend
wünscht Ulrike
__________________
Schatten, die auf unser Leben fallen,
sind nichts anderes als ein sicheres Zeichen dafür,
dass es irgendwo ein Licht geben muss,
das es sich lohnt zu suchen.
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 05.11.2010, 00:54
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 03.03.2007
Ort: Dreiländereck
Beiträge: 2.019
Daumen hoch AW: Hinterblieben, nur wo?

Guten Abend Karolinchen,

naja, Hartmut ist nicht so besonders sprachbegabt. Wobei er ne zeitlang ja auch in Dänemark gelebt hat auf seiner Reise, bevor er nach Holland kam. Ich muss schon meine erste Zeitsprache bemühen, dass er mich versteht. Mit Händen und Füssen geht das .


Guten Abend Ulrike,

neee, so hab ich das nicht gemeint. Du bist ganz sicher niemandem auf die Füsse getreten. Das waren jetzt nur meine ersten Gedanken. Keine Sorge. Die meisten, die hier lesen, sind eh "alte Hasen" und wissen das ein zu schätzen.

Es nutzt einem Tauernden nur kruzfristig, ihn oder sie mal in den Arm zu nehmen oder Verständnis zu zeigen ohne auch mal darüber zu reden. Es gibt sogar Leute, welche immer wieder sozusagen ständig "Öl ins Feuer" giessen: ach wie schlimm und ich weine mit dir und, und, und. Damit will ich nichts dagegen sagen, dass man das nicht mal ausdrücken dürfte. Das ist schon OK soweit. Doch wenn das ständig und immer wiederkehrend passiert, so wird lediglich der Schmerz der Hinterbliebenen künstlich hochgekocht, anstatt zu versuchen, diesen Schmerz zu lindern. Auch für diese Menschen könnten deine Sätze sehr aufschlussreich sein, wenn sie denn mal drauf rumdenken würden. Bitte versteht das nicht falsch.

Für Hinterbliebene selbst sind diese Sätze insofern OK, dass sie sich darin wiederfinden und sich selbst einschätzen können. Vielleicht auch selber verstehen, wo sie stehen und wie sie auf Aussenstehende einwirken. Für Aussenstehende sind diese Sätze wichtig, damit sie verstsehen, warum dieser Mensch, obwohl äusserlich unverändert, plötzlich ganz anders tickt. Warum er oder sie so oder so reagiert anstatt anders. Nicht so, wie von früher gewohnt.

Ich, für meinen Teil, hab immer versucht, auf andere einzugehen. Hab mir meine Gedanken über sie und ihre momentane Situation gemacht und das auch so geschrieben. Als meine Meinung und mit dem Zusatz oder Sinn: "Denk mal drüber nach. Egal, was bei dir dabei rauskommt." OK, manchmal war auch schon mal ein versteckter Tritt in den Hintern dabei. Aber höchstens ein ganz zarter . Aber niemals hab ich gesagt: du musst! Niemand musste meiner Meinung sein. Wenn ja, dann gut. Wenn nein, dann auch gut. Hauptsache: nachgedacht und nicht im Loch sitzen geblieben und eingeigelt. Ich habe es umgekehrt genauso gemacht.

Dann gibt es noch den ganz anderen Typus des Trauernden. Die nämlich, die garnicht wollen. Die auch nach langen Jahren immer noch in der selben Trauer verharren, wie zuvor. Vielleicht fühlen sie sich sogar gut dabei? Keine Ahnung. So wie die Tante meiner Frau, die ihren Mann schon vor etlichen jahren verloren hat. Ich treffe manchmal im Ort auf sie. Fast immer kommt der Satz: "Wir schaffen das schon." Früher hab ich dann versucht, ihr daruaf zu antworten. Heute denke ich dann nur: "Du hast noch nicht mal begonnen, das schaffen zu wollen." Für mich ist das inzwischen auch OK. Jeder, so wie er oder sie es möchte.

Übrigens habe auch ich so manchen Tritt in den Hintern erhalten. Nicht jeder war sanft und das war gut so. Mal Danke an diese Menschen .


Eine gute Nacht wünsch ich euch,

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 05.11.2010, 06:05
Benutzerbild von mascha2600
mascha2600 mascha2600 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.06.2007
Ort: Dort wo es auf der "Alb" am schönsten ist
Beiträge: 250
Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Hallo Karolinchen,
vielleicht müssen wir für Hartmut ein Wörterbuch "Saarländisch-Deutsch" "Kurpfälzisch-Deutsch" schreiben. Noch besser wäre: "Saarländisch-Kurpfälzisch-Dänisch-Deutsch", oder nich
Angehängte Grafiken
Dateityp: gif lachen0002.gif (1,3 KB, 301x aufgerufen)
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 05.11.2010, 06:11
Benutzerbild von mascha2600
mascha2600 mascha2600 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.06.2007
Ort: Dort wo es auf der "Alb" am schönsten ist
Beiträge: 250
Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Morsche Helmut,
..bin vorm PC gesessen u. hab den Text laut vorgelesen....und: Hab so lachen müssen !!!!!
Suuuuuper !!!!



NS:
Ich grieg ibrigens morsche Bsuch aus de Heimad !!!
(Translation for Karolinchen: Ich bekomme übrigens morgen Besuch aus der Heimat)
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 05.11.2010, 15:17
Benutzerbild von Karolinchen
Karolinchen Karolinchen ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.08.2010
Ort: Heide
Beiträge: 343
Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Das hätte ich auch gerade noch so deuten können
__________________
Papa (20.12.1949-03.10.2010) -
die Zeit die ich mit Dir haben durfte war schön, ich wünschte Du hättest mehr davon gehabt - ich hoffe es geht Dir besser da wo Du jetzt bist! Und ich hoffe Du kannst mich von irgendwo noch sehen und an meinem Leben teilhaben, wenn Deins schon so plötzlich enden musste .
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 10.11.2010, 00:14
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 03.03.2007
Ort: Dreiländereck
Beiträge: 2.019
Lächeln AW: Hinterblieben, nur wo?

Guten Abend zusammen,

also, das Leben als Single ist ja ganz nett. Ich schreibe bewusst "Single". Ich bin es zwar unfreiwillig geworden, doch das muss ich halt akzeptieren. Tu ich auch. Ist so. Lässt sich nicht ändern. Es war nicht von Anfang an mein Wunsch, diesen Punkt des Akzeptierens zu erreichen. Ihn erreicht zu haben, hab ich erst bemerkt, als ich schon drüber hinaus war.

Ja, gut. Alles klar. Unn nu???? Zeit, mal ne Bilanz auf zu stellen? Wo steh ich? Was hat sich verändert? Was ist geblieben? Was ist neu? Vorallem, wo soll ich anfangen, neu anfangen?

Hinter mir, am Stützbalken, hing lange Zeit ein Din-A4-Blatt. Voll mit Kriesen, zentrisch, sich überlappend, Pfeile als Querverbindungen, Abhängigkeiten. Vollgeschrieben mit Namen von Freunden, Freundinnen, Familie, Bekannten, Vereine. Die Aufgabe bestand darin, heraus zu finden, was davon für mich wichtig ist und was nicht. Was ich von diesen Menschen erwarte und vorallem auch, was diese Menschen von mir erwarten. Meine Frau und ich hatten einen sehr grossen Freundes- und Bekanntenkreis. Etliche neue Namen tauchten auf.

Diese Aufgabe hatte mir meine Heilpraktikerin gestellt. Eine kluge Frau, wie ich jetzt feststelle . Durchs Hintertürchen wollte sie mir klar machen, wie sich mein soziales Umfeld und meine Situation im Ganzen verändert hat. Nicht nur, dass sich im Zentrum dieser Kreise nicht mehr zwei Personen befanden, sondern nur noch eine, sondern auch, dass da plötzlich viele Namen auftauchten, die vorher gar nicht denkbar gewesen wären.

Dieses Blatt gibt es nicht mehr. Ich hab es irgendwann weggeworfen. Ich weiss jedoch noch sehr genau, wer da alles drauf gestanden hat. Hätte ich es noch, müsste ich heute viele alte Namen ausradieren und so einige neue kämen noch zusätzlich hinzu.

Ich denke, das ist EINE Antwort auf: "Hinterblieben, nur wo?". Ich glaube, ich sollte da mal wieder hin, zu dieser klugen Frau


Alles Liebe

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 11.11.2010, 23:16
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 03.03.2007
Ort: Dreiländereck
Beiträge: 2.019
Daumen hoch AW: Hinterblieben, nur wo?

Guten Abend zusammen,

gerade komme ich aus dem Blumenladen nach Hause. Weihnachten steht vor der Tür. Will heissen, die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Das Material liegt teilweise schon seit August auf Lager. Jetzt gilt es, aus den ganzen Einzelteilen was ansprechendes zusammen zu bauen. Kistenweise Sterne. Rot, weiss, violett, silber, gold, Aus Filz, Holz, Baumrinde, Weide, Stroh, Blech, verzinkt und natur, Filz. Bänder in allen möglichen Breiten und Farben. Vasen, Gläser, Weihnachtskeramik, Christbaumkugeln, Kerzen in allen Grössen und Farben. Das Lager platzt fast aus den Nähten. Das Ganze dann zusätzlich zum normalen Geschäft. Noch ist November, der Monat mit Allerheiligen und Totensonntag. Ein Gegensatz, wie er grösser nicht sein kann in diesem Beruf.

Kurz vor Mittag war ich heute zum ersten Mal dort. Eine Fahrt zum Friedhof. Ein Urnenkränzchen, ein grosses Herz mit Schleife, Wurfblumen, eine Tasche mit Blütenblättern. Von dort zum Kindergarten, meine Kleinste abholen und zur Mama auf die Arbeit bringen. Für eine Stunde noch im Laden nach Vorlage grosse Sterne mit Bändern, kleinen Filzsternen, Perlen und Tannenzapfen ausgeschmückt. Danach musste ich zurück nach Hause. Bekannte hatten sich angesagt, um die Esszimmermöbel von Schwiema anzuschauen. OK, sie nehmen sie für ihren Sohn. Sie passen. Danach den Bus mit Müllsäcken vollgeladen und zur MVA gebracht. Die vorläufig letzte Tour dorthin. Alle Schränke bei Schwiema sind jetzt leer. Die Wohnwand aus dem Wohnzimmer ist nicht mehr zu gebrauchen. Sie liegt in Einzelteilen vorm Haus. Dazu kommt noch der Schlafzimmerschrank. Reif für den Sperrmüll nächste Woche.

Langsam leert sich die Wohnung. Das Etappenziel des Schränkeausräumens ist nach 3 Wochen erledigt. Alles musste umgedreht, geöffnet werden. Man weiss ja nie, wo sie was versteckt haben könnte. Unten im Schlafzimmerschrank hab ich eine Tasche mit mit Brötchen, Schal, Kamm, Stricksachen gefunden. Gepackt von ihr, wenn sie wieder nach Hause geht. War ja nur noch auf Besuch bei uns. Nur noch ein paar Jacken, Blusen, Pullis, Westen, Unterwäsche, Nachthemden bleiben hier im Haus. Sie braucht nicht mehr viel. Das Meiste passte ihr eh nicht mehr. Sie hat fast 20 Kilo von vormals gut über 80 abgenommen. Gestern war ich noch bei ihr. Sie sieht richtig gut aus. Sie fühlt sich auch wohl dabei und vorallem: sie ist glücklich im Pflegeheim. Obwohl, sie weiss auch nicht mehr, dass sie im Pflegeheim ist. Wo sie niemals hin wollte, wie sie früher immer betont hatte.

Gegen 17 Uhr war ich wieder zurück im Laden. Töchterlein baut Vorlagen zusammen. OK, nachbauen kann ich. Klebepistole ans Netz und es geht los. Klar, sie muss mir zeigen, wie sie die Sachen haben will, wie man das macht. Doch dann kann ich in Serie gehen. Zwischendurch in den Hof. Es stürmt und die Ausstellung dort muss gesichert werden. Um 19:30 Uhr kommt meine Älteste dazu und hilft. Immer wieder nach hinten. Neues Material holen, fertige Werkstücke müssen gestapelt werden. Eine Nachbarin aus dem Haus kommt herunter, setzt sich zu uns. Es gibt viel zu lachen zwischendurch. Und zu staunen. Töchterlein sprudelt vor Ideen, was die Vorlagen angeht.

Kurz vor 22 Uhr sagt meine Wirbelsäule: Feierabend. Ein stechender Schmerz im Rücken. Die Arbeit am Bindetisch ist ungewohnt, verkrampft. Meine Älteste ist schon ein halbe Stunde vorher nach Hause. Sie war seit 1/2 7 auf den Beinen. Es reicht. Töchterlein wird noch bis ca. 23 Uhr weiternachen, Dann will auch sie nach Hause. Manchmal frage ich mich, wie lange sie das durchhalten will.

Auf dem Nachhauseweg: ich bin stolz auf meine Töchter! Auf meine kleine Familie. Sie hält zusammen. Nicht immer ist eitel Sonnenschein. Wo ist es das schon? Das ist aber nicht wichtig. Wenns brennt, halten sie zusammen. Nur Eine hat gefehlt heute Abend. Ich glaube, niemand wollte es aussprechen. Daran gedacht haben wir alle. Da bin ich sicher.


Alles Liebe

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 17:00 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55