Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #91  
Alt 17.01.2009, 11:29
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 397
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo Gitti,

Zitat:
Zitat von gitti Beitrag anzeigen
War schon ein Schlauer,der Herr Hoffmann.
Ist er noch, er lebt ja wohl noch. Zumindest habe ich ihn gerade gestern Abend zufällig beim Zappen im RBB gesehen. Auf selbiger Platte sagt er in dem Lied "Die Mutlosen" u.a.: "Wenn sie erwachen, geht die Ehrlichkeit schlafen."

Das Motto der Abschiedsfeier, die meine Frau sich gewünscht hat und die hier im Frühsommer stattfinden wird, stammt auch von ihm:

Ich will Gesang, will Spiel und Tanz,
will, dass man sich wie toll vergnügt,
Ich will Gesang, will Spiel und Tanz,
wenn man mich untern Rasen pflügt.

In diesem Sinne und in dem meiner Frau wird das eine Feier, wie sie dieses Dorf noch nicht gesehen hat Vielleicht ist sie nicht schön gestorben. Aber sie wird umso schöner verabschiedet werden

Viele Grüße,
Stefan
Mit Zitat antworten
  #92  
Alt 17.01.2009, 14:38
Benutzerbild von gitti
gitti gitti ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 07.09.2005
Ort: Zwischen Kiel und Flensburg
Beiträge: 62
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Stefan,ich bewundere Dich,wie Du mit all dem umgehst,Du kommst unwahrscheinlich stark und gebildet rüber.

Jedenfalls ist das keine Drumherumredetaktik.

Mach weiter so mit Deiner Offenheit,warum etwas beschönigen,wenn es doch Sch..... war und ist!
Mit Zitat antworten
  #93  
Alt 17.01.2009, 16:30
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 397
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo Gitti,

Zitat:
Zitat von gitti Beitrag anzeigen
Du kommst unwahrscheinlich stark und gebildet rüber.
Bildung ist für'n Arsch. Vorlesungen vor x-hundert Leuten halten kann ich aus dem Stand, das habe ich viel zu viele Jahre lang getan. Und das Dozenten-Gehabe merkt man jedem meiner psotings an, weil ich den Leuten immer einen Knopf an die Backe quatschen muss. Was mein Problem ist: ich bin zwar intelligent, aber nicht klug. OK, das muss man etwas sacken lassen, um den Unterschied zu begreifen

"Stark" lasse ich mir als Kompliment dagegen gerne gefallen. Auch, wenn die Stärke auf Sand gebaut ist, der sich jeden Moment in Treibsand verwandeln kann

Viele Grüße,
Stefan
Mit Zitat antworten
  #94  
Alt 17.01.2009, 17:28
Benutzerbild von Petzi 59
Petzi 59 Petzi 59 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.10.2007
Ort: Gummersbach
Beiträge: 436
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Lieber Stephan,
lies dir mal bei den Angehörigen Chrissi65 durch.
So kann es auch sein......
Es ist eben nicht immer alles schwarz oder weiß...
LG
Petzi59
Mit Zitat antworten
  #95  
Alt 17.01.2009, 17:39
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 397
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Man stirbt wie man lebt.
Das Sterben gehört zum Leben,
nicht zum Tod.

Lautet das Motto auf der Website des ambulanten Hospizdienstes hier in der Nähe. Das gefällt mir. So, wie meine Frau und ich über 20 Jahre lang zusammen gelebt (oder es zumindest versucht) haben, bemühe ich mich auch, darüber zu sprechen. Offen, tabulos, möglichst wenig geprägt von Konventionen, streitlustig, und mit einer absoluten Allergie gegen Denk- und Redeverbote und moralisch erhobene Zeigefinger. Ich weiss, dass meine Frau das genauso sieht. Nichts verschweigen, nichts rauszögern, dem man sich stellen kann, und immer "Butter bei die Fische". Also Klartext, auch wenn es mitunter weh tut, und den Finger auf Wunden legen, die so groß sind, dass sie nun wirklich niemand übersehen kann.

Deshalb finde ich die Entwicklung dieses threads auch nicht schlimm. Für mich gibt es wenige "sensible" Themen. Eher Menschen, die Sensibilität mit dem Tragen von Scheuklappen verwechseln. Die Emotionen dürfen meinetwegen gerne mal hochkochen. Mein Motto: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Der so oft geäußerte Wunsch nach Ruhe, Frieden und Beilegen von Streit verursacht mir Magengrimmen. Weil diese Ruhe IMHO meist nur die vor dem nächsten Sturm ist. Der auf jeden Fall kommen wird; wenn nicht in diesem thread, dann in einem späteren. Und dieses "Gehacke" finde ich nicht immer schön, aber trotzdem notwendig. Damit nicht passiert, was ein guter Lehrer von mir schon vor Urzeiten postulierte: Wo der Klügere nachgibt, regiert die Dummheit

Die Ausgangsfrage dieses threads war: "Möchten wir darüber öffentlich lesen". Lesen = es wissen. In diesem Fall die rein physisch unangenehmen Details des Sterbens. Ich glaube immer noch, dass es gar nicht um diese Details geht - wenn es nur um Gerüche und Körperflüssigkeiten ginge, könnten wir das Thema abhaken mit einem lockeren "wo ist das Problem? Kinder kotzen auch und machen sich stinkend die Windeln voll; wen sollte es stören, darüber zu sprechen; weiss doch eh jeder".

Nein, es geht, umfassender, um das was "wir" vom Tod / Sterben wissen wollen oder lieber nicht. Wissen im Sinne von be-greifen, aushalten, im Herzen ankommen lassen. Nicht das Vernunftwissen. Da sind wir alle schrecklich klug, keine Frage. Jedenfalls, mir ist in letzter Zeit einiges dazu durch den Kopf gegangen. Im folgenden bruchstückhaft und unzusammenhängend...

Wenn ich einen Eindruck davon bekommen möchte, was "wir" wissen wollen, dann schaue ich Fernsehen; bevorzugt Nachrichten. Sehr merkwürdig, die Nachrichten. Offenbar wollen wir sehr wohl etwas über das Sterben wissen. Wir wollen auch Elend, Schmerz, Blut und Leichenteile sehen, an denen sich die Fliegen gütlich tun. Aber nur, wenn sie weit weg sind. Ob Kriegsopfer, Hungersnöte, Tsunami-Wasserleichen - keine Bilder und Schilderungen können grausam und brutal genug sein... solange sie nur so weit weg sind, dass wir sicher sein können, dass sie uns in D nicht betreffen. Ach, wie gruselt's da angenehm; fast wie bei Aktenzeichen xy. Schön zu wissen, dass mir das nicht passieren kann.

Sterben hierzulande ist auch Willkommen. Bei Verkehrsunfällen, Bränden, Zugunglücken usw. Aber, wenn schon hier in D: dann niemals Sterbende, Tote oder gar Leichenteile zeigen. Ein Gebot der "political correctness", das alle Medien befolgen. Bilder von Unfallstellen zeigen maximal eine kleine Blutlache oder ein Relikt (Teddybär, Handtasche...) - aber niemals einen Toten. Und es darf heute auch niemals der Hinweis fehlen, dass die Überlebenden, Angehörigen und Helfer, die das erleben müssen, umgehend "psychologisch betreut" werden. Sehr beruhigend, die Sicherheit, dass sich im Notfall - wenn das Weggucken nun wirklich nicht mehr geht - "Experten" um alles kümmern.

Anderes Sterben wollen wir dagegen gar nicht sehen. In D begehen 10.000 Menschen jährlich Suizid. Jede Stunde einer. Darüber besteht medienübergreifend ein "Schweigegelübde", schon seit langem. Es sei denn, einer ist wirklich promiment, dann dürfen wir den Kokodilstränen freien Lauf lassen. Aber den armen Wicht, der sich mit E 605 zu vergiften versucht hat und der blau kotzt, oder den, der es mit Abflussreiniger versucht hat. Den wollen wir ebenso wenig sehen sie die blaue Zunge des Erhängten und die Schweinerei, die ein mit der Schrotflinte weggeschossner Kopf verursacht. Und schon gar nicht die Leute, die damit zu tun haben. OK, die werden ja alle "psychologisch betreut". Erst recht nicht wollen wir wissen, dass so ein Ende uns allen drohen kann. Mitten in D, jeden Tag. Vom Arbeitsplatzverlust bis zum letzten Flug aus dem 10. Stock ist es mitunter ein kurzer Weg. Lieber nicht dran denken. Da sind wir ganz Kind: ich mach' die Augen zu, dann sieht mich keiner.

Das Sterben, das uns alle betrifft, und das wir beim besten Willen nicht verdrängen können, ohne uns völlig lächerlich zu machen (und uns als Menschen eine emotionale Bankrotterklärung ausstellen zu müssen) - das Sterben an Krankheit oder Alter - das ertragen wir offenbar nur in kleinen Dosierungen, gut verpackt. Im Fernsehen am besten nach 23 Uhr - oder bei Arte, 3Sat usw., wo eh' keiner hinguckt. Und dann am liebsten noch mit dem diese-Sendung-ist-für-Jugendliche-unter-...-nicht-geeignet Hinweis.

Dieses Sterben hierzulande ist schon schwer genug zu ertragen. Erst recht nicht wollen wir "unschöne" Details hören. Nicht, wie Angehörige an Pflege und Sterbebegleitung zerbrechen. Und schon gar nicht, wie in D Menschen sterben müssen, die kein Geld haben, um sich ihren Rest an Menschenwürde kaufen zu können. Im Sozialamts-finanzierten Pflegeheim als Sterbender nachts 12 Stunden in der eigenen Scheisse und dem eigenen Gestank liegen, um mit Tavor oder Haldol kaltgestellt zu werden, wenn man sich darüber beschwert. Oder auf den Flur geschoben zu werden, wenn das Ende nahe ist, damit das Zimmer für den Nächsten frei wird und vorher noch geputzt werden kann? Neinneinnein, das haben wir ja noch nie erlebt oder ganz anders gehört. Und wir wollen das bitteschön auch nicht hören, schon gar nicht miterleben müssen.

Was wir dagegen gerne tun: uns beim Blick über den Tellerrand ereifern. Da gibt es doch Kulturen auf der Welt, wo Sterbende kurz vor ihrem Tod allein in die Steppe gehen, einsam sterben und posthum von Wölfen gefressen werden. Abscheulich, grausam, unmenschlich, inhuman, unzivilisiert. Schön, dass wir so menschlich sind. Wir haben für alles bezahlt. Vor allem dafür, dass wir Sterben und Tod an Fachleute delegieren, um damit bloss nicht behelligt zu werden. Sterbebegleitung, Tod, Leiche waschen, einkleiden... wird alles delegiert. OK, einen letzten Blick auf den geschminkten Toten muten wir uns zu. Das gehört sich schließlich so. Aber die Fäkalien, die posthum ausgeschieden werden, soll doch bitte jemand anders beseitigen, bevor wir dann trauernd an den Sarg treten. Schließlich wollen wir den teuren Verblichenen so in Erinnerung behalten, "wie er war". Und er war natürlich nie hilflos, stinkend und leidend, sondern immer schön und gerade frisch geduscht. Machen wir uns zumindest gerne vor.

Wenn wir uns schon mit dem Tod näher beschäftigen, dann auch Art alter deutscher Tradition. Rational, umgeben von Formularen, Ratgebern und Preisvergleichen. Die Beschäftigung mit Erbrecht, Testament, Vorsorgevollmacht, Erbschein, die Auswahl des "besten" Bestatters und Friedhofs... kein Problem, das sehen wir bei PlusMinus und WiSo oder lesen dazu FinanzTest. Und wenn es Streit gibt, sind wir ja prozesskostenversichert. "Vernünftig" und "normal" finden wir auch, uns schon am Sterbebett über den Nachlass die Köpfe einzuschlagen und das Pflegepersonal in der Klinik des Diebstahls zu bezichtigen. Mutter hatte aber noch eine goldene Kette, die müssen wohl die Schwestern geklaut haben...

Im Abschieben (der Sterben und unserer Verantwortung für sie) und Schuld zuweisen sind wir Weltspitze. Diejenigen, die die Wahrheit tagtäglich erleben, weil sie beruflich damit umgehen müssen (Ärzte, Schwestern, Altenpfleger, Polizisten usw.), die mögen sich ihr Leid professionell wegtherapieren lassen, indem sie wegen ihrer "posttraumatischen Belastungsstörung" zum Psychologen gehen. Hauptsache, wir bleiben von solchen Traumata verschont. Wobei, manchmal ist die Leidenserfahrung anderer auch ganz nützlich. Glücklich, wer eine Krankenschwester in der Verwandschaft hat, die einem sagen kann, dass die Schnappatung kurz vorm Exitus normal und kein Grund ist, doch noch den Notarzt zu rufen.

Man stirbt wie man lebt.
Das Sterben gehört zum Leben,
nicht zum Tod.

Wie meine Frau sterben und ich sie dabei begleiten durfte... das war so, wie wir uns bemüht haben, miteinander zu leben. Nicht ästhetisch, friedlich, schön und harmonisch. Aber aufrichtig, authentisch, mit höchstem Respekt vor dem anderen und dessen Willen und der absoluten Sicherheit, dass wir uns im Notfall jederzeit 100%ig auf den anderen verlassen können. Wir konnten das (wenn auch erst nach über 10 Jahren Partnerschaft, vielen Krisen und harter Arbeit), was eigentlich selbstverständlich bei Menschen sein sollte, die sich das Ja-Wort gegeben haben: unser Leben ohne jeden Zweifel in die Hände des anderen legen. In der Gewissheit, nicht kurz vor Schluss die längst überkommenen Lebenslügen durch Sterbenslügen ersetzen zu müssen, um es irgendwie auszuhalten.

Und so haben meine Schwägerin und ich uns nach Pflege, Sterben, Leichenwäsche, Aufbahrung Zuhause und der letzten harten Übung, beim Einkleiden meiner Frau den Leichengeruch zu ertragen, abschließend entspannt einen auf die Lampe gegossen, dem Foto meiner Frau zugeprostet und sie gefragt: "Na, wie haben wir das gemacht?" Und sie hat geantwortet: "Das habt ihr super gemacht. So, wie ich es wollte. Ein dickes Sonderlob für euch!"

Und in diesem Lob sonnen wir uns zurecht - und können abends ruhig mit der Gewissheit schlafen gehen, es meiner Frau recht gemacht zu haben. Und uns morgens mit dieser Gewissheit im Spiegel anschauen, ohne den Blick abwenden zu müssen. Doch, das haben wir gut gemacht, und damit können wir ohne Reue weiterleben. Den Menschen, die sich angesichts dieses Themas über Respekt, Würde, Sensibilität usw. bei gleichzeitigem aber-darüber-spricht-man-doch-nicht Gehabe erfeifern, kann ich nur wünschen, dass sie ebenso mit sich im reinen sind. IMHO das Wichtigste für die, die weiterleben müssen.

Mir gibt es große Hoffnung, dass bei allem Verleugnen und Nicht-wissen-wollen in unserer Gesellschaft hier so viele Menschen sind, die auch in Krisenzeiten in der Lage sind, dem Leben die Stirn zu bieten. Und darüber zu sprechen. Und meine Frau, wo immer sie auch gerade ist, freut sich darüber genau so wie ich. Das weiss ich genau. Und ich freue mich, dass ich solche Leute nicht nur virtuell kenne, sondern auch im wahren Leben. Z.B. die beste Psychotherapeutin der Welt, mit der ich gestern gesprochen habe, auch über die unangenehmen Details des Sterbens meiner Frau. Die überlegte kurz und sagte dann:

"Ja, aber das gehört zum Leben, oder?"

Viele Grüße,
Stefan

PS: das "wir" in diesem posting ist natürlich absichtlich pauschal verwendet und z.T. böse überzeichnet. Wem's nicht gefällt, der mag das gerne durch ein "ich-bin-das-nicht-und-würde-das-ganz-anders-... ersetzen
Mit Zitat antworten
  #96  
Alt 17.01.2009, 19:30
Benutzerbild von heike_mike
heike_mike heike_mike ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.07.2008
Ort: Chemnitz
Beiträge: 2.359
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Lieber Stefan,

auch auf die Gefahr hin wieder Missverstanden und in der Luft zuerissen zu werden wage ich mich nun nochmal dir zu schreiben.

Vieles was du schreibst zeigt wie tief die Verbindung zu deiner Frau gewesen ist und ihr euch so wie ihr es wolltet zu 100% aufeinander verlassen konntet.
Man kann förmlich spüren wie nah ihr euch wart und immernoch seit.
Leider ist nicht jedem solch ein glücklicher(wenn ich das so bezeichnen darf) Weg bescherrt.

Da sind wir schon bei der nächsten Aussage.
Der erste Satz in deinem Posting ist,
MAN STIRBT WIE MAN LEBT!
Dem kann,muß ich unabdingbar beipflichten.
In eurem Falle war es wohl so das ihr immer absolute Ehrlichkeit gegenseitig gelebt habt,auch wenn es dafür vielleicht manchesmal gekracht hat. Das gehört dazu. Und so intensiv diese Beziehung war so war auch der Weg und deine Begleitung deiner Frau.
Leider gibt es auch Menschen die weniger impulsiv sind, viele schreiben das der Partner eher kein Redner ist,seine Ängste,Sorgen letzten Willen,alle Gedanken NICHT ausspricht.So wie auch mein Mann.
Auch meine Mama war "ruhig" . Wollte uns Kinder immer schützen. Ebenso wie wohl vor dem Tod. Ihrem Tod. Nichts sollten wir mitbekommen wenn es nach ihr gegangen wäre.Und so ist sie auch still und heimlich gegangen.
Leider war ich noch zu jung,habe den Ernst der Lage nicht erkannt.
Mein Stiefvater(ihr damaliger Partner) war ein Schwein.Und noch heute würde ich ihm die Kehle umdrehen wenn er mir begegnen würde.
Er hat meine Mama zu Sachen gezwungen die sie nicht wollte,sie geschlagen,uns Kinder geschlagen wenn wir dazwischen gegangen sind.

Heute weiß ich wie schwer krank sie da schon war und was ihr eigentlich angetan wurde.
In ihrer schwersten zeit,nach OP`S,Chemos,dem Kampf und dem langen Wegs des Abschied nehmens hat er ihr das Leben extra zur Hölle gemacht.
Genauso still wie sie das alles ertragen hat,genauso still ist sie dann gestorben.Allein,im Krankenhaus,mit Blick an die weiße Wand gegenüber wie du einmal geschrieben hast.
Je mehr ich über deine Worte nachdenke,ihr Leben nachdenke,heute wo ich selbst in diesem Alter bin,blutet mir das herz Und ich wünsche mir so sehr,sie hätte ihr Leben so Leben können wie du mit deiner Frau und sie hätte solch einen Mann an ihrer Seite gehabt der sie so begleitet hätte wie du es getan hast.



Die Emotionen dürfen meinetwegen gerne mal hochkochen. Mein Motto: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Der so oft geäußerte Wunsch nach Ruhe, Frieden und Beilegen von Streit verursacht mir Magengrimmen. Weil diese Ruhe IMHO meist nur die vor dem nächsten Sturm ist. Der auf jeden Fall kommen wird; wenn nicht in diesem thread, dann in einem späteren. Und dieses "Gehacke" finde ich nicht immer schön, aber trotzdem notwendig. Damit nicht passiert, was ein guter Lehrer von mir schon vor Urzeiten postulierte: Wo der Klügere nachgibt, regiert die Dummheit

Auch hier muß ich dir zustimmen,lieber sage ich mal ehrlich meine Meinung(auch wenn sie wie es geschehen ist völlig falsch verstanden wird und mir unehrlichkeit unterstellt wird)als meinen Mund zu halten.
Wäre ich nicht ehrlich gewesen hätte ich dies nämlich getan.


Ich habe großen Respekt vor deinen Schreib und Sichtweisen,vielleicht braucht man manchmal einen Moment länger um es zu verstehen.

LG Heike
__________________

gekämpft, gehofft und doch verloren

MEIN ENGEL *24.02.1969 + 30.03.2010
IN HERZ UND GEDANKEN FÜR IMMER BEI MIR
DEINE NULPE




Geändert von heike_mike (17.01.2009 um 19:33 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #97  
Alt 17.01.2009, 19:38
Benutzerbild von Petzi 59
Petzi 59 Petzi 59 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.10.2007
Ort: Gummersbach
Beiträge: 436
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo ,
was ist das denn das für eine Aussage...
" man stirbt , wie man lebt"....
Sorry die verstehe ich mit Verlaub nicht.
was ist denn mit Denen...! ? die plötzlich und unerwartet sterben?????
Schicksal.. oder was???

Mein Vater starb mit 47 Jahren 4 Tage nach einem schweren Verkehrsunfall.
So... wie er gelebt hat????????????
Nicht für Ungut....
Petzi59
Mit Zitat antworten
  #98  
Alt 17.01.2009, 19:45
Geske Geske ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.10.2007
Beiträge: 85
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

@ Stefan und @all

Stefan hast Du es Dir zur Aufgabe gemacht, uns die Augen vor der Realität zu öffnen? Dein Beitrag ist lang, irgendetwas stimmt immer, bleibt hängen.
Dass wir in Bezug auf das Sterben alles falsch machen, wissen wir ja schon.
Was ich nicht wusste war, wie ich mich verhalten musste als mein Mann starb, wann der Sterbeprozess anfängt, wie man das erkennt; dass ich nicht noch zum Schluss den Notarzt rufe, um unnötig Leiden zu verlängern usw.

Die häufig geäußerte Angst davor, dass „was passieren kann“, deutet ja auf eine allgemeine Verunsicherung. Was kann denn schon noch „Schlimmes“ passieren, wenn es für den Betroffenen keine Heilung mehr gibt, wenn er z. B. austherapiert aus dem Krankenhaus entlassen wird? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Ärzte nicht gerne aufklären, man als Angehöriger ziemlich allein dasteht, wenn man weder mit einem Arzt/ Ärztin oder mit einer Person, die in der Krankenpflege arbeitet, befreundet oder verwandt ist.
Und deshalb finde viele Beiträge hier in diesem Thread hilfreich für noch pflegende Angehörige – und tröstend für mich als Hinterbliebe. Hier in diesem Thread bin ich in der sozialen Wirklichkeit gelandet, irgendwo zwischen „alles offen legen“ und „ganz verdrängen“.

Viele Grüße
Geske
Mit Zitat antworten
  #99  
Alt 17.01.2009, 20:09
Benutzerbild von heike_mike
heike_mike heike_mike ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.07.2008
Ort: Chemnitz
Beiträge: 2.359
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Liebe Petzi,

ich habe auch erst über diesen Spruch nachgedacht und dachte erst"Schwachsinn".
Ich habe es auch an Unfallopfer gemessen.

Ich denke aber dieser Spruch trifft es eher in bezug auf eine Krankheit,auf den Sterbeprozess,eben gerade wie bei einer Krebserkrankung.
Und im Bezug auf meine Mama und sicher auch viele andere trifft es leider zu das man "stirbt wie man lebt."

Natürlich stimmt es nicht immer,und lässt sich nicht verallgemeinern,den wenn ich zum Beispiel an dieses kleine Baby denke das von seinem Vater aus dem 10.Stock eines Hochhauses geworfen wurde - daran mag ich gar nicht mehr denken.
Bei seinem Vater,der hinterher sprang - traf es aber wieder zu.

LG Heike
__________________

gekämpft, gehofft und doch verloren

MEIN ENGEL *24.02.1969 + 30.03.2010
IN HERZ UND GEDANKEN FÜR IMMER BEI MIR
DEINE NULPE




Geändert von heike_mike (17.01.2009 um 20:20 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #100  
Alt 17.01.2009, 21:03
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 397
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo Geske,

Zitat:
Zitat von Geske Beitrag anzeigen
hast Du es Dir zur Aufgabe gemacht
Nein. Ich bin da ganz egoistisch. Meine einzige "Aufgabe" ist, möglichst so in Frieden zu leben, dass ich es mit mir selbst irgendwie aushalte. Weil ich weiss, was passiert, wenn ich das nicht schaffe: Panikattacken, schwere Depressionen, akute Suizidalität, Klapsmühle. Hatte ich zur Genüge, brauche ich nicht nochmal. Wäre jetzt auch schlimmer als je zuvor: wer sollte mich da wieder rausholen? Meine Frau ist ja nun nicht mehr.

Dass ich andauernd darüber quasseln muss, wie es mir geht und was ich von Gott und der Welt halte... auch das ist egoistisch. Das Schreiben hilft mir, Klarheit zu gewinnen. Das öffentliche Schreiben, wo es Rückmeldungen gibt. Tagebuch ist nichts für mich. Weil es für mich nichts Schlimmeres gibt, als allein zu sein und "im eigenen Saft zu kochen". Also gehe ich allen, die es hören wollen oder auch nicht, weiter auf die Nerven - weil ich damit besser leben kann

Tut mir leid (nein, gelogen - tut mir gar nicht leid): bei mir keine hehren Ziele und kein Gutmenschentum. Nur die Suche nach innerem Frieden und Gelassenheit

Viele Grüße,
Stefan
Mit Zitat antworten
  #101  
Alt 18.01.2009, 12:17
Mapa Mapa ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 29.01.2008
Beiträge: 1.084
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo liebe Leser und Schreiber,
das Thema scheint doch mehr User zu schäftigen, als anfänglich beabsichtigt.
Bezüglich dieser psychologischen Schulungen möchte ich anmerken, dass mir aufgefallen ist, dass das wahrscheinlich gar nicht der ausschlaggebende Punkt ist, wie Pflegepersonal und auch Ärzte damit umgehen. Ich glaube, dass es am Menschen selber liegt, an seiner inneren Einstellung, seiner Empathiefähigkeit, Einfühlungsvermögen, usw. Wenn das jemandem fehlt, nützt ihm die ganze psychologische Schulung nichts. Wer sich selber für "den Nabel der Welt" hält, wird weder einem Sterbenden noch einem Angehörigen das nötige Feingefühl und die Hilfe geben können, die sie benötigen.
Das Sterben selber ist, wie alles im Leben, wahrscheinlich immer individuell, wenn auch in vielen Dingen (vor allem bei gleichem Krankheitsbild) ähnlich. Ich denke, wir sollten aber eines vor allem nicht vergessen: Ganz egal, wie wir Angehörige das Sterben erlebt haben, unabhängig davon, ob wir es als friedlich oder eher qualvoll empfunden haben, wir können nie nachvollziehen, wie es für den Sterbenden selber tatsächlich war, was er dabei empfunden oder evtl. gefühlt oder gesehen hat. Weil wir es nämlich nicht wissen, weil wir "nur" begleitet haben. Kein Lebender wird jemals genau sagen können, wie das Sterben war, weil es noch niemand erzählen konnte. Wir können nur sagen, wie wir es gesehen und erlebt haben aus unserer Sicht.
Liebe Grüße
Mapa
__________________
_____________________________________________
Mit Zitat antworten
  #102  
Alt 18.01.2009, 19:03
Tinuviel Tinuviel ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 03.10.2008
Ort: on earth
Beiträge: 8
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo,

als meine Mutter im Herbst starb war ich ziemlich unvorbreitet. ca. 2 Wochen zuvor habe ich erst angefangen im Internet Informationen zum Thema Sterben zu suchen, aber das war nicht sehr ergiebig. Wie andere hier schon bemerkt haben, ist das Thema Tod, bzw. Sterben eher tabuisiert, was es einem wirklich schwer macht. Obwohl die Ärzte in aller Deutlichkeit sagten meine Mutter hätte nicht mehr viel Zeit, habe ich es nicht geglaubt. Konnte aber auch die Anzeichen nicht deuten. Woher auch, es war das erste Mal, dass ich so nahe dran war...

Ich bin in dieser Zeit wenigstens auf Elisabeth Kübler-Ross gestossen und habe mir gleich drei Bücher von ihr gekauft und allmählich begriffen. Aber was den körperlichen Sterbeprozess angeht, hatte ich überhaupt keine Informationen. Und die letzten Tage waren wirklich heftig. Nicht so, wie Stefans es beschrieben hat, sie hatte keine Ausscheidungen, aber den körperlichen Zerfall zu erleben, schon bevor sie starb, das hat mich jedesmal, wenn ich sie besuchte, erschüttert. Man konnte das innerhalb von Stunden sehen und darauf war ich absolut nicht vorbereitet. Keiner hat es erwähnt...

Diese Bilder haben mich übrigens monatelang verfolgt, vor allem Nachts und ich bekam dadurch eine ausgeprägte Schlafstörung. Inzwischen werde ich deswegen medikamentös behandelt.

Da ich als Kind immer von Sterbenden fern gehalten wurde, war ich ziemlich naiv. Aber man hat mir damit etwas wichtiges vorenthalten. Der Tod gehört schließlich zum Leben, ebenso wie die Geburt. Und über Geburten wird ja auch ausgiebig ausgetauscht, trotz Blut und Placenta.

Ich befürworte, dass hier im Angehörigen-Forum in aller Offenheit über das Erlebte geschrieben werden darf und zwar ohne, dass man dafür angegriffen wird. Wenn nicht hier, wo dann? Und wem das nicht gefällt, dem steht es frei sich auszuklinken.

Viele Grüße, Mia
__________________
Die meisten Fehler, die wir im Leben begehen,
entstehen daraus, dass wir denken, wo wir
fühlen sollten und fühlen, wo wir denken sollten.
Mit Zitat antworten
  #103  
Alt 18.01.2009, 19:25
Dani T Dani T ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 16.01.2009
Beiträge: 27
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Ich war im Moment des Todes nicht bei ihr im Pflegeheim, da man mich zweimal wegschickte - erst der Pfarrer, der meinte, es wäre sehr anstrengend für die Mama, und das Sterben wäre ein sehr intimer Moment und nicht immer könnten die Sterbenden loslassen, wenn Angehörige dabei sind, dann eine andere Dame, die mit ihr betete - meinte auch, es würde Mama zu sehr anstrengen. Sie hatte Wasser in der Lunge und rang durch den Mund nach Luft, man schloss sie an Sauerstoff an, das gab ihr ein wenig Erleichterung. Wir waren aber alle da um uns von ihr zu verabschieden an ihrem letzten Tag - und ich war morgens und mittags bei ihr und sagte mittags zu ihr: "Mama, ich weiß nicht was ich machen soll - Du kannst es mir ja nicht mehr sagen - willst Du, dass ich dabei bin oder nicht? Ich gehe und komme später wieder, damit Du Ruhe hast, wenn Du Ruhe brauchst. Ruhe gut, ich will mich aber nicht an Dich klammern, denn dieser Körper ist nicht mehr gut für Dich und nur kaputt. Ich hätte gerne noch Weihnachten mit Dir gefeiert, aber nicht so!" Ich fragte dann Mama, ob sie auch etwas schon gesehen hätte, und sie sah nach oben und wieder zu mir. Um 14:30, 14:45 rief mich der Arzt an, er war bei Mama, und er sagte, er meinte sie hätte Schmerzen, er wird ihr etwas gegen die Schmerzen geben, ein Pflaster, und dann wird sie leichter, aber auch schneller sterben. Ich sagte, das wäre ok, und ob sie dann innerhalb der nächsten Stunden sterben würde? Der Arzt meinte: ja. Ich meinte: ok, ich bin um 16 Uhr bei ihr. Ich war so kaputt und erschöpft von all der Zeit vorher... ich legte mich hin. Um 15:30 Uhr kam ein Anruf, dass es Mama sehr schlecht ging - ich zog mich an, was in Anbetracht der Tatsache, dass ich bei all dem Stress mich kopflos an dem Tag, wo sie ins Pflegeheim kam, abends, nachdem ich viel gerannt bin nach Arzt, Medikamenten und alles mögliche und bei mama zwischendrin zum Essen geben, Sachen auspacken, in ihr Dorf gefahren, dort Sachen holen, als I-Tüpfelchen noch zäpfchen holen wollte aus der Apotheke gegen Übelkeit, da sie im Pflegeheim nur Tropfen hatten, von einem Auto habe anfahren lassen, Schulterblatt gebrochen, Arm in Schlinge, jedenfalls nicht so schnell anziehen konnte. Mein Freund half mir dabei, ich probierte noch die CD, die ich ihr wieder neu aufnehmen wollte zu Weihnachten um sie zu überraschen mit der Musik, die sie so liebte, wo ihr die Kassette kaputt gegangen war, im CD-Player kurz aus, packte beides ein. Wollte es ihr eben jetzt vorspielen. Wir waren um 15:50 Uhr da, und gestorben ist sie gerade 5 min vorher. Die Pflegerin kam weinend entgegen und sagte: sie hat es geschafft! sie waren zu dritt bei ihr gewesen von den Schwestern. Ich kam rein und war in dem Moment nur erleichtert, sie nicht mehr nach Luft ringen zu sehen und sagte: "Mama, ich freu mich so für Dich!" legte die CD ein und spielte sie ihr ganz vor. Mein Freund weinte, und wir redeten mit ihr, eine Kerze bekamen wir von den Schwestern, und ich zündete die am Adventsgesteck an. Nach 1 Stunde ging er, dann kam erst meine Schwester, die immer ein etwas distanzierteres und schwierigeres Verhältnis zu meiner Mutter hatte, aber in den Wochen davor so gut sie es konnte mit ihrem kleinen Kind, auch nach ihr schaute. Nun aber war sie ihr näher als ich - sie setzte sich ganz dicht ans Bett und streichelte Mama, was ich mich nicht mehr traute, und sagte: "Die Mama ist nicht tot, sie ist noch da, siehst Du das nicht?" Und Mama sah in der Tat so aus, als hätte man einfach nur auf eine Stop-Taste inmitten ihrer Qual gedrückt. Und während sie sie streichelte, schlossen sich Augen und Mund und es war, als ob aus dem sich schließenden Mund ein gehauchtes "Ja" herauskam, als meine Schwester mit ihr sprach. Wir hörten es beide. Und Mama sah zuletzt nicht nur aus, als wenn sie lächelte - sondern als wenn sie jubelte! Welch eine Verwandlung in den Stunden nach dem Tod! Sie hatte durch diese Liebesbezeugung meiner Schwester, die ihr zeit Lebens nie so nah war wie ich, ihren Frieden gefunden. Auch mein Sohn kam, um seine geliebte Oma, die ihn mit großgezogen hatte, noch einmal zu sehen. Morgens hatte er sich schon von ihr verabschiedet. Nach über 3 Stunden nach ihrem Tod kam dann der Arzt, um den Tod zu bestätigen. Dann gingen wir ins Bestattungsinstitut, um alles zu regeln. Ich vergesse nicht die Bilder der Qual, aber bin froh, dass das letzte Bild von meiner Mutter sie jubelnd und glücklich zu sehen war.

Ich hatte bis zum Tag vor dem Tod meiner Mutter nicht die Hoffnung aufgegeben, aber die Metastasen in der Leber hatten wohl schon ihr Werk getan... Ich habe viel für meine Mutter gemacht, jeden Tag nach ihr geschaut, und wollte sie nur übergangsweise ins Pflegeheim geben und hatte schon für zuhause alles organisiert, aber es ging zu schnell... es blieb nicht die Chance, sie zuhause zu pflegen, und nachdem ich gehandicapt war am Arm, wäre es mir auch nicht möglich gewesen. Vielleicht kommt alles so wie es kommen soll... trotzdem ging es mir schon oft durch den Kopf, ob ich nicht das eine oder andere anders oder besser machen hätte können? Hätte meine Mutter doch gewollt, dass ich bei ihr war während sie starb? oder hat sie nur so loslassen können? jedenfalls glaube ich, so wie meine Schwester, dass ihre Seele noch dort war, als wir alle um sie versammelt waren, und sie dann erst in Frieden gehen konnte. Sie fehlt mir sehr, ich hatte jeden Tag mit ihr telefoniert - heute Nacht träumte ich, dass ich mit ihr telefonierte und ihr sagte, dass ich sie immer noch liebe. Und sie meinte, dass sie sieht, was meine Schwester und ich machen. Und ich meinte: Was, siehst du ALLES? das ist mir aber peinlich...

Meine Mutter war ein sehr aufopferungsvoller Mensch, der sich aber alles auch sehr leicht zu Herzen nahm. Sie hatte eine schwere Ehe hinter sich, musste sich scheiden lassen, hatte früh einen Hinterwandinfarkt in ihren 40er Jahren, einen Schlaganfall in ihren 50er Jahren, Anfang der 50er Jahre im Zucker-Koma gelegen (chronische Bauchspeicheldrüsen-ntzündung) und den zweiten Hinterwandinfarkt bekam sie, nachdem unser Nachbar gestorben war. Er hatte Prostata-Krebs und sie ihn sehr aufopferungsvoll gepflegt... war die letzte Nacht sogar bei ihm. Nachdem er tot war, kam der Infarkt... den anderen Tag war Muttertag, da durfte ich sie dann auf der Intensivstation besuchen... Ich denke, sie wollte ganz sicher nicht, dass ich mich zu sehr reinhänge in ihrer letzten Zeit - was ich, soweit ich es konnte, aber tat, aber der Unfall gab mir einen Dämpfer, so dass ich sie nur noch mit meinem einen Arm füttern konnte die letzten Tage, mehr nicht...
Sie kam oft in meine Wohnung, um die Wäsche meines Sohnes und meine zu bügeln, Geschirr zu spülen und zu kochen, bis wir aus Schule bzw. Arbeit kamen. So lange sie konnte, kümmerte sie sich... mir aber blieb wenig Zeit, mich um sie zu kümmern zuletzt. Einerseits bin ich froh, dass sie nicht länger leiden musste.

2007 fuhr ich im Sommer noch mit ihr in Urlaub nach Norddeutschland, um dort mit ihr ihre 89 jährige Schwester zu besuchen, die sie schon 20 Jahre nicht gesehen hatte. Was bin ich froh, dass ich das gemacht hatte... Im Oktober 2007 hatte ich eine kleine OP im Krankenhaus, da kümmerte sie sich noch um mich... Ab Dezember 2007 hatte ich wieder einen Freund und in 2008 weniger Zeit für sie als die Jahre vorher... unternahm aber immer wieder was mit ihr mal und machte auch mit meinem Freund und ihr zusammen einmal einen Ausflug... und ich sprach schon mit meinem Freund, da sie immer hinfälliger wurde, dass ich wieder mehr Zeit für sie aufwenden möchte und er mich mit ihr teilen muss... Am 5. September eröffnete mir mein Sohn, dass ich im April 2009 Oma werde... ich sagte zu Mama, als wir 2 Monate später ihre Diagnose erfuhren (Bauchspeicheldrüsenkrebs): Mama, das ist doch jetzt kein Grund abzuhauen, weil ich dies Jahr kaum Zeit für dich hatte und dein Enkel , den du mir geholfen hast großzuziehen, jetzt auch seine Familie gründet! Ich habe ein wenig Schuldgefühle, Mama hatte doch ihren Platz in meinem Leben und sollte auch noch mehr wieder eingeräumt bekommen... und wie gerne hätte ich mehr um sie gekümmert... aber sie musste gehen, ausgerechnet nach einer Zeit, in der ich weniger Zeit als vorher für sie hatte... starb sie so, wie sie lebte, weil ich im Moment des Todes nicht bei ihr war??? Oder konnte sie nur so loslassen?

PS: Wenn dieser Thread hier fehl am Platze ist, weil ich zu ausschweifend und ausführlich über meine Mutter geschrieben habe, dann bitte ich, ihn an entsprechend richtigere Stelle zu verschieben. Jedenfalls war der Auslöser: man stirbt wie man lebt... und irgendwie kam hier dann alles hoch bei mir, die ganze Geschichte, sorry....
__________________
22.12.2008 Mama
In Liebe und Dankbarkeit...
________________________

Lass vergehen, was vergeht
Es vergeht, um wiederzukehren
Es altert, um sich zu verjüngen
Es trennt sich, um sich inniger zu vereinen
Es stirbt, um lebendiger zu werden

Geändert von Dani T (18.01.2009 um 19:29 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #104  
Alt 18.01.2009, 20:25
Benutzerbild von Cee
Cee Cee ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 02.08.2008
Ort: Niedersachsen
Beiträge: 748
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Zitat:
Zitat von Dani T Beitrag anzeigen
Nochmal zurück zu "man stirbt wie man lebt". Ich könnt grad kotzen, wenn ich das lese. Meine Mutter ist qualvoll gestorben, und verdient hatte sie das ganz sicher nicht.
es geht bei dieser Aussage nicht darum, ob ein Mensch etwas "verdient" hat oder nicht. Sondern darum, ob ein Mensch "loslassen" kann oder nicht. Wenn ein Mensch nicht "gehen" will, und dafür gibt es unterschiedlichste Gründe, (Angst, jemanden zurück zu lassen. Angst, vor dem was kommt z.B.) ist es häufig so, dass der Todeskampf zu einem wirklichen Kampf wird Menschen, die in ihrem Leben gelernt haben, los zu lassen, auch aus den verschiedensten Gründen, haben es häufig einfacher auch ihr Leben los zu lassen.

Unschön wird es auch, wenn Angehörige nicht das Sterben unterstützen können, sondern fast flehend am Bett stehen und "bitte geh nicht" vor sich hin stammeln. Da findet sie liebe Seele dann gar keine Ruhe und der sterbende Mensch kämpft gegen den Tod an.
__________________
Liebe Grüße

Cee


© HUNGER, PIPI, KALT - so sind Mädchen halt!
Mit Zitat antworten
  #105  
Alt 18.01.2009, 21:08
Geske Geske ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.10.2007
Beiträge: 85
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Zitat:
Zitat von Cee Beitrag anzeigen
...Sondern darum, ob ein Mensch "loslassen" kann oder nicht. Wenn ein Mensch nicht "gehen" will, und dafür gibt es unterschiedlichste Gründe, (Angst, jemanden zurück zu lassen. Angst, vor dem was kommt z.B.) ist es häufig so, dass der Todeskampf zu einem wirklichen Kampf wird Menschen, die in ihrem Leben gelernt haben, los zu lassen, auch aus den verschiedensten Gründen, haben es häufig einfacher auch ihr Leben los zu lassen.
Mich interessiert hier wirklich mal, ob es darüber valide Untersuchungen gibt?
Ich kann mir nämlich nicht richtig vorstellen, wie man den Einfluss von "loslassen" bzw. "festhalten" auf das Sterben messen kann, mittels einer heuristischen Evalution?
Gruß
Geske
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 17:52 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2025 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55