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#1
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Hallo Carlos,
Das klingt fast alles wie bei meinem Papa. Er hatte im Mai eine Ausschälung der Prostata, und danach ging es rasant bergab. Er bekam nicht mehr viel Luft konnte auch nicht mehr richtig laufen und wir haben ihn dann wieder ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde Lungenkrebs inoperabel festgestellt. Ausserdem alles auf der Lunge voll Metastasen und auch in der Leber hatte er welche und noch in den Lymphknoten. Wir haben auch eine Vorsorgevollmacht unterschreiben lassen und der Notar war sogar noch im Krankenhaus. Mein Papa bekam 3 mal chemo und die 3 Chemo hat ihm die Nieren versagen lassen. Ich habe aber auch darum gebetet das Papa nicht lang leiden soll. Deshalb darf man sich nicht schlecht fühlen. Papa wurde gott sei dank schnell erlöst und wir waren alle bei ihm im Krankenhaus und haben ihn begleitet auf seinem Weg. Ich wünsche Euch alles Gute Jutta |
#2
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Hallo Carlos,
du bist wirklich gut organisiert, Hut ab! Ich schätze mal, du wirst das trennen müssen...Hausarzt und Palliativmedizin. Aber wie ich herausgelesen habe, kommst du aus dem Raum HH, vielleicht ist es da besser bestellt um so eine Kombination. Ich kann dir nur empfehlen, dich rechtzeitig an das Palliativnetzwerk zu wenden. Sollte dein Papa nicht heilbar sein und man würde ihm und euch eine palliative Therapie anraten, dann könnte die SAPV für deinen Vater in Frage kommen. SAPV ist Spezielle Ambulante Palliativversorgung und die wird von den Krankenkassen getragen. Sie ist unabhängig von der allgemeinen Pflege. Sehr gut ist, dass du nächste Woche einen Termin mit dem Psychoonkolgen hast! Ich habe letztes Jahr auch ziemlich bald nach der unheilvollen Diagnose meines Papas die Hilfe einer Psychoonkologin in Anspruch genommen. Es waren nur drei Gesprächstermine, doch die waren Gold wert! Ich wollte mich rüsten für die Zeit, die da kam und das war für mich die richtige "Strategie". Und es hat mir sehr gut getan, in diesem Forum zu schreiben. Ich habe hier Zuspruch erhalten, wurde aufgefangen, oftmals auch wachgerüttelt und verstanden... Sollte dein Vater palliativ behandelt werden und ihr werdet ihn nach Haus holen, dann kann ich dir und deiner Mutter nur empfehlen, jegliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, die euch oder vielmehr deinem Vater zusteht. Wie gesagt, dazu zählt sowohl die SAPV (organisiert über das Palliativnetzwerk, zumindest hier in S.-H.) als auch die Pflegestufe zu beantragen. Ich weiß nicht, wie alt deine Eltern sind, doch die Pflege und Begleitung eines geliebten Menschen belastet nicht nur psychisch extrem sondern auch körperlich... Da ist es gut, dass du dir bereits jetzt so viele Gedanken machst... dann wird man nicht so überrollt. Was deinen Papa angeht, auch ihn hat die Diagnose Lungenkrebs "überfahren". Wahrscheinlich ist ihm schon klar, dass er sehr, sehr krank ist, doch er verdrängt es derzeit. Vielleicht ist das auch ein Schutzmechanismus, um überhaupt weitermachen zu können. So, wie wir unsere Probleme haben, mit der Diagnose klar zu kommen, so hat auch dein Vater seine eigene Strategie, damit zurecht zu kommen. Er braucht jetzt Ziele, egal, wie unrealistisch die auch sein mögen... Das kenne ich noch so von meinem Vater. Du wirst am besten einschätzen können, ob es Sinn macht, ganz offen mit deinem Vater zu sprechen. Mein Vater hat beispielsweise vieles abgeblockt und sich an der Hoffnung festgeklammert. Zwischendurch fiel er auch in Depressionen (,was er mir jedoch erst sehr viel später anvertraut hat). Ich denke, es ist unglaulich schwierig, sich in die Gedankenwelt hineinzuversetzen. Schließlich sind wir ja (noch) gesund... Aber du kannst ja versuchen, dich langsam vorzutasten und dann wirst du merken, ob dein Vater sich öffnen mag oder lieber nicht. Ich weiß nur allzu gut, wie du dich jetzt wohl fühlen magst. Auch mir kam es vor, als wären es Tausende und Abertausende kleiner Abschiede und als hätte meine Trauer bereits sehr viel früher eingesetzt als mit dem Tod meines Vaters. All das gehört zu unserem Erleben als Angehöriger bzw. als Sohn / Tochter wohl dazu. Vielleicht ist es auch eine Art Vorbereitung auf das "Schlimmste". Für mich war es unsagbar schlimm, dass ich zur Hilflosigkeit verurteilt war. Wie gern hätte ich mehr für meinen Vater getan, wie gern hätte ich ihm geholfen, doch ich musste akzeptieren, dass es seine Krankheit war und dass letztlich er die Entscheidungen traf. Als Tochter kann ich dir nur empfehlen, nichts über deinen Vater hinweg zu entscheiden. Auch wenn er sehr schwach ist, beziehe ihn in all das, was du tust, mit ein. Letztlich ist nur sein Körper krank, nicht aber sein Geist bzw. Intellekt. Der funktioniert sehr gut. Und das Wichtigste, was du für ihn tun kannst, tust du ohnehin! Du bist da, hältst seine Hand. Auch wenn dir das wenig erscheinen mag, es ist ungeheuer viel... Also Carlos, lass' dich nicht entmutigen von solchen Ärzten und Sprechstundenhilfen! Es ist verletzend und macht dich wütend, doch vergeude nicht deinen Kraft! Die kannst du sinnvoller einsetzen! Nochmals toi, toi, toi für die Bronchoskopie heute! Alles Liebe Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt... Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark! |
#3
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mein hausarzt hat mir heute auch eine broschuere von sapv in die hand gedrueckt. es klingt interessant, was sie machen. ich meine, solange man es alleine schafft, ist es super, aber wenn man hilfe braucht, klingt es, als koennte man sich gut an sie wenden.
das mit dem arzt ist aetzend... aber ich kenns. wir hatten am dienstag befundgespraech, und es hiess: keine metastasen. und tags drauf ruft mich die aerztin an, um mir so, by the way, zu sagen, dass metastasen im kopf gefunden wurden. O_o ich haett sie am liebsten erwuergt. wir sollten am naechsten tag zum mrt. ich also arbeitgeber angerufen, krank gemeldet. verzweifelt. ne stunde spaeter ruft sie an, und meint: hab ich ihnen gesagt, dass der termin zum mrt am freitag ist? also zwei tage spaeter. ich muss heute nochmal auf station, um sachen zu holen. ich hoffe, sie begegnet mir nicht, sonst kann sie auf was gefasst machen. ich verstehe, dass aerzte nicht mit jedem mitleid haben koennen. aber so viel egal auf einmal habe ich noch nicht erlebt. die bloede kuh merkt offenbar nicht, dass sie mit den gefuehlen und hoffnungen eines todkranken und seiner familie spielt. sorry, das passte jetzt hier nicht rein. carlos, ich finde es gut, dass du dich so reinhaengst. es ist, so komisch es klingt, auch eine gute sache fuer die psyche, das gefuehl, dass man was sinnvolles tut in diesem ganzen chaos. ich hab die letzten tage auch nur am telefon verbracht. ich wuensche uns allen viel kraft! und danke nochmal, dass ihr alle da seid! |
#4
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Meine Güte, das ist so viel, was in so kurzer Zeit auf Dich einstürmt ... Du machst das toll - Hut ab!
... das Gefühl, dass die Trauerarbeit schon jetzt beginnt, kenne ich. Ich habe 100 % die gleiche Empfindung .... Es ist immer sehr schwierig, im Krankenhaus, mit den (Haus-)ärzten und allem drumherum klarzukommen. Man will das Richtige tun, ist gleichzeitig aber überfordert und kann manchmal nicht glauben, wie mit einem (und den kranken Menschen) umgegangen wird .... ich finde, Du bist auf einem sehr guten Weg und ich spreche Dir ganz großen Respekt aus. Weiterhin alles, alles Gute für Euch! |
#5
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lieber carlos!
ersteinmal möchte ich dir sagen, wie sehr ich deine kraft und stärke bewundere! so kurz nach dieser schlimmen diagnose schon einen solch "klaren kopf" zu haben, ist soo viel wert, auch bzw. gerade für deine eltern - hut ab! meine ma ist vor 10 wochen, am 15.6. eingeschlafen, nur 6 wochen nach der niederschmetternden diagnose ( kleinzeller lunge mit metastasen in niere, leber etc. ). ich kann mich noch genau an diese unglaublich schwere zeit erinnern, diese wahnsinnige angst, trauer, hoffnung, wut, es war die hölle für meinen papa, meine schwester und mich. auch ich hatte ganz grosse probleme, meine ma im kh zu besuchen, konnte es nur mit beruhigungsmitteln! ich hatte jedesmal solch eine panische angst, was mich hinter der krankenzimmer-tür erwartet, geht es ihr wieder schlecher, gibt es wieder irgendwelche hiobsbotschaften... und vor allem meine ma so leiden sehen zu müssen, es zerreisst einem das herz, man ist so hilflos! auch bei uns gab es tage, wenn es ihr besonders schlecht ging, dass wir meiner ma gewünscht haben, dass ihr leiden ein ende haben möge. es tat so unglaublich weh, sie so sehen zu müssen. lieber carlos, ich wünsche dir für die nächste, so schwere zeit, die leider kommen wird, von herzen alles, alles gute, teile dir deine kraft gut ein, denke auch an dich, denn das ist auch ganz wichtig! liebe grüsse, dani |
#6
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carlos, du hast natuerlich recht. alle hilfe, sobald es geht.
meine mam und ich haben am dienstag erstmal einen termin bei der caritas, die sind gut im koordinieren, und koennen uns bestimmt weiterhelfen, vorgehensweisen empfehlen und aehnliches... mein dad ist ja noch relativ fit, auch wenn die situation akut ist, da der tumor gross und die metastasen im hirn ein quintett bilden koennten. d.h., wir haben am montag erstmal termine beim radiologen und beim chemo-doc, und die behandlung wird dann wohl im laufe der woche anfangen. ich finde es toll, dass ihr so ein gutes netzwerk habt. das wird bestimmt viel helfen! bei uns ist es nicht gar so dicht, aber es passt. das mit deinem bruder tut mir leid, aehnliches habe ich auch erlebt. mein bruder hat zwar ueberlebt, aber als schwerstbehinderter, er ist wie eine kleine blume. wir waren heute wieder auf der station, auf der mein dad zu den untersuchungen lag - ich haett mich zehn mal uebergeben koennen vor angst. vor allem, weil da wirklich nur hiobsbotschaften rauskamen... generell und immer... die aerztinnen waren heute etwas netter, also die kleine kopflose war gar nicht dabei. nur die oberaerztin. die hat sich zeit genommen, und versucht, uns nochmal alles zu erklaeren. meine lieben, kopf hoch!!! (ich muss grad ein bisschen ueber meinen dad schmunzeln, er sitzt mir gegenueber, mit ner dicken wurschtsemmel und sagt, das sei essen gegen den krebs ![]() fuehlt euch alle herzlich gedrueckt! mari |
#7
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Lieber Carlos,
als ich grade von deinem Bruder gelesen habe, musste ich echt schlucken... Das tut mir sehr, sehr leid... Schrecklich, wenn so ein junger Mensch derart brutal aus dem Leben gerissen wird. Da fehlen einfach die Worte. Zu deiner Frage:ja, mir ging es ebenso, ich musste auch immer meinen Mut zusammen nehmen, hatte immer die Angst, vor meinem Vater in Tränen auszubrechen und ihn damit womöglich noch mehr zu belasten. Schlimm war es, als er nach einer Lungenentzündung einen Pleuraerguss bekam und ihm Drainagen gelegt wurden. Da lag er so klein, so verletzlich in seinem Krankenhausbett und war an lauter Schläuche angeschlossen. Und diese Pumpe machte ein so schlürfendes Geräusch. Oh, er tat mir so unglaublich leid! Aber dann habe ich tief durchgeatmet und versucht, ihn zum Lächeln zu bringen. Lachen war ja unmöglich... Im Verlauf der Monate haben wir uns dann an die Krankheit gewöhnt, so seltsam das auch klingen mag. Wir mussten lernen, den Krebs in unseren Alltag zu integrieren, auch wenn nichts mehr wie vorher war. Ich persönlich habe gelernt, intensiv in der Gegenwart zu leben, jeden guten Moment zu genießen. Ich und auch meine Mutter trauten uns nicht mehr, irgendwelche Pläne zu machen, die in der Zukunft lagen. Unser Leben spielte sich im Jetzt ab. Wenn ich zurückblicke, dann bin ich dankbar für all die schönen Augenblicke, die wir teilten. Es war eine sehr intensive Zeit. Schmerzhaft, aber eben auch sehr, sehr innig. Schön, dass deine Ma so gute Freundinnen hat. Die werden sie sicherlich auch unterstützen, so gut sie können. Wichtig ist ja auch für deine Mutter, dass sie ein, zwei Menschen (außerhalb der Familie) hat, bei denen sie ihr Herz ausschütten kann und auf die sie sich verlassen kann. Ich denke auch, dass ihr das gemeinsam schaffen werdet. Ganz egal, was da auf euch zukommt. Und man wundert sich, wie viel innere Kraft man aufbringt, wenn es erforderlich ist. Weißt du, du hast da offensichtlich eine sehr gute Gabe, dieses innere Krisenmanagement, das sich aktiviert in Notfällen. Mir ging es wohl ähnlich wie dir, ich musste auch ständig aktiv sein, alles organisieren und planen. Ich konnte nicht mehr still sitzen. Schlafen konnte ich allerdings anfangs auch kaum mehr... Und weißt du, was mir noch geholfen hat? Die Seelsorgerin, bei der meine Mutter Gesprächstermine hatte... Sie sagte, dass wir alle, auch die gesunden Menschen, jeden Tag nur 24 Stunden zur Verfügung haben. Und wenn die rum sind, dann beginnt ein neuer Tag... Ich hoffe für dich, dass das Ergebnis der Untersuchung nicht so niederschmetternd sein mag!!! Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt... Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark! |
#8
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Hallo, wenn ich das hier so alles lese kommen mir die tränen, das ist als ob Ihr mir aus der Seele schreibt. Es ist einerseits traurig das wir alle dieses fiese,abscheuliche und ich weiß nicht wie gemein ich es noch nennen soll durch machen müssen aber es tut doch gut wenn man weiß das man nicht alleine im Boot sitzt. Danke!!!! LG Lucie
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#9
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Erst mal nur ein kleines Update.
Die Bronchoskopie ist ohne Komplikationen verlaufen. Die Proben werden untersucht und der Fall meines Vaters am Mittwoch in der Tumorkonferenz besprochen. Dann sehen wir weiter. Gestern fragte mich mein Vater, in welchem Krankenhaus er läge, es sehe hier so aus wie in Spanien... Er ist so schwach, es ist erschreckend. Heute fühle ich mich überhaupt nicht gut. Ich habe elf Stunden geschlafen und könnte mich schon wieder hinlegen. Mir ist irgendwie schummerig und ich fühle mich wie aus der Matrix gefallen, wie in Watte gepackt. Ich nehme an, das ist eine ganz normale Reaktion meines Körpers auf die Belastung. Jetzt fahre ich erst mal ins Krankenhaus und dann gehe ich schwimmen. Den Kopf zumindest etwas frei bekommen. Bis später, ihr Lieben. Und danke. Geändert von El_Desparecido (25.08.2012 um 20:05 Uhr) |
#10
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Wow.
Drei Stunden im Krankenhaus können anstrengender sein, als den ganzen vormittag im Garten umzugraben. Heute war ich sauer auf meinen Papa. Meine Mutter hat ihm ein Leberwurstbrot in Mundhappen geschnitten und ihn damit gefüttert. Er hatte immerhin eine halbe Scheibe Brot geschafft. Dann wollte er nicht mehr und bekam seine Tabletten. Nachdem er die geschluckt hatte, fragte meine Mutter ihn, ob er noch ein Stückchen Brot wolle. Er nickte. Er kaute dreimal drauf rum und spuckte es dann im hohen Bogen wieder raus und krächzte in einer erstaunlichen Lautstärke: "Erst essen, dann Tabletten" Ich: "Papa, du hast doch schon was gegessen." (Ich denke irgendwie glaubte er, dass man nach den Tabletten nichts mehr essen dürfe). Daraufhin schubste er meine Mutter weg und zischte mit immens viel Gift in den Augen: "Hau ab!" Sie lief dann ersteinmal heulend aus dem Zimmer und ich sagte zu meinem Vater, dass das total gemein sei und er das nicht machen dürfe. Er starrte fünf Minuten an die Decke und schlief dann ein. Ich war total sauer auf meinen Vater und hielt ihn für undankbar. Nach zehn Minuten habe ich realisiert, dass es den Ärger nicht wert ist. Wenn ich jetzt im Groll von ihm gehe und heute nacht klingelt mein Handy(...) dann wäre meine letzte Erinnerung Groll gewesen und das wollte ich nicht. Ich setzte mich wieder an sein Bett und hielt noch eine Stunde lang seine Hand, bevor ich ihn küsste und mich verabschiedete. Harte Zeiten. |
#11
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Lange Zeit nichts geschrieben.
In diesem Fall sind no news good news gewesen. Zumindest im Rahmen des Möglichen. Die echt schlimme Entzündung hat mein Vater ganz gut überwunden, danach wurde der Tumor in der Blase ausgeschabt und hat sich als "halb so schlimm herausgestellt". Danach schloss sich direkt der 2. Chemoblock an, den mein Vater ziemlich gut wegsteckte. Zwei Tage danach wurde er mit nur 16 Stunden Vorlaufzeit nach hause entlassen. Als mir die Stationsärztin Donnerstagnachmittag durch meine zufällige Nachfrage mitteilte, dass mein Vater Freitag Mittag nach hause kann, freute ich mich zunächst. Dadurch, dass mein Vater eigentlich bereits nach der ersten Chemo nach hause sollte, hatten wir schon ein Pflegebett und einen Toilettenstuhl. Kontakt zu einem Pflegedienst gab es auch schon. Meine Vorfreude auf die Entlassung meines Vaters trübte sich sehr schnell ein und wich heller Aufregung. Der neue Hausarzt meines Vaters würde am Freitag in den Urlaub fahren. Ich benötigte also kurzfristige Vertretung. Der Pflegedienst hatte in der Zwischenzeit neue Patienten aufgenommen und teilte mir mit, dass man meinen Vater nicht mehr ausreichend versorgen könnte. Ich brauchte also auch einen neuen Pflegedienst. Es fehlten grundsätzlich Dinge, wie Urinflasche usw. Kurzum, es folgten 16 sehr intensive Stunden des Organisierens und letztendlich hat es mich einige Nerven gekostet, aber es hat alles sehr gut geklappt. Das Entlassungsmanagement des Krankenhauses habe ich im Nachhinein ziemlich rund gemacht. Aber nun gut... Mein Vater verbrachte gute 2 Wochen zu hause und es ging ihm an sich dabei ganz gut. Er hat sich natürlich sehr gefreut wieder zu hause zu sein in seiner natürlichen Umgebung. Er hatte sehr viel Besuch, war meistens ziemlich gut drauf und Komplikationen blieben aus. Letzten Freitag hat die Ärztin im Blutbild eine kleine Infektion festegestellt und Antibiotika verabreicht. Seit letzten Dienstag ist er wieder im Krankenhaus zum 3. Chemoblock. Das Thorax-CT zeigte eine deutliche Verkleinerung des Lungenherdes - immerhin. Dafür wurde irgendetwas im Hals gesichtet, dass sich der HNO heute ansehen soll und vermutlich für seine manchmal vorhandenen Schluckbeschwerden verantwortlich ist. Ich habe dabei überhaupt kein gutes Gefühl. Wenn alles gut läuft, darf er Anfang nächster Woche wieder nach hause. Ich wünsche es ihm sehr. Er ist so tapfer und hat trotz allem seinen Humor bewahrt. Sehr schwarz zwar, aber von Herzen. Ich bewundere ihn wahrscheinlich genauso doll, wie er mich bewundert. |
#12
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Liebe Miriam,
danke, das du dir so viel Zeit für mich nimmst. Das weiß ich sehr zu schätzen. Wir kommen aus dem Raum Hamburg, genauer gesagt südliches Schleswig-Holstein. Ich denke der von mir gedachte Hausarztwechsel war vielleicht gut gemeint, aber vorschnell. Ich werde jetzt mal das Gespräch mit ihm am Montag abwarten und dann weiter sehen. Am Montag spreche ich auch mit dem Sozialdienst im Krankenhaus, um zu erfragen, ob bereits jetzt eine Beantragung der Pflegestufe Sinn ergibt und es dann ggfs. sofort in die Wege leiten. Außerdem habe ich gelesen, dass der Sozialdienst eine Beantragung der Pflegestufe auch per Eilverfahren nach Aktenlage durchführen lassen kann. Mal gucken. Mein Vater ist 69, meine Mutter ein Jahr jünger. Sie ist eine sehr willensstarke und sensible Frau. Früher war sie ein echter heißblütiger spanischer Kampfzwerg, der alles geschafft hat, was sie sich vorgenommen hat. Nach einer Sigmaresektion vor 2 Jahren wegen Divertikulitis hat sie sich eigentlich ganz gut erholt, aber körperlich nicht mehr die Stabilste. Dennoch, für 68 ist sie ausgesprochen fit und kräftig. Außerdem wohne ich mit meinen Eltern unter einem Dach, werde also oft da sein und helfen. Ich werde meinen gesamten Jahresurlaub und den Resturlaub vom letzten Jahr so nehmen, dass ich wenn mein Vater nach hause kommt, 3 Monate nur halbtags arbeite. Im Notfall brauche ich vom Büro nach hause ca. 15 Minuten. Dazu werden wir natürlich von Anfang an jede Hilfe wie Pflegedienst und SAPV in Anspruch nehmen, derer wir habhaft werden können. Meine Eltern, insbesondere meine Mutter hat auch ein sehr intaktes Netzwerk aus wirklich guten Freundinnen, die - besonders wichtig - Tod, Verlust, Trauer, Schmerzen sehr gut nachempfinden können, weil sie persönlich betroffen gewesen sind. Vor ungefähr 9 Jahren und einem Monat kam ich gegen 23.00 Uhr mit dem Fahrrad total bekifft nach hause. Ich hatte gerade die Haustür geschlossen und etwas getrunken, da klopfte es an der Tür. Als ich sie öffnete standen zwei Polizisten da und ich dachte" Scheisse, bist du Schlangenlinien gefahren?" Schön wäre es gewesen. Sie eröffneten mir, dass mein Bruder bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen ist. Meine Eltern schliefen bereits und ich musste sie wecken und ihnen sagen, dass ihr Sohn tot sei. Das und alles was folgte war sehr schwer für alle Beteiligten. Meine Eltern haben in dieser schweren Zeit auf dem Friedhof - sie sind bis vor Kurzem jeden Tag dort gewesen - sehr viele Kontakte mit anderen Trauernden geknüpft und daraus sind einige sehr tiefe Freundschaften entstanden. Das beweist sich gerade jetzt. Gestern habe ich zu meiner Mutter gesagt, sie habe tolle Freundinnen - besser geht eigentlich nicht. Ich bin deswegen ganz zuversichtlich, dass wir die Situation gemeinsam meistern können, egal wie es kommt. Nichtsdestotrotz bin ich mir absolut darüber im Klaren, dass extremste Belastungen auf uns warten und ich werde das sehr gut im Auge behalten und Notfalls gegensteuern. Außerdem habe ich meinen Cousin gebeten mich zu sagen, wenn er meint, dass die Strapazen zu groß werden und wir das nicht mehr packen, weil man das von außen vermutlich besser erkennt. Danke fürs Daumendrücken bei der Bronchoskopie. Bisher hat mein Handy nicht geklingelt - also zumindest auch keine akuten Hiobsbotschaften. F*cking Handy. Du machst mir Angst. Ging es dir auch so, dass du deinen ganzen Mut zusammennehmen musstest, wenn du deinen Vater im Krankenhaus besucht hast? Ich muss mich heute richtiggehend dazu zwingen. Vielen Dank noch einmal für dein Ohr, deine Augen und deine Zeit. |
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