![]() |
![]() |
|
#1
|
||||
|
||||
![]()
Hallo Hermann,
danke für deine Antwort. Das kann ich genauso unterschreiben wie du es geschildert hast. Ich habe es der Schwiegermutter auch so ähnlich erklärt, aber es gibt Menschen, die nur in ihrer eigenen Fantasie leben, an denen andere Erfahrungen oder Meinungen abperlen. Da ich aus einer nicht immer gut funktionierenden Familie stamme, bin ich mir ziemlich sicher, dass mein Mann der einzige Mensch war, der mich wirklich geliebt hat. Er hat mich mit meinen Ecken und Kanten so akzeptiert wie ich bin und umgekehrt war es genauso. Das war allerdings ein längerer Lernprozess, der uns manchmal an unsere Grenzen brachte, letztlich aber noch fester zusammen schweißte. Liebe Grüße Jutta Geändert von gitti2002 (03.09.2015 um 00:19 Uhr) Grund: Vollzitat entfernt |
#2
|
||||
|
||||
![]()
Lieber Ingo,
so vieles hat sich während deiner Abwesenheit hier schon verändert. Manches gewollt, häufig gab es auch unfreiwillige Veränderungen. Du hattest mein Fahrrad während deiner Krankheit im letzten Jahr noch repariert und einige Teile erneuert. Es stand im Hinterhof und ist gestohlen worden. Die Versicherung übernahm die Kosten für ein neues Rad. Dieses ist jetzt zwar viel schöner, aber das alte Fahrrad hatte einen unbezahlbaren Wert, weil du es mit deinen Händen instandgesetzt hast. Ich habe jetzt alle Bilder auf denen du gut getroffen bist eingerahmt und in der Wohnung verteilt,so viele waren es ja nicht. Mittlerweile kann ich sie anschauen ohne sofort dabei zu weinen. Ich denke an die Zeit als es noch selbstverständlich war, dass du an meiner Seite warst und wir für unser Wohlergehen gesorgt haben. Zukunft und Zeit haben nicht mehr so einen hohen Stellenwert wie damals, sind nicht mehr so wichtig- ohne dich.- Ich bin dankbar dafür, das ich momentan keine Gefühle der Verbitterung spüre, fühle mich herzlich und liebevoll mit dir verbunden. Du bist jetzt frei von Leid, die Verzweiflung ist dem ewigen Frieden gewichen. Sehnsucht und vermissen bleiben.... Jutta |
#3
|
||||
|
||||
![]()
Lieber Ingo,
dich zu verlieren war ein tiefer Einschnitt in meinem Leben.- Seitdem fühlt sich nichts mehr an wie vorher. In mir hat sich alles verändert, obwohl ich in der selben Wohnung geblieben bin und auch sonst alles seinen Gang geht. Die Zeit rinnt schnell dahin. Wieder geht ein Tag dem Ende entgegen und ich bin dir ein Stück näher gekommen. Das denke ich jeden Abend. Augenblicke in vollem Bewusstsein - an vergangene Situationen die ich mit dir erlebt habe - ziehen an mir vorbei. Ich sehe deine vertraute Gestalt. Alles vermischt sich, Vergangenheit und Gegenwart. Der Umgang mit Menschen ist einem dauernden Wandel unterworfen. Ich möchte im Austausch bleiben , damit eine Verbindung auch in Zeiten der Veränderung zu meinen Mitmenschen bestehen bleibt. Daran arbeite ich mal mehr und mal weniger intensiv. Das ganze Ausmaß deiner Abwesenheit wird mir erst jetzt nach gut einem Jahr richtig bewusst. Es ist tut gut die Gedanken aufschreiben zu können. |
#4
|
||||
|
||||
![]()
Lieber Ingo,
wieder ist Herbst, es ist der zweite Herbstanfang ohne dich. Ich fühle mich merkwürdig....physisch eher gut aber das seelische Gleichgewicht fehlt.... Wie sehr hätte ich dir gewünscht das du deine Interessen, Hobbys und auch die ganz alltäglichen Dinge noch längere Zeit erlebt hättest. Übergroße Ansprüche an dein Leben hattest du nie, wolltest keine grundlegenden Veränderungen. Wenn dich etwas gestört hätte, hättest du es wahrscheinlich geändert. Manches ließ sich nicht ändern und du hast dich damit abgefunden.... Am Ende deines Lebens hast du aber vielleicht doch manches bedauert. Es gibt wohl kaum jemanden, der keine falschen Entscheidungen getroffen hat. Es war ein normales Durchschnitts Leben und nur wenig Menschen können sich dazu entschließen nur dass zu tun, was sie wirklich tun wollen. Wahrscheinlich gehöre ich auch dazu. Ich glaube ich könnte mir am Ende sagen " ich wünschte ich hätte mir erlaubt glücklicher zu leben." In Liebe Jutta |
#5
|
||||
|
||||
![]()
Heute ist Samstag und ein milder Herbsttag sorgt dafür dass ich sehr aktiv bin. ( Ausdauertraining, Sauna langer Spaziergang mit dem Hund )
Auf dem Friedhof treffe ich eine alte Bekannte mit ihrem Hund und ich freue mich sie nach langer Zeit wieder zu sehen. Eigentlich bin ich mit dem Verlauf des Tages zufrieden, doch plötzlich als ich gegen Abend zu Hause bin vermisse ich Ingo und lass die Tränen laufen. Alle möglichen Bilder schießen mir durch den Kopf, die starke Trauergefühle auslösen. Es sind Bilder aus guten Zeiten, aber überwiegend auch die schrecklichen aus der schweren Zeit mit der Krankheit. - Es war aber auch alles ein Scheiß.... Da wo er Aufgaben und Funktionen erfüllte ist sein Fehlen spürbar, sowie in ganz vielen Momenten die er mit seinem Dasein und seiner Liebe füllte. Ohne viel Worte haben wir uns verstanden. Ich hatte wirklich das Gefühl von dem großen Trauerberg schon eine ganze Menge weggeschaufelt zu haben, aber manchmal quäle ich mich wieder mit den Fragen Warum? Sinnlos, ich weiß, aber diese Tiefs gibt es noch, wenn auch seltener. Ich möchte einfach nicht stehenbleiben, ich möchte weitergehen, und ich glaube auch, dass ich das schaffe. Geht es euch auch so? Es ist schade dass es still geworden ist hier im Hinterbliebenenforum, dabei empfinde ich einen Austausch als unterstützend. Jutta |
#6
|
|||
|
|||
![]()
Liebe Jutta,
ja, du schaffst das, bist doch auf dem Weg und hast schon eine grosses Stück der akuten Trauerwegstrecke (hmm..blödes Wort) zurückgelegt. Das sie dich immer wieder einholen, diese Erinnerungen, die Fragen, auf die du nie eine Antwort bekommen wirst, das du gute Momente, Stunden, vielleicht auch Tage hast... und wumms, Irgendetwas wird durch irgendetwas getriggert und dann ist sie wieder da, die Trauer. Und sie darf das, darf uns einfach überfallen. Mein Gott, was hab ich gestrampelt, hab alles ausprobiert, mir ein enges Strukturkorsett geschnallt, nur nicht hängen lassen, dann wieder hängen lassen, aktiv sein, passiv sein, rausgehen, unter Menschen sein, zuhause bleiben, nur keinen um mich rum... ich glaub, ich hab's dir schon mal geschrieben, es hat sich bei mir erst geändert als ich jedes, selbst von Experten beschriebene Trauermodell fallen liess, nur mir und meinen aktuellen Bedürfnissen folgte, war für die Umwelt nicht leicht zu ertragen, ich hab keine festen Zusagen mehr gemacht, mich zu nichts gezwungen, immer geschaut, was geht jetzt gerade, mich über jedes Tagessternchen gefreut, die Momente, wo ich jemandem oder etwas begegnet bin, der /das mich berührte, und dadurch den Trauerschleier kurzfristig zur Seite schob. Heute erfüllt mich eine grosse Dankbarkeit, gerade diesem Menschen begegnet zu sein, mit ihm Jahre meines Lebens geteilt zu haben, soviel Glücklichsein erlebt zu haben, so eine wunderbare, grosse Ergänzung zum eigenen Ich gefunden zu haben und das trägt mich. Abstürze erleb ich auch, immer wieder, sei es eine Musik, die zufällig im Radio spielt, das ich vor dem liebevoll zubereiteten Essen sitze und sich mir die Kehle zuschnürt, das ich ihm leibhaftig erzählen möchte von meinen Erlebnissen, das ich an der Supermarktkasse mich umdrehe und fragen will: hast du mal 55 Cent passend?, das ich es immer noch nicht perfekt schaffe meine Einkäufe auf 1 Person zu reduzieren, das ich mich oft frage, wozu das Ganze??? Ich rede viel mit Guido, erzähl von meinem Erlebten, meinem Hadern mit dem Leben, welches so ganz anders ist als wir es uns jemals hätten vorstellen können. Irgendwie hilft es, diese Zwiegespräche, ich spür dann seine Geisteshaltung, unglaublich wie dieser Mensch sein Schicksal angenommen hat, wie er gekämpft hat, nie missmutig war, überaus dankbar für jeden "guten" Lebenstag, ja, das hilft mir und die Trauer wird immer einen Platz in mir haben, sie darf mich überrumpeln, in jeder Situation, ich möchte sie nicht wegschieben, ihr kein Zeitlimit geben, sie eher umarmen. Trauer verändert und auch dafür bin ich dankbar, feinfühliger geworden zu sein, milder im Urteil, keine Menschen zu bewerten, bewusster das Leben wahrnehmen, Nichts ist für mich mehr selbstverständlich... Ja, du hast recht, es ist ruhig geworden, vielleicht liegt es daran, das jede(r) seinen Weg finden muss, der so unterschiedlich ist, wie wir selbst. Ich wünsche dir sehr "deinem" Weg folgen zu können und wenn es dir hilft, dann berichte ich dir gerne von meinen Schritt(ch)en. Gerade geniess ich den Regen, der die dürstenden Pflanzen so beglückt, ich hör sie laut "DANKE" schreien... Alles Liebe und Gute zu dir Sjarissa
__________________
Der Tod ist der Grenzstein des Lebens, aber nicht der Liebe. Guido * 25.12.1953 + 03.01.2012 |
#7
|
||||
|
||||
![]()
Hallo sjarissa,
danke für deine Antwort. Deine Zeilen machen Mut und bestätigen mir, dass ich "ganz normal bin", denn wenn sich plötzlich Trauergefühle einstellen, möchte ich sie zulassen und nicht denken müssen, das ich etwa falsch Trauer, weil ich nach gut einem Jahr - ohne meinen Mann- meine Gefühle immer noch nicht im Griff habe. Ja, ich denke auch öfter was es alles noch für einen Sinn macht, fühle mich manchmal zu alt oder schwach für einen Neuanfang. Es fällt mir schwer, gut für mich zu sorgen. Schlechte Essgewohnheiten müsste ich konsequenter angehen, habe wenig Lust für mich alleine zu kochen. Manchmal koch ich für meinen Hund Gemüse und Kartoffeln und esse eine Portion mit Ich freue mich für dich, das du dir eine gute Mahlzeit zubereitest, auch wenn es bis heute nicht so schmeckt wie damals zu zweit und immer noch zu viel übrig bleibt... Zwiesprache mit meinem Mann halte ich auch und manchmal begleitet mich seine Energie, wenn die Stille in der Wohnung unerträglich wird. Ich spüre dann eine Art Windzug und habe das Gefühl, dass er - wenn auch unsichtbar - bei mir ist. So geh ich weiter Schritt für Schritt im Auf und Ab meiner Befindlichkeit. Wenn du möchtest kannst du mir gerne von deinen Erlebnissen und kleinen Fortschritten berichten, denn niemand sonst kann das so gut wie diejenigen die ein ähnliches Schicksal erfahren haben. Liebe Grüße Jutta |
![]() |
Lesezeichen |
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1) | |
|
|