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#1
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Liebe Jutta,
ja, du schaffst das, bist doch auf dem Weg und hast schon eine grosses Stück der akuten Trauerwegstrecke (hmm..blödes Wort) zurückgelegt. Das sie dich immer wieder einholen, diese Erinnerungen, die Fragen, auf die du nie eine Antwort bekommen wirst, das du gute Momente, Stunden, vielleicht auch Tage hast... und wumms, Irgendetwas wird durch irgendetwas getriggert und dann ist sie wieder da, die Trauer. Und sie darf das, darf uns einfach überfallen. Mein Gott, was hab ich gestrampelt, hab alles ausprobiert, mir ein enges Strukturkorsett geschnallt, nur nicht hängen lassen, dann wieder hängen lassen, aktiv sein, passiv sein, rausgehen, unter Menschen sein, zuhause bleiben, nur keinen um mich rum... ich glaub, ich hab's dir schon mal geschrieben, es hat sich bei mir erst geändert als ich jedes, selbst von Experten beschriebene Trauermodell fallen liess, nur mir und meinen aktuellen Bedürfnissen folgte, war für die Umwelt nicht leicht zu ertragen, ich hab keine festen Zusagen mehr gemacht, mich zu nichts gezwungen, immer geschaut, was geht jetzt gerade, mich über jedes Tagessternchen gefreut, die Momente, wo ich jemandem oder etwas begegnet bin, der /das mich berührte, und dadurch den Trauerschleier kurzfristig zur Seite schob. Heute erfüllt mich eine grosse Dankbarkeit, gerade diesem Menschen begegnet zu sein, mit ihm Jahre meines Lebens geteilt zu haben, soviel Glücklichsein erlebt zu haben, so eine wunderbare, grosse Ergänzung zum eigenen Ich gefunden zu haben und das trägt mich. Abstürze erleb ich auch, immer wieder, sei es eine Musik, die zufällig im Radio spielt, das ich vor dem liebevoll zubereiteten Essen sitze und sich mir die Kehle zuschnürt, das ich ihm leibhaftig erzählen möchte von meinen Erlebnissen, das ich an der Supermarktkasse mich umdrehe und fragen will: hast du mal 55 Cent passend?, das ich es immer noch nicht perfekt schaffe meine Einkäufe auf 1 Person zu reduzieren, das ich mich oft frage, wozu das Ganze??? Ich rede viel mit Guido, erzähl von meinem Erlebten, meinem Hadern mit dem Leben, welches so ganz anders ist als wir es uns jemals hätten vorstellen können. Irgendwie hilft es, diese Zwiegespräche, ich spür dann seine Geisteshaltung, unglaublich wie dieser Mensch sein Schicksal angenommen hat, wie er gekämpft hat, nie missmutig war, überaus dankbar für jeden "guten" Lebenstag, ja, das hilft mir und die Trauer wird immer einen Platz in mir haben, sie darf mich überrumpeln, in jeder Situation, ich möchte sie nicht wegschieben, ihr kein Zeitlimit geben, sie eher umarmen. Trauer verändert und auch dafür bin ich dankbar, feinfühliger geworden zu sein, milder im Urteil, keine Menschen zu bewerten, bewusster das Leben wahrnehmen, Nichts ist für mich mehr selbstverständlich... Ja, du hast recht, es ist ruhig geworden, vielleicht liegt es daran, das jede(r) seinen Weg finden muss, der so unterschiedlich ist, wie wir selbst. Ich wünsche dir sehr "deinem" Weg folgen zu können und wenn es dir hilft, dann berichte ich dir gerne von meinen Schritt(ch)en. Gerade geniess ich den Regen, der die dürstenden Pflanzen so beglückt, ich hör sie laut "DANKE" schreien... Alles Liebe und Gute zu dir Sjarissa
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Der Tod ist der Grenzstein des Lebens, aber nicht der Liebe. Guido * 25.12.1953 + 03.01.2012 |
#2
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Hallo sjarissa,
danke für deine Antwort. Deine Zeilen machen Mut und bestätigen mir, dass ich "ganz normal bin", denn wenn sich plötzlich Trauergefühle einstellen, möchte ich sie zulassen und nicht denken müssen, das ich etwa falsch Trauer, weil ich nach gut einem Jahr - ohne meinen Mann- meine Gefühle immer noch nicht im Griff habe. Ja, ich denke auch öfter was es alles noch für einen Sinn macht, fühle mich manchmal zu alt oder schwach für einen Neuanfang. Es fällt mir schwer, gut für mich zu sorgen. Schlechte Essgewohnheiten müsste ich konsequenter angehen, habe wenig Lust für mich alleine zu kochen. Manchmal koch ich für meinen Hund Gemüse und Kartoffeln und esse eine Portion mit Ich freue mich für dich, das du dir eine gute Mahlzeit zubereitest, auch wenn es bis heute nicht so schmeckt wie damals zu zweit und immer noch zu viel übrig bleibt... Zwiesprache mit meinem Mann halte ich auch und manchmal begleitet mich seine Energie, wenn die Stille in der Wohnung unerträglich wird. Ich spüre dann eine Art Windzug und habe das Gefühl, dass er - wenn auch unsichtbar - bei mir ist. So geh ich weiter Schritt für Schritt im Auf und Ab meiner Befindlichkeit. Wenn du möchtest kannst du mir gerne von deinen Erlebnissen und kleinen Fortschritten berichten, denn niemand sonst kann das so gut wie diejenigen die ein ähnliches Schicksal erfahren haben. Liebe Grüße Jutta |
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