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  #1  
Alt 15.07.2016, 01:53
Ich2009 Ich2009 ist offline
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Standard AW: Gibt es wirklich keine Chance???

Muss mal wieder hier etwas schreiben, da ich mal wieder nicht schlafen kann.
Gestern wurde meine Schwester an der Wirbelsäule operiert. Es war nur eine kleine op, wo die neurochirurgen verhindern wollten, dass sie gelähmt wird. Meine Schwester hatte die letzten Tage so starke Schmerzen, dass sie kaum ansprechbar war. Nächste Woche soll der Tumor entfernt werden, aber leider nicht ganz.
Heute war meine Schwester gar nicht ansprechbar und liegt noch auf der intensiv. Habe so große Angst um sie, dass ich gar nicht richtig funktionieren kann. Und heute muss ich versuchen für meinen großen fröhlich zu sein, da er seinen 7 Geburtstag hat.
Ich bin so unendlich traurig, dass meine Schwester innerhalb weniger Tage so abgebaut hat und kaum noch reden konnte.
Habe auch so große Angst vor der zweiten op, da kann so einiges schief gehen.
Kann meine Schwester noch nicht mal besuchen, da ich sehr erkältet bin und das Risiko einer Ansteckung doch viel zu hoch.
Sorry für mein Geheule, aber es musste raus
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  #2  
Alt 17.12.2016, 04:56
Ich2009 Ich2009 ist offline
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Standard AW: Gibt es wirklich keine Chance???

Jetzt sind einige Monate vergangen und leider wird meine Schwester es nicht mehr schaffen.
Vorgestern ist sie in die paliativ Station aufgenommen worden da sie nach der Bestrahlung sehr starke Schmerzen hatte und nicht mehr laufen konnte.
In der Nacht hat sich alles so verschlimmert, dass die Ärzte ihr noch 1-2 Tage geben. Mein Schwager rief mich an, dass sie nicht mehr ansprechbar ist und nur noch schläft.
Ich habe meine drei Kinder noch bei meiner Schwiegermutter abgegeben und bin mit meinem Partner zu ihr. Als wir angekommen sind, wurde sie wach und erkannte mich. Sagte zu mir "Hauptsache du bist da. Ich weiß dass ich jetzt sterben muss und wir haben noch soviel geplant". Sie ist immer wieder eingeschlafen und jedes Mal wenn sie wach wurde hat sie mich angelacht.
Es tat gut aber ich bin so unendlich traurig, weil ich nichts mehr für sie tun kann
Ich kann heute Nacht nicht schlafen, weil ich Angst habe, dass ich das Telefon nicht höre. Ich weiß nicht wie ich die nächsten Tage schaffen soll. Zuhause hab ich drei Kinder und die kleine merkt schon dass mit mir was nicht stimmt. Sie lässt mich nicht aus den Augen.
Wie soll ich dieses Jahr Weihnachten feiern? Egal ob meine Schwester bis dahin noch leben sollte oder doch erlöst ist, wird es für unsere Familie ganz schrecklich sein. Ich kann aber meinen kleinen Kindern nicht die Freude nehmen
Ich habe so große Angst.
Vor drei Tagen war alles noch gut, meine Schwester hatte schmerzen, aber wir haben noch ganz normal miteinander reden können und Weihnachten geplant.
Wir haben noch wirklich Scherze gemacht, dass wir uns als Geister besuchen werden, wenn wir mal Tod sind.
Sie ist doch nur in die Klinik gekommen um abzuklären woher die Schmerzen kommen und nun das. Sorry für diesen wirren Text, ich weiß aber nicht mehr weiter.

Geändert von gitti2002 (18.12.2016 um 03:38 Uhr)
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  #3  
Alt 17.12.2016, 08:46
Adlumia Adlumia ist offline
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Standard AW: Gibt es wirklich keine Chance???

Es tut mir sehr leid für euch als Familie, dass ihr deine Schwester gehen lassen müsst. Auf einmal geht es doch ganz schnell, vorbereiten kann man sich meiner Meinung nach auf diese Situation nie wirklich. Es ist für euch alle nun so unbegreiflich. Ich wünsche euch sehr viel Kraft sie diese letzten Tage zu begleiten, es ist eine sehr gefühlsintensive Zeit.
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  #4  
Alt 17.12.2016, 21:45
Ich2009 Ich2009 ist offline
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Standard AW: Gibt es wirklich keine Chance???

Danke adlumia
Nun ist der zweite Tag der unendlichen hilfslosigkeit fast zu Ende
Meine Schwester wacht fast gar nicht mehr auf. Sie macht nur kurz die Augen auf und schläft weiter. Sie sagt nichts mehr.
Das ist eine Situation vor der sie am meisten Angst hatte. Einfach nur da liegen und nichts machen können.
Mir zerbricht es das Herz sie so zu sehen und hilflos dabei zu stehen.
Mein Schwager ist Tag und Nacht bei ihr, er muss sich doch auch mal etwas erholen, aber er möchte es nicht
Meine Mama tut mir so unendlich leid. Die verliert ihr Kind
Meine Nichte verliert ihre Mama und ich kann meiner Familie nicht helfen
Ich weiß im Moment nicht wohin mit mir. Meine kleine Tochter versteht die Situation doch nicht und weint sofort los, sobald sie nur sieht dass ich traurig werde. Wie soll ich nun reagieren? Ich kann meine Kinder jetzt nicht alleine lassen aber ich kann nicht so tun, als wenn nichts wäre
Es gibt unendlich viele Fragen, die unbeantwortet bleiben
Ich weiß wirklich nicht mehr weiter
Die Ärzte halten sich jetzt ganz zurück, wir sollen jetzt geduldig sein. Blöder Spruch. Eine Woche vor Weihnachten
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  #5  
Alt 17.12.2016, 21:47
Hego Hego ist offline
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Standard AW: Gibt es wirklich keine Chance???

Man sieht die Sonne untergehn und erschrickt dann doch, wenn es plötzlich dunkel ist.
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  #6  
Alt 18.12.2016, 00:53
Blatt13 Blatt13 ist offline
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Standard AW: Gibt es wirklich keine Chance???

Hallo ich2009,

Ich drück dich ganz fest auch wenn wir uns nicht kennen.
Aber so ungefähr weiß ich wie du dich fühlst... Habe meine Schwester mit 28jahren 2008 auf der Intensiv Stadtion besucht.täglich zur Weihnachtszeit. Genau an Nikolaus schwebte sie zwischen Leben und Tod. Immer um diese Zeit geht es mir sehr schlecht damit und ich denke auch nach solange Zeit täglich dran. Mittlerweile ist sie ein schwerer Pflegefall und ich weiß nicht was besser für sie gewesen wäre. Aber Weihnachten 2008 war die Hölle für mich. Meine Tochter war 1jahr alt und mein Sohn schon 6. ich schaffte es nicht die Wohnung zu schmücken und an Heiligabend habe ich nur geweint, sicher war es nicht schön für meine Kinder, aber mein Herz hat geblutet.... Ich saß und stierte und weinte und hasste Gott für das Unheil was er in meine Familie gebracht hat. Ich verfluchte das Leben! wenn ich deine Zeilen lese erkenne ich mich....
Ich wünsche dir viel Kraft.... Und Menschen um dich die dich verstehen!
Alles liebe
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  #7  
Alt 18.12.2016, 04:29
Ich2009 Ich2009 ist offline
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Beiträge: 39
Standard AW: Gibt es wirklich keine Chance???

Ich danke euch für eure Antworten. Hier findet man Menschen die einen verstehen. Die nächste Nacht in der ich nicht schlafen kann. Habe Angst dass ich es die Zeit verpasse, wo meine Schwester stirbt. Ich kann meine Gefühle gar nicht richtig beschreiben. Tagsüber muss ich für meine Kinder da sein und abends fängt es an, wo ich richtig Angst bekomme
Es tut gut, hier meine Gedanken nieder zu schreiben, obwohl alles ziemlich wirre ist. Und es tut gut, hier nette Antworten zu bekommen
Heute ist der vierte Advent und ich bekomme immer mehr Angst vor Weihnachten
Meine Schwester kämpft immer noch. Ist sie noch nicht bereit zu gehen, weil es so schnell und unerwartet gekommen ist?
Ich kann damit so schlecht umgehen
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  #8  
Alt 18.12.2016, 05:09
lotol lotol ist offline
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Beiträge: 714
Standard AW: Gibt es wirklich keine Chance???

Liebe Ich2009,

es gibt Situationen in unserem Leben, in denen uns nichts anderes übrig bleibt, als die Realität als solche akzeptieren zu müssen.

Deine Schwester hat wohl keine Chance mehr, überleben zu können.
Sie weiß das, und auch Du weißt das.

Zitat:
Als wir angekommen sind, wurde sie wach und erkannte mich. Sagte zu mir "Hauptsache du bist da. Ich weiß dass ich jetzt sterben muss und wir haben noch soviel geplant". Sie ist immer wieder eingeschlafen und jedes Mal wenn sie wach wurde hat sie mich angelacht.
Es tat gut aber ich bin so unendlich traurig, weil ich nichts mehr für sie tun kann
Ich kann heute Nacht nicht schlafen, weil ich Angst habe, dass ich das Telefon nicht höre. Ich weiß nicht wie ich die nächsten Tage schaffen soll. Zuhause hab ich drei Kinder und die kleine merkt schon dass mit mir was nicht stimmt. Sie lässt mich nicht aus den Augen.
Wie soll ich dieses Jahr Weihnachten feiern? Egal ob meine Schwester bis dahin noch leben sollte oder doch erlöst ist, wird es für unsere Familie ganz schrecklich sein. Ich kann aber meinen kleinen Kindern nicht die Freude nehmen
Du darfst Deinen Kindern nicht die Freude nehmen!
Sie verstehen all das nicht und können nur registrieren, daß mit Dir etwas nicht mehr so ganz "stimmt".
"Reiß" Dich also "zusammen" und verschon Deine Kinder!
Kannst ihnen ja auch noch nach und nach erklären, was Sache mit Deiner Schwester ist bzw. war.

Zitat:
Nun ist der zweite Tag der unendlichen hilfslosigkeit fast zu Ende
Meine Schwester wacht fast gar nicht mehr auf. Sie macht nur kurz die Augen auf und schläft weiter. Sie sagt nichts mehr.
Das ist eine Situation vor der sie am meisten Angst hatte. Einfach nur da liegen und nichts machen können.
Mir zerbricht es das Herz sie so zu sehen und hilflos dabei zu stehen.
Mein Schwager ist Tag und Nacht bei ihr, er muss sich doch auch mal etwas erholen, aber er möchte es nicht
Meine Mama tut mir so unendlich leid. Die verliert ihr Kind
Meine Nichte verliert ihre Mama und ich kann meiner Familie nicht helfen
Ich weiß im Moment nicht wohin mit mir. Meine kleine Tochter versteht die Situation doch nicht und weint sofort los, sobald sie nur sieht dass ich traurig werde. Wie soll ich nun reagieren? Ich kann meine Kinder jetzt nicht alleine lassen aber ich kann nicht so tun, als wenn nichts wäre
Es gibt unendlich viele Fragen, die unbeantwortet bleiben
Ich weiß wirklich nicht mehr weiter
Es gibt nur noch eine einzige Frage, die sich jedoch von selbst beantwortet:
Sei bei Deiner Schwester, wenn sie stirbt!
Halt ihre Hand und sprich mit ihr.
Selbst wenn sie nicht mehr sprechen kann, versteht sie Dich möglicherweise noch.
Vereinbar mit ihr irgendeine Reaktion ihrerseits, die für Dich erkennbar macht, daß sie Dich noch versteht.
Sag ihr dann, was Du willst.
Aber vermittle ihr das Gefühl, daß sie nicht alleingelassen stirbt!

Mehr kannst Du nicht mehr für sie tun.
Aber tu wenigstens das.

"Verfrachte" Deine Kinder sonstwohin.
Die werden das schon überleben können.

Räum rigoros alles aus dem Weg, um Deiner Schwester den letzten Dienst erweisen zu können, zu dem Du verpflichtet bist:
Nämlich, ihr das Sterben erleichtern zu können.
Alles andere ist demgegenüber relativ uninteressant.

All das rate ich Dir in Deinem eigenen Interesse.
Denn nichts ist schlimmer, als sich hinterher fragen zu müssen, ob man möglicherweise versäumt hat, etwas zu tun, das man ohne weiteres auch hätte tun können.

Die peripher Überlebenden werden todsicher weiterleben können.
Deine Schwester wird aber (leider) todsicher sterben.
Also geht es für Dich nur darum, Prioritäten zu setzen.
Und zwar solche, mit denen auch Du (ohne "innere Vorwürfe") weiterleben kannst.

Zur Bewältigung all dessen, sowie auch des Nachfolgenden, wünsche ich Dir viel Kraft.
Es gibt sicher viel Angenehmeres, das um die Weihnachtszeit zu bewältigen ist.
Weder unser Leben, noch das Ableben Angehöriger interessiert das.
Ist halt nun mal so in der Natur.

Ich weiß - das kann nur ein schwacher Trost sein.
Aber immerhin ein bißchen Trost.


Liebe Grüße
lotol
__________________
Krieger haben Narben.
---
1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
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