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Rückblick Anfang 2023
Mein Sohn hat das Gefühl, das irgendwas in seinem Rücken geknackt hat. Im Krankenhaus vor Ort ist auf einem Röntgenbild nichts zu erkennen, also sind unsere Sorgen erstmal passe. Anfang Mai knackt es wieder in seinem Rücken, natürlich machen wir wieder ein Kontrollröntgen, dieses mal aber in einer neuen Röntgenpraxis, da wir unseren Orthopäden wechseln mussten. In der neuen Praxis kennt man die Geschichte von meinem Sohn natürlich nicht. Wir erklären alles, damit der Arzt endlich bereit ist ein Röntgen zu machen. Nach dem Röntgen sitzen wir beide im Untersuchungszimmer, der Arzt ist noch nicht da, aber die Bilder kann man schon auf dem Monitor sehen. Erschreckend, beide Stangen sind gebrochen, es herrscht akute Gefahr einer Querschnittslähmung. Wir sind wieder am Boden zerstört, ich versuche, meinen Sohn zu beruhigen, dass es sicherlich wieder mit einer OP repariert werden kann. Der Arzt kommt irgendwann ins Behandlungszimmer, schaut das Röntgenbild an, dann uns, dann wieder das Röntgenbild und ist etwas ratlos. Wir erklären ihm, dass wir eine Einweisung ins Krankenhaus benötigen. Es hat etwas gedauert, dem Arzt diese Dringlichkeit klar zu machen, letztendlich hat er dann aber eine Einweisung erstellt. Als wir aus der Praxis sind, rufe ich meine Frau an, dass sie bitte schonmal das nötigste zusammenpacken soll, wir müssen wieder nach Münster. Es ist später Nachmittag, bis Münster sind es einige Stunden Autofahrt, also rufe ich dort an, damit die Bescheid wissen. Am Telefon habe ich unsere Lieblingsschwester dran, sie erkennt mich aber nicht gleich und will uns in ein Krankenhaus bei uns in der Nähe abwimmeln. Als ich ihr sage, das es um meinen Sohn Vincent geht sagt sie: Vincent? Mein Vincent? Oh nein, setzt euch ins Auto, kommt nach Münster in die Notaufnahme, ich sorge dafür, dass ihr dort nicht lange warten müsst. Wir treffen um 21 Uhr in der Notaufnahme in Münster ein, ganz ohne warten geht es natürlich nicht, das ist aber auch völlig okay, mein Sohn ist stabil und alleine schon der Gedanke, in der Uni Klinik zu sein, löst bei uns allen jedes mal wieder ein Gefühl der Ruhe und der Zuversicht, der Sicherheit aus. Vincent bekommt ein Zimmer, ich komme mit meiner Frau wieder im Familienhaus unter. Am nächsten Tag kommen die Orthopäden zur Besprechung, Vincent ist zwar mittlerweile volljährig, wir dürfen aber trotzdem bei all seinen Entscheidungen und Gesprächen dabei sein. Wir haben schon die ganzen Jahre mit den Orthopäden über eine stabilere Alternative zu dem Implantat gegrübelt. Es gibt aber nichts, was man da anders machen könnte. Der Cage, der vorn sitzt, der müsste eigentlich auch getauscht werden, diese Risiko-OP will man aber vermeiden, solange immer alles gut geht bei den Stangenbrüchen. Die Orthopäden entscheiden, dass bei dieser OP statt 2 Stangen 4 Stangen gesetzt werden. Alles geht gut, Vincent kommt super schnell wieder auf die Beine und wir können nach knapp 2 Wochen wieder nach Hause. Sämtliche Nachuntersuchungen zeigen keinen Schwund oder Bruch am Material. Es ist jetzt vereinbart, das wir nur noch alle zwei Jahre zur Nachuntersuchung kommen müssen, sollte in der Zwischenzeit etwas sein, soll ein CT vor Ort gemacht werden, da man dort einen kleinen Bruch des Implantates eher erkennen würde. Mittlerweile sind 12 Jahre vergangen, manche Sachen kommen mir immer wieder vor, als wären sie gestern geschehen. Oft denke ich an diese Zeit zurück, vielleicht viel zu oft. Es fällt mir in manchen Situationen schwer, davon loszulassen. Immer wieder ploppt der Gedanke auf, das es auch hätte anderes ausgehen können. Dann schaue ich meinen Sohn an und freue mich einfach, dass er da ist
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"sed quis custodiet ipsos custodes?" Juvenal, römischer Dichter, 1.-2. Jahrhundert n. Chr. |
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