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Alt 27.11.2005, 01:08
Laura5555 Laura5555 ist offline
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Standard AW: Thread für junge Angehörige von Krebskranken

Anna, ich freu mich sehr, daß es Deinem Papa heute so gut ging. Darf er denn jetzt schön öfter zwischendurch nach Hause? Vielleicht muß man sich solche "guten" Tage immer wieder in Erinnerung rufen, wenn wieder ein schlechter Tag kommt, damit man eher daran glauben kann, daß es auch wieder besser werden kann. Ich kann das ja selbst so gut wie nie und es fällt mir so schwer, mit diesem ständigen Wechselbad umzugehen.

Ich wollte euch auch noch etwas zu den "normalen Famlien" und den Freunden schreiben. Ich finde es auch immer ganz schlimm, in der Stadt oder im Fernsehen "normale" Familien zu sehen, das macht mich immer ganz traurig. Warum können wir noch auch eine ganz normale Familie sein? Wenn mit dem Bus fahre, beobachte ich immer die Leute. Dann denke ich oft, daß ich auch so normal erscheine, wie alle anderen um mich herum, aber bei mir ist alles nur Fassade und keiner weiß, wie es wirklich ist. Wenn ich mal abends weggehe, ist es genauso wie bei Euch. Ich habe schon vorher keine Lust auf die fröhlichen Gesichter und die ausgelassene Stimmung der anderen und muß mich zwingen, überhaupt mitzukommen. Damit ich den anderen nicht die Laune verderbe, trinke ich viel Alkohol, damit ich es überstehe und lache und tanze und dabei zerreißt es mich innerlich, mich so zu verstellen, und ich könnte schreien. Und nach so einem Abend werde ich dann gefragt: "Dir geht es heute aber mal richtig gut, oder? Siehst Du, war doch gut, daß Du mitgekommen bist." Und dann gehe ich nach Hause und kann nur noch weinen und denke mir, warum tu ich mir das an, das nächste Mal bleibe ich gleich zu Hause. Ich denke so oft, daß ich nicht mehr in die Welt meiner Freundinnen gehöre, weil wir eigentlich nichts mehr gemeinsam haben. Sie sagen dann immer, daß das Quatsch ist, aber ich weiß trotzdem, daß es so ist. Mein Leben ist so ganz anders als das meiner Freunde. Ich sollte längst meine eigene Wohnung haben, meinen Tagesablauf danach planen, was ICH will, ausgehen, Männer kennenlernen, einfach Spaß haben und das Leben genießen, schließlich sind das doch "die besten Jahre meines Lebens"... haha!!! Und stattdessen sitze ich jeden Abend zu Hause und grüble und finde keine Antwort. Kennt ihr das auch, daß es euch manchmal richtig unangenehm ist, aufzufallen? Ich hole ganz oft für meine Mama Medikamente in der Apotheke und während alle um mich herum Aspirin, Nasenspray und Hustensaft kaufen, bestelle ich Mistel, Thymus, Wobenzym und Selen und Aufbaupräparate und die Apothekerin fragt dann, ob das zur Tumorzellenbekämpfung ist und erklärt mir in aller Ausführlichkeit (auch für alle anderen) die Dosierungen und dabei würde ich auch so gerne einfach nur Hustensaft kaufen. Es gibt so viele Beispiele, in denen ich mich immer so anders fühle, als alle um mich herum. Mit meiner besten Freundin ist es auch sehr ähnlich. Ich weiß schon, daß sie immer noch meine beste Freundin ist und hoffenlich auch bleiben wird, aber trotzdem ist irgendwie seit dem Tag, an dem meine Mama wieder ins Krankenhaus mußte, alles ganz anders geworden. Davor haben wir auch jeden Tag stundenlang telefoniert und über alles mögliche gequatscht. Ich denke schon, daß es bei ihr auch viel Unsicherheit ist und daß sie nicht weiß, wie sie mit mir umgehen soll. Auf der anderen Seite habe ich selbst auch nur noch sehr wenig Lust, überhaupt zu telefonieren, weil ich kaum Zeit habe und nur noch meine Ruhe haben möchte und auch keine lustigen Geschichten über meinen Alltag mehr erzählen kann. Dadurch habe ich einfach das Gefühl, daß wir nicht mehr viel gemeinsam haben, weil ich seit Wochen nicht mehr am normalen Leben teilnehme. Ach, es ist alles so kompliziert. Sicher weiß ich, daß ich mich daran gewöhnen muß, daß mein Leben eben so ist, wie es ist, aber es fällt mir einfach so verdammt schwer und ich würde mir so sehr einfach nur ein bißchen Normalität wünschen.

Wünsche euch eine gute Nacht!

seid gedrückt von Laura.
 

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