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Alt 14.01.2003, 09:59
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Standard Forum für Angehörige UND Betroffene

Hi Petra2,
Du kannst sehr gut "verstehen", dafür bin ich Dir sehr dankbar, und ich denke, Dein Partner ist es auch.

Dieser Vergleich mit dem dunklen Raum und dem Mörder darin ... hatte ja mal ursprünglich ein Psychiater so formuliert. Keine Ahnung, wie er darauf gekommen ist; entweder hat er selber Krebs, oder aber er ist ein sehr weiser Mann.
Eigentlich "mag" ich diesen Vergleich nicht mal so besonders, weil er so ... na, krass klingt und sich fast schon wie ein Krimi anhört. Für Manche mag dieser Vergleich vielleicht sogar "Übertrieben" klingen, oder zu "theatralisch", wie auch immer.

Aber er kommt der "Sache" zumindest am nahesten, und ist für Angehörige vielleicht eher nachvollziebar. Wenn sich Angehörige vorstellen können, WIE es in diesem Raum für den Betroffenen sein muss, können sie vielleicht eher nachempfinden, was er da durchmachen muss.
Natürlich ist es auch für die Angehörigen da "draussen" nicht einfach, und mit diesem Vergleich können auch Betroffene versuchen sich vorzustellen, wie es den Angehörigen da draussen so ergeht. Wie hilflos sie sich da draussen fühlen müssen, wenn sie nicht in den Raum herein kommen können, aber trotzdem alles erdenklich Mögliche versuchen zu tun, um zu helfen.

Man kann diesen Vergleich sogar noch weiter spinnen, denn jetzt können sich beide Seiten vorstellen, welche Hilfe überhaupt möglich und sinnvoll ist.
Eigentlich keine. So brutal das vielleicht klingen mag. Ausser die reine Anwesenheit. Das DA-Sein, das Verständnis, das "Dinge erledigen von Aussen", das Aufmuntern, mal Lachen können zusammen, das führen von Gesprächen, das "Begleiten" ...
Meine Schwester hatte mir mal gesagt (nachdem ich ihr diesen Vergleich erklärt habe): "Du hast doch eine gute Phantasie! Also stell Dir vor, Du haust ein grosses Loch in die dunkle Mauer, dann kannst Du von drinnen abhauen!"
Aber meine Schwester hatte meine Worte nicht verstanden, sie führte es einfach darauf zurück, dass ich eine gute Phantasie habe, also kann ich damit machen was ich will.
Aber für uns Betroffene ist es viel ernster, der Vergleich ist viel ernster. Ein Loch in die Mauer zu hauen bedeutet für uns: Absolute Hilfe für ewige Heilung!
Das ist nicht möglich. Noch nicht. Nicht so, auf diese Art.

Für mich war es also so, dass meine Schwester da "draussen" mir zurief: "Hey, hau ein Loch in die Mauer, dann kannst Du abhauen!"
Aber ich habe kein Werkzeug. Zudem sehe ich nichts, es ist dunkel. Der Mörder ist immer noch da. Irgendwo. Wie stellt sich meine Schwester das vor?
Sie war nicht die einzige. Ich hörte von "draussen" Ratschläge und Befehle. Da sagte jemand: "Stell Dich doch nicht so an, Dir geht's doch gut!" Da sagte ein anderer: "Du stirbst doch nicht!" Wieder ein anderer sagte: "Du bist selber Schuld, hättest Du nicht ...!" Und wieder ein anderer: "Du musst halt ...!"
Und ich blickte mich um, sah nur diese Finsternis, während der Mörder immer noch DA war und lauerte ...!
Wie sinnlos diese Worte von "draussen" doch waren! Gut gemeinte Worte, ja. Aber sinnlos.

Meine Schwester da "draussen" kann ich jetzt z.B. nicht mehr hören! Sie hat sich zurück gezogen. Schon seit einer ganzen Weile.
Das tut sehr weh.
Ich höre nur noch wenige Stimmen, die noch da draussen verharren. Die bei mir bleiben. Die mir zuhören, wenn ich rufe und erzähle, wie ich mich fühle. Die auch mal den Kopf hinhalten, wenn ich wütend bin. Stimmen von lieben Menschen, die mich begleiten. Sie haben verstanden, dass ihre Anwesenheit mir mehr hilft, als alle gutgemeinten Ratschläge. Sie rufen mir aber auch zu, dass sie selber hilflos sind, dass sie nicht wissen, was sie tun sollen. Ich kann sie verstehen. Aber für ihre Anwesenheit, für ihr Verharren ... liebe ich sie wahnsinnig.

Manchmal könnte man toben und schreien in diesem dunklen Raum, echt! Die Psyche wird unglaublich belastet. Irgendwann kann man aber akzeptieren, DASS man sich in diesem Raum befindet und der Mörder da lauert. Dann geht es leichter.

Tja, man könnte den Vergleich sogar NOCH weiter spinnen. Wenn nämlich der Kampf mit den Behörden anfängt. Wenn da von "draussen" eine Krankenkasse ruft: "Sie sind nicht krank!"
Oder wenn der "Raumwärter" (=Staat) einem zuruft: "Kein Geld!" (was soviel bedeutet wie: "Es gibt kein Essen!") ...

Na, ich höre jetzt mal besser auf mit dem "weiter spinnen", mache lieber meine Gymnastikübungen im Dunkeln. - Mein "Mörder" schläft. Glaube ich zumindest.

Bis dann, liebe Petra2, ich drück Dich ganz fest.
Liebe Dienstagsgrüsse
von der "krassen" Brigitte
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